Große Beethoven Pianisten auf Schellack

  • Liebe Taminoianer,


    Während ich im Bereich der historischen Aufnahmen von Stimmen einigermaßen akzeptabel sortiert bin, und auch etliches gehört habe, was ich (noch) nicht besitze, ist das Klaviersegment auf diesem Gebiet Neuland für mich. Natürlich kenne ich die meisten großen Namen, wie Edwin Fischer, Artur Schnabel, Walter Gieseking und Solomon Kutner.
    Aber gehört hab ich davon kaum je etwas.


    [ . . .


    Zum einen war ich in meiner Jugend ein Technikfreak, zum anderen kosteten diese Schallplatten auf Vinyl überspielt, fast so viel wie eien Stereoplatte....


    Nun aber ist es soweit, ich möcht zumindesten einige "Jahrhundereinspielungen" aus der Schellackzeit in meine Sammlung retten, und zwar möglichst solche, die sich interpretationsmäßig von heutigen Einspielungen derart unterscheiden, daß man mit Fug und
    Recht behaupten kann es gäbe heute nichts vergleichbares.......


    Es können hier sowohl Beethoven-Sonaten als auch Klavierkonzerte erwähnt werden.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    zunächst zwei Anmerkungen: Die meisten historischen Aufnahmen unterscheiden sich nicht so drastisch von der heutigen Interpretation der Beethoven-Sonaten. Glenn Gould oder Olli Mustonen sind wesentlich "einzigartiger" im Vergleich zu Brendel/Richter/Gilels etc. als Schnabel/Gieseking etc. Das ist auch nicht sonderlich verwunderlich, da manche der heute aktiven Pianisten bei vergangenen Größen oder deren Lehrern studiert haben. Zudem kann man Solomon getrost aus den Empfehlungen aussparen, da seine großen Beethoven-Interpretationen ja nach 1950 entstanden sind.


    Wenn ich mich Recht entsinne (IIRC :D ) magst Du keine Gesamteinspielungen. Die würde ich Dir dennoch empfehlen, wenn es um Schnabels Beethoven geht. Dieser Zyklus, der erste als komplett vertriebene, war einfach bahnbrechend. Auf Naxos Historicals sind mittlerweile zehn Teile der Edition für günstig Geld und gut restauriert erhältlich. Wenn es dennoch nur eine oder zwei Scheiben sein sollen, empfehle ich folgende:



    Ein wenig anders als die meisten Interpretationen ist Schnabels Weg schon: er spielt schneller als der Durchschnitt - wenn Du Dich mit einer Partitur hinsetzt wirst Du wahrscheinlich auch ein paar fehlende oder falsche Noten bemerken. Hier war der Eifer des Gefechts "Schuld".


    Benno Moiseiwitsch war, wie Schnabel, ein Schüler des großen Theodor Leschetizky. Seine Karriere spielte sich vor allem im Großbritannien der Vorkriegs- und Kriegszeit ab, wobei vorrangig konzertierte und relativ selten ins Studio einkehrte. Empfehlen kann ich eine Scheibe mit dem 3. und 5. Klavierkonzert (3. mit Sargent/1950, 5. mit Szell von 1938 ).



    Als letztes Arthur Rubinstein, der zwar alle Sonaten und Konzerte Beethovens spielen konnte, jedoch nur die Konzerte komplett eingespielt hat. 1944 trat er mit dem Schwiegervater seines großen Rivalen Horowitz, Arturo Toscanini, auf. Herausgekommen ist eine feurige Aufnahme des 3. Konzerts. Komplettiert wird die Scheibe mit zwei nicht minder dramatischen Einspielungen von op. 31/3 und der Appassionata:



    Einzigartig ist vor allem der Hintergrund der Aufnahme des 3. Konzerts. Es war die einzige Kooperation von Rubinstein und Toscanini und gleichzeitig Toscaninis erste Aufführung des 3. Beethoven-Konzerts. Es ist ein Livemitschnitt eines der Konzerte die Toscanini wöchentlich mit dem NBC Symphony Orchestra machte und die landesweit im Radio übertragen wurden. Nach dem Konzert ist Rubinstein nicht nach Hause sondern in die Carnegie Hall gegangen - da hatte er noch ein komplettes Chopin-Rezital zu bestreiten.

    Gruß,
    Gerrit

  • Hallo zusammen, ich hätte da mal eine Frage zu Schnabels Gesamtzyklus. Bei "Zweitausendeins" gibt es aktuell den kompletten Zyklus mit allen 32 Sonaten, 10 CDs für 9,90€.
    Label ist "History".


    Genaue Beschreibung:


    MAESTRO ESPRESSIVO VOL. 1 Beethoven/
    Die kompletten Klaviersonaten Nr. 1-32 u.a. Artur
    Schnabel/Klavier. Aufnahmen 1932-1937. ADD. History.
    10 CDs 9,99 € Nummer .



    Ist das "DER" Zyklus von Schnabel, wobei ich denke, dass man zu diesen Zeiten nicht mehrere Zyklen hintereinander eingespielt hat. ;)
    Weiterhin: Wie ist es mit der Tonqualität, wobei ich jetzt speziell diese Ausgabe meine ?. Gibt es bessser remasterte, oder sollte ich, zumal bei diesem Preis zugreifen ? Oder lieber zu den restaurierten Naxossen schielen ?


    Gruß
    Anti

  • Hallo Anti,



    Gut daß dieses Thema aufgergriffen wird, fast hätte ich es vergessen.


    Ich habe mit eine Schnabel-Aufnahme aus der Naxos Edition gekauft.
    Bevor ich nun mein schonungsloses Urteil über die Restaurationstechnik auslasse, möchte zwei Dinge feststellen:


    1) Klaviermusik gehört zu den heikelsten Aufnahmeobjekten überhaupt.


    2) Ich habe nie eine originale Schnabel-Schellack gehört.



    Was dann aber aud den Kopfhörern kam (mit Lautsprechern wars nicht so arg) war schllechtweg enttäuschend. Viel werden dieses Urteil nicht teilen, weil sie ja von Tonaufzeichniungen, die etwa um 1935 herum gemacht wurden, nichts anderes erwarten.


    Tatsächlich waren die guten Aufnahmen der 30iger, mit richtigem Equipment wiedergegeben einigermaßen tanfarbentreu, und nur in seltenen Fällen stumpf. Jedoch waren sie immer von einem sehr vernehmlichen sehr hellen Rauschen beglkeitet.
    Dieses hat man, alter Restauratorentradition entsprechend stark reduziert, und sich damit einen stumpfen Klang eingekandelt, der (auf mich) ziemlich leblos wirkt.
    Ich empfehle allen, die sich mal ein Bild machen wollen, wie eine Schellack der 30iger im Optimalfall klingen kann, sich die Björling-Aufnahme die ich im entsprechenden Thread gepostet habe zuzulegen, und sei es nur als Referenz für Schellackklang. Dabei ist auch hier eine ganz geringe FIlterung vorgenommen worden, im Original klirren die Aufnahmen etwas mehr, eine Verzerrung, ich weiß, aber sie täuscht dann doch gelegentlich mehr Brillanz vor.


    Ich besitze die CD mit der "Mondscheinsonate", vielleicht kann jemand mein Urteil zu dieser Edition bestätigen oder ihm widersprechen.


    An sich ist der Besitzer der Originalmatrize im Vorteil - so er sie noch hat und so er über ein erstklassiges Restauratorenteam verfügt.


    Um all das zu untermauern möchte ich hier auch mein Credo posten:
    Es ist IMO wünschenswert, arge Knacker alter Schellacks zu entfernen (die Originalmatrize weis solche übklicherweise erst gar nicht auf).
    Von allem anderen sollte man tunlichst die Finger lassen, das Rauschen ist zwar unangenehm, aber immer noch besser, als der "Watteklang" "entrauschter" Aufnahmen


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo


    Ich habe mich aufgerafft und geschaut, was ich von Schnabel und Beethoven habe. Es fand sich die zweite von 5 Seraphim-LP-Kassetten mit den Sonaten 11-17, bingo!
    Um mich ein wenig einzuhören, habe ich die Plattenseite von Anfang an gehört und so die Sonate Nr. 13 gleich mitgenommen. Diese wurde im Unterschied zur Nr. 14 (1934) schon 1932 aufgenommen.
    Sehr interessant der klangliche Eindruck. Der Flügel ist nicht in Lautsprecherebene platziert, sonder deutlich zurückgesetzt. Ähnlich als sitzt man in einem Saal und "schaut" auf den Flügel. Rauschen ist geringfügig vorhanden, auch etwas Laufgeräusche (Rumpeln). Beides jedoch so gering, dass man sich schnell adaptiert und auf den Klavierklang konzentriert. Der Flügel klingt in der Mittellage etwas blechern, der Bass ist schlecht durchzeichnet, aber auch hier kann man sich nach ein paar Minuten darauf einstellen. Generell auch für 1932 kein Top-Sound, aber durchaus akzeptabel (für häufige Lauscher historischer Platten!). Beim Übergang zur Sonate Nr. 14 ist der Zeitsprung deutlich hörbar. Hier gesellt sich ein deutlich hörbares Schleifgeräusch dazu, das speziell im ersten Satz naturgemäß etwas stört, bei den beiden folgenden Sätzen fällt es weniger auf. Seraphim hatte also für Nr. 14 qualitativ schlechtere Matrizen als für Nr. 13!


    Danach wechsle ich zur CD-Box aller Sonaten in der EMI-Références-Serie. Erste Überraschung: wesentlich mehr Rumpelgeräusche als auf der alten LP! Auch klanglich ändert sich einiges. Der Flügel rückt merklich näher heran, hat aber seinen blechernen Charakter fast vollständig verloren und der Bass ist wesentlich besser durchzeichnet. Ab dem zweiten Satz ist das Rumpeln fast völlig weg, und das ändert sich auf dem Rest der CD nicht mehr wesentlich. Der Flügel klingt rund und füllig, lediglich in den Höhen deutlich stumpf.

    Fazit: die Qualität ändert sich unter Umständen von Satz zu Satz und ist für die dreißiger Jahre kein Referenzniveau, aber zumindest guter Durchschnitt. Allerdings ist die Aufnahme nur für jemandem geeignet, der bereit ist, sich auf historische Aufnahmen einzulassen.


    Das ganze Gerede um die Tonqualität relativiert sich aber sehr schnell, wenn es um den interpretatorischen Wert der Aufnahmen geht: Wie bei Friedrich Gulda habe ich bei Artur Schnabel das Gefühl, aus dem Klavierspiel spricht mehr der Komponist als der Pianist. Das ist für mich immer ein gutes Zeichen! Und obwohl ich kein Generalist bin, neige ich zur Ansicht, dass man bei Beethoven einen kompletten Zyklus der Symphonien und Klaviersonaten als Ausgangspunkt einer sich langsam entfaltenden Sammlung von Einzel-CDs haben sollte. Bei den Sonaten gibt es für mich mehr als nur einen Grund, Friedrich Guldas dritte Einspielung der Beethoven-Sonaten (bei Amadeo) als Grundstock einer Sonatensammlung wärmstens zu empfehlen. Aber fast ebenso empfehlenswert ist es für die ernsthafte Auseinandersetzung, Schnabels Einspielung als zweiten Zyklus zu besitzen. Sie hat zwar nicht ganz den gleichen Stellenwert, den Pablo Casals Einspielung der Bach'schen Cello-Suiten besitzt, dennoch kann man mit ihr den Beginn modernen Beethoven-Spiels datieren.
    Man braucht nun nicht zu glauben, dass hier antiquiertes Spiel zu hören sei, im Gegenteil! Beethoven ganz ohne Zopf, wenn nötig kraftvoll, zupackend, männlich. Aber auch zart und verträumt (1. Satz Mondschein). Gerrit meint, er spiele schneller als der Durchschnitt, ich formuliere es anders: mehr als der Durchschnitt spielt zu langsam! Schnabels Tempi sind an Natürlichkeit schwer zu übertreffen, Dehnübungen sind seine Sache nicht und es ist nicht Schnabels Problem, wenn heute ein seltsamer Wettstreit darüber entbrennt, wer ein Adagio noch langsamer als sein Vorgänger zustande bringt, ohne dass das ganze Satzgebäude zu Bruch geht.
    Dass Schnabel ein paar falsche Noten einbaut, ist nicht zu überhören (auch für mich nicht, und sie müssen schon sehr falsch sein, damit ich das mitbekomme ;) ; es dürften also in Wahrheit sehr viel mehr sein). Interessanter finde ich, dass nicht zu überhören ist, dass Schnabel gelegentlich mehr will als er kann. Und das macht er nicht verschämt, sondern voll Selbstbewusstsein! Er spielt mit Risiko und opfert der Idee gelegentlich die Präzision. Das ist heute vollkommen undenkbar, eine Einspielung muss heutzutage manuell perfekt sein, was zur Folge hat, dass man oft nicht genau weiss, was an einer Interpretation gewollt oder nur gekonnt ist. Bei Schnabel kann man mithören, was er will, und das gibt dem Ganzen etwas Spontanes, das in dieser Form bei modernen Aufnahmen nicht mehr existiert.


    Für Liebhaber der Beethoven-Sonaten, die sich gelegentlich historische Aufnahmen antun können, absolute Pflichtlektüre!!!



    Uff und Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Antracis


    Zitat

    MAESTRO ESPRESSIVO VOL. 1 Beethoven/
    Die kompletten Klaviersonaten Nr. 1-32 u.a. Artur
    Schnabel/Klavier. Aufnahmen 1932-1937. ADD. History.
    10 CDs 9,99 € Nummer .



    Ist das "DER" Zyklus von Schnabel, wobei ich denke, dass man zu diesen Zeiten nicht mehrere Zyklen hintereinander eingespielt hat.


    Ja, dass ist sicherlich DER Zyklus. Schnabel hat nur eine Gesamteinspielung gemacht. Nichts wie kaufen (du würdest nicht einmal zehn schillernd glänzende Untersetzer für das Geld bekommen; also keine Fehlinvestition, wenn es dir wider Erwarten nicht gefallen sollte! :D )


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo,


    ich habe mir diesen billigen Schnabelzyklus auch geholt ( bei Wohlthat und nicht bei 2001, Kostenpunkt 8 Euro) und bin bisher sehr davon angetan. Natürlich hört man den Aufnahmen ihr Alter an. Aber ich bilde mir ein, daß das beim Klavier eine geringere Rolle spielt als bei der Klangfarbenpalette eines Orchesters, wo der Klangverlust noch stärker ins Gewicht fällt.


    Allerdings hatte ich bisher nur Einzeleinspielungen gewisser Sonaten und da überlege ich mir denn in Zukunft doch, mir mal einen neueren Zyklus zu holen. John Lill auf Brilliant ist natürlich sehr billig, aber über diesen Zyklus habe ich bisher nur Negatives gehört. Vielleicht hole ich mir mal den Kempff ( aber der hat den Zyklus ja mehrmals eingespielt). Vorläufig setze ich mich erst mal mit dem Schnabel auseinander.


    Gruß Martin

  • Im Taminoforum gibt es diese Ecke. SCHELLACKSCHÄTZE - FENSTER IN DIE VERGANGENHEIT Neun (!) Seiten mit Beiträgen zum Thema Schellack. Man staunt, was alles als Thread zum Thema vorhanden ist.


    Meine Beethoven-Gesamtaufnahme Aufnahmen der Klaviersonaten Nr. 1 bis Nr.32 sind aus der Maestro Espressivo-Box, die in den obigen Beiträgen 5, 6 und 7 erwähnt wurden. Was ich in der Interpretation Artur Schnabels gehört habe, ist schon eine Klasse für sich. Gibt es gebraucht ab 0,99 Euro beim Werbepartner.



    clck 6200




    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich bin begeistert, wie exakt Theophilus vor rimd 15 Jahren die Eigenarten und Vorzüge der Schnabel-Aufnahme beschreibt - auch die Tonqualität. Klavier auf Platte ist eine Sache für sich - imo nicht leichter aufzunehmen wie ein Orchester.

    Interessant, daß der Thread sich nur um Schnabel gedreht hat - und dann schlagartig zum Erliegen kam,. Ich werde am Wochenende stöbern - in meiner Sammlung gibt sicher die eine oder andere Aufnahme , die in diesen Thread passt.

    Aber natürlich gibt die Schnabel Aufnahme am meisten her, nicht nur aus musikalischen Gründen, sondern auch der Drumherums wegen. Schnalbel lehnte Tonaufnahmen ab - ebenso wie später Celibidache, Er erklärte es sei unnatürlich ein einmalige Kunstwerk konservieren zu wollen. Es bedurfte der Überredungskunst eine Fred Gaisberg und einer Menge des überzeugendsten Mediums Schnabel umzustimmen. Ich glaube, daß ihm bewusst war, daß seine Verspieler auf Aufnahme fataler wirkten, als live, wo ein Fehler schnell vergessen ist. Thophilus beschreibt das riskante in Schnabels spiel sehr gut. Der Pianist hatte kleine Hände, aber er versuchte über sich hinauszuwachsen..


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Interessant, daß der Thread sich nur um Schnabel gedreht hat

    Das ist mir auch aufgefallen. Dabei gab es eine ganze Reihe namhafter, weltberühmter Pianisten in der Schellackzeit, die uns großartige Aufnahmen hinterlassen haben. Ich weise nur auf die lange verblichene PHILIPS-Serie "Great Pianists of the 20th Century" hin, die eine Fülle von hochrangigen Aufnahmen aus dieser Epoche darin der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht hat. Viele davon sind bei Amazon noch heute (gebraucht) greifbar, teils zu moderaten Preisen, teils allerdings fast unbezahlbar. Ein paar Beispiele möchte ich hier aufführen. Alle gezeigten enthalten entweder ausschließlich oder doch überwiegend Aufnahmen aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg:


    So enthält z.B. das Horowitz-Album die legendäre Aufnahme der Liszt-Sonate h-Moll aus 1932, Edwin Fischer präsentiert das Mozart-Konzert KV 466 (1933), Schubert Impromptus (1938), die Beethoven-Sonaten op. 23 "Appassionata" (1935) und op. 110 (1938), die beiden legendären Lhévinnes bieten ein buntes Programm mit Schumann (Toccata, 1935), Mozart (Sonate für 2 Klaviere KV 448, 1939), Chopin (Etüden, 1935), Tschaikowsky (Trepak, 1920) u.a. sowie Solomon mit Chopin (1932), Liszt (Ung. Rhapsodie Nr. 15, 1932) Brahms (Händel-Variationen, 1941) etc.

    Sämtliche Alben befinden sich in meinem Bestand, dazu noch einige andere, und es ist erstaunlich, wie gut die alten Aufnahmen klingen. Wer sich an Mono und leichtem Rauschen nicht stört, der findet hier manche Perle, die sonst schwer zu ergattern ist.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Soeben habe ich das 3. Klavierkonzert von Beethoven in einer Aufnahme mit Solomon (eigentlich Solomon Cutner 1902-1988) gehört-

    Mit Begeisterung gejört, muß ich sagen. Eigentlich wollte ich mir nur rasch ein Bild machen - aber ich kpnnte mich von der Aufnahme nicht loseisen. Da wurde mir einmal mehr bewusst, wie relativ unwichtig doch die Tontechnik ist. Wobei gesagt werden muß, daß der Klang ungleich natürlicher ist, wie bei der Schnabel Aufnahme. die ist allerdings schon ein paar Jahre füher entstanden und war auch zur Zeit der Entstehung nicht absolut am Stand der Zeit.

    Die hier gezeigte Aufnahme enststand 1944. Sie rausche ein wenig, was ältere Semester wie ich sowieso nur abgmildert hören könne. Der Klang ist nicht "Transparaent sondern eher füllig und kompakt, aber recht klangfarbentrei, Das Klavier sehr gut dargestellt in den Bässen, aber weich in den Hobersten Höhen..

    Alles in allem ein Genuss, die Interpretation hatte auf micch einen beinahe hypnotischen Eindruck, und man kann nur darüpber trauern, da0 Solomon durch seinen Schalganfall (1955 ?) seine Karriere beenden musste.

    Die Naxos CD weit auf das Original (HMV) und die Matrizennuimmer, sowie auf den Restaurator der Aufnahme hin, verschweigt aber den ursprünglichen Tontechniler und welche Kadenzen gespielt werden.

    Die CD ist bereits gestrichen - und ich glaube auch zu wissen warum. (dazu mehr im nächsten Beitrag von mir) Amazon listet noch ein Restexemplar...


    mfg aus Wien

    Aöfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ich habe soeeben gesehen, daß bei den Mitlesern das Interesse an Beethoven Pianisten der Schllackzeit scheinbar wesentlich größer ist als bei den Mitfliedern. Daher werde ich mich bemühen diesen Thread weiter zu führen.. Zunächst noch ein Detail über Solomonm, welches ich selbst nicht wusste: Er spielet auf einer Spezialanferigung eines Flügels von Blüthner, wo die Tasten schmäer waren als normal erweise üblich, weil seine Hände ausgesprochen klein waren (jene von Schnabel übrigens auch)

    Naxos scheint seine Aufnahmen aus dem Programm genommen zu haben, vermutlich weil an anderer Anbieter (Membran) eine ganze Box mit 12 CDs fast verschenlt. Inwieweit diese Edition als brauchbar anzusehen ist, darüber kann ich leider keine Auskunft geben. Die Box enthälöt sämtliche Beethoven Aufnahmen von Solomon. Die meisten Aufnahme von ihm stammen aus der Schellackzeit, wobei einige in den 50ern auf Langspielplatten (Vinyl) überspielt und in dieser Form auf den Markt gebracht wurden.


    Joachim Kaiser erwähnt Solomon mehrfach positivst in seinem Buch, was an sich schon eine Auszeichnung ist, denn als Kaisers Buch "Große Pianisten in unserer Zeit" ca 1965 erstmals erschien, da war Solomon bereit s etwa 10 Jahre krankheitsbedingt inaktiv.

    Ich bin mir aber nicht sicher, ob das Statement von Kaiser, " ein Pianist des späten Beethoven , der in Deutschland kaum noch dem Namen nach bekannt ist"

    Gilt das heute noch ? - ich weiss es nicht...



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es gab eine Sonderauflage der Kölner ELECTROLA mit sämtlichen 5 Klavierkonzerten Beethovens, die der britische Pianist Solomon (Cutner) in den 1950er Jahren für EMI eingespielt hat:

    Bildergebnis für solomon beethoven klavierkonzerte

    mit dem Philharmonia Orchestra London, Dirigenten: Herbert Menges (Nr. 1, 3 & 5) und André Cluytens (Nr. 2 & 4).

    Die Konzerte Nr. 1 und Nr. 3 wurden bereits in STEREO produziert, während die übrigen in gutem Mono erklingen.


    Ich habe die 3 CD-Kassette Anfang der 90er Jahre bei SATURN Köln erstanden, es war das letzte Exemplar der Sonderfertigung zu dem damals märchenhaften Preis von DM 25,90 (das Preisschild klebt noch auf der Rückseite:)).

    Es war offensichtlich eine Ausgabe nur für Deutschland, denn die umfangreiche Textbeilage ist nur auf deutsch verfaßt. Kein Geringerer als der verstorbene Musikwissenschaftler und -Kritiker Ulrich Schreiber war der Autor. Er zieht in seinem Essay Vergleiche mit den damals führenden Beethoven-Interpreten Kempff, Arrau, Serkin etc., und schreibt u.a.: ".... die Begegnung mit Solomon als Beethoven-Interpret bedeutet eine Kollision mit unseren Hörgewohnheiten. Zu dem heilsamen Schock gehört etwa der Einstieg in das op. 73: von rauschhafter Bravour, von überwältigenden Klangkaskaden ist hier keine Spur (….) Von imperialer Sieghaftigkeit ist bei ihm nichts zu hören (….) und dann die Nahtstelle vom langsamen in den Schlußsatz: wer hier gewohnt ist, Lektionen darüber zu erhalten, was die Welt im Innersten zusammenhält, wird enttäuscht sein … aber gerade dafür sind wir ihm Dank schuldig, Dank nicht nur für seinen ehrlichen Realitätssinn, sondern auch dafür, daß wir aus ihm den Mut ableiten dürfen, jene für Nicht-Künstler zu erklären, die uns statt des Gut-gemacht immer nur ein Gut-gemeint vorsetzen (….)

    Aber erst durch die Summierung des in Solomons Beethoven-Interpretationen nicht Vorhandenen wird der Gewinn deutlich, den wir als Hörer davon haben: nämlich Beethovens Musik ganz rein zu hören, von jedem Bekenntnischarakter losgelöst, von jedem Titanismus befreit, vor jeder Überlebensgröße bewahrt. Gerald Moore hat einmal gesagt, Solomon 'war ein Künstler, der die Überlegenheit Schnabels, die Feinheit Giesekings und den Elan Rubinsteins besaß. In seinem Spiel war keine Spur von dem, was man heute Schaustellkunst nennt, zu finden' (….) Solomons Klavierspiel läßt sich nicht mit Stichproben beurteilen, es erfordert den ganzen Hörer."

    Ich bin froh, diese Box in meiner Sammlung, neben denen von u.a. Kempff, Brendel, Arrau, Serkin, Gulda, Rubinstein und Barenboim (mit Klemperer), zu haben. Es sind in der Tat ganz andere Hörerlebnisse als die, welche man sonst gewohnt ist.

    Die ältere Aufnahme des Konzerts Nr. 3, die Alfred in seinem Beitrag 11 aufgeführt hat, kenne ich leider nicht.


    In der ICON-Box von EMI sind leider nur die Konzerte Nr. 3 & 5 enthalten:


    Es gibt allerdings die ziemlich teuren Lizenzausgaben von TESTAMENT, einzeln auf 3 CDs:


    Kurz nach den Aufnahmen der letzten Konzerte (Nr. 1 & 3) für die obige Box erlitt Solomon einen Schlaganfall und mußte seine Karriere frühzeitig beenden. Ein schier unersetzlicher Verlust für die Musikwelt. Der Künstler starb 1988, ohne jemals wieder auftreten zu können.


    LG Nemorino

    P.S.: Soeben ist mir klargeworden, daß dieser Beitrag eigentlich nicht hierher gehört, weil es sich ja hier um Aufnahmen der Schellackzeit handelt. Deshalb meine Bitte an die Moderation um Verschiebung in den Thread "SOLOMON - der früh Schweigende". Danke!

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Das Problem ist, daß Wiederveröffentlichung-Labels Aufnahmen die ohne Copyright sind veröffentlichen - teilweise unter schlechten Technischen Gegebenheiten (automatische "Entrausch Systeme, Kopien von Schellackplatten, da die Originalmatrizen beim ursprünglichen Rechteinhaber verblieben oder zerstört worden sind) oder aber zu Preisen, die denen einer heutigen Hochpreise CD entsprechen. (Dazu in Zukunft ein eigener Thread über Hochpreis CDs)

    Dies schreckt t dann die Käufer vom Erwerb etlicher Aufnahmen ab und die betroffenen Künstler geraten unverdient in Vergessenheit.

    So gesehen muß man die Übernahme von EMI durch WARNER begrüßen, denn die bieten alte Aufnahmen - teilweise liebvoll restauriert - in preiswerten Boxen an.

    Ob dies aus "selbstlosem Kulturdenken" geschieht, oder aus kaufnännischen Erwägungen heraus (man will die eingekauften Aufnahmen nicht verrotten lassen, wie das in der Vergangenheit teilweise geschah) - das ist für uns Sammler irrelevant. Ich gehe - als ähhh gelernter Optimist von ersterer Annahme aus und freu mich schon auf weitere Veröffentlichungen aus den Archiven...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Problem ist, daß Wiederveröffentlichung-Labels Aufnahmen die ohne Copyright sind veröffentlichen - teilweise unter schlechten Technischen Gegebenheiten (automatische "Entrausch Systeme, Kopien von Schellackplatten, da die Originalmatrizen beim ursprünglichen Rechteinhaber verblieben oder zerstört worden sind)

    Lieber Alfred,


    das britische Label TESTAMENT war offizieller Lizenznehmer von EMI Records. Ich besitze etliche CDs aus der Reihe, sie sind alle klanglich den Originalen gleich.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Danke Nemorino - so etwas muß man natürlich wissen.


    Beste Grüße aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    noch ein Nachtrag: Auf TESTAMENT wurden vor allem EMI-Aufnahmen, später auch von anderen Firmen, die dort aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen in "Ungnade" gefallen waren (wahrscheinlich weil zu wenig Umsatz zu erwarten war), neu veröffentlicht. Sie wurden sämtlich sorgfältig restauriert und mit mehrsprachigen Textbeilagen, darunter deutsch, herausgegeben.

    Im Unterschied zu den Stammfirmen berichten die Textschreiber von TESTAMENT auch und vor allem über Historie der Aufnahme. Sie sie samt und sonders sehr empfehlenswert, wegen der kleinen Auflagen allerdings entsprechend teuer.


    Liebe Grüße nach Wien,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ein weiterer großer Beethoven-Interpret (und nicht nur !!) war Benno Moiseiwitisch (1890-1963) , dessen Lesart der "Waldsteinsonate" ich soben mit großem Vergnügen gehört habe.

    Die Aufnahme stammt vom Februar 1942, aufgenommen für EMI im Studio Nr 3 Abbey Road

    Es ist nicht zu überhören, daß die Aufnahmetechnik seit der Schnabel Einspielung entscheidenede Fortschritte gemacht hat. Seit etwa 1936 gab es das Magnetophon, das aber zu Verzerrungen neigte, welche 1940 durch die (zufällige) Erfindung der Hochfrequenz-Vormagnetisiereung weitgehend elininiert werden konnten und einen Durchbruch in Sachen Qualität bedeuteten. Wir sind hier nich nicht bei HIFI angelangt, aber bei einem - weitgehend naturgetreuen Klavierton - natürlich mit Rauschen und gedämpften (aber vorhandenen ) Höhen. Beachtenswert auch die relativ hohe Dynamik.

    Moiseiwitsch war Schüler von Leschetizky, befreundet mit Nicolai Medtner und Solomon, und er gab Robert Schumann als "Lieblingskomponist" an.

    Die Bedeutung war so groß, daß Joachim Kaiser ihm eine kurze Notiz in seinem 1966 erschienen Buch widmete, wo es um die von Beethoven verfassten Kadenzen zu dessen Klavierkonzerten ging, die Moiseiwitsch (wie viele andere Pianisten auch !!) ablehnte. (Dazu gibts vielleicht in Zukunft einen eigenen Thread - so nicht schon einer existiert - mal sehen...)


    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !