Das Gruppenportrait

  • Ich weiß zwar, dass das hier ein Klassikforum ist, aber da es schon dieses Unterforum gibt und ich nicht Waldi per PN nerven wollte, starte ich mal hier ein spezielleres Thema.


    Geertgen tot Sint Jans wird bisweilen als wichtigster holländischer Maler des 15. Jahrhunderts bezeichnet (wieso ist das nicht Bosch?)


    Im KHM hängen die Reste seines Hauptwerks, eines Altars zum Thema der Knochen des Johannes des Täufers. Ein begeisterndes Bild, das von den Touristen noch nicht bemerkt worden ist (hängt auch ganz am Ende der Kabinettfolge).


    Nun heißt es, in diesem Bild von ca. 1485 sei erstmals ein Gruppenportrait zu finden (sehr schön integriert übrigens in die Historie, keine Klebestelle bemerkbar).


    Insofern wird er als Vorgänger etwa Halsens angesehen.


    Auffällig ist aber, dass in der Legende vom Heiligen Kreuz in Venedig - und zwar in jener athmosphärisch überzeugenden Station mit dem Ereignis des kreuz-fischenden Geistlichen von Gentile Bellini - ebenfalls Gruppenportraits zu finden sind - allerdings wesentlich linkischer ins Geschehen geklebt und ziemlich fließbandmäßig aufgereiht. Dieser Beitrag zu der Bilderserie zu genannter Legende ist allerdings nicht der erste, Carpaccio hat kompositorisch überzeugendere Beiträge vorher geliefert (Heilung der Verrückten ca. 1496), bei denen ich nicht sicher bin, ob da auch wichtige Bürger abkonterfeit sind.


    Bevor ich nach möglicher Beeinflussung frage, stolpere ich über eine andere Erinnerung: Botticellis Anbetung in den Uffizien beinhaltet doch einige Medici-Bildnisse und stammt noch von ca. 1475, aus einer Zeit als Geertgen noch einem recht zarten Alter angehört haben dürfte. Zählt das etwa nicht als Gruppenportrait?


    Vielleicht kann mir jemand etwas mehr Klarheit verschaffen - aber der Thread soll auch der Unterhaltung über alle möglichen anderen Gruppenportraits dienen, so Interesse vorhanden.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Geertgen tot Sint Jans wird bisweilen als wichtigster holländischer Maler des 15. Jahrhunderts bezeichnet (wieso ist das nicht Bosch?)


    Im KHM hängen die Reste seines Hauptwerks, eines Altars zum Thema der Knochen des Johannes des Täufers. Ein begeisterndes Bild, das von den Touristen noch nicht bemerkt worden ist (hängt auch ganz am Ende der Kabinettfolge).


    Nun heißt es, in diesem Bild von ca. 1485 sei erstmals ein Gruppenportrait zu finden (sehr schön integriert übrigens in die Historie, keine Klebestelle bemerkbar).



    Es handelt sich bei diesem Bild nicht um das erste Gruppenporträt der abendländischen Kunstgeschichte - allenfalls um eines der ersten der niederländischen. Die grundlegende Untersuchung hierzu ist immer noch Alois Riegl, Das Holländische Gruppenporträt, Wien 1931 (erstmals 1902 erschienen). Hier schreibt Riegl u.a.: "In der Tat vermögen wir die ersten Anfänge des Gruppenporträts noch im 15. Jahrhundert in solchen Bildern religiösen Inhalts nachzuweisen, in denen statt eines mehrere Stifter anzubringen waren [...]. Durch die Zerstörungen der Bilderstürmer und die Zerstreuung der erhaltenen altholländischen Werke ist uns ein bestimmtes Urteil in dieser Richtung heute sehr erschwert." Riegl behandelt dann (im Anschluss an Gustav Glück) das von Dir erwähnte Bild von Geertgen tot Sint Jans als das erste erhaltene (!) Gruppenporträt der niederländischen (!) Kunstgeschichte.


    Riegls Werk ist trotz einiger zeitbedingter Schwächen immer noch überaus anregend und für die Geschichte des niederländischen Gruppenporträts unverzichtbar.




    Zitat

    Auffällig ist aber, dass in der Legende vom Heiligen Kreuz in Venedig - und zwar in jener athmosphärisch überzeugenden Station mit dem Ereignis des kreuz-fischenden Geistlichen von Gentile Bellini - ebenfalls Gruppenportraits zu finden sind - allerdings wesentlich linkischer ins Geschehen geklebt und ziemlich fließbandmäßig aufgereiht. Dieser Beitrag zu der Bilderserie zu genannter Legende ist allerdings nicht der erste, Carpaccio hat kompositorisch überzeugendere Beiträge vorher geliefert (Heilung der Verrückten ca. 1496), bei denen ich nicht sicher bin, ob da auch wichtige Bürger abkonterfeit sind.


    Bevor ich nach möglicher Beeinflussung frage, stolpere ich über eine andere Erinnerung: Botticellis Anbetung in den Uffizien beinhaltet doch einige Medici-Bildnisse und stammt noch von ca. 1475, aus einer Zeit als Geertgen noch einem recht zartem Alter angehört haben dürfte. Zählt das etwa nicht als Gruppenportrait?



    In Italien fängt das in der Tat viel früher an. Schon im Trecento finden sich nach meiner Erinnerung Beispiele, so etwa bei Altichiero in Padua. In der Cappella Brancacci in Santa Maria della Carmine (Florenz) hat Masaccio sich schon Mitte der 20er Jahre des 15. Jahrhunderts zusammen mit Alberti, Brunelleschi und Masolino zusammen als Gruppenporträt eingefügt (bei dem Fresko mit der Cathedra Petri, ganz rechts).


    Viele Grüße


    Bernd

  • Lieber Meister,


    Das hätte mich keineswegs genervt.
    Wer der wichtigste holländische Maler des 15.Jahrhunderts ist, darüber kann man streiten - es gibt etliche, die dafür in Frage kommen.
    Aber daß Geertgen tot Sint Jans (auch Gerrit van Haarlem genannt) das e r s t e Gruppenporträt geschaffen haben soll, ist entweder ein Verleser oder ziemlicher Irrtum. Gemeint ist offenbar das sogenannte "holländische Gruppenporträt", für welches der genannten Altar Geertgens eine ganz wichtige Rolle spielt, und das schließlich in Werken wie etwa Rembrandts "Staalmeesters" oder "Anatomie des Dr.Tulp" gipfelt. Unter "holländischem Gruppenporträt" (ich versuch's jetzt ganz einfach, wofür mich die Spezialisten womöglich prügeln) versteht man ein - das Hierarchische in der Regel nicht sehr oder kaum betonendes - Gruppenbildnis, bei dem die Dargestellten keine Notiz voneinander zu nehmen scheinen, da sie alle den Betrachter an- oder aus dem Bild heraus schauen bzw. durch Gestensprache mit ihm kommunizieren. Die Bildeinheit entsteht daher durch den ja außerhalb des Bildes befindlichen Betrachter und dessen Perspektive. Diesem Phänomen hat Alois Riegl eine berühmte Studie gewidmet. Otto Pächt hat das holländische Gruppenporträt "eine demokratische Angelegenheit" genannt, weil - cum grano salis - jeder Mitwirkende gleicherweise zur Geltung kommt. Manche schauen aus wie eine Aneinanderreihung von Einzelporträts. Das Unnatürliche einer solchen Zusammenstellung führte im Lauf der Zeit dazu, daß zunehmend aktionistische Elemente eingeführt wurden (gemeinsame Teilnahme an einem Vorgang, abweichendes Verhalten einzelner Teilnehmer), dominant bleibt aber die Ausrichtung am Betrachter.


    Normale Gruppenbildnisse sind von diesem Prinzip nicht abhängig. Sie kommen natürlich auch früher vor. Nicht immer sind sie als solche zu erkennen, da man gerne "versteckte" Porträts anbrachte, die uns heute nicht mehr als solche deutlich sind. Auch ist es oft schwer, zwischen einfacher Modellnähe und bewußtem Porträt zu entscheiden.


    LG


    Waldi

  • Hallo Zwielicht,


    danke, dann bin ich beruhigt (das mit dem ersten Gruppenportrait hat mich irgendwie gewundert).


    Bezüglich Bosch habe ich mittels Internetgalerie nachvollziehen können, dass der offenbar erst recht spät zu seiner ganzen Größe emporgewachsen ist, jedenfalls erst im 16. Jh. ...


    Als ich vor besagter Kirche mit Masaccios Fresken stand, war sie leider bereits geschlossen ...
    ;(


    (Aber ich komm nochmals hin und nach Padua komm ich auch irgendwann einmal ...)
    :rolleyes:
    :hello:

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Aber daß Geertgen tot Sint Jans (auch Gerrit van Haarlem genannt) das e r s t e Gruppenporträt geschaffen haben soll, ist entweder ein Verleser oder ziemlicher Irrtum. Gemeint ist offenbar das sogenannte "holländische Gruppenporträt", für welches der genannten Altar Geertgens eine ganz wichtige Rolle spielt, und das schließlich in Werken wie etwa Rembrandts "Staalmeesters" oder "Anatomie des Dr.Tulp" gipfelt. Unter "holländischem Gruppenporträt" (ich versuch's jetzt ganz einfach, wofür mich die Spezialisten womöglich prügeln) versteht man ein - das Hierarchische in der Regel nicht sehr oder kaum betonendes - Gruppenbildnis, bei dem die Dargestellten keine Notiz voneinander zu nehmen scheinen, da sie alle den Betrachter an- oder aus dem Bild heraus schauen bzw. durch Gestensprache mit ihm kommunizieren.


    Gestern nochmal nachgeschaut: Es steht tatsächlich neben dem Bild, dass es das erste in der Malereigeschichte sei. In den Überblickspublikationen des Museums steht einmal "das erste niederländische Gruppenportrait", einmal wieder generell das erste.


    Eventuell könnte doch eine etwas andere Begriffsbedeutung dahinterstehen - im Sinne von: "Gruppenportrait" meint nur die von Dir beschriebene Variante? Bei Botticelli stehen die Medici jedenfalls nicht ganz so geklumpt auf einem Fleck und nehmen Kontakt u.a. mit dem Jesuskind auf - während bei Geertgen nicht einmal der den Knochen aus dem Grab Holende mit dem Knochen wirklich Kontakt aufzunehmen scheint. Dass sie alle eher mit sich selbst beschäftigt irgendwohin zur Seite sehen und ganz zu einer Einheit verschmelzen ist jedenfalls recht deutlich. Die anderen Personengruppen sehen zwar auch mit Vorliebe aneinander vorbei, scheinen aber eher etwas zu fixieren als die Portraitierten. Bei Botticelli gibt es keine derartige Trennung des Gruppenportraits von den anderen Personen (Hl. Familie), sodass ich verstehen würde, wenn man hier nicht "Gruppenportrtait" sagen würde.


    Eventuell hat aber einfach der Beschrifter Mist gebaut.
    :no: :motz: :angry:
    :D

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Eventuell hat aber einfach der Beschrifter Mist gebaut.


    Lieber Kurzstückmeister,


    Genau das hat er. Gruppenporträt ist der Oberbegriff, Holländisches Gruppenporträt eine Untergattung.
    Die Grenzen des Gruppenporträts zum szenischen Vorgang mit bekannten Personen sind fließend. Die bekannte Kalenderminiatur (Jänner) aus den "Très Riches Heures du Chantilly" der Brüder Limburg enthält vermutlich neben der getreuen Wiedergabe der herzoglichen Physiognomie auch andere Porträts - hier könnte man also diskutieren, wie man das Werk zuordnet.


    LG


    Waldi

  • Da ich gerade aus Florenz heimgekehrt bin, noch ein Hinweis zu einer regelrechten Massenansammlung von Gruppenporträts:


    in der Kirche Santa Maria Novela(nahe Hauptbahnhof) ist die Freskenreihe von Ghirlandaio zu besichtigen, die den gesamten Altarraum schmûckt. Dort finden sich in den heiligen Szenen Gruppenporträts zahlreicher Zeitgenossen des Malers, auch berühmte Philosophen, Adelige, Gönner etc pp.
    überall wo ich in Italien Kunst besichtigt habe stiess ich auf Gruppenporträts. Die Camera degli sposi im Palazzo Ducale von Mantova von, Mantegna ausgemalt, ist ein weiteres prominentes Beispiel.


    Auf vielen Andachtsbildern werden überhaupt die Gönner immer gleich mit dargestellt, als andächtig Kniende oder am Rande des Geschehens Zusehende. Gängige Renaissance- Praxis, um die Auftraggeber von Gemälden zu ehren und zu verewigen. Wann das aufgehört hat, wäre interessant zu wissen. Waldi oder KMS weiss sicher eine Antwort.
    Fairy Queen :angel:

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Wer der wichtigste holländische Maler des 15.Jahrhunderts ist, darüber kann man streiten - es gibt etliche, die dafür in Frage kommen.


    Das Statement wunderte mich ziemlich.


    Ich war der Ansicht, dass van Eyck, van der Weyden, Bouts, Goes und Memling nicht als Holländer sondern als Flamen angesehen werden - aber in den Internetgallerien, die ich oft zum Stöbern verwende, findet die Trennung zwischen holländischer und flämischer Malerei erst nachher statt, alles vorher wird als niederländisch bezeichnet (hat da eine politische Trennung stattgefunden?)


    Wenn alle genannten zu Geertgen und Bosch hinzutreten ist die Auszeichnung eines Besten natürlich zweifelhafter. Sonst würde mich interessieren, welche Holländer des 15. Jh. denn noch als so wichtig angesehen werden?
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich war der Ansicht, dass van Eyck, van der Weyden, Bouts, Goes und Memling nicht als Holländer sondern als Flamen angesehen werden - aber in den Internetgallerien, die ich oft zum Stöbern verwende, findet die Trennung zwischen holländischer und flämischer Malerei erst nachher statt, alles vorher wird als niederländisch bezeichnet (hat da eine politische Trennung stattgefunden?)


    An sich erfolgte diese Trennung erst 1581, als sich die Republik der Niederlande vom Spanischen Weltreich Felipes II. (sic! :D) lossagte. Bis 1585 gelang es dem habsburgischen Statthalter Alessandro Farnese, wenigstens den Süden wieder ins Reich einzugliedern. Ich würde also erst ab 1581/85 diese Unterscheidung vornehmen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Gestern nochmal nachgeschaut: Es steht tatsächlich neben dem Bild, dass es das erste in der Malereigeschichte sei. In den Überblickspublikationen des Museums steht einmal "das erste niederländische Gruppenportrait", einmal wieder generell das erste.


    Eventuell könnte doch eine etwas andere Begriffsbedeutung dahinterstehen - im Sinne von: "Gruppenportrait" meint nur die von Dir beschriebene Variante? Bei Botticelli stehen die Medici jedenfalls nicht ganz so geklumpt auf einem Fleck und nehmen Kontakt u.a. mit dem Jesuskind auf - während bei Geertgen nicht einmal der den Knochen aus dem Grab Holende mit dem Knochen wirklich Kontakt aufzunehmen scheint. Dass sie alle eher mit sich selbst beschäftigt irgendwohin zur Seite sehen und ganz zu einer Einheit verschmelzen ist jedenfalls recht deutlich. Die anderen Personengruppen sehen zwar auch mit Vorliebe aneinander vorbei, scheinen aber eher etwas zu fixieren als die Portraitierten. Bei Botticelli gibt es keine derartige Trennung des Gruppenportraits von den anderen Personen (Hl. Familie), sodass ich verstehen würde, wenn man hier nicht "Gruppenportrtait" sagen würde.



    Für den Terminus "Gruppenporträt" ist - wie oben bereits erläutert - immer noch die Definition von Alois Riegl verbindlich (zumal in Wien). Und diese geht (was für Riegl erstaunlich ist) nicht nur von formalen Kriterien aus (Verhältnis der Porträtierten zueinander, Blickrichtungen etc.), sondern von sozialgeschichtlichen. Er unterscheidet das Gruppenporträt z.B. vom Familienporträt als "Darstellung einer freiwilligen Korporation aus selbständigen, unabhängigen Individuen, [...] deren Mitglieder zugunsten eines gemeinsam zu erreichenden [...] Zweckes ein Stück ihrer Individualität und ihres Selbstbestimmungsrechtes preisgaben". (Mit der Zurücknahme der Individualität wird hier schon ein wichtiges formales Merkmal dieser Form des Gruppenporträts angesprochen, nämlich eine relative Vereinheitlichung der Dargestellten).


    Wenn der von Dir zitierte Autor hier vom "ersten Gruppenporträt" spricht, dann bezieht er sich cum grano salis auf diese Definition. Damit könnte er recht haben; allerdings sind kürzlich in italienischer Buchmalerei und Grabmalsskulptur auch frühere Beispiele benannt worden, die der strengen Riegl'schen Definition gerecht werden (Andrea von Hülsen-Esch, Gelehrte in Gruppen, oder: das Gruppenporträt vor der Erfindung des Gruppenporträts, in: Martin Büchsel/Peter Schmidt, Das Porträt vor der Erfindung des Porträts, Mainz 2003, S. 173ff.).


    Wenn man das Gruppenporträt in einem weiteren Sinne als die Abbildung mehrerer konkret identifizierbarer Personen, die als zusammengehörige "Gruppe" wahrnehmbar sind, definiert, dann zählen natürlich auch Familienporträts, Stiftergruppen, sich als Kollektiv porträtierende Künstler (wie beim o.g. Masaccio-Beispiel) und vieles andere mehr zu dieser Kategorie. Wenn man hier auch Kryptoporträts akzeptiert, dann gibt es entsprechende Beispiele schon im 14. Jahrhundert, durchaus auch schon in Giottos Ausmalung der Scrovegni-Kapelle.


    Im 15. Jahrhundert häufen sich dann diese Beispiele, wobei die Porträtierten oft in heilsgeschichtliche Szenerien eingebunden sind: Fairy Queen nannte oben die Tornabuoni-Kapelle in Santa Maria Novella, ein noch bekannteres und frappierenderes Beispiel, ebenfalls von Ghirlandaio, ist die Sassetti-Kapelle in Santa Trinità (Florenz), bei der die Darstellung Florentiner Familien das Geschehen der Franziskus-Vita völlig überwuchert und aktualisiert (eine Art Regietheater avant la lettre :D).



    Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich war der Ansicht, dass van Eyck, van der Weyden, Bouts, Goes und Memling nicht als Holländer sondern als Flamen angesehen werden - aber in den Internetgallerien, die ich oft zum Stöbern verwende, findet die Trennung zwischen holländischer und flämischer Malerei erst nachher statt, alles vorher wird als niederländisch bezeichnet (hat da eine politische Trennung stattgefunden?)


    Wenn alle genannten zu Geertgen und Bosch hinzutreten ist die Auszeichnung eines Besten natürlich zweifelhafter. Sonst würde mich interessieren, welche Holländer des 15. Jh. denn noch als so wichtig angesehen werden?
    :hello:



    Die politische Trennung der Niederlande hat Felipe ja schon erwähnt - seitdem unterscheidet man zwischen holländischer und flämischer Malerei (noch korrekter: zwischen der Malerei der nördlichen und der südlichen Niederlande - Holland ist ja nur eine Provinz der nördlichen Niederlande). Vorher sollte man eigentlich immer von niederländischer Malerei sprechen. Das des öfteren auch beim 15. Jahrhundert von "flämischer Malerei" die Rede ist, leitet sich aus dem Umstand ab, dass (mit Ausnahmen wie Geertgen oder Bosch) fast alle wichtigen Maler in den großen Städten und Handelszentren der südlichen Niederlande gewirkt haben. Geertgen tot Sint Jans war strenggenommen also wirklich der wichtigste holländische Maler des 15. Jahrhunderts, weil er tatsächlich aus der Provinz Holland, nämlich aus Leiden bzw. Haarlem stammte.


    Über die wichtigsten niederländischen Maler des 15. Jahrhunderts besteht ein relativer Konsens. Zu nennen wären:


    Jan van Eyck
    Robert Campin (alias Meister von Flémalle)
    Rogier van der Weyden
    Dieric Bouts
    Hugo van der Goes
    Hans Memling
    Hieronymus Bosch (an der Grenze zum 16.Jh.)


    Die ersten drei genannten Maler haben als die Gründerfiguren einer neuen Epoche sicher noch einmal ein leichtes Prä. Das Verhältnis und die Scheidung der Werke zwischen Robert Campin und Rogier van der Weyden gehört zu den umstrittensten Problemen der Malereigeschichte überhaupt.


    Geertgen tot Sint Jans steht für mich eigentlich nicht in dieser Reihe, aber darüber mag man streiten.



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Lieber Zweilicht, merci! Kannst du mir auch noch sagen, wann diese Praxis Gönner und Zeitgenossen mit in die Szenerie zu packen, etwa aufhörte?


    F.Q.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Zweilicht, merci! Kannst du mir auch noch sagen, wann diese Praxis Gönner und Zeitgenossen mit in die Szenerie zu packen, etwa aufhörte?


    F.Q.



    Liebe Fairy Queen,


    darauf gibt es zwei mögliche Antworten:


    - Im Grunde hat es diese Praxis schon "immer" gegeben: In der Antike, in der christlichen Spätantike, während des gesamten Mittelalters... Sie hört ebenso nie wirklich auf: Auch im 19. Jahrhundert gibt es die mehr oder weniger unauffällige Integration von Zeitgenossen in Bilder, genauso im 20. Jh.: spontan fallen mir Bilder von Otto Dix oder Max Ernst ein, auch das Werk des kürzlich verstorbenen Jörg Immendorff ist eine Fundgrube dafür.


    - Trotzdem lassen sich natürlich Schwerpunkte benennen: vor allem das Spätmittelalter und die frühe Renaissance. Das hängt insbesondere mit dem in dieser Zeit exzessiv ausgeübtem privaten Stifterwesen zusammen. Der Höhepunkt ist möglicherweise im Florenz des späten Quattrocento erreicht, aber auch in Venedig wurde die Aktualisierung der Bildwelten sehr weit getrieben - was nicht nur die dargestellten Personen, sondern auch die Orte, Szenerien und Kostüme betraf. Auch in der Hochrenaissance und im Barock lässt sich diese Praxis immer wieder beobachten, allerdings nicht mehr ganz so häufig (der Grund ist schwierig zu benennen). Ein starker Bruch erfolgt dann um 1800 - mehr und mehr werden Bilder für den "freien Markt" produziert und nicht mehr für Auftraggeber, zudem lässt die in Theorie und Praxis immer stärker betonte Autonomie des Künstlers weniger Platz für so etwas. Trotzdem stirbt das "Verfahren" - wie oben gesagt - nie wirklich aus, nimmt sogar evtl. im späteren 19. Jahrhundert wieder zu.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Danke für diese ausführlcihe Antwort! Gehe ich recht in der Annahme, dass du Kunsthistoriker bist?
    Herrlich, euch Spezialisten hier zu haben und so nett und kenntnisreich Auskunft zu bekommen. :jubel: Ich bin begeisterte Mit-Schauerin, aber leider keine Fachfrau.
    F.Q.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Danke für diese ausführlcihe Antwort! Gehe ich recht in der Annahme, dass du Kunsthistoriker bist?


    Du gehst recht ;). Gerade die Aktualisierungen christlicher Ikonographie im Italien des Quattrocento sind eines meiner Steckenpferde.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Meine Lieben,


    Leider konnte ich jetzt erst "nachlesen", aber Bernd hat ohnehin perfektest geantwortet.


    Nach meinem Gefühl ist im Moment das "Verpacken" von Zeitgenossen, Stiftern etc. in Bilder eher im volkstümlichen Bereich (bitte diesen Begriff jetzt sehr, sehr weit fassen!) noch Usus, d.h. aber nicht, daß das "weiter oben" nicht vorkommt.


    Unabhängig von der politischen Situation unterscheidet man im 15.Jahrhundert stilistisch in gewisser Weise zwischen dem nordniederländischen (holländischen) und dem südniederländischen (vlämischen) Bereich - wobei man unabhängig von der grundlegenden Verwandschaft die aktionsarme Darstellung mit der Betonung des Frei- und Leerraums als mehr holländisch ansieht und die dichtere Struktur mit ihrer Betonung des Körperraums als mehr dem südniederländiscen Kunstwollen entsprechend. Wo ein Rogier van der Weyden alles füllt, schreckt ein Dirk Bouts keineswegs vor leeren Flächen oder Isolierungen o.ä. zurück, siehe vor allem seine "Gerechtigkeitsbilder".


    Wer darüber weitere Informationen haben möchte, dem empfehle ich den berühmten Aufsatz Otto Pächts über "Gestaltungsprinzipien der westlichen Malerei des 15.Jahrhunderts", der erstmals 1933 erschien, aber z.B. 1977 in der 1.Auflage von "Methodisches zur kunsthistorischen Praxis" wieder abgedruckt wurde.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Zwielicht:
    Geertgen tot Sint Jans steht für mich eigentlich nicht in dieser Reihe, aber darüber mag man streiten.


    Ja den Maitre de Flemalle hab ich vergessen, der hat mich auch schon sehr begeistert.


    Danke für Deine "Reihenbildung", ich liebe es, solche Zusammenstellungen von anderen zu lesen, dann komm ich mir nicht mehr so einsam vor ...
    :D


    Ich hätte jetzt auch ein starkes Zurückgehen der Stifterfiguren mit Beginn des Barock vermutet. Vielleicht wäre beim gegenreformatorischen Überreden des Betrachters der Stifter quasi "im Weg" gewesen? Wenn man z.B. mittels Illusionismus direkt den Betrachter anspringt, ist der ja quasi den Betrachter im heiligen Geschehen vertretende Stifter fehl am Platz?


    Wird sich sicher nicht so leicht erklären lassen, sonst hätte es Bernd schon getan ...
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich hätte jetzt auch ein starkes Zurückgehen der Stifterfiguren mit Beginn des Barock vermutet. Vielleicht wäre beim gegenreformatorischen Überreden des Betrachters der Stifter quasi "im Weg" gewesen? Wenn man z.B. mittels Illusionismus direkt den Betrachter anspringt, ist der ja quasi den Betrachter im heiligen Geschehen vertretende Stifter fehl am Platz?



    Ins Bild integrierte Stifter gibt es ja durchaus immer wieder im Barock, allerdings - wie Du sagst - seltener als früher. Den zentralen Grund würde ich weniger im extremen Illusionismus suchen (der ja auch schon seit dem 15. Jahrhundert existiert), sondern zumindest im Bereich der kirchlichen Kunst vor allem in einer neuen "Sprechabsicht" der Bilder. David Ganz hat das für die Ausstattung der römischen Kirchen zwischen 1580 und 1700 sehr schön gezeigt: bis ca. 1580/1600 waren die Haupträume der Kirchen fast immer bilderlos, während die im privaten Auftrag ausgemalten Seitenräume (also insb. die Seitenkapellen) vor Bildern verschiedenster Art nur so strotzten. Nicht zufällig nach dem Konzil von Trient begann man immer mehr damit, die Haupträume der Kirchen verschwenderisch auszustatten - erst jetzt erhielten hunderte von römischen Kirchen das Erscheinungsbild, das wir heute kennen. Und diese Bilder (Fresken, Skulpturen, Altarbilder) hatten - selbst wenn sie in Einzelfällen von "privaten" Stiftern finanziert wurden - einen dezidierten Bezug auf die INSTITUTION "Kirche", der eine Abbildung zeitgenössischer Personen von vornherein ausschloss (oder zumindest erschwerte). So etwas hatte es vor dem Ende des 16. Jahrhunderts nur in Einzelfällen gegeben.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Es hat mich wunder genommen, wie das von kurzstueckmeister in Beitrag 1 erwähnte Gemälde mit dem Gruppenportrait Geertgen tot Sint Jans aussieht. Um es zu betrachten muss man nach Wien reisen und das Kunsthistorische Museum besuchen. Es geht um die Gruppe der Herren beim geöffneten Sarkophag, von denen jeder eindeutig erkennbar gemalt wurde. Ich nehme an, es handelt sich um die Stifter des Altarbildes. Gemalt wurde es zwischen 1484 bis 1490.


    Geertgen_Tot_sint_Jans_-_Legend_of_the_Relics_of_St._John_the_Baptist_-_Google_Art_Project.jpg

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Und Sandro Bellinis Anbetung der Könige aus dem Zanobi Altar würde ich ebenfalls dem Genre des Gruppenportraits zuordnen. 1476 hatte er sie gemalt. Die Darstellung zeigt Mitglieder der Medici-Familie als Könige: Cosimo (kniend), Piero de' Medici und Giovanni (Rückenfiguren im Mittelpunkt) und Angehörige des Medici-Hofes. Für die Auftraggeber muss es ein besonderes Vergnügen sein, wenn sie sich im Bild wiedererkannten. Ein Privileg, das den Untertanen, nicht zustand. Das mag heute für Selfie-Knipser eher befremdlich sein.


    800px-Zanobi-Altar.jpg

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Gentile Bellini hat 1496 in Venedig, was Rang und Name hatte, in dieser Darstellung einer Prozession in der ersten Reihe sicherlich auch wiedererkennbar portraitiert.


    Accademia_-_Procession_in_piazza_San_Marco_by_Gentile_Bellini.jpg


    Die Grösse hat es, dass der Maler Portraits malen konnte.


    1024px-Teleri_della_scuola_di_san_giovanni_evangelista_01.JPG

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Zwischen 1640 und 1645 wurden für den Grossen Saal im Obergeschoss des Hauptquartiers der Büchsenschützen in Amsterdam bei verschiedenen Malern sieben grossformatige Gemälde mit Gruppenportraits in Auftrag gegeben.


    Das berühmte Bild der Nachtwache, das Rembrandt gemalt hatte, gehörte auch dazu, muss für die meisten der Abgebildeten eine Enttäuschung gewesen sein. Die Dargestellten mussten nämlich dem Maler ein Entgelt zahlen. Teils sind sie verdeckt und nicht im besten Licht dargestellt. Man kennt die Namen aller Personen. Ihre Namen sind auf einer Säule im Bild vermerkt. Heute gilt es als eines von Rembrandts Meisterwerken.


    800px-The_Night_Watch_-_HD.jpg


    Bartholomäus van der Helst, ein anderer der sieben mit dem Auftrag betrauten Maler, hat die Personen einheitlich beleuchtet und schön nebeneinander aufgereiht. Alle Auftraggeber dürften sich wiedererkannt haben. Die Kunstgeschichte beurteilt das Gemälde eher unbedeutend.


    Bartholomeus_van_der_Helst_-_Het_Compagnie_van_kapitein_Roelof_Bicker_en_luitenant_Jan_Michielsz_Blaeuw_1639.jpg

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Eine Theorie zu dem Altarbild von Geertgen tot Sint Jans in #18


    Das Altarbild von Geertgen Tot sint Jans stellt die Legende von der Verbrennung der Gebeine des Hl. Johannes des Täufers und ihrer Bergung durch die Malteserritter dar. Die fünf Figuren, die neben dem offenen Sarkophag stehen und das Malteserkreuz auf dem Umhang tragen, sind wahrscheinlich die Offiziere der Haarlemer Ritterordens.

    1.jpg

    Sie erscheinen ein zweites Mal auf dem Weg, der zur Kirche im rechten Hintergrund führt, und tragen die Reliquien, einen Oberschenkelknochen und einen Finger, die 1482-83 dem Orden auf Rhodos überreicht wurden.

    2.jpg


    Geertgen-Tot-sint-Jans-Legend-of-the-Relics-of-St-John-the-Baptist-Google-Art-Project-Kopie-4.jpg

    Sechs weitere Figuren (aus Rhodos?) erscheinen rechts von denen mit maltesischem Umhang.

    3.jpg


    Der, der so träumerisch ins Leere blickt, ist vielleicht der Maler selbst.

    Geertgen-Tot-sint-Jans-Legend-of-the-Relics-of-St-John-the-Baptist-Google-Art-Projecti.jpg

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich komm nochmals auf die Nachtwache zu sprechen.In der Tat ist Rembrandt sehr von dem ihm gegebenen Auftrag abgewichen, ein Gruppenbild - das die Eitelkeit der Auftraggeber befriedigen sollte - zu erstellen. Bestellt war ja kein "Kunstwerk" sondern ein Gruppenbild. Solche wurden ja etliche gemalt- ohne höhere Ansprüche. Rembrandt macht daraus eine "Geschichte", ein "Ereignis" - zuungusten des Wiedererkennungswerts der Dargestellten. Das Bild stellt übrigens keine Nachtszene dar, er ist nachgedunklt und zudem wurden (angeblich) bei einer der Restaurierungen Fehler gemacht (siehe auch Breughels: "Der düstere Tag")

    Die Wertschätzung für das heute hochberühmte Bild dürfte in der Vergangenheit nicht allzuhoch gewesen sein, denn bei der übersiedlung in einen anderen Raum wurde es einfach seitlich beschnitten, was zwei Personen aus dem Bild verschwinden ließ. Dank einer (stark verkleineren) Kopie auf Holz von Gerrit Lundens (ca um 1650) wissen wir wie das unbeschnittene Bild ausgesehhen hat. Die Kopie ist auch farbintensiver und heller, Mich erinnert sie am ehesten an an ausgeleuchtetesBühnenbild im historischen Stil.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das berühmte Bild der Nachtwache, das Rembrandt gemalt hatte, gehörte auch dazu, muss für die meisten der Abgebildeten eine Enttäuschung gewesen sein. Die Dargestellten mussten nämlich dem Maler ein Entgelt zahlen. Teils sind sie verdeckt und nicht im besten Licht dargestellt. Man kennt die Namen aller Personen. Ihre Namen sind auf einer Säule im Bild vermerkt. Heute gilt es als eines von Rembrandts Meisterwerken.

    Das Bild ist auch (ziemlich riesig!) an der rechten Seite abgeschnitten, lieber Moderato, weil es den Auftraggebern zu groß war. Es gibt nämlich noch eine sehr viel kleinere Kopie, die für den vorne abgebildeten Hauptmann erstellt wurde. Da sieht man das fehlende Stück. Das alles kann man nachvollziehen im Rijksmuseum in Amsterdam, wo beide Bilder hängen. Kurios auch, dass es von dem Bild eine schöne Interpretation von Georg Simmel gibt, der die Unvollständigkeit bemerkte, den trivialen Grund aber natürlich nicht kannte und die Komposition als eine unabgeschlossene offene Form interpretierte! :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Das Bild ist auch (ziemlich riesig!) an der rechten Seite abgeschnitten, ...


    Kunstmagazin monopol: "Rembrandt hatte das Gemälde von der Amsterdamer Schützengilde 1642 fertiggestellt. 1715 zog das mehr als 20 Quadratmeter große Gemälde in ein anderes Gebäude um. Und weil es nicht an den vorgesehenen Platz passt, wurden an allen Seiten Stücke abgeschnitten. An der linken Seite waren drei Figuren weggefallen."

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Auch in späteren Zeiten gibt es Gruppenportraits. Johann Zoffany (1710-1833) wirkte in England und hat die musikalische Sharp Familie auf einem Gemälde verewigt.


    Die National-Gallery in London stellt das Gemälde aus und liefert diese Beschreibung:


    Granville Sharp (1735–1813), der im Zentrum dieser lebhaften Gruppe sitzt, war einer der ersten britischen Aktivisten für die Abschaffung des Sklavenhandels. Er war auch ein renommierter Gelehrter und ein talentierter Musiker. Hier erinnert Zoffany an die Konzerte, die Sharp und Familienmitglieder von 1775 bis 1783 auf ihrem Lastkahn „Apollo“ (der in Fulham an der Themse festgemacht hatte) veranstalteten.


    the-sharp-family.jpg

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • In meinem Wiener Semester war ich jeden Tag in der Oper oder im Theater, aber auch jeden Tag im Kunstmuseum. Für Studenten war der Besuch der staatlichen Museen kostenlos. Seither habe ich einige Museen besucht; hier in Essen haben wir ja das Folkwangmuseum, in Düsseldorf das Museum des Landes NRW. Dabei bin ich ein reiner Augenmensch, der sich nicht viel mit den theoretischen Dimensionen befasst.

    Was will ich damit sagen?

    Ich finde die Kunstthemen hier richtig toll,:angel: vor allem, wenn sie so kompetent erklärt werden. Sie gehören auch unbedingt hierhin, weil wir ja auch ein Kulturforum sind. Also mehr davon...

    Sehr vorteilhaft ist es, dass ich die Bilder hier abspeichern kann. Ich verlege sie dann in meinen Screensaver, wo ich sie dann einzeln länger betrachten kann.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Kunstmagazin monopol: "Rembrandt hatte das Gemälde von der Amsterdamer Schützengilde 1642 fertiggestellt. 1715 zog das mehr als 20 Quadratmeter große Gemälde in ein anderes Gebäude um. Und weil es nicht an den vorgesehenen Platz passt, wurden an allen Seiten Stücke abgeschnitten. An der linken Seite waren drei Figuren weggefallen."

    Sehr schön, lieber Rüdiger. Ich war damals da, als sie das Museum restauriert und neu eingerichtet haben. Das in originaler Größe zu sehen, ist natürlich noch eindrucksvoller. Also auf nach Amsterdam! :)


    Beim ZDF habe ich gerade gefunden kann man ein Video schauen:


    Rembrandts "Nachtwache" nach 300 Jahren wieder komplett - ZDFheute


    :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ein wahres "who is who?" der Stadt Florenz findet sich auf diesem Fresko von Domenico Ghirlandaio: "Ein Engel kündigt Zacharias des Geburt Johannes des Täufers an" (Fresko um 1490 in der Cappella Tornabuoni) Santa Maria Novella in Florenz, aufgeteilt in mehrere Gruppen der damaligen Prominenz.

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    unten links: der Philosoph Marsilio Ficino,   Cristoforo Landino,  Angelo Poliziano, Gentile de' Becchi

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    Mitte links: Patrizier der Stadt Florenz, von links Giovanni Tornabuoni, Pietro Popolesci, Girolamo Giacinotti und Leonardo Tornabuoni.

    AKG5617062.jpg


    Unten rechts: mehrere Mitglieder des Bankhauses der Medici

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    interessant zu lesen ist das Buch über die von Giovanni Tornabuoni finanzierte und von Domenico Ghirlandaio künstlerisch umgesetzte Ausstattung der Cappella Tornabuoni

    md13555130470.jpg

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Uner den Gruppenbildnissen gibt es speziell im 16. Jahrhunderts in den Niederlanden faste eine eigene Abteilung für Anatomie-Vorlesungen

    Wieder ist hier Rembrandt der Vorreiter im Erzählen einer Geschichte. Üblicherweise (obwohl es Ausnahmen gibt) schaut die gesamte Gruppe direkt ins Bild, etwa si, wenn sich heut 2 Politiker für ein Foto die Handreichen und sich dabein nicht gegenseitg ansehe, sonder sie sehen publikumswirksam auf die Betrachte. Aber nicht bei Rembrandt.

    Man sieht förmlich wie die umgebenden Zuschauer (sie sind namentlich bekannt) gebannt und interessiert auf den Vortragenden, Dr. Tulp und die Leiche eines gehenkten Verbrechers starren. Bei der Darstellung der Muskeln ist Rembrandt eine Fehler unterlaufen - das wird bei Wikipedia genauer erklärt.

    Anatomische Vorlesung und Sektion war in jenen Tagen ein gesellschaftliches Ereignis, dem nur ausgewählte honorige Persönlichkeiten beiwohnen durften (abgesehen von Medizinern oder Chirurgen - wie hier im Beispiel) und zwar in hierachischer Gesellschaftsordnung.

    Molier macht sich darüber in seinem Stück "Der eingebildete Kranke" darüber lustig wo der unattraktive Neffe von Argans Arzt, Thomas Diafoirus, als Freier auftritt und seine Angebetete (die ihn nicht will, da sie bereits in Cleante verliebt ist und ausserdem ist Thomas Diafoiris unattraktiv bis zum geht nicht mehr) einlädt mit ihm der Sektion einer weiblichen Frauenleiche beizuwohnen. In Wahrhei´t wasr soetwas -wengleich hier nicht passend - in der Tat eine Ehre. Vornehme Kleidung war bei einem solchen gesellschaftlichen Ereignis Pflicht. Ein weiteres Problem wa, daß man keine Kühlkammern besaß die sektion musst also beld nach dem Exitus des Schauobjekts stattfinden, denn sons war der Verwesungsprozesse unter Umständen bereits fortgeschritten und der daraus resultierne Gestank unerträglich

    Zurück von der Medizin - zur Malerei: Nicht nur die minutiöse Darstellung der Gesichtsaudrücke der Gruppe, sondern auch die Sparsamkeit, mit der Rembrandt Farben einsetzt und dennoch - oder gerade deshalb ein realitätsnahes Bild schafft...



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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