• Liebe Forianer,


    zu seinem 80. Geburtstag wird es nun aber wirklich Zeit, Masur einen eigenen Thread zu widmen:






    Kurt Masur kam am 18. Juli 1927 im schlesischen Brieg zur Welt. Nachdem er zunächst eine Lehre als Elektriker absolviert hatte, zog es ihn im Alter von 15 Jahren an die Landesmusikschule in Breslau. Nach dem Krieg begann Masur 19-jährig in Leipzig Klavier, Komposition und Dirigieren zu studieren. Bereits zwei Jahre später – 1948 - beendete er sein Studium.


    Sein berufliches Schaffen begann er als Solorepetitor und Kapellmeister in Halle; bis 1951 war er in der Saalestadt tätig. Danach folgten Engagements als 1. Kapellmeister an den Städtischen Bühnen Erfurt und am Opernhaus Leipzig. Die erste hauptamtliche Stelle als Dirigent hatte Masur zwischen 1955 und 1958 bei der Dresdener Philharmonie inne. In den folgenden zwei Jahren wirkte er als Generalmusikdirektor am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin.

    Aufmerksamkeit erregte Masur, als er 1960 vom Intendanten der Komischen Oper Berlin, Walter Felsenstein, als Chefdirigent verpflichtet wurde. Masur hatte diese Position über vier Jahre inne; nach einer kurzen Phase freischaffender Tätigkeit leitete er von 1967 bis 1972 als Chefdirigent die Dresdener Philharmonie. Kurt Masurs bedeutendste Schaffensphase stellt sein 26jähriges Wirken als Gewandhauskapellmeister in Leipzig von 1970 bis 1996 dar.

    In dieser Position trat Masur die Nachfolge solch berühmter Persönlichkeiten wie Felix Mendelssohn-Bartholdy, Arthur Nikisch, Wilhelm Furtwängler und Hermann Abendroth an. Er selbst vermochte es, dem Gewandhausorchester einen eigenen Charakter zu geben und schuf einen Klang, der von Musikern und Orchestern in der ganzen Welt als "Gewandhausklang" bezeichnet und häufig zu kopieren versucht wurde. Mit dem Orchester gab er über 900 Tournee-Konzerte.

    Neben seinen herausragenden musikalischen Qualitäten zeichnete sich Masur auch durch politisches Fingerspitzengefühl und Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Widerständen aus; während die Staatsführung der DDR das Gewandhausorchester als Prestigeobjekt und Devisenbringer durch die Welt reisen ließ, stand für Masur im Ausland die Vermittlung künstlerischer Leistung im Mittelpunkt. In Leipzig scheute er die Auseinandersetzung mit dem Staatsapparat nicht: So setzte er z.B. 1980/81 gegen zahlreiche Widerstände der Staatsführung den Neubau des Gewandhauses an seinem jetzigen Platz durch, der von der Parteispitze für den Neubau des universitären Auditorium Maximum vorgesehen war.

    Der Name Masurs ist schließlich untrennbar mit den Ereignissen der friedlichen Revolution in Leipzig im Herbst 1989 verbunden: in Zeiten großer Unsicherheit, als fraglich war, mit welchen Mitteln die Staatsführung der DDR auf die zunehmenden Unruhen reagieren würde, gehörte Masur zu den Unterzeichnern eines Aufrufes, in dem zu beiderseitigem Gewaltverzicht zugunsten eines konstruktiven Dialoges aufgefordert wurde. Damit hatte sich der Gewandhausdirigent mit Bedacht kraft seines Amtes und seiner herausragenden Persönlichkeit eindeutig auf die Seite der Bevölkerung gestellt und gleichzeitig auf alle Seiten deeskalierend eingewirkt. Schnell von einer Art Mythos als "Retter von Leipzig" umgeben, war Masur kurz als potentielles Staatsoberhaupt der DDR im Gespräch, er lehnte jedoch die Übernahme eines solchen Amtes ab.

    Dass er 1993 auch als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt wurde, mag deutlich machen, welch hohes Ansehen Masur genoss und heute noch genießt. Für seine Verdienste um die Demokratie und das kulturelle Leben in Deutschland erhielt Masur zahlreiche Ehrungen, so z.B. die Ehrenbürgerwürde der Stadt Leipzig, den Titel "Europäer des Jahres 1990" und 1995 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

    1990 nahm Kurt Masur die Position des Musikdirektors des New York Philharmonic Orchestra an. Zum Jahreswechsel 1996/97 wurde er als Gewandhauskapellmeister in Leipzig verabschiedet und zum ersten "Ehrendirigenten" in der über 250jährigen Geschichte des Orchesters ernannt.


    In New York, wo Kurt Masur von 1991 bis 2002 als Chefdirigent des Philharmonic Orchestra wirkte, erreichte er nach kurzer Zeit eine maßgebliche Steigerung der Individualität und Qualität des Orchesters und machte es wieder zu einem der "Big Five" in den Vereinigten Staaten. Im Jahr 2000 wurde er Musikdirektor des London Philharmonic Orchestra. 2002 übernahm Kurt Masur außerdem die musikalische Leitung des Orchestre National de France in Paris.

    1991 gründete er in Leipzig die Internationale Mendelssohn-Stiftung, welche die letzte Wohn- und Wirkungsstätte Felix Mendelssohn Bartholdys in Leipzig vor dem Verfall rettete. 1994 wurde er Vorstandsmitglied der Deutschen Nationalstiftung. Masur ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste sowie der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Er erhielt eine Vielzahl von Auszeichnungen - in der DDR, der Bundesrepublik, in Frankreich, Israel, Polen und den USA. Ende 1989 wurde Masur als erster nach der Wende Ehrenbürger der Stadt Leipzig. Auch Masurs Geburtstadt Brzeg (Brieg) im polnischen Zlsk (Schlesien) verlieh ihm die Ehrenbürgerwürde.

    2007 wurde er zum 80. Geburtstag mit dem erstmals verliehenen Leipziger Mendelssohn-Preis geehrt - für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für den Bau des neuen Gewandhauses in Leipzig im Jahr 1981 sowie sein Engagement bei den Montagsdemonstrationen im Jahr des Mauerfalls 1989.




    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Forianer,


    es stößt bei mir doch etwas auf Unverständnis, dass Masur als Dirigent weitesgehend im Thread ignoriert wird.


    Masur hat ein sehr gutes Händchen für die Werke Mendelssohns:




    Auch der Zyklus der Mendelssohn-Sinfonien mit dem Leipziger Gewandhausorchester aus den 70er Jahren sind sehr gut gelungen und immer wieder sehr hörenswert.





    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Forianer,


    die Einspielung der 2. Sinfonie von Brahms durch das Gewandhausorchester unter Masur erweist sich in meinen Augen zu einer eindrucksvollen Referenzaufnahme.


    Hier stimmt alles: Tempo, Wärme, Dynamik, Steigerungen und ein hervorragendes Finale. Absolut hörenswert!





    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • nachtragen möchte ich noch sein Engagement für den Verein Beethoven-Haus Bonn, dessen Vorsitz er hat.


    Beim nächsten Beethovenfest hier wird er eine Mamutaufgabe für einen 80-jährigen bewältigen: die Aufführung sämtlicher Beethoven-Sinfonien an 4 Tagen, am 6.9., 7.9., 8.9. und 10.9., Karten kann man schon bei BONNTICKET bestellen, ich habe sie schon.

    Außerdem wird er wieder, wie schon einmal mit großem Erfolg bei den Bonnern einen Meisterkurs im Dirigieren machen, 5.-9.4.08


    Oft habe ich ihn als Teenager als jungen Dirigenten im Leipziger Opernhaus Drei Linden gesehen.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello: :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Forianer,


    herausragend sind auch seine Einspielungen der Orchesterwerke von Franz Liszt mit dem Gewandhausorchester Leipzig:






    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Tatsächlich ist es bemerkenswert, dass Masur so wenig zur Kommentierung reizt. Mir fällt, offen gestanden, auch nicht sehr viel zu ihm ein, was nicht mit seiner politischen Rolle vor dem Mauerfall zu tun hat.


    Ich fürchte, es ist das Schicksal der weniger glamourösen, sondern einfach nur hochkompetenten "Kapellmeister", dass sie zwar immer wieder Lob en passant, sehr selten aber Hymnen oder Totalverrisse einheimsen, an denen sich die Fans reiben können.


    Ich habe es nicht recherchiert, aber nach meinem Eindruck geht es durchaus bedeutenden Dirigenten wie Keilberth, Kempe, Sawallisch, Ormandy, etc. hier nicht viel anders. Einzelne Aufnahmen von ihnen werden regelmäßig als Referenz genannt (Kempe bei Strauss, zum Beispiel), aber über sie selbst liest man weniger als über manch weniger bedeutenden Namen.


    Um so dankbarer bin ich für Dein hartnäckiges Engagement in diesem Fall. In so einem Fall sollte es auch mal erlaubt sein, auf seine externe homepage zu verweisen: http://www.kurtmasur.com/


    Da erfährt der englischsprachige Leser nämlich einiges mehr über sein Wirken auch bei den New Yorker und Londoner Philharmonikern, das uns weitgehend entgangen zu sein scheint.


    :hello: Rideamus

  • Stellvertretend für die zahlreichen Opernaufführungen, die Kurt Masur dirigiert hat, möchte ich diese Aufnahme hervorheben:


    Es handelt sich um eine Pionierleistung in der Schallplattengeschichte, da es die erste voll digitale Gesamtaufnahme einer Oper ist. Die Gemeinschaftsproduktion zwischen der DDR-eigenenen VEB Deutsche Schallplatten Berlin und der westdeutschen Bertelsmann-Tochter Ariola-Eurodisc, München, entstand im Januar 1980 in der Leipziger Paul-Gerhardt-Kirche:




    Spieldauer: 110'34
    Dirigent: Kurt Masur
    Gewandhausorchester Leipzig
    Rundfunkchor Leipzig
    Chorleitung: Jörg-Peter Weigle
    Dialog-Regie: Uwe Wand


    Rollen und Sänger
    Don Fernando: Theo Adam
    Don Pizarro: Siegmund Nimsgern
    Florestan: Siegfried Jerusalem
    Gefangener: Klaus König
    Gefangener: Frank-Peter Späthe
    Jaquino: Rüdiger Wohlers
    Leonore (Fidelio): Jeannine Altmeyer
    Marzelline: Carola Nossek
    Rocco: Peter Meven



    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Es gibt eine ganze Reihe von Dirigenten, die bei mir - evtl. zu Unrecht - in die sogenannte "u.a."-Kategorie fallen. Das sind bei Filmkritiken die Mitwirkenden, die nicht namentlich genannt werden, sondern am Ende als "und andere" auftauchen.


    Dirigenten also, bei denen sich mir unweigerlich die Frage stellt, warum ich den denn auch noch mit dieser oder jener Aufnahme haben muß.


    Die von Rideamus genannten gehören in diese Kategorie, auch zB Szell, Solti, Keilberth, Dohnanyi, Maazel, und eben auch Masur.


    Prüfsteine sind für mich immer die Beethoven-Symphonien. Dort habe ich die größte Bandbreite an Interpretationen in meiner Sammlung, weshalb Ergänzungen sorgfältig erwogen werden. Ein Dirigent muß schon einen besonderen Ansatz verfolgen, wenn ich einen Kauf erwägen soll.


    Der Name Masur taucht in diesem Zusammenhang nie auf. Was ich bisher von Masur gehört habe, ging zum einen Ohr rein und zum anderen raus. Sein Dirigat ist nicht einmal wirklich schlecht, das würde mir auffallen, es ist schlicht blaß. Wenn die oft strapazierten sog. "Kapellmeister"-Qualitäten zB bei Wand ein positives Qualitätsmerkmal sind, dann verkörpert Masur die negative Seite des Kapellmeisters.


    Vielleicht füge ich dem Mann ja bitteres Unrecht zu, aber ich verspüre keinerlei Bedürfnis, mich näher mit Masur zu beschäftigen (soweit er überhaupt mein Repertoire dirigiert).

  • Meine Lieben,


    ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein „biederer Kapellmeister“ eine solche souveräne Karriere bei so hochkarätigen Ensembles wie den Leipzigern, Londonern oder New Yorkern machen kann...Rideamus hat recht mit seiner Einschätzung.

    Das Unspektakuläre, Solide hat keinen Medienwert. Und das ist einfach fürchterlich!
    Oder eben auch nicht!


    Ich kenne keine einzige durchschnittliche oder gar schlechte Aufnahme von Kurt Masur, aber irgendwie hat sich medial die Einschätzung verbreitet, Masur biete halt einfach nur moderates Mittelmass.


    Es gibt in der buddhistisch-taoistischen Tradition den erstrebenswerten Topos des „Mittleren Weges“: Masur geht ihn imo konsequent. Das Spektakuläre ist ihm zuwider, mir auch.


    Engagierte Menschen machen den Medien Angst.
    Masur (mit seinem politischen Engagement) ist ihnen nicht geheuer. Er ist zu menschlich, zu seriös, um in der polarisierenden Medienlandschaft intensiver zur Kenntnis genommen zu werden.


    Ich gehe mal davon aus, dass ihm das ziemlich „wurscht“ ist. Gut so! Ich verehre die Solidität und Redlichkeit.


    Mit Grüssen aus Bern verbleibt ein weitgehend medienabstinent gewordener

    Walter

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • <<Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein „biederer Kapellmeister“ eine solche souveräne Karriere bei so hochkarätigen Ensembles wie den Leipzigern, Londonern oder New Yorkern machen kann


    Engagierte Menschen machen den Medien Angst. Masur (mit seinem politischen Engagement) ist ihnen nicht geheuer. Er ist zu menschlich, zu seriös, um in der polarisierenden Medienlandschaft intensiver zur Kenntnis genommen zu werden. >>


    Zumindest nach 1989/90 hat er aufgrund seiner politischen Haltung in der Wendezeit einen Aufmerksamkeitsbonus in den Medien bekommen. Ich lese zwar wenig und unregelmäßig den Kulturteil der SZ oder FAZ, sehe fast nie fern, und habe auch keine Fonoforum abonniert, aber gelegentlich läuft mir Masur über den Weg, meist in Verbindung mit der erwähnten Zeit.


    Mir scheint also, er wäre eben nicht von den Medien stiefmütterlich behandelt worden, eher das Gegenteil (ohne dass sich der Hype auf seine Leistungen als Dirigenten bezogen hätte).


    Zumindest den Posten in NY verdankt er wohl ursprünglich (auch) diesem politischen Bonus.



    <<Das Unspektakuläre, Solide hat keinen Medienwert.>>
    Stimmt, deshalb taugen die Medien zur Meinungsbildung nur sehr bedingt...


    <<Ich kenne keine einzige durchschnittliche oder gar schlechte Aufnahme von Kurt Masur, aber irgendwie hat sich medial die Einschätzung verbreitet, Masur biete halt einfach nur moderates Mittelmass.>>
    Meine Einschätzung beruht auf den - zugegeben wenigen - Aufnahmen, die ich von ihm gehört habe. Da ist nichts - nur auf Beethoven bezogen - was mir seine Aufnahmen schmackhaft macht. Wer Furtwängler, Horenstein, Leibowitz, Brüggen, Weingartner, Gardiner, Toscanini, Walter, Wand, und die beiden Kleibers - um nur einige zu nennen - hat, der braucht keinen Masur.



    <<Es gibt in der buddhistisch-taoistischen Tradition den erstrebenswerten Topos des „Mittleren Weges“: Masur geht ihn imo konsequent. Das Spektakuläre ist ihm zuwider, mir auch.>>
    Gibt es irgendeinen Hinweis, eine Äußerung, eine Handlung, aus der hervorgeht, daß Masur Buddhist/Taoist ist und den "Mittleren Weg" aus diesem Grund bewußt wählt?

  • Hallio Robert Stuhr,


    Kurt Masur war schon in den Vor-Wendejahren oft umjubelter Gast bei den New Yorkern. Sein politisches Engegament war sicherlich durchaus föderlich. Aber Masur war sehr lange Chef, dieses Chef-killenden Orchesters.


    Wer Masur nur an seinen Beethoven-Aufnahmen misst, der sollte sich besser nicht so generell zu Masur äußern.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • hallo,
    ich habe diese Sammlung:,
    die neben einer Kammermusiksammlung den Komponisten Mendelssohn mir nahe gebracht hat.
    Möglichereweise ist es wirklich so, daß Masur an Beethoven nicht gemessen werden sollte, allerdings habe ich im vergangenen Jahr im Concertgebouw eine phantastische Aufführung der 7. Sinfonie mit dem Hausorchester unter Masur erlebt, das war so aufregend wie eine legendäre Aufnahme mit Thomas Beecham, die wir noch auf ganz breiten Tonbändern für eine große Bandmaschine haben, wo der Dirigent "go on, go oin" brüllt.


    Ich bin auf den Beethovenzyklus beim nächsten Beethovenfest gespannt.


    Lieben Gruß azus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Stabia,


    in dieser Box sind die Mendelssohn-Sinfonien aus den 80er Jahren, die aus den 70ern sind noch besser!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Wer Masur nur an seinen Beethoven-Aufnahmen misst, der sollte sich besser nicht so generell zu Masur äußern.


    Immer langsam:


    Ich habe mich nicht generell zu Masurs Aufnahmen geäußert, sondern bewußt auf Beethoven beschränkt, weil ich da den besten Überblick habe. Ich habe weder über seine Opernaufnahmen, noch über andere Aufnahmen ein schlechtes Wort verloren. Die anderen Bemerkungen bezogen sich auf Masur und sein Bild in den Medien.


    Beethoven gehört allerdings zum Kernbereich des Repertoires. Wenn man Masur nicht (auch) an ihnen messen darf, dann bestätigst Du eher meine Einschätzung. Ich räume aber gern ein (siehe auch meinen ersten Beitrag), daß ich aufgrund meiner Repertoireschwerpunkte zu vielen Aufnahmen Masurs nichts sagen kann, weil mich das Repertoire nicht interessiert. Die erwähnten Aufnahmen zB von Liszt und Brahms fallen unter diese Kategorie.


    Ich bleibe dabei, wenn man Masurs Beethoven nicht gehört hat, entgeht einem nichts. Bei Karajan, dessen Stil mir bei Beethoven gleichfalls nicht sehr zusagt, würde ich diese Aussage nicht machen. Ihn sollte man kennen, selbst wenn man sich dann anderen Dirigenten zuwendet.


    Die sehr jugendlichen Streicher-Symphonien von Mendelssohn mit dem Gewandhaus habe ich in der Brilliant Classics - Box. Sie gefallen mir in der Wiedergabe durch Masur recht gut, auch wenn sie sicher nicht zum anspruchsvollsten Repertoire gehören.

  • Hallo Liebestraum,


    auch hier weicht meine Einschätzung von Deiner "etwas" ab :pfeif: :
    zumindest der Masur der 90er und ab 2000 ist eher gähnend langweilig. Sehr bezeichnend mit welcher Zurückhaltung sich die Orchestermitglieder des ORTF über die Dirigate des Masur gegenüber dem seiner Vorgänger geäußert haben. Ich muß gestehen, den frühen Masur nicht zu kennen - insofern mag das unfair sein, die jüngeren Aufnahmen finde ich jedoch meist brendelig - will sagen: langweilig. :untertauch::D

  • Hallo Wulf,


    von jedem Dirigenten gibt es gute und weniger gute Aufnahmen; sie deshalb pauschal zu diskreditieren, finde ich dann schon sehr fragwürdig!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Zitat

    Von jedem Dirigenten gibt es gute und weniger gute Aufnahmen; sie deshalb pauschal zu diskreditieren, finde ich dann schon sehr fragwürdig!


    Sehr richtig.


    Ich kenne Masur durch ein Live-Erlebnis in der Beethovenhalle Bonn (schönes Konzert) und durch die
    Liszt-Aufnahmen in der weter oben von Liebestraum genannten EMI-Box.
    Diese Liszt-EMI-Box, die sämtliche Orchester und Klavier-und Orchsterwerke enthält, möchte ich als "Sternstunde für Masur" bezeichnen.



    Ich muß zugeben, dass ich mich durch zahlreihe Stimmen, die von Masur und Langweilig schreiben auch bisher davon abgehalten lassen habe, mir CD´s mit Masur zuzulegen. Denn mit Langweilig kann ich gar nichts anfangen.


    Bei Liszt ist Masur - "Erste Sahne".
    Ich hatte die sinf.Dichtungen zunächst nur als Einzel-CD´s. Wegen der TOP-Qualität bin ich auf die EMI-GA umgestiegen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Liebestraum
    es stößt bei mir doch etwas auf Unverständnis, dass Masur als Dirigent weitesgehend im Thread ignoriert wird.


    Sehe ich genauso, handelt es sich bei Masur doch mittlerweile um eines der letzten lebenden Relikte unter den großen Dirigenten, wenn er sich auch nicht wie Bernstein oder Karajan selbstinszeniert und daher wohl auch nie derart im Mittelpunkt stand.


    Sein Tschaikowsky etwa ist sicher auch nicht schlecht, um nicht zu sagen gut, wenn es im Detail auch noch bessere Aufnahmen geben mag.


    Wenn sein Beethoven nicht so toll sein soll, wie hier anklingt, sollte man Masur in der Tat nicht nur daran messen - würde man z. B. Solti auch nur an seinem Beethoven messen, fiele das Urteil wohl auch nicht so positiv aus - obschon ich das in beiden Fällen gar nicht nachvollziehen kann, handelt es sich doch um handwerklich gute bis sehr gute Aufnahmen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Der Dirigent Kurt Masur wird am heutigen Mittwoch 85 Jahre alt.
    Am 18. Juli 1927 wurde er im schlesischen Brieg geboren.


    Masur leitete von 1970 das Gewandhausorchester in Leipzig und prägte mehr als 25 Jahre lang das Musikleben der Stadt. Im Herbst 1989 nutze er seine Bekanntheit und rief die DDR-Regierung dazu auf, keine Gewalt gegen die Leipziger Montagsdemonstranten einzusetzen. Nach der Wende begann für ihn eine rasante internationale Karriere.
    Zehn Jahre lang leitete er das New York Philharmonic Orchestra. Trotz seines hohen Alters gibt Masur weiter Konzerte.


    Nach einem schweren Sturz im April will er in wenigen Tagen das erste Mal wieder auf der Bühne stehen.


    :jubel::jubel::jubel::jubel:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • In Leipzig hat Masur Kultstatus, nicht wegen seines politischen Engagements, sondern aufgrund seiner Verdienste um das neue Gewandhaus und die teilweise hervorragenden Konzerte mit dem Gewandhausorchester. Und ich gehe absolut nicht mit denen konform, die ihn als langweilig bezeichnen. In der Liste der Gewandhauskapellmeister belegt er mit 26 Jahren einen vorderen Platz, nur übertroffen von Carl Reinecke (1860-1895) und Arthur Nikisch (1895-1922). Er steht in einer Reihe mit so bedeutenden Dirigenten wie Furtwängler, Walter, Abendroth, Konwitschny (er würde sich sicher sehr über seinen Sohn ärgern), Blomstedt und Chailly, die alle Gewandhauskapellmeister waren oder sind.


    Kann es sein, daß seine teilweise Mißachtung mit seiner Herkunft aus der DDR zu tun hat?


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Meine herzlichsten Glückwünsche diesem großen Dirigenten und Anerkennung seiner musikalisch, kulturellen Lebensleistung. Nicht zu vergessen seine unermüdliche Initiative beim Bau des Neuen Gewandhauses. Sehr gern erinnere ich mich an viele Übertragungen im Fernsehen. So z. B. die jährliche Aufführung der IX. Sinfonie Beethovens zum Jahresausklang und die umfangreichen und ausführlichen Dokumentationen zum Beethoven- Jahr 1970.
    Große Achtung und Würdigung auch für sein mutiges Auftreten und Engagement in politisch schwerer Zeit 1989.



    Kann es sein, daß seine teilweise Mißachtung mit seiner Herkunft aus der DDR zu tun hat?

    Lieber La Roche. Da hast Du wohl leider nicht ganz unrecht. Aber das betrifft nicht nur Dirigenten. Auch andere Künstler aus der ehemaligen DDR erfahren wenig Interesse und Würdigung.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Alles Gute Kurt Masur zum 85sten! Auf dass er uns noch lange mit Dirigaten beglücken kann!


    Es ist wahrlich eine Schande, dass er so im Schatten anderer Dirigenten steht, und das wohl wirklich nur, weil er in der DDR eine Größe war. Wer einige Live-Mitschnitte von ihm kennt, der wird die "Langweiligkeit" nicht bestätigen können.


    Einer der letzten großen Pultmagier!

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber La Roche. Da hast Du wohl leider nicht ganz unrecht. Aber das betrifft nicht nur Dirigenten. Auch andere Künstler aus der ehemaligen DDR erfahren wenig Interesse und Würdigung.
    CHRISSY

    Stimmt das denn? Die Künstler der (Gott sei Dank!) untergegangenen DDR stehen doch nicht im "Abseits". Auch nicht Kurt Masur. Allerdings kann ich mich an Zeiten erinnern, da wurde weniger über Masurs Dirigate diskutiert, wohl aber die merkwürdigen Umstände eines Autounfalls, der ihn letztlich zum Dirigieren ohne Taktstock veranlaßte. Leider läßt mich mein Erinnerungsvermögen über die Einzelheiten des Geschehens und die seinerzeitigen Diskussionen darüber doch im Stich... :whistling:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber Musikwanderer,


    jaja, da ist irgendwas gewesen. Aber was, das wissen nur Eingeweihte.


    Übrigens ist der Sohn von Kurt Masur aus erster Ehe Soloschlagzeuger am Geraer Orchester.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Der BR-KLASSIK Newsletter berichtet:


    Kurt Masur dirigiert alle Beethoven-Symphonien in München


    Kurt Masur wird bei einer Veranstaltungsreihe im Dezember in München alle neun Beethoven-Symphonien dirigieren.


    Wie der Veranstalter am Montag, 16. Juli, mitteilte, werde der Dirigent vom 8. bis 11. Dezember insgesamt viermal mit der Dresdner Philharmonie auftreten.


    Masur zählt zu den berühmtesten Dirigenten der Welt, er leitete fast drei Jahrzehnte lang das Gewandhausorchester in Leipzig und mehr als ein Jahrzehnt lang war er Chefdirigent des New York Philharmonic Orchestra. Derzeit erholt sich Masur, der an diesem Mittwoch seinen 85. Geburtstag feiert, von einem schweren Sturz im Frühjahr in Paris bei einem Konzert. Von September an will Masur wieder dirigieren.

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Allerdings kann ich mich an Zeiten erinnern, da wurde weniger über Masurs Dirigate diskutiert, wohl aber die merkwürdigen Umstände eines Autounfalls, der ihn letztlich zum Dirigieren ohne Taktstock veranlaßte. Leider läßt mich mein Erinnerungsvermögen über die Einzelheiten des Geschehens und die seinerzeitigen Diskussionen darüber doch im Stich... :whistling:

    jaja, da ist irgendwas gewesen. Aber was, das wissen nur Eingeweihte.


    Lieber Musikwanderer, lieber La Roche


    Ein wenig kann ich mich daran erinnern. Ich wollte aber gestern aus Anlaß des Geburtstages von Kurt Masur nicht darauf eingehen.
    Masur verursachte 1972 auf der Autobahn einen schweren Verkehrsunfall bei dem seine damalige Ehefrau, ein in Mitleidenschaft gezogener anderer Autofahrer und wohl noch eine dritte Person ums Leben kamen. Diese schlimme Tatsache wurde seinerzeit offiziell nicht oder kaum erwähnt. Ein Verfahren gab es wohl auch nicht.
    Natürlich wird so etwas immer inoffiziell bekannt und macht unter vorgehaltener Hand die Runde und die Gerüchteküche brodelt. So war gerüchteweise, und ich betone gerüchteweise, auch von hoher Geschwindigkeit und Alkohol die Rede.
    Ich wollte Euch das zur Kenntnis geben und habe aber die Bitte, daß wir darüber nicht diskutieren sollten. Es ist 40 Jahre her und ich denke, Masur wird an dieser Schuld zeitlebens zu tragen gehabt haben.


    Bei der Gelegenheit möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, weil ich mich kritisch zur Bewertung von DDR- Künstlern geäußert habe, daß besonders unser Liebestraum und noch einige andere, eine sehr gute Würdigung von Masurs künstlerischer Leistung gezeigt haben.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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