DVD-Besprechungen zu Glucks 'Orpheus'

  • Glucks Orpheo ed Euridice gibt es in unzähligen CD-, aber mittlerweile auch in etlichen DVD-Ausgaben. Dieser Thread soll sich allein mit den sichtbaren Einspielungen, den DVDs also, beschäftigen.


    Ich fange mal mit frischen Eindrücken meiner neuesten Errungenschaft an:



    Orphée et Eurydice
    Berlioz'sche Fassung von 1859


    Orphée MAGDALENA KOZENA
    Eurydice MADELINE BENDER
    Amour PATRICIA PETIBON


    Monteverdi Choir
    Orchestre Revolutionaire et Romantique
    Sir John Eliot Gardiner


    Aufzeichnung von 1999 aus dem Théâtre Musical de Paris - Châtelet.


    Musikalisch ist diese Produktion eine Köstlichkeit! Eine ausgewogene Mischung aus Lyrik und Dramatik. Orchester und Chor sind bekanntermassen hervorragend. Die Oper ist mir meist eher langweilig - d.h. zu lyrisch - interpretiert, hier werde ich zwischendurch durchaus mal wachgerüttelt. Kozena als Orphée hat schon eine beeindruckende Tiefe, aber die Koloraturen zaubern zumindest bei mir keine Gänsehaut hervor. Bender als Eurydice ist etwas schwach auf der Brust - wenn man aber auch pausenlos sterben muß, ist das kein Wunder. Etwas zu selten tritt Patricia Petibon als Amour in Erscheinung. Die Kostüme fand ich in ihrer Schlichtheit sehr gelungen - etwas viel Stoff vielleicht. Wann es sich um ein Ballett bzw. um eine Pantomime handelt, muß man allerdings auch erraten - ich würde das mal ganz platt als Stehballet bezeichnen. Andererseits würde großangelegtes Herumgehopse hier eh Fehl am Platze sein, weshalb ich die Rigorosität Josephs II. durchaus verstehen kann. Die Inszenierung ist völliger Quatsch - ebenso die Regie. Wer den Inhalt der Oper nicht kennt, wird ihn auch nach dem musikalischen Genuß dieser Produktion noch immer nicht kennen. Und wer ihn kennt, wird ihn vergeblich suchen müßen. Dafür aber erlernt man verschiedene Finger- und Armspreiztechniken, die auf Dauer etwas nerven.


    Warum Gardiner das Eingangstempo von J'ai perdu mon Euridyce* doppelt so schnell als normal nimmt, um es dann von Orphée im normalen Tempo an- und weitersingen zu lassen, ist mir unverständlich. Ebenso ist mir der Finalchor etwas zu schwach.


    Durch die total verfehlten optischen Reize dieser Produktion sind das sehr lange 96 Minuten, die sich aber m. E. musikalisch durchaus lohnen!


    Mich würden natürlich weitere DVD-Rezensionen interessieren! ;)


    Viele Grüße
    Ulli


    *müßte es nicht "ma" heißen?

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)