Hallo allerseits,
einem Wunsch des wonnigen Lallers entsprechend, verlagere ich ein Nebenthema seines Threads Soll die Empfindung Liebe sein? - oder etwa doch nicht... in diesen neuen Thread, zu dem es meines Wissens noch kein Pendant gibt. Wenn doch, bitte das Folgende mit dem vereinen.
In diesem zitierten Thread wurde anhand von mehreren Opern ansatzweise darüber spekuliert, wie bestimmte Liebesgeschichten gewöhnlich zu Ende gehen würden, nachdem die Liebenden sich entweder gekriegt haben oder wenn der eine Partner (wenn nicht beide) nicht umgekommen wäre(n).
Bevor das nun als Aufforderung zum hemmungslosen Zynismus verstanden wird, möchte ich aus dem genannten Thread mein Beispiel zum ROSENKAVALIER zitieren, dessen Vorgeschichte, wie der genannte Thread überhaupt, besser gelesen werden sollte, bevor man hier einsteigt, damit man die gleichen Informationen mitbringt.
"Wo ich mit Euch und der Mehrzahl der Inszenierungen des ROSENKAVALIER NICHT übereinstimme, ist das Alter der Marschallin. Wenn auch Karajan und Elisabeth Schwarzkopf da ein Bild geprägt haben, was haftet: im Libretto und dem Briefwechsel zwischen Strauss und Hofmannsthal heißt es ausdrücklich, dass sie selbst noch recht jung ist (32, also kein Alter). Sie ist damit zur Zeit Maria Theresias zwar wesentlich erfahrener als die beiden Küken um sie herum, aber keineswegs über ihren Zenith hinaus. Natürlich legen ihre melancholischen Überlegungen über den Lauf der Zeit das nahe, zumal Strauss' Musik die Dame etwas älter macht als sie ist. Dennoch gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass sie nicht nach Octavian noch mindestens ebenso viele Liebhaber haben wird wie vor ihm. Nur auf ihn selbst wird sie wohl kaum mehr zurückgreifen.
Ich sehe in ihrem Abschied von Octavian eher eine Mischung aus Wehmut (er war ja wohl auch ein besonders zufriedenstellender und, als entfernter Verwandter, der sich getrost in ihrem Haus aufhalten durfte, praktischer Liebhaber) und Mitleid mit dem jungen neuen Paar, aber auch ein wenig mit sich selbst. Man erinnere sich: zu Beginn ihres großen Monologes im ersten Akt erkennt sie sich in der Klosterschülerin wieder, die den Ochs heiraten soll, und das ohne sie persönlich zu kennen.
Fraglos ist die Marschallin die intelligenteste, ja weiseste Person weit und breit in der ganzen Oper. Aber das ist auch ein relativer Wert, denn ich kann nirgendwo erkennen, dass sie danach eine treue Ehefrau wird - nicht einmal gezwungenermaßen.
Was Octavian angeht, so ist er ersichtlich zu gut erzogen um jemals solch ein Grobian wie sein Vetter Ochs zu werden, aber da er schon vor seiner eigenen Ehe nicht sehr viel von ehelicher Treue hält, wohl aber sehr zum eifersüchtigen Besitzdenken neigt ("Was war einmal? Bichette, Bichette, WAS war einmal????";), kann man sich gut vorstellen, dass die arme Sophie irgendwann ziemlich einsam in im Rofranoschen Stadtpalais sitzt, bis sie sich ihrerseits entschließt, die Früchtchen ihres Reichtums und ihrer Hübschheit, aus der nur vielleicht noch Schönheit wird, zu genießen. Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn sie eines Tages um sich selbst etwas zu beweisen der Marchallin gezielt noch einen Liebhaber abspenstig zu machen versucht. Ihre Töne werden dann vielleicht nicht mehr so hoch sein, aber bestimmt auf andere Art hinreißend.
So sind, wie immer bei den großen Menschenkennern des Theaters, die Männer durchweg die eigentlichen Trottel. Vielleicht lieben sie deshalb das Happy End, weil das da noch nicht so deutlich wird."
Nun mein Vorschlag, verbunden mit einer Bitte an Euch:
wie seht Ihr diese Fortschreibung und vor allem: könnt / wollt Ihr ähnliche Fortschreibungen von anderen Opern übernehmen, möglicht mit Begründung aus dem vorhandenen Stück und seiner Musik heraus?
Vielleicht sollte man sich auf eine Oper pro Beitrag beschränken, damit man sich leichter darauf beziehen und so einen besseren Überblick behalten kann. Aber das könnt und solltet natürlich Ihr entscheiden.
Rideamus
PS: Operetten und Musicals dürfen es natürlich auch sein. Hauptsache, sie sind einigermaßen bekannt.