Ernst von Dohnanyi - Ein (viel) zu später Epigone?

  • Hallo,


    Ich musste feststellen, dass es über Ernst von Dohnanyi (auch ErnQ Dohnányi) offenbar noch keinen Thread gibt, und dass dieser Komponist generell im Forum sehr wenig genannt wird. Also...


    Ernst von Dohnanyi wird 1877 in Pressburg geboren und wächst in einer musikalischen Familie auf. Er versucht sich nach frühem Klavierunterricht schnell an eigenen Kompositionen. 1895 beginnt er sein Musikstudium in Budapest, welches er 1897 abschliesst und im Sommer des selben Jahres bei Eugen d'Albert am Starnberger See seine Debut-Vorbereitungen trifft.
    1897 kommt er auch zum ersten mal nach Berlin und tritt als Pianist auf. Ab 1905 lehrt er auf Geheis von Joseph Joachim an der Berliner Hochschule für Musik, wo er ab 1907 auch als Professor tätig wird.
    1915 verlässt er wegen des 1.WKs Deutschland und tritt ab 1916 eine Professur an der Budapester Musikakademie an, welche er 1919 auf Druck des Horthi-Regimes niederlegt. Er wird 1919 aber auch zum Chefdirigenten der Budapester Philharmoniker ernannt - Das Amt behält der bis 1944. 1928 kann er die Lehraktivität wieder aufnehmen und wird 1936 sogar zum Direktor ernannt. In seiner "lehrfreien" Zeit ( 1919-1928 ) tritt Dohnanyi vor allem in den USA auf, wo er wichtige Kontakte knüpft.



    Nach 1933 tritt er nach Hitlers Machtergreifung weiterhin in Konzerten als Pianist auf, wird jedoch 1941 gezwungen, sein Lehramt in Budapest niederzulegen. Er schafft es bis zur Auflösung der Budapester Philharmoniker 1944 alle jüdischen Orchestermitglieder zu behalten. Gegen Kriegsende fleiht er vor den Sowjets nach das noch nationalsozialistische Österreich (Dohnanyi war aber stets unpolitisch). Nach Ende des Krieges verlässt er 1948 Europa und lässt sich in Argentinien nieder, tritt 1949 eine Professur in Tallahassee an und gibt ab 1953 wieder Konzerte als Pianist. Er stirbt am 9. Februar 1960 während einer Plattenaufnahme in New York.


    Dohnanyi komponierte u.a. 3 Symphonien, 2 Kalvierkonzerte, 2 Violinkonzerte, Kammermusik und einiges an Klaviermusik, darunter Etüden, die eine Reform in der damaligen Klavierpädagogik bedeuteten.
    Seine eigenes Komponieren geht hinter seinen sonstigen Aktivitäten als Avantgarde-Befürworter völlig unter. Zu Lebzeiten förderte er persönlich seine Landsleute Kodaly und Bartok, führte deren Werke auf und wirkte so an deren Verbreitung mit.


    Sein Stil ist äußerst konservativ. Im Frühwerk besonders an Brahms erinnernd, (Brahms bewunderte Dohnanyi für dessen Klavierquartett Op.1 sehr!) setzt sich im allgemeinen ein Liszt-Klang durch. Bemerkenswert, dass der bis 1960 lebende Dohnanyi nicht stärkere Einflüsse von Spätromantik oder Moderne aufweist!
    Dohnanyi verbindet großes Handwerkliches können, mit einem unwahrscheinlichen Geschick für klar geführte, wundervoll-einprägsame Melodien. Die Konzeption seiner Werke ist eher hochromantisch schlicht als spätromantisch verklärt weshalb sich schnell ein Zugang findet.
    Nun wir der gute Mann oft sehr vorschnell als verspäteter Brahms- oder Liszt-Epigone abgestempelt - aber bei all dem "Konservativismus" bewahrt sich Dohnanyi aber immer eine geschickte und oft eigenartige Instrumentierungskunst sowie eine menge Humor und feiner Ironie - was bisweilen auch mal Schostakowitsch tangiert. (freilich ohne dessen harmonische Kühnheit zu erreichen). Neben einigen nicht mehr oder weniger "netten" Werken, hat Dohnanyi auch einge Werke hinterlassen, weilche sicher ein größeres Interesse und Aufsehen verdient hätten - alsda wären:


    Das Klavierkonzert Nr.1 in e-moll, Op.5 - Ein typisches, gewaltiges Virtuosenkonzert mit einem späktakulären Finale - Die Aufnahme ist IMO brilliant!


    Das Konzertstück für Cello und Orchestrer in D-Dur, Op.12


    und hier mein Favorit:


    Variationen über ein Kinderlied, Op.25 - Quasi eine romantische Version von Mozarts Variationen über "Ah! Vous dirai-je maman?". Nach einer hochernsten, monströs-dramatischen Orchester-Einleitung, welche großes anzukündigen scheint, ertönt nach einem finalen Orchesterschlag dieses naiv-blöde Kinderlied im Klavier :hahahaha: - Von der Konzeption ist das Ganze also wie die >>Variationen über "Ich bin er Schneider Kakadu"<< von Beethoven... Danach folgen die äusserst originellen Variationen mit bisweilen wahnsinnig humorvoller Instrumentierung! Ich habe mir diese Platte gekauft, da die Variationen nächste Spielzeit ine einem Konzert gespielt werden, in welches ich gehe - ich haderte erst wegen des hohen Chandos-Preises, griff dann aber trotzdem aus Neugier zu und war absolut begeister - bin es immer noch - momentan eine meiner meistgehörten Platten!


    Sein bekanntestes Werk soll angeblich die Serenade für Streichorchester Op.10 sein - das Werk kenne ich leider noch nicht; es ändert sich aber bald ;)!


    Dohnanyi war kein großer, wichtiger Revoluzzer, das steht fest - aber auf jeden Fall lohnt eine großzügige Höraktion!
    Seine Musik ist sehr gut zugänglich und hat echtes Ohrwurmpotential - Sei macht einfach Spass und diesen Spass sollten sich, wie ich denke, auch mal einige Menschen gönnen, die bisher noch keinen Kontakt mit diesem Komponisten hatten - Ich empfehle zum heiteren Einstieg Op.25... :D ;)


    LG
    Raphael

  • Vielleicht sollte man hier auch noch ein Wörtchen zu seinen Nachfahren verlieren...
    (die sind/waren ja zum Teil nicht unpolitisch und musikalisches Talent kann man auch finden) :beatnik:


    sein Sohn:
    Hans von Dohnanyi war Widerstandskämpfer und wurde von den Barbaren ermordet.
    seine Enkel:
    Klaus von Dohnanyi war immerhin Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und Erster Bürgermeister von Hamburg.
    Christoph von Dohnányi ist uns ja allen als Dirigent bekannt (und teilt scheinbar den Geburtstag mit DvoYák und mir 8o )


    Da von seinen (Enkel-)Kindern heutzutage mehr die Rede ist deutet viel darauf hin, dass Ernst von Dohnanyi wirklich etwas den Zeitgeist verpasst hatte...
    Ich kenne aktiv nichts von ihm - hab irgendwann mal was gehört, das ganz nett klang, aber mich nicht weiter interessierte.
    Vielleicht entfacht aber noch jemand von Euch hier das Revival-Feuer :D


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Hallo Raphael,
    ich mag die Musik von Dohnanyi sehr, sehr gerne.
    Sein 1.Klavierkonzert geht mir seit 1979 nicht mehr aus em Kopf heraus.
    Die von mir damals gehörte Aufnahme ist mir auch immer noch die liebste:
    Balint Vaszonyi, ein Dohnanyi-Schüler und großer Virtuose am Klavier,
    sowie das New Philharmonia Orchestra London unter Sir John Pritchard.


    Dies war eine Produktion der mittlerweile eingegangenen Firma "Genesis".
    Es gab auch eine CD-Ausgabe seinerzeit( so vor 20 Jahren), aber das nützt natürlich heute nichts mehr.


    Die Howard Shelley-Aufnahme des 1.Klavierkonzertes auf Chandos gefällt mir jedenfalls besser als die Hyperion-Aufnahme.


    Was das zweite Konzert angeht, so bevorzuge ich nach wie vor die trotz aller altersbedingten Unzulänglichkeiten mitreißende Aufnahme mit Dohnanyi selber am Klavier unter Sir Malcolm Sargent auf EMI.


    Meine absoluter Lieblingsaufnahme der Variationen über ein Kinderlied, Op.25 ist nach wie vor die m.e. nicht zu überbietene Einspielung mit Julius Katchen, diesem viel zu früh verstorbenen Titan am Klavier und dem Royal P.O. unter Sir Adrian Boult.



    Diese Aufnahme scheint es aber leider ebenfalls im Moment nicht zu geben X(



    LG,
    Michael

  • Hallo!


    Endlich komme ich jetzt auch dazu, zu diesem Thema eine angemessene Antwort zu schreiben. Dohnányi ist ein von mir sehr geschätzter Komponist, der leider eher wenig Beachtung findet. Wenn man allerdings mal bei jpc nach CDs mit seinen Werken sucht, wird man feststellen, dass eigentlich ziemlich viel von ihm auf CD zu finden ist (z.B. hat Chandos einige Orchesterwerke eingespielt). In meiner Sammlung befinden sich derzeit vor allem seine Orchesterwerke, seine Kammermusik ist bei mir noch etwas unterrepräsentiert, das muss ich demnächst ändern.


    Ein paar kleine Anmerkungen: man sollte eher sagen, er hat zwei Sinfonien komponiert, jedenfalls hat er die "Dritte" (eine F-Dur-Sinfonie aus dem Jahre 1896) nicht veröffentlicht und ihr keine Opuszahl gegeben - sie ist wohl auch noch nie eingespielt worden. Und die (verhältnismäßig bekannte) Serenade C-Dur op.10 ist für Streichtrio komponiert. Bei einer CD bei jpc wird zwar Streichorchester angegeben, näheres Betrachten der CD legt aber nahe, dass auch in dieser Veröffentlichung ein Streichtrio spielt.


    Was mir an Dohnányis Musik besonders gefällt: einerseits ist er in der Tat (wie du auch schreibst) sehr konservativ. Zwar Jahrgang 1877, aber durch und durch Romantiker. Seine Musik ist wohlklingend, farbig und opulent. Allein dieses satte, reife Klangbild finde ich bereits sehr ansprechend. Als Epigonen würde ich ihn allerdings nicht unbedingt bezeichnen. Klar gibt es die besagten Anklänge - das Hauptthema des Finalsatzes seines Ersten Violinkonzertes erinnert zum Beispiel an das des Finales von Brahms' Erster Sinfonie. Aber man erkennt mit der Zeit schon einen eigenen Tonfall. Die manchmal leicht kühle Noblesse und die distinguierte Musiksprache haben einen ganz eigenen Reiz. Irgendwie sehr kultivierte, "intelligente" Musik, die immer wieder mit mehr als nur hübschen Einfällen aufwartet.


    Hervorzuheben ist auch Dohnányis geistreicher Witz, seine Neigung zu delikater Groteske. Besonders in seinen Scherzi kann man diese Charakteristika, die meiner Meinung nach seinen unverwechselbaren Stil ausmachen, vorfinden. Und in diesem Zusammenhang muss ich dir auch leicht widersprechen. Dohnányi stilistisch vor der Spätromantik einzuordnen funktioniert für mich nicht. Höre dir zum Beispiel mal den als "Burla" bezeichneten Scherzo-Satz aus der Zweiten Sinfonie an. Das ist eine mit Dissonanzen (Sekunden) und Effekten wie Posaunenglissandi gewürzte Marschmusikkarikatur, die für einen Komponisten des 19. Jahrhunderts absolut undenkbar wäre. Oder auch solche Details wie der Tonartenplan dieser Sinfonie - Dohnányi schreibt hier in einer E-Dur-Sinfonie ein c-moll-Finale (Varationen über den nach meinen Informationen apokryphen Bachchoral "Komm süßer Tod, komm sel'ge Ruh!") und kehrt erst in der Coda zur Ausgangstonart zurück. Eine Erscheinung wie Dohnányi ist aus meiner Sicht im 19. Jahrhundert nicht möglich. Ich bin der Meinung, dass seine Musik als Versuch betrachtet werden kann, die Musiksprache der Romantik weiterzuführen, auf ihr aufzubauen. Sie geht über ein bloßes Festhalten an tradierten Schemata hinaus.


    Seine beiden Klavierkonzerte sind mir natürlich bekannt, habe die Chandos-Aufnahmen mit Howard Shelley. Ich muss sagen, dass ich mich bisher intensiver mit dem Zweiten Klavierkonzert beschäftigt habe, und dieses Werk gefällt mir ausgezeichnet. Natürlich sehr virtuos, aber vor allem fällt Dohnányis typisch edler Tonfall auf. Das Finale besticht durch sprühenden Witz, durch die Kombination von Apotheose und deren Infragestellung. Bemerkenswert, wie er das epische Hauptthema des ersten Satzes als Hymnus in H-Dur erklingen lässt, mit rhythmisch interessanten Klavierpassagen konfrontiert und das Werk am Ende doch lakonisch in h-moll beschließt. Auch die Zweite Sinfonie hat es mir sehr angetan (eigentlich das Werk, das mir erst den Zugang zu Dohnányis Musik beschert hat). Oben habe ich mich ja schon ein bisschen dazu geäußert. Eine "große", 50-minütige Sinfonie in vier Sätzen, mit allerhand thematischen Verflechtungen. Es ist für meine Begriffe ein grandioser Moment, wenn in der finalen Coda Themen der früheren Sätze vorbeiziehen und nach der Düsternis der Choralvariationen für einen kraftvollen, von Zuversicht erfüllten Schluss sorgen.


    Insgesamt kann ich Dohnányis Musik nur wärmstens empfehlen. Er gehört mit Sicherheit zu den von mir bevorzugt gehörten Komponisten. Seine Musik erscheint mir ausgesprochen lohnenswert. Ich habe mir auch deswegen mit der Anwort auf dieses Thema Zeit bis zu den Semesterferien gelassen, weil ich ihn gerne angemessen würdigen wollte.


    Viele Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    Danke für die ausführlichen Erläuterungen! - Schön das es doch einige Freunde Dohnanyis Musik gibt! :yes:
    Ich gebe dir voll und ganz recht, dass Dohnanyi den zunächst meist Hochromantisch anmutenden Rahmen oft verlässt und ihn mit witzigen und originellen Einfällten modernerer Natur würzt. Ich hatte vor das in meinem eröffnungsbeitrag eigentlich durchscheinen zu lassen - aber manchmal verheddert man sich oder vergisst einfach mal was...jedenfalls danke für die Korrektur!


    LG
    Raphael

  • Hallo Raphael, hallo Tobias!


    Zitat

    Original von raphaell
    Schön das es doch einige Freunde Dohnanyis Musik gibt!


    Ja, ich bin seit 2004 ein großer Dohnányi-Fan (habe damals zu meinem 18. Geburtstag die Zweite Sinfonie auf CD geschenkt bekommen).


    Zitat

    Ich gebe dir voll und ganz recht, dass Dohnanyi den zunächst meist Hochromantisch anmutenden Rahmen oft verlässt und ihn mit witzigen und originellen Einfällten modernerer Natur würzt. Ich hatte vor das in meinem eröffnungsbeitrag eigentlich durchscheinen zu lassen


    Klar, ich wollte dies nur noch ein wenig stärker ins Blickfeld rücken, da ich davon ausgehe, dass für die Mehrzahl hier Dohnányis Musik weitgehend unbekannt ist (was ich ebenfalls schade finde).


    Zitat

    Original von van Rossum
    Die beiden Violinkonzerte sind auch recht schön. Wenn ich mich recht erinnere, ist es aber so, dass wenn man die Nr.1 kennt, kennt man auch die Nr.2 - wenn ihr versteht, was ich meine.


    Ich habe mir eben die beiden Violinkonzerte noch mal angehört, gefallen mir auch sehr gut. Beides sind viersätzige Werke (jeweils mit "koboldeskem" Scherzo). Du hast insofern Recht, als dass Dohnányis Schaffen insgesamt recht konsistent ist, größere stilistische Unterschiede lassen sich nicht ausmachen. Das einzige, was mir auffällt (und auch bei den beiden Violinkonzerten), ist, dass seine späteren Werke ein wenig herber klingen, hin und wieder kräftigere Dissonanzen einsetzen und etwas lakonischer sind. Andererseits ist etwa der langsame Satz des Zweiten Konzertes natürlich wundervoll. Übrigens ist das Erste Violinkonzert recht preiswert bei CPO zu haben (dies ist auch die Aufnahme, die sich in meinen Beständen findet). Solist ist Ulf Wallin, begleitet vom RSO Frankfurt unter der Leitung von Alun Francis. Mit eingespielt ist die American Rhapsody, ein Spätwerk, das mir ebenfalls sehr zusagt. Diese Hommage an seine Exilheimat ist teilweise von tiefer Schwermut erfüllt, andererseits geradezu naiv in der Darstellung dörflicher amerikanischer Tanzszenen. Falls jemand Interesse hat:



    Viele Grüße
    Holger

  • Hallo,


    Ja, die CD habe ich mir auch erst kürzlich zugelegt - eine lohnende "Investition". Beide enthaltene Werke finde ich ebenfalls sehr ansprechend. Das 1. Violinkonzert kenne ich leider noch nicht.


    LG
    Raphael

  • Zitat

    seine Kammermusik ist bei mir noch etwas unterrepräsentiert, das muss ich demnächst ändern


    Das ist bei mir eher umgekehrt. So kenne und habe ich z.B. die Streichquartette, die u.a. wegen der Melodieähnlichkeiten etwas an Brahms erinnern. Auffällig und interessant ist das Presto des zweiten Quartetts op. 15, das mich sehr an Wagners markanten Basslauf azu Anfang Wagners Walküre (Wes Herd dies auch sei...) erinnert.


    In den Quartetten finden sich häufig originelle und auch zeitweise schöne und lyrisch-romantische Melodien. Eine oben genannte Erfahrung kann ich bestätigen: Der Komponist hat durchaus seine eigene Sprache und seine eigene Schreibweise, die die Stücke durchzieht.


    Übrigens ist meine Aufnahme die des Artis-Quartetts Wien. Ich finde, dass die beiden ersten Quartette gut gespielt sind und wundere mich, warum ich die CD nicht (mehr?) in den Katalogen finde (hier eine kleine Abbildung):



    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Uwe,
    das dritte Streichquartett findet man übrigens hier:
    Taministen@rapidshare


    Zitat

    In den Quartetten finden sich häufig originelle und auch zeitweise schöne und lyrisch-romantische Melodien


    Mein persönlicher Favorit ist und bleibt das dritte Quartett, welches ich in der fulminanten Einspielung durch das Hollywood-Quartett kennenlernte und welches mich seitdem nicht mehr losläßt.


    Ich finde die Themen dieses Quartettes traumhaft und durchgehend orginell und schön.


    LG,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Mein persönlicher Favorit ist und bleibt das dritte Quartett, welches ich in der fulminanten Einspielung durch das Hollywood-Quartett kennenlernte und welches mich seitdem nicht mehr losläßt.


    Ich finde die Themen dieses Quartettes traumhaft und durchgehend orginell und schön.


    Habe heute eine neu erworbene Doppel-CD (eher zufällig aus der Bucht gefischt) mit allen 3 Quartetten anderthalb mal gehört. Durchaus hörenswert, auch mir scheint das dritte Quartett das interessanteste. Die ersten beiden sind, ähnlich wie Zemlinskys 1. und Schönbergs Nulltes noch sehr spätromantisch in der Brahms-Nachfolge. Das dritte klingt zwar auch nicht wie Bartoks "barbaro"-Phase ;) aber etwas kantiger, allerdings ohne die Romantik ganz zu verleugnen. Epigonal würde ich keines der drei nennen, obwohl die Originalität zweifellos von Stück zu Stück deutlich zunimmt.


    Peinlicherweise sehe ich jetzt erst, dass ich das Turina-Quartett mit #3 sogar schon auf der Festplatte habe. :O Naja, höre ich nachher gleich auch noch an.



    :hello:


    JR


    P.S. Die Katchen-Aufnahme der Variationen ist in einer insgesamt lohnenden "Decca Masters"-Box erschienen; nur für dieses Stück freilich ein bißchen teuer, aber der Rest ist größtenteils auch sehr hörenswert:


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Gestern hatte ich das Vergnügen, in einem schönen Kammerkonzert mit Mitgliedern der Saarbrücker Radiophilharmonie Dohnányis Sextett C-dur op. 37 kennenzulernen - für die ungewöhnliche Besetzung Klavier, Klarinette, Horn, Violine, Bratsche, Cello.


    Das Werk ist 1935 komponiert und erst 1948 veröffentlicht worden. Die Tonsprache würde ich als leicht angeschärfte Spätromantik charakterisieren, die Formgebung ist dagegen klassizistisch: die Formen werden fast schulbuchmäßig gehandhabt, ich hatte keine Probleme, sie beim ersten Hören sofort zu identifizieren. Zunächst ein Sonatensatz (mit Expositionswiederholung), Allegro appassionato, sehr farbig und abwechslungsreich, durchaus dramatisch, ohne dass es allzu ernst wird. Es folgt ein Intermezzo-Adagio in drei- bzw. fünfteiliger Liedform mit einem versonnenen streicherdominierten Hauptsatz und einem von Klavier und Blasinstrumenten angestimmten Trauermarsch dazwischen. Das folgende Allegro con sentimento kommt als Variationensatz daher, mit einem stark an Brahms erinnernden Klarinettenthema, das dann in sehr unterschiedlichen - teils virtuosen, teils tatsächlich leicht sentimentalen - Variationen verarbeitet wird. Am Ende des Satzes taucht ein markanter Tritonus-Ruf des Horns auf, der schon am Anfang des Kopfsatzes zu hören war - anschließend geht es attacca in das wirklich hinreißende Rondo-Finale (Allegro vivace, giocoso), das mit einem prägnanten energiegeladenen Hauptthema aufwartet, das rhythmische Element betont und zwischendurch fast à la Schostakowitsch immer mal wieder einen schräg karikierten Salonwalzer anstimmt.


    Entweder werde ich mir jetzt wegen des Preises die Naxos-Aufnahme kaufen...





    ...oder die folgende, mit einem ähnlich ungewöhnlich besetzten Quintett von Fibich kombinierte Einspielung:





    Viele Grüße


    Bernd


  • Die ist vom Preis mal abgesehen, ganz ausgezeichnet. Das international (hauptsächlich niederländisch und amerikanisch) besetzte Ensemble größtenteils junger Musiker (u.a. die Pinup-taugliche Janine Jansen) spielt engagiert und klangschön. Die Serenade für Streichtrio ist ebenfalls sehr hörenswert (die hatte ich aber schon irgendwo).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Mit dieser CD von Ernst von Dohnany möchte ich daran erinnern, dass der Großvater von Klaus und Christoph von Dohnany am 9. Februar 1960 gestorben ist.


    Heute ist sein 55. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Wenn es um Ernst von Dohnanyi's Streichquartette geht, ist vor allem diese GA durch das famose Fine Arts String Quartet wärmstens zu empfehlen. Gibt es gebraucht derzeit sehr günstig.

  • Gibt es eigentlich einen Grund dafür, dass bei Komponist und Dirigentenenkel der Name gewöhnlich (wohl einigermaßen korrekt), auf der ersten Silbe, mit offen o und stärker gehauchtem h, also in etwa "DOchnanih", der des Politikerenkels dagegen "DohnAhnih" mit langem geschlossenem o und Betonung auf der zweitletzten Silbe ausgesprochen wird? Ist das Eindeutschung aus Faulheit oder irgendwie offiziell.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Gibt es eigentlich einen Grund dafür, dass bei Komponist und Dirigentenenkel der Name gewöhnlich (wohl einigermaßen korrekt), auf der ersten Silbe, mit offen o und stärker gehauchtem h, also in etwa "DOchnanih", der des Politikerenkels dagegen "DohnAhnih" mit langem geschlossenem o und Betonung auf der zweitletzten Silbe ausgesprochen wird? Ist das Eindeutschung aus Faulheit oder irgendwie offiziell.


    Ich habe mal gehört, dass die Unterschiede auch von den Beteiligten selbst gepflegt wurden, um Eigenständigkeit zu bekunden und darzustellen. Das leuchtet mir ein. Niemand will gern vornehmlich als der Bruder, der Sohn oder der Engel von... wahrgenommen werden. Auch Anja Silja wollte nicht als die Frau von ... gelten. Sie behielt ihren Namen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • Ich habe mal gehört, dass die Unterschiede auch von den Beteiligten selbst gepflegt wurden, um Eigenständigkeit zu bekunden und darzustellen. Das leuchtet mir ein. Niemand will gern vornehmlich als der Bruder, der Sohn oder der Engel von... wahrgenommen werden. Auch Anja Silja wollte nicht als die Frau von ... gelten. Sie behielt ihren Namen.


    Und ich glaube, dass sich der Politiker Klaus bewusst für die Namenseindeutschung entschied, weil er ganz genau wusste, dass bewusste und unterbewusste Ressentiments in der Bevölkerung gegenüber Ausländern seine Wahlchancen mit dem ausländisch klingenden Namen vermindert hätten, während der Künstler Christoph mit der Beibehaltung der Originalaussprache die künstlerische Familientradition unterstreichen wollte.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Die Bewahrung der Originalaussprache bei Christoph von Dohnany hatte außerdem den Vorteil, dass er während seiner Zeit als Chefdirigent des NDR-Sinfoniorchesters, als er viele Gastspiele bei anderen Orchestern gab, von den Hambrugern liebevoll "Dochnieda" genannt wurde. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    kurze Korrektur: diesen Spitznamen erhielt er während seiner Zeit als Intendant der Hamburgischen Staatsoper und Generalmusikdirektor des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg (1977-84).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    ich hatte es so von unserem ehemaligen Tamino Swjatoslaw in Erinnerung, kann sein, dass mich meine Erinnerung getrogen hat :untertauch: .


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Kann ich zwar halbwegs nachvollziehen, aber DohnAhnie hört sich für mich ähnlich exotisch an wie die korrekte Aussprache... ;)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • ann ich zwar halbwegs nachvollziehen, aber DohnAhnie hört sich für mich ähnlich exotisch an wie die korrekte Aussprache... ;)


    Aber die meisten deutschen Nachnamen werden halt auf der vorletzten Silbe betont - ok, deiner nicht... ;)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es gibt massenweise lange deutsche Nachnamen, die auf der dritt- oder gar vierletzten Silbe betont werden, Bonhoeffer, Furtwängler, Boesendorfer, Gieseking, Gschaftlhuber... Bei einem solch offensichtlich fremden Namen wie Dohnanyi müsste man ohnehin nachfragen, wie er beton/ausgesprochen wird; es sei denn man hat sich mal gemerkt, dass ungarische Worte und Namen immer auf der ersten Silbe betont werden.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo zusammen,

    Wenn es um Ernst von Dohnanyi's Streichquartette geht, ist vor allem diese GA durch das famose Fine Arts String Quartet wärmstens zu empfehlen. Gibt es gebraucht derzeit sehr günstig.


    der Empfehlung von Lutz folgend, habe ich diese CD gekauft und mittlerweile auch gehört (was in dieser kurzen zeitlichen Abfolge beileibe keine Selbstverständlichkeit ist... :D):


    Musik und Einspielung gefallen mir in der Tat auf Anhieb hervorragend, passt diese romantische, brahms-geprägte Musik doch wunderbar in mein persönliches "Beuteschema". Die drei Quartette und die zeitliche Abfolge ihrer Entstehung (Nr. 1 A-Dur op. 7, 1899, Nr. 2 Des-Dur op. 15, 1906, Nr. 3 a-Moll op. 33, 1926) lassen erkennen, wie das Komponieren Dohnanyis progressiver und mutiger geworden ist, ohne dass die Nr. 3 letztendlich tatsächlich ein zeitgemäß-modernes Werk geworden wäre. Während Nr. 1 IMHO doch noch sehr epigonal ist, an Brahms, Schumann oder auch Raff anknüpft, ist die Nr. 2 bereits etwas freier und beweglicher und löst sich stärker von etwaigen Vorbildern. Nr. 3 ist dann ein meiner Ansicht nach sehr eigenständiges Werk, ohne den Weg des tonalen Komponierens zu verlassen, und für mich das Highlight in Dohnanyis Quartett-Schaffen. :)


    In der Folge "musste" ich die Klavierquintette mit dem Fine Arts Quartett gleich mitbestellen... die kosten momentan gebraucht auch gerade einmal 6 EUR. :)


    Grüße
    Frank

  • Meine absoluter Lieblingsaufnahme der Variationen über ein Kinderlied, Op.25 ist nach wie vor die m.e. nicht zu überbietene Einspielung mit Julius Katchen, diesem viel zu früh verstorbenen Titan am Klavier und dem Royal P.O. unter Sir Adrian Boult.


    Zufällig bin ich bei der Suche nach der Schubert/Liszt-Wanderer-Fantasie (die mir noch in der Orchesterfassung auf CD fehlte) mit dem grossen Liszt-Pianisten Bolet auf diese Decca-Doppel-CD gestossen, auf der diese Empfehlung mit Katchen/Boult enthalten ist:



    Decca, ADD


    Dabei habe ich erstmals in die Hörschnipsel reingehört und mir danach das Dohnanyi-Werk auf YT angesehen/-hört. Es scheint eines der bekanntesten und meistgespielten Dohnanyi-Werke zu sein - jedenfalls ein tolles Stück !
    (Auch das weitere Liszt-Programm mit Katchen/Argenta (KK 1+2), sowie die anderen Klavier-Orchesterwerke mit der Wanderer-Fantasie mit Bolet scheint mir allererste Wahl zu sein.)



    Auf YT bin ich erstmal (zum Kennenlernen) zufrieden mit Ortiz/Previn von 1975:


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Inspiriert von diesem Thread habe ich mir kürzlich meine erste Dohnányi-CD zugelegt. Ich nähere mich den Komponisten häufig von meinem Lieblingsinstrument dem Cello her. Ich kann diese CD nur wärmstens empfehlen. Zum Einen wegen dem bereits oben einmal erwähnten Konzertstück für Cello und Orchester op. 12. Neben der Sonate op. 8 aber auch der wunderschönen und nur sechseinhalbminütigen Ruralia Hungarica für Cello und Piano op. 32d wegen.

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner