Catherine Naglestad, die jugendliche Primadonna

  • Hallo zusammen,


    in letzter Zeit ist der Name der Sopranistin Catherine Naglestad hier schon öfters aufgetaucht. Nun ist sie zu einer internationalen Karriere aufgebrochen und es wird allmählich Zeit, der Sängerin einen eigenen Thread zu widmen.
    Ihrer nunmehr präsenten homepage ist folgende Kurzbiographie entnommen:


    Catherine Naglestad, gebürtige Kalifornierin mit skandinavischen Eltern, absolvierte ihr Gesangsstudium am Konservatorium von San Francisco und ging zur weiteren Ausbildung nach Rom, Milan un New York.
    2006 ist sie vom Deutschen Kulturministerium zur Kammersaengerin für ihre herausragenden Leistungen im Repertoire von Barock bis zum Verismo ernannt worden. In der Kritikerumfrage der 'Opernwelt' wurde sie für ihre eindringlichen Rollenporträts zur 'Sängerin des Jahres' gewählt, nachdem sie in den Jahren zuvor schon zahlreiche Nominierungen erhalten hatte.
    Sie gastierte bei den Festspielen in Salzburg, Bregenz, Edinburgh, bei der Ruhr Triennale, dem Budapest Spring Festival, Hong Kong Arts Festival und zusammen mit dem NHK Symphony Orchestra in Konzerten 'live' übertragen aus der Suntory Hall, Tokio. Weitere Opernengagments führten sie nach London (Covent Garden), San Francisco, Paris (Bastille und Palais Garnier), Lyon, Marseille, Berlin (Deutsche Oper), Duesseldorf, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart.
    Catherine Naglestads Repertoire umfasst Partien wie Norma, Alceste, Alcina, Rodelinda, Melissa (Amadigi), Nedda, Poppea, Vitellia, Donna Elvira, Fiordiligi, Konstanze, Musetta, Liu, Tosca, Elisabetta (Don Carlos), Leonore (Il trovatore), Violetta, Dejanira (Royal Palace), Catherine (Der Protagonist) und Salome.
    Ihre La Clemanza di Tito aus Paris, ihre Alceste, Alcina und Die Entführung aus dem Serail aus Stuttgart wurden für das Fernsehen aufgezeichnet und sind als DVD erhältlich.
    Zukünftige Projekte schließen u.a. ein: Tosca am Festspielhaus Baden-Baden, an der Opéra national de Paris und an der Dallas Opera; Salome und Un Ballo in maschera an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin; Aida in Tokio und Osaka; Busonis Doktor Faust zur Eröffnung der Münchener Opernfestspiele 2008; Konzerte in Dresden, Leipzig und Berlin.


    Während ihres Stuttgarter Engagements hat sie fast alle der oben erwähnten Partien gesungen, was ihr sehr gute Kritiken und hohe Sympathiewerte eingebracht hat. Außerdem hat sie das Herz eines Sängerkollegen erobert, mit dem sie nun glücklich verheiratet ist.
    Der Titel "Sängerin des Jahres" stammt auch aus dieser Zeit.
    Auf ihre weitere Laufbahn darf man gespannt sein.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Als Norma gastierte die Sängerin vor einiger Zeit wieder in Stuttgart.
    Zwei Rezensionen sollen den Eindruck wiedergeben, den Catherine Naglestad gerade in dieser Rolle hinterlassen hat:


    Staatsoper Stuttgart (2006)
    Vincenzo Bellini Norma


    "eine moderne Medea, die in die eigenen Abgrunde schaut, aber nicht so tief, dass der Zuschauer schaudern muss. Naglestads leidenschaftliche Identifikation mit der von der Liebe betrogenen Frau fesselt auch dadurch, dass sie sie an Grenzen führt. Denn als Sängerin ist sie weder eine Callas... noch eine Caballe... Naglestad ist Naglestad in dieser Rolle - und das ist nicht das geringste Kompliment für ein Norma"
    Stuttgarter Zeitung


    "Catherine Naglestad ist auch in 'Norma' sinnlich-stimmliches Kraftzentrum eines Beziehungs und Geschlechterkonflikts...Auch bei der Wiederaufnahme demonstrierte Naglestad, dass sie nicht nur uber eine superbe stimmliche Technik, sondern zudem über aussergewöhnliche darstellerische Qualitaten verfügt.
    Betörend bereits ihre silbrig schimmernde Mondgottin der Auftrittsarie 'Casta diva', die doch erst der Aufgesang eines emotionalen Kreuzwegs hin zum Selbstopfer ist, gepflastert mit Liebeswahn und medeahafter Rachlust. Naglestad bewältigt diesen Horrortrip, der die Stimme fortwahrend exponiert, mit traumwandlerischer Sicherheit. Kraftvoll und voller Wärme, bruchlos zwichen kehligem Espressivo und kristallinem Pianissimo changierend, bringt sie das ganze Spektrum diese konfliktträchtigen Rolle zum Leuchten."
    Esslinger Zeitung

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Eine großartige Sängerin und Persönlichkeit.
    Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon im "Norma"-Thread zum Ausdruck gebracht habe:


    Im letzten Jahr wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf die Oper Norma von Bellini gegeben. Nach der Premiere fiel die hauseigene Norma, Alexandra von der Weth, wegen Krankheit aus. Catherine Naglestad kam aus Stuttgart angereist, sprang ein und rettete die Aufführungsserie! Eine grandiose Leistung, die Catherine Naglestad hier vollbrachte! Zwar war die Inszenierung nicht unumstritten, die Klasse der Sängerin war jedoch über jeden Zweifel erhaben


    Ihre Kostanze habe ich im Fernsehen gesehen und besitze sie inzwischen auch als DVD.


    Schade, dass es (noch) keine Recital-CD von ihr gibt.


    Ganz so "jugendlich", wie Siegfried schreibt, scheint sie allerdings nicht mehr zu sein, das Geburtsdatum ist jedoch nirgendwo zu finden, scheint Staatsgeheimnis zu sein.


    Sieht man auf Ihrer Homepage die Zukunftspläne, kann man ihr nur wünschen, dass sie das alles auch durchhält, was sie sich vorgenommen hat (solch schwere Partien zieht man ja nicht so einfach aus der Hosentasche)!


    Viele Grüße

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo Harald,
    da ich das Alter der Dame kenne, habe ich mir erlaubt, sie als jugendlich zu bezeichnen. Freilich, erwachsen ist sie schon ;)

    Freundliche Grüße Siegfried

  • hallo,
    zufällig habe ich gestern ihr "ah,mio cor" aus alcina auf youtube entdeckt...es ist wirklich grandios was sie aus dieser arie macht !
    so muß diese partie gesungen werden !!! händels erste alcina, anna strada, war von zeitgenösischen berichten her auch eine art dramatischer sopran.
    im prinzip kann frau naglestad alles singen, weil sie ihre stimme so schlank führt.
    ich würde mir mehr solcher sängerinnen ihres kalibers in der alten musik wünschen, dabei bin ich ein absoluter fan dieser epoche :yes:


    gruß orlando

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  • Hallo Ich finde es traurig, dass oft nur durch einen "Einspringer" eine Stimme entdeckt wird, die grandios ist. Vielleicht wäre sie unscheinbar unter "ferner liefen" geblieben, da sie keine Möglichkeit gehabt hätte, so eine Rolle an einem großen Haus zu singen.


    So ist es ja oft. Es gibt so viele Superstimmen und nicht nur die AN, vielleicht noch bessere, doch wo sind sie?


    LG

  • Zitat

    Original von musika
    Hallo Ich finde es traurig, dass oft nur durch einen "Einspringer" eine Stimme entdeckt wird, die grandios ist. Vielleicht wäre sie unscheinbar unter "ferner liefen" geblieben, da sie keine Möglichkeit gehabt hätte, so eine Rolle an einem großen Haus zu singen.


    So ist es ja oft. Es gibt so viele Superstimmen und nicht nur die AN, vielleicht noch bessere, doch wo sind sie?


    LG


    Also, ein ganz kleines Haus ist die Stuttgarter Oper nicht, und immerhin war Frau Naglestad 5 Jahre hier engagiert und hat von Poppea und Alcina über Konstanze und Fiordiligi bis zu Elisabetta, Leonora sowie Norma,Tosca und Liu ein so breites Repertoire abgedeckt, daß man nur den Hut ziehen kann. :jubel:


    Heute Abend singt sie übrigens zur Eröffnung der Sommerfestspiele Baden-Baden die Tosca. Vorstellung ist seit Monaten ausverkauft.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried


    Also, ein ganz kleines Haus ist die Stuttgarter Oper nicht, und immerhin war Frau Naglestad 5 Jahre hier engagiert und hat von Poppea und Alcina über Konstanze und Fiordiligi bis zu Elisabetta, Leonora sowie Norma,Tosca und Liu ein so breites Repertoire abgedeckt, daß man nur den Hut ziehen kann. :jubel:


    Heute Abend singt sie übrigens zur Eröffnung der Sommerfestspiele Baden-Baden die Tosca. Vorstellung ist seit Monaten ausverkauft.


    Nein, ein kleines Haus ist Stuttgart nicht, doch wurde sie erst bekannt nach ihrem Einspringer in Düsseldorf.


    Ich finde es super, dass man ihr hier einen eigenen Thread widmet, sie hat es verdient.


    Liebe Grüsse

  • Schön, diese Lobeshymnen hier zu lesen! Ich schliesse mich voll und ganz an.


    Ich hatte auch das Glück, Catherine Naglestad live zu erleben, im Oktober 2000 in Stuttgart als Poppea. Da ich ziemlich zeitnah l'incoronazione di Poppea von Rousset / Audi gesehen habe, konnte ich bestens vergleichen. Musikalisch war natürlich Rousset nicht zu toppen (Nicholas Kok dirigierte damals in Stuttgart), aber trotz Starensembles und Cynthia Haymon als Poppea war C.N. einfach unübertrefflich!


    Gleich der allererste Auftritt von Frau Naglestad hat mich umgehauen.


    Die Inszenierung war klasse (Wieler/Morabito/Viebrock - ein grosses Argument pro 'Regietheater'); schon der Einstieg des Paares Nero/Poppea hat mit einer einzigen Geste alles über die beiden gesagt, beide punktgenau charakterisiert: Nero kommt als Erster aus einem schäbigen Fahrstuhl, hinter ihm Poppea. Er ganz unhöflicher Tyrann läßt die Tür hinter sich zufallen, Poppea muss sie wieder öffnen, um auch aussteigen zu können - und singt nachtigallengleich ihr berühmtes "Signor, deh non partire" ('oh Herr, geh doch nicht weg'). In dieser Sekunde hatte sie nicht nur Nero sondern uns Zuschauer alle gefangen.


    Die Spannung ließ nie nach: einerseits wird sie immer als karrierebewußt, gewissenlos dargestellt, andererseits ihre betörende Sangeskunst - ein grosser Abend, an den ich auch heute noch gern denke!


    Später dann habe ich öfter von ihr gelesen, meinem Videorecorder dringend die Aufnahme von Glucks Alceste befohlen (wie sie hier die opferbereite und doch auch verzweifelte Ehefrau geradezu lebt, das ist unglaublich hohe Schauspiel- und Sängerkunst).


    Und die Alcina habe ich mich gekauft, oft gesehen und kann mich keineswegs denen anschließen, die diese Inszenierung 'trashig' finden - dafür ist sie zu schlüssig und folgerichtig. Und C.N. als Alcina wiederum genial.


    Dass Harald sie aber in Düsseldorf als Einspringerin gesehen hat, schlägt ja wohl dem Faß den Boden aus. Hätte ich das gewußt!! :angry:.
    Ein starker Grund für mich, öfter wieder zur Rheinoper zu fahren!


    Jedenfalls: danke für diesen schönen Tread!

    Beste Grüße!

  • catherine naglestad als poppea ?.... :P
    es gibt sicherlich einige leute die bei dieser besetzung nur mit kopfschüttel reagieren, für mich ist sie eine traum-poppea :lips:


    ich kann mir sehr gut vorstellen wie sie alle facetten dieser wunderbaren figur "auf den punkt" gebracht hat, stimmlich wie darstellerisch !!!

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  • Meine bis dato letzte Vorstellung mit Frau Naglestad war Puccinis Turandot, bei welcher sie die Liu gesungen hat. Das war eine Offenbarung und Demonstration von Schöngesang und Bühnenpräsenz gleichermaßen. Das kann man nicht beschreiben, sondern muß es gesehen und gehört haben. :angel:
    Wer immer eine Karte für eine Vorstellung ergattern kann, sollte zugreifen, solange das in unseren Breiten noch möglich sein wird.
    Glücklicherweise sind einige Opernaufnahmen als DVD erhältlich und somit kann die Ausnahmekünstlerin ein größeres Publikum erfreuen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Unsere Begeisterungsrufe sind bis zur FAZ angekommen. Hier aus der heutigen Ausgabe (auf deren Website gefunden) ein Zitat:


    "...Das erfordert einen sängerdarstellerischen Balance-Akt, den nur eine kontrolliert agierende wie der vokalen Genialität ihres Parts gewachsene Sängerin ohne Absturz bewältigen kann: wie die Amerikanerin Catherine Naglestad, die auch deshalb so überzeugt, weil sie die lyrischen Fiorituren und das Messa di voce ebenso sicher beherrscht wie die hochdramatischen Ausbrüche ihrer sich bis zum vokalen Wahnsinn steigernden Partie."


    So hätten wir's auch gesagt...

    Beste Grüße!

  • wimmus hat bereits die Kritik aus der FAZ über die "Tosca" vorweggenommen, für alle Radiohörer hier die Gelegenheit, sich morgen abend selbst zu überzeugen:


    Konzertdokument der Woche im DLF, 3. September 2007, 21.05 h


    Sommerfestspiele Baden-Baden


    Giacomo Puccini: Tosca


    Tosca: Catherine Naglestad
    Scarpia: Tom Fox
    Cavaradossi: Aleksandro
    Antonenko
    Angelotti: Mario Luperi
    Sagrestano: Reinhard Dorn
    Spoleta: Hans-Jörg Weinschenk
    Sciarrone: Roman Gübner
    Rundfunkchor Berlin
    Deutsches Sinfonie-Orchester
    Berlin
    Leitung: Eivind Gullberg
    Jensen
    Aufnahne vom 08.07.2007 aus
    dem Festspielhaus Baden-Baden

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Nach mehr als einem Jahr Absenz von der Bühne (Gründe sind mir nicht bekannt) ist Catherine Naglestad jetzt wieder da. Die grandiose Interpretin kommt mit einem Rollendebut an die Staatsoper Stuttgart zurück, wo sie ab 30. April in fünf Vorstellungen erstmals die Isolde singt.

    Ich bin sehr gespannt und freue mich darauf.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo