MIKIS THEODORAKIS - Oratorien

  • Da bekam ich doch tatsächlich irgendwann vor ca. 3 Jahren eine „Best of“ Schallplatte zum Überspielen auf CD. Darauf enthalten waren Aufnahmen von Künstlern wie Maria Farantouri und Grigoris Bithikotsis, die Lieder von Theodorakis interpretierten.
    Bhitikotsis' Stimme ging sofort in meine Haut über. Begleitend spielte dann noch ein griechisches Orchester mit griechischen Instrumenten und ich war hin und weg.


    Dies also mein persönlicher Weg zu Theodorakis oder wie ich anfing seine Werke zu lieben.
    Nun schrieb er ja auch noch Kammermusik, Ballettmusik und Sinfonien.
    Aber worum es mir in diesem Thread im Eigentlichen geht, das sind Theodorakis' Oratorien.


    Und ganz speziell eines: To Axion Esti.


    Ein Volksoratorium nach der Vorlage des griechischen Schriftstellers Odysseas Elytis.


    Von diesem Werk gibt’s eine Referenzaufnahme, die um 1964 auf EMI Minos veröffentlicht wurde und mich vollauf überzeugt hatte. (G. Bhitikotsis und Dimitrief sind die Solisten)
    Leider ist diese Aufnahme so gut wie nirgends mehr erhältlich (Sie wurde, ich glaube 1997, von EMI Minos remastered und wiederaufgelegt, ist aber ebenfalls nicht mehr zu besorgen!)


    Nun...wer von euch schätzt seine Oratorien ebenfalls oder besitzt Aufnahmen, die der oben Erwähnten gleichzustellen sind (vom Referenzcharakter) ?

  • Wir - die Familie - lieben Theodorakis. Wir haben ihn öfter im Konzert erlebt, mit ihm kurz gesprochen. Er ist, auch wenn er selbst singt, ein Ereignis.
    Wenn er stirbt, werden wir, wie Griechenland, trauern.


    Die Oratorien sind ja nur ein kleiner Teil seines Schaffens. Ich denke auch an Canto general, Mauthausen, Epitaphios, die Romiossini-Lieder, die Lieder der bitteren Heimat. Wir kennen ihn über seine Kompositionen für Gesang, nicht seine Symphonien oder seine Kammermusik.


    Und wenn Dalaras singt, dann gibt es auf dem Sektor sowieso nichts darüber.


    Gruß aus Bonn :jubel:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Besonders hinweisen möchte ich auf das Requiem auf den wunderschönen Text des heiligen Ioannes Damaskinos. Ich habe mir die CD vor ein paar Jahren in Olympia gekauft, wo sie sich der Inhaber eines Buch- und CD-Geschäfts (und Theodorakis-Fan) gerade zu Gemüte führte - das war mein Einstieg zu Theodorakis und mir gefällt es immer noch am besten von seinen Werken, obwohl der Canto general auch ein sehr starkes Werk ist.


    Grüße von Martin

  • Hallo,



    ich besitze zwei Aufnahmen des Canto General:


    eine Live - Aufnahme des Rundfunks der DDR aus dem Palast der Republik (war übrigens kein schlechter Konzertsaal) vom 14.2.1980 mit dem Rundfunkchor (Ost-) Berlin, Solisten: Maria Farandouri und der Bariton Heiner Vogt und einem eher kleinen orchster, zusammengesetzt aus griechischen Interpreten dort üblicher Instrumente und DDR - Orchestermusikern dirigiert von Mikis Theodorakis selbst (Vinylplatte, Amica - label). Darauf gestossen bin ich vor ca. 20 Jahren, weil die Platte gerade in einem Buchladen gespielt wurde. ich musste das dann sofort haben.


    Eine solide Interpretation eines mich musikalisch sehr ansprechenden Werkes. Mich persönlich stört hier, dass die beiden Solisten vom Stil her nicht zusammenpassen. Alles ist ziemlich an klassischem Oratorium orientiert und da fällt Maria Farantouri leider soweit aus dem Rahmen, dass man, wenn man nicht wüsste, dass sie ja nicht klassisch singt, meinen würde, sie stemmt es nicht. Ich finde es sehr schade, denn sie hat mit ihrer tollen, aber eben nicht klassischen Stimme Führendes im Bereich der griechischen Lieder geleistet.Sie in den klasischen Gesamtkörper dieser Produktion einzufügen, war m. E unorganisch.


    einen Live - Mitschnitt von 1975 aus Athen mit einer Chor - Formation "The National Choir of France" (also, ein französischer Profichor kann das nicht sein, er klingt schauerlich mit grausamen Scheppertenören), Maria Farantouri - die hier ein absoluter Lichtblick ist) und Petros Pandis, von der Stimme her ein Pop- oder Schalgersänger. Dirigat auch M. T.


    Für die DDR - Aufführung hat er anders instrumentiert und auch teilweise anders arrangiert, es klingt pastoraler.


    Ich habe auch Gesangsnoten einzelner Teile des Stückes vor einigen Jahren ergattert.


    Das Werk lohnt sich wirklich,nur habe ich bisher keine völlig in sich stimmige Interpretation gehört. Kennt ihr vielleicht noch andere Aufnahmen.


    LG



    Ulrica

  • Hallo,


    und wieder einmal wird hier von einem offensichtlich mehr als hörenswerten Komponisten gesprochen, den ich bisher noch nicht kannte. 8o Und dies bei meiner Liebe für die Musik des 20. Jahrhunderts!


    Wie würdet Ihr Werke von Miskis Theodorakis charakterisieren? Wie klingen sie, was zeichnet sie aus?


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Zitat

    Original von Ulrica
    Das Werk lohnt sich wirklich,nur habe ich bisher keine völlig in sich stimmige Interpretation gehört. Kennt ihr vielleicht noch andere Aufnahmen.


    Ich habe eine Studioaufnahme (13-sätzige Fassung von 1980) mit dem Rundfunkchor Berlin unter Lukas Karytinos. Solisten sind Alexandra Papadjiakou (Alt) und Frangiskos Voutsinos (Bariton). Diese Aufnahme ist sehr im Stil eines klassischen Oratoriums, die Sänger haben auch eine klassische Gesangsausbildung, aber Probleme mit dem spanischen Text...


    Mein Lieblingsstück vom Canto general ist "Los Libertadores". :jubel: :jubel: Obwohl einige andere Sätze dem nicht viel nachstehen, aber "Los Libertadores" ist für mich das packendste. In Graz ist der Canto general letztes Jahr aufgeführt worden.


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Hallo Ulrica,


    Frage: Ist die 1980er Aufnahme schon eine Komplettaufnahme
    (Also mit dem Neruda Requiem Eterna) ?


    Auch ich besitze die 1975er Aufnahme mit der grandiosen Farantouri.
    Und ich glaub ich mag diese Aufnahme gerade wegen ihrer nicht
    absoluten Reinheit in den Chorstimmen.
    Das mag jetzt zwar komisch klingen. Aber eben das lässt diese Aufnahme
    aus dem gros der Perfekt-gesungenen herausschnellen.


    Das Lateinamerikanische Volk kämpft gegen den Kolonialismus?
    Bitte sehr:
    Das Volk ist kein, durch allen Reihen "perfekter Sänger". Mir kommt durch das Amateurhafte doch gerade dieses näher. Eine realistische Vertonung.
    (Man möge mir verzeihen, wenn hier mein jugendlicher Subjektivismus
    miteinbezogen wurde ;-))


    Man bedenke auch, wie sehr Theodorakis Herrn Bhitikotsis gemocht hat; auch eine nicht unbedingt "saubere" Stimme. Aber eine Stimme mit griechischer Seele.


    Bei der Epitaiphos Aufnahme hieß es damals ja...Mouskouri raus, Bithikotsis
    rein. Was Theodorakis von den Kritikern nicht gerade hoch angerechnet wurde.
    Aber für Mikis sprach eben nur dieser aus der unteren Schicht
    stammende (überzeugendste) die Sprache, die dem Stück den Ausdruck gibt. Nachvollziehbar? Absolut!


    Gruß Jan


    :hello:

  • Übrigens:


    Anscheinend wieder Importierbar:


    (Zumindest hab ich bestellt und Zusage bekommen, es sei nächste
    Woche in meinem Briefkasten)


    TO AXION ESTI mit Dimitrief und Bithikotsis. (1974 EMI Minos)
    Für mich geht ein Traum in Erfüllung.


    Wer die Aufnahme noch nicht kennt...Tja...der möge sie
    kennen lernen ;-)


    So sieht das dann aus: (teuer, aber gut angelegt)


    1 x (n° 5528) Mikis Theodorakis, Axion Esti (mit G. Bithikotsis) = 24,16 €
    ------------------------------------------------------
    Zwischensumme: 24,16 €
    Zustellgebühren: 6,50 €
    Summe: 30,66 €


    tva 19,6%: 3,96 €


    Versand:


    http://boutique.info-grece.com

  • Zitat

    Original von jaaan
    Hallo Ulrica,


    Frage: Ist die 1980er Aufnahme schon eine Komplettaufnahme
    (Also mit dem Neruda Requiem Eterna) ?


    Ich antworte einfach mal statt Ulrica: Die jetzige 13-sätzige "Komplettfassung" wurde im November 1980 vollendet und erst 1981 uraufgeführt. Daher kann diese Aufnahme keine solche sein.


    :hello: Martin

  • Eh bien.


    Ich vergaß...1981! Eben nachgelesen.
    Wie kam bloß diese 1980 in meinen Kopf. :no:
    Tja...das Gedächtnis...es bleibt nicht ewig jung :-)


    Danke sehr.


    :pfeif:

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  • Hallo,


    ich ergänze mal. 1975 und 1980 besteht der Cannto aus den gleichen Stücken:


    1, Algunas bestias - einige Tiere
    2. Voy a vivir - ich werde leben
    3. Los libertadores - Die Befreier
    4.Vienen los Pajaros - Die Vögel erscheinen
    5. La United Fruit Co.
    6. Vegetaciones - Pflanzenreich
    7. America Insurrecta - Aufständisches Amerika


    Ich wusste gar nicht, das die Komposition noch erweitert wurde. In der DDR - Aufnahme ist ein Vorspann mit einer Ansprache Pablo Nerudas zu hören als Einleitung der Lyrik. Leider war aber nicht beschrieben, zu welcher Gelegenheit er die Lesung durchführte.


    Ich meine durchaus, dass bei Theodorakis Werken mehr zu sehen ist, als die reine Musikkritik. Er ist ein politischer Künstler auf höchstem Niveau sowohl mit seinem kompositorischem Können als auch bei der Wahl der Texte. Eine passendere Vertonung der berührenden und kraftvollen Dichtung Nerudas kann ich mir nicht vorstellen. Elemente beider Musikkulturen, der griechischen und der südamerikanischen, fließen ein.


    Wie gesagt, als ich das erste mal ein Teilstück, Vienen los Pajaros - hörte, war ich hin und weg. Die Entstehungsgeschichte ist unmittelbar verbunden mit den Erfahrungen Griechenlands und Chiles mit den jeweiligen faschistischen Militärdiktaturen. Theodorakis und Neruda haben sich Anfang der Siebziger in Frankreich getroffen. Theodorakis dort im Exil noch Inhaftierung durch die Papdopuolos - Diktatur, Neruda noch unter freien Bedingungen in der Zeit der Allende - Regierung. Nach meiner Informationsquelle soll Allende das Oratorium in Auftrag gegeben haben.


    Die Uraufführung sollte in Santiago de Chile stattfinden, jedoch konnte es wegen des Militärputsches 1973 nicht mehr dazu kommen. 1975 wurde die Aufführung in Griechenland möglich, weil dort die Diktatur bereits gestürzt worden war, während in Chile ein Ende der Pinochet - Diktatur noch gar nicht absehbar war.


    Wie man auf der Aufnahme von 1975 hört, war die Begeisterung des griechischen Publikums enorm, was sowohl mit der dem mitreissenden Werk selbst zu tun hat als auch mit dem Umstand, dass die gewonnene politische Freiheit zu feiern war mit Theodorakis als Symbol für diesen Kampf ( er ist sowohl in der Nazizeit als auch in der Militärdiktatur inhaftiert gewesen und war der Folter ausgesetzt)


    Ich finde, dass es sich bei Theodorakis Gesamtwerk um ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte der Kulturschaffeneden handelt, das m. E. überdauern wird, ähnlich wie die Kunst der alten Meister.


    LG


    Ulrica

  • Danke, Ulrica, für Deinen Beitrag.


    Die politische Komponente als Anreiz, ein Werk zu schaffen, ist bei Theodorakis nicht wegzudenken.
    Aber, was ist dabei schlimm? Warum gilt das immer noch als ein bißchen unseriös ?
    Ich hoffe doch sehr, daß seine Musik überlebt, in Griechenland allemal, aber auch sonst auf der Welt, und nicht nur mit dem "Sirtaki", der keiner ist, aus dem Zorbas-Film.


    Was die Stimmen betrifft, bei denen mir Theodorakis am besten gefällt, so sind das natürlich Maria Farandouri und Georgos Dalaras, Stimmen, die nicht opernmäßig klingen, natürliche Stimmen, wohl aber gut ausgebildet.
    Ich habe sie alle 3, auch Theodorakis, mehrere Male hier in Deutschland erleben können.


    Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Die Fassung vom Herbst 1980, die 1981 uraufgeführt wurde, ist um sechs Sätze erweitert:


    1. Algunas Bestias (Einige Tiere)
    2. Voy a Vivir (Ich werde leben)
    3. Los Libertadores (Die Befreier)
    4. A mi Partido (An meine Partei)
    5. Lautaro

    6. Vienen los Pájaros (Die Vögel erscheinen)
    7. Sandino
    8. Neruda Requiem Aeternam [Text von Mikis Theodorakis]

    9. La United Fruit Co. (Die United Fruit Co.)
    10. Vegetaciones (Pflanzenreiche)
    11. Amor América (Amerikaliebe)
    12. A Emiliano Zapata (Auf Emiliano Zapata)

    13. América insurrecta


    Liebe Grüße,
    Martin