Vladimir Ashkenazy - Der Dirigent

  • Liebe Forianer


    Neue Mitglieder sorgen immer wieder für neue Themen - auch wenn sie sie nicht selbst zu einem Thread verarbeiten - weil sie ja (noch) nicht wissen, welche Themen im Forum berieits existent sind.


    Viviane 47, seit heute mit im Boot schrieb im Thread, wo der Pianist Wladimir Ashkenazy besprochen wird, folgendes:



    Zitat

    Über V.A. als Dirigent gibt es auch einiges zu sagen, wo?


    Eine gute Frage.


    Scheinbar war der Dirigent den Forianern nicht interessant genung, oder man hat einfach vergessen oder .. oder .. oder...


    Ich selbst habe einige Aufnahmen, wo er sich als Dirigent präsentiert - und ich fand nichts zu beanstanden.


    Allerdings - und nicht nur bei Askenazy - habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn ein Pianist oder Violinvirtuose "auf Dirigent umsattelt"


    Ich habe in solchen Fällen immer das Gefühl, der Künstler ist sich seiner Eigenen Fähigkeiten nicht mehr sicher - er wechselt das Fach.


    Ich kenne kein Dirigat von Ashenazy, wo ich sagen möchte, es sei mißlungen - im Gegenteil.


    Jedoch kenne ich auch keine einzige Aufnahme, die ich als "unverzichtbar" einstufen möchte.


    Vielleicht gibt es aber solche - dann sollten sie hier genannt werden...



    mfg aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,
    TOP finde ich seine Rachmaninov CDs mit Orchesterwerken,
    alle mit dem Concertgebouw :jubel:



    Aus dieser Reihe.


    Auch seine Version der Bilderaustellung :D von Mussorgsky ist spitze



    Gruß
    embe

  • Hallo Ashkenazy-Freunde,


    ich sehe überhaupt kein Problem, warum ein großer pianist nicht auch als Dirigent tätig sein sollte um seinen musikalischen Vorstellungen auch dort Ausdruck zu verleihen.


    Zitat

    Ich habe in solchen Fällen immer das Gefühl, der Künstler ist sich seiner Eigenen Fähigkeiten nicht mehr sicher - er wechselt das Fach.


    Ashkenazy hat nicht das Fach gewechselt, sondern er ist IMO ein so großer Künstler, dass ihm das Instrument Klavier nicht mehr reicht und er es deshalb um das Instrument Orchester erweitert hat.
    Ashkenazy bleibt weiterhin dem Klavier treu !



    Embe hat schon mit zwei sehr guten Beispielen angefangen.
    Rachmaninoff mit Ashkenazy sind wirklich aussergewöhnlich gute Aufnahmen. Ganz besonders möchte ich die Decca-CD mit den Sinfonischen Tänzen und der Toteninsel hervorheben, die ich nach Swetlanow für die besten Aufnahmen halte.


    Ich möchte noch zwei ganz besonders herausfallende Produktionen hervorheben:


    Prokofieff: Romeo und Julia-Ballett
    Mit Maazel (Decca) und Ozawa (DG) liegen schon zwei TOP-Einspileungen des Ballettes vor. Solti (Decca) mit einer groß angelegten Suite auf einer CD ebenfalls ganz weit oben, aber Ashkenazy mit dem Royal PO steckt die erwähnten Spitzenaufnahmen sogar noch "in die Tasche". Immer das richtige rhythmische Gefühl und fein ausbalancierte Präzision machen diese Aufnahme zum Ashkenazy-Spitzenprodukt:

    Decca, 2003, DDD


    Sibelius mit Ashkenazy
    Neben Bernstein´s GA der Sibelius-Sinfonien sind mir die Ashkenazy-Aufnahmen genau so viel wert. Ich habe in den letztzten Monaten und Jahren mit Sibelius viele Versuche unternommen (zuerst Karajan | TOP, Blomstedt | schöne Momente, Segerstam | zu langsam, Vänskä | autentisch aber zu kühl. Aber an Ashkenazy und Bernstein ist für meinen Geschmack noch keiner vorbei gekommen.
    Daher ist dies eine ganz wichtige und nicht zu teuere Sibelius-Box:

    Decca, DDD



    :] Das schöne ist, das Ashkenazy bei Decca unter Vertrag ist und daher immer klanglich sehr gute bis überragende Aufnahmen bietet.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Alfred,


    ich werde Ashkenazy in der nächsten Woche in der Philharmonie erleben - seine Version der "Bilder einer Ausstellung" und Shostakovitchs Violinkonzert mit Frau Batiashvili. Bisher hatte ich ihn erst einmal live erlebt, als Dirigent einer "Alpensinfonie" mit dem DSO, das ist aber schon viele Jahre her; damals hatte ich einen guten Eindruck, differenziertes Spiel und viel Vitalität, aber "vor Ohren" habe ich das auch nicht mehr.


    Ich werde dann berichten,


    Christian

  • Zitat

    Allerdings - und nicht nur bei Askenazy - habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn ein Pianist oder Violinvirtuose "auf Dirigent umsattelt" Ich habe in solchen Fällen immer das Gefühl, der Künstler ist sich seiner Eigenen Fähigkeiten nicht mehr sicher - er wechselt das Fach.


    Hallo Alfred,
    Eine gewisse Skepsis gegenüber "umgesattelten" Pianisten habe ich auch, aber aus anderen Gründen. Weder Barenboim noch Ashkenazy machen den Eindruck, als fühlten sie sich ihrer pianistischen Fähigkeiten nicht mehr sicher.
    Aber grundsätzlich ist es schon so, dass ein Dirigent der sich von unten hocharbeiten musste, ganz andere Erfahrungen und auch eine bessere Schlagtechnik vom Studium her mitbringt, als Pianisten oder Streicher, die durch Ihre Berühmtheit gerade oben anfangen können.
    Natürlich muss man da auch den Einzelfall betrachten. Ashkenazy ist auf jeden Fall kein Orchestererzieher, aber ein guter Musiker am Dirigentenpult, was ja auch viel wert ist.


    Gruss :hello:


    Syrinx

  • Gestern also Ashkenazy in der Philharmonie erlebt - durchwachsen. Das Violinkonzert von Shostakovitch fand ich in puncto Rhythmik und Orchesterkultur sehr gut, ein Freund (der sich viel besser mit Shost. auskennt) meinte, Ashkenazy habe die Kontrolle bei schnellen Passagen häufig verloren und die Strukturen geopfert. Lisa Batiashvili war die sehr gute Solistin.
    Danach des Dirigenten Orchesterversion der "Bilder einer Ausstellung": die Orchestrierung gefällt mir besser als Ravels, macht das Ganze aber etwas harmloser. Der Gnom wie auch der Marktplatz von Limoges waren schlampig dirigiert und gespielt, dafür hinreißend das alte Schloß und die Hütte von Baba-Yaga (?).


    Womöglich fehlt es am letzten Finish, Frohnatur Ashkenazy hat die Sache aber großen Spaß gemacht.


    LG,



    Christian

  • Hallo,


    sehr lustig fand ich einen Kommentar eines Orchestermitglieds des DSO über Ashkenazys Dirigierstil. (kam vor zwei Wochen auf RBB anlässlich der Amtsübernahme Metzmachers oder so...)


    Sinngemäß:


    Der Ashkenazy vermittelt soviel Spaß und Enthusiasmus, dass man einfach mitgerissen wird und gar nicht mehr hinschaut, sondern einfach spielt. Das sei auch gut so, weil seine Dirigiertechnik wohl nicht besonders sauber wäre...


    Ich besitze von Ashkenazy eine Box mit vielen Rachmaninoff-Werken als Pianist und Dirigent. Die Symphonien gefallen mir gut, ohne dass ich hier ein Experte wäre und die Werke besonders gut kennen würde; das Beste an der Box sind aber eindeutig die Klavierkonzerte, wo der Schuster dann wieder bei seinen Leisten bleibt und Andre Previn dirigiert


    Gruß, Flo


    P.S. Ähnliches Phänomen auf einer Cd mit Brahms vierter Symphonie und Horntrio, Kammermusik vom Allerfeinsten, die Symphonie nicht schlecht aber auch nicht herausragend.

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Warum war eigentlich der 80. Geburtstag Vladimir Ashkenazys kein Anlass, sich mit dem ausgezeichneten Dirigenten zu beschäftigen? Wir haben doch viele Musikfreunde im Forum, die sich leidenschaftlich mit den Werken beschäftigt haben, von denen er herausragende Aufnahmen eingespielt hat - immerhin bei DECCA und ONDINE.


    Ist er nicht "interessant" genug?


    Würde mich mal interessieren!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hm, eine gute Frage, lieber Caruso.


    Bei mir hat das nichts mit "interessant" oder "nicht interessant" zu tun, sondern eher mit Zufall.


    Ich schätze Ashkenazy insbesondere als Sibelius- und Rachmaninoff-Dirigenten, aber beide Komponisten habe ich in letzter Zeit wenig gehört.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich habe ehrlich gesagt seinen 80. Geburtstag gar nicht registriert, weil ich die Jubiläums-Threads nie lese. Ashkenazy schätze ich als Dirigenten und Pianisten sehr. Als damaliger Exklusivkünstler von Decca hat er meine Exkursionen in die klassische Musik von Anfang an begleitet. Einmal konnte ich ihn auch live erleben bei einer Aufführung von Beethovens 8. und 9. Symphonie mit dem Royal Philharmonic Orchestra, ein sehr eindrückliches Erlebnis.


    Unverzichtbare Eckpfeiler meiner Plattensammlung sind seine Einspielungen der Sibelius-Symphonien und - als Pianist - die Aufnahmen der Rachmaninov-Klavierkonzerte mit Bernard Haitink am Pult:



    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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