Jazzimprovisation?

  • Hallo,


    ich höre eigentlich nur "klassik" und spiel auch nur "klassik-literatur"
    aber vor kurzem hab ich mal was "jazziges" gehört,
    was mich ziemlich beeindruckt hat,


    ich will mich daher ein bisschen dem Jazz zuwenden,
    also vorallem der improvisation,


    mit was könnte man so anfangen?


    und wie lange braucht es so, bis man,
    ich sag mal erfolge erzielt, oder bis man in ner band oder so
    spielen kann (klar hängt von der zeit ab die man investiert,
    und vom talent, aber so ungefähr)?


    MfG
    Mozi

    Lob bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen!


    Mozi

  • Hallo Mozi,


    ich höre zumeist Jazz und Klassik und habe auch einige Erfahrungen aus der Praxis beim "Fremdgehen".


    Generell ist meine Boabachtung bei den Klassikern, die frei spielen wollten/sollten, dass eine extreme Hemmschwelle überwunden werden musste, was allerdings nicht verwunderlich ist, wenn man sich überlegt, dass Klassik und Jazz in vielen ihrer Grundzüge sehr verschieden sind :) Aber es hängt auch stark von der Persönlichkeit des Musikers ab. Ganz schön spannend zu beobachten, wie sich an solchen Dingen recht tiefe Einblicke in die Psyche eines Menschen gewinnen lassen...


    So ziemlich jeder "Klassiker" den ich kenne, der/die sich an Jazz Musik probiert hat, hat sich anfangs extrem geschämt und war extrem verunsichert. Sie fühlen sich wohl oft verloren vor der Fülle der unendlichen Möglichkeiten, denen es gilt durch Phantasie und Eingebung spontan nachzugehen.


    Ich würde dir zunächst empfehlen nicht in "Erfolgen" zu denken, wie du es nennst, denn im eigentlichen ursprünglichen Sinne gibt es solche nicht in der Improvisation.
    Improvisation im Jazz ist in aller erster Linie dazu da, sich und seine Empfindungen spontan auszudrücken, wobei es völlig, aber auch wirklich völlig egal ist, was dabei herauskommt. Es geht also primär nicht darum, bestimmte Melodien oder Harmonien besonders künstlerisch auszuarbeiten, sondern darum, deine persönliche Empfindung in diesem Moment durch Musik hinauszulassen.
    Ob das nun so virtuos, lyrisch oder langweilig klingt, ist völlig egal.


    Man muss sich von dem elitären Anspruch befreien, den man häufig im Dunstkreis des Jazz vorfindet. Der gilt nur für Profis und Halbprofis, die daraus einen versnobten Wettbewerb machen.


    Als zweites ein ganz praktischer Tipp für das "Erlernen" (welches es wie gesagt eigentlich nicht gibt, weil jeder Mensch schon improvisieren kann bevor er es zum ersten Mal tut) der Improvisation im Jazz:


    Beginne mit den sogenannten Jazz Standards bzw. Liedern aus dem "american songbook".
    Das sind zumeist kleine, recht einfache "Lieder", die aus einem A und B Teil bestehen und harmonisch nicht all zu anspruchsvoll sind.
    Zumeist eine schöne Melodie, im Kern mit einer 2-5-1 Akkord-Verbindung als Basis, welche mal mehr mal weniger erweitert wird.
    In einer solchen Verbindung kannst du ganz einfach beginnen auf einer Tonskala zu spielen (ionisch) mal Dur mal Moll.
    Wenn dir das irgendwann zu wenig abwechslungsreich vorkommt und du dich dort total sicher fühlst, kannst du beginnen, zum Beispiel die Dominante auf einer anderen Skala zu spielen (zum Beispiel mixolydisch oder später gar alterierte Skalen) um mit der Zeit jedem Akkord eine eigene Skala zuzuordnen. Dazu solltest du dich dann auch mit der Harmonielehre im Jazz befassen.


    Der einfachste und vielleicht beste Weg in die Improvisation und den Jazz ist aber sicherlich der über den Blues. Der 12-taktige Blues ist so ziemlich die perfekte Basis, um sich ganz frei zu machen und Hemmungen zu verlieren.
    Harmonisch von großer Einfachheit, aber gleichzeitig birgt er unendliche Möglichkeiten der Gestaltung, die schon sehr früh ganz toll klingen. Das Gute ist: Improvisierst du im Blues sicher und gekonnt hast du die Basis für den Jazz schon gelegt. Viele Jazzer spielen eigentlich verjazzten blues.


    Und zum Schluss noch ein nicht ganz "politisch korrekter" Tipp:
    Wenn du meinst, das hat alles irgendwie keinen Sinn und du spielst nur "uninspirierten Müll", dann spiele doch mal, wenn du gerade zufällig ein oder zwei Gläserl Wein oder Bier intus hast. :rolleyes:


    Viel Spaß und lass ordentlich "die Sau raus" :D

    5 Mal editiert, zuletzt von Blue Note ()

  • :D


    vielen dank für deine hilfreichen tips,


    mal ne frage, meinst du, man kann sich dass
    improviesieren im jazz selber beibringen oder
    ist unterricht unbedingt nötig

    Lob bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen!


    Mozi

  • Also ein _guter_ privater Unterricht ist sicherlich immer sehr hilfreich. Auch aus Effizienzgründen, wenn man sich als arbeitender Mensch nur bedingt Zeit nehmen kann.
    Allerdings sollte man sich schon sicher sein auch wirklich einen guten Lehrer zu erwischen, sonst kann der Schuß sogar nach hinten losgehen.


    Es gibt aber auch recht gute Bücher über Jazz und Improvisation.
    Dort wird u.a. beispielhaft beschrieben, wie man ausgehend von einer Melodie eine Improvisation aufbauen kann und welche Stilmittel dabei häufig verwendet werden. Zumeist auch an bekannten (Noten-/Hör-)Beispielen von Größen des Jazz illustriert.


    Ich selbst würde noch folgende Tipps geben für den Anfang:


    1) Jazz hören, Jazz hören, Jazz hören.
    2) Achte auf das aller aller Wichtigste: Setze dich mit dem Kern, nämlich der Rhythmik im Jazz auseinander.
    3) Weniger ist oft mehr, also nicht der Fehlannahme unterliegen, dass viele Noten nötig sind.
    4) Immer von der eigentlich Melodie des Stücks ausgehen und diese langsam variieren, also nicht direkt frei "drauflos dudeln" ohne Zusammenhang.


    Zu Anfang wird man zwangsläufig Stile von Künstlern die man toll findet kopieren, das ist auch gut so. Hinterher wird sich ein eigener Stil entwickeln.


    Ich finde für den Anfang ist der Trompeter Chet Baker ein optimaler Einstieg. Er hat einen eher reduzierten Stil und war dabei einer der ganz großen. er orientiert sich, wie oben beschrieben, auch sehr schön an den Melodien, die er zumeist in einer Strophe singt und dann mit der Trompete aufgreift und improvisiert.
    "The Best of Chet Baker sings" ist da ein hervorragendes Album.
    Auch die frühen Miles Davis Alben sind durchaus zu empfehlen für den Einstieg, Beispiel "Kind of Blue".

    Einmal editiert, zuletzt von Blue Note ()