Bearbeitungswut

  • Hallihallo,


    im Gegensatz zum schon vorhandenen Thread über "geklaute" Musik hier mal die andere Seite: Bearbeitungen/Instrumentation.


    gutes Beispiel: Mussorgski "Bilder einer Ausstellung"
    Instrumentationen von Ravel, Stokowski und einem Russen- der Name fällt mir momentan nicht ein.


    Brahms Klavierquartett
    Instrumentationen von Schönberg und Matthus


    Interessant vielleicht auch das Ballett "The wise virgins" von Walton (nur eine Suite erhalten, erschienen bei Chandos mit London Philharmonic/Bryden Thomson), der dort verschiedene kleine Stücke von Bach neu gestaltet.


    Habt ihr mehr für diese Liste?
    Es geht nur um echte Intrumentationen, die das Original so weit wie möglich (möglichst komplett) beachten und "nur die Klangfarben ändern".


    Thomas

  • Zitat

    Original von tomcom
    gutes Beispiel: Mussorgski "Bilder einer Ausstellung"
    Instrumentationen von Ravel, Stokowski und einem Russen- der Name fällt mir momentan nicht ein.


    Lieber Thomas,


    Du meinst wahrscheinlich Gortschakow, ich habe aber auch noch eine Funtek und eine von Caillet. Dazu kommt noch eine Bläserbearbeitung von Howarth.


    LG Peter

  • Zitat

    Original von Wulf
    Nicht zu vergessen die von Emerson, Lake & Palmer :D


    Lieber Wulf,


    die habe ich natürlich auch noch auf LP, aber kann man die als Orchesterbearbeitung bezeichnen? Für einzelne Instrumente gibt es natürlich auch noch eine Reihe, von Horowitz' Bearbeitung für Klavier bis hin zu Romanko für Bajun.


    Auch muss man sagen, dass die Toscanini-Aufführung der Ravel-Fassung eigentlich Ravel-Toscanini heißen müsste, da es dort auch Veränderungen durch Toscanini gab.


    LG Peter

  • Das scheint ein oft kopiertes Stück zu sein. Gespielt habe ich bisher nur die von mir genannten. Natürlich am Meisten Ravel, Stokowski zweimal und Gortschakow (vielen Dank für den Namen) einmal.
    An letztere Version erinnere ich mich nicht mehr richtig - das ist schon zu lange her. Die Unterschiede zwischen den anderen beiden sind doch erheblich.
    Es war sehr interessant, völlig andere Instrument als gewohnt (Ravel kennt wohl jeder) zu hören. Beide Versionen haben ihren Reiz. Ravel setzt mehr auf Farben, Stokowski mehr auf Formen. Das merkt man auch in dessen Bachbearbeitungen, obwohl ich die, gelinde gesagt, für zu amerikanisch halte.


    Thomas

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  • Lieber Peter!


    Wohl kaum. Aber hat tomcom denn explizit gefordert, daß es Orchesterbearbeitungen sein sollen? Ich hatte es so verstanden, daß es um "echte" Instrumentationen geht, die das Original so weit wie möglich beachten. Es ist zu lange her, daß ich die ELM-Version gehört habe.....vielleicht scheitert sie ja an der Einschränkung, dem Original so weit wie möglich treu zu sein :rolleyes:


    LG
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Aber hat tomcom denn explizit gefordert, daß es Orchesterbearbeitungen sein sollen? Ich hatte es so verstanden, daß es um "echte" Instrumentationen geht, die das Original so weit wie möglich beachten. Es ist zu lange her, daß ich die ELM-Version gehört habe.....vielleicht scheitert sie ja an der Einschränkung, dem Original so weit wie möglich treu zu sein :rolleyes:


    Lieber Wulf,


    wenn man das Thema allgemeiner fasst, sollte man ELP auf jeden Fall nennen. Ich habe sie auch schon lange nicht mehr gehört, aber eigentlich ist so eine Erinnerung ein guter Anlass ...


    LG Peter


  • Ashkenazys Orchesterbearbeitung des Mussorgsky-Klassikers bewegt sich noch stärker am Original als Ravel, ist sehr farbenprächtig und originell und wird von der Kritik zum Teil der Ravel-Version vorgezogen.


    Die Einspielung ist klangtechnisch ein Genuss.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Natürlich ist jede Bearbeitung gemeint, die sich möglichst nahe am Original orientiert. Interessant wäre vielleicht auch, wenn jemand, der mehrere Versionen hat versuchen könnte, ein wenig die Unterschiede zu charakterisieren. Z.B. Stimmung, Klangfarben, was würde man sich eventuell selber unter dem Bild vorstellen (bezogen auf "Bilder einer Ausstellung").
    Da fällt mir dann noch eien Bearbeitung ein. Von einem japanischen Synthesizerspieler namens TOMITA (wenn ich mich recht erinnere).


    Bei uns im Orchester heisst das Stück übrigens "Schilder einer Baustelle"...


    Thomas

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  • Zum Thema Bilder einer Ausstellung: Schaut doch auch mal in diesen Thread rein. Hier hat Markus Schirmer (relativ weit unten auf der ersten Seite) schon über 20 Bearbeitungen des Originals von Mussorgsky aufgelistet.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von tomcom
    Es geht ja nicht nur um dieses hinlänglich bekannte Werk...


    Lieber Thomas,


    stimmt ... und die Frage nach dem Warum ist ja noch nicht beantwortet.


    LG Peter

  • Das Lied von der Erde...vom alten Gustav.


    für Kammerorchester bearbeitet von den Herrn
    Schönberg und Riehn.


    Kennt man die Originalversion, möchte man manchmal die harten
    Bläser vermissen, die hier und da vom Klavier übernommen werden.
    Ansonsten...gute Arbeit und ein toller Abschied ;-)


    Gruß Jan


    :hello:

  • Das ist wohl wahr. Warum werden solche Werke immer wieder "neu geschrieben"? Ist es Unzufriedenheit mit dem Original, eigene Eitelkeit "ich kann das besser", mangelnde eigene Ideen... Was ist es?

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  • Zitat

    Original von tomcom
    Das ist wohl wahr. Warum werden solche Werke immer wieder "neu geschrieben"? Ist es Unzufriedenheit mit dem Original, eigene Eitelkeit "ich kann das besser", mangelnde eigene Ideen... Was ist es?



    Schönbergs (erst später von Rainer Riehn zu Ende geführte) Bearbeitung des Liedes von der Erde ist ja für den Wiener "Verein für musikalische Privataufführungen" angefertigt worden, der zentrale Werke der zeitgenössischen Musik aufführen und bekanntmachen wollte - dafür aber nur geringe materielle Ressourcen und kein großes Orchester zur Verfügung hatte. Insofern ist diese Bearbeitung einerseits aus der reinen Not geboren worden. Andererseits ging es aber auch darum, die (nach Ansicht Schönbergs) besonders progressiven Züge Mahlers im Sinne der Zweiten Wiener Schule durch die Konzentration auf die "Struktur", ohne den Ballast des großen spätromantischen Orchesters hörbar zu machen.


    Übrigens gibt es nicht nur zum Lied von der Erde einen Thread, sondern auch zur Schönberg/Riehn-Bearbeitung (u.a. mit einem fundierten Beitrag von C. Huth). Ich verzichte hier mal auf die Verlinkung, sonst gibt's wieder was auf die Mütze :D.


    Grundsätzlich sehe ich für die im Threadtitel genannte "Bearbeitungswut" nicht nur Gründe wie Eitelkeit, mangelndes eigenes Können etc., sondern auch Positiveres: Versuche, Werke in bestimmten Kontexten bekannter zu machen, sie zu "aktualisieren" (Vorsicht: Parallelen zur allfälligen Regietheaterdiskussion) etc. Außerdem muss man sicherlich historisch differenzieren: die (etwas anders geartete) barocke "Bearbeitungswut" kannte schließlich auch keine Grenzen, ist aber natürlich anders zu bewerten.



    Viele Grüße


    Bernd

  • ...und dann haben wir ja noch die, die meinen (berechtigt oder unberechtigt), das Repertoire für ihr Soloinstrument sei zu schmal. Eine Sache, der ich eher distanziert gegenüber stehe, aber offenbar hat es ja Epochen der Musikgeschichte gegeben, in der das die normalste Sache der Welt war.


    Um aber auch mal was Konkretes in die Runde zu werfen:
    Das a-moll Cellokonzert von Dvorak, hier überzeugt mich das Original viel mehr...


    Oder auch das Cellokonzert von Elgar op. 85. Hier kannte ich zuerst die Fassung für Bratsche, aber selbst das hat ihr gegen die Originalfassung nicht geholfen.
    Aber ich glaube, in Sachen "Bearbeitungswut" bin ich nicht objektiv.


    :hello:
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Muss man da auch die Bearbeitungen nenen, die die Komponisten selber angefertigt haben?
    Beispiel: Prokofjew Flötensonate/2.Violinsonate. Original wurde auf Anregung von Oistrach umgeschrieben. Die Änderungen sind allerdings marginal.
    Oder Cesar Franck Cello-/Violinsonate.
    Und wie ist das eigentlich mit Beethoven Violin-/Klavierkonzert, das taucht ja nicht in seiner offiziellen Zählung der Klavierkonzerte auf.
    Sicher ist fehlende Besetzung öfter der Grund für Änderungen gewesen. Andererseits: Hat sich der Komponist nicht eventuell etwas bei seiner Komposition gedacht?
    Und den Mussorgski können wir als Bearbeitung wegen fehlender Besetzung wohl streichen ;)

  • Hallo Reinhard,

    Zitat

    Das a-moll Cellokonzert von Dvorak, hier überzeugt mich das Original viel mehr...


    Äh, welches Orginal meinst Du?
    Das in A-Dur für Cello und Klavier oder das bekannte in h-moll ?


    Hallo Tomcom,

    Zitat

    Oder Cesar Franck Cello-/Violinsonate.


    es ist mir gänzlich neu, daß Franck seine Violinsonate selber für Cello bearbeitet hat.
    Diese Sonate war wohl erst für Cello gedacht, das kann hinkommen.


    Zitat

    Und den Mussorgski können wir als Bearbeitung wegen fehlender Besetzung wohl streichen


    Wir können trotzdem bei Mussorgski bleiben, denn da gibt es die Fassungen der "Nacht auf dem kahlen Berge" und des "Boris Godunow" von Rimski Korssakow sowie die Fassung des "Boris" von Schostakowitsch.
    Von Schostakowitsch gibt es auch eine Instrumentation der "Lieder und Tänze des Tode" von Mussorgski und eine "neu" - Orchestration des Schumann-Cellokonzertes.


    Nochmal @ Reinhard:

    Zitat

    das Repertoire für ihr Soloinstrument sei zu schmal. Eine Sache, der ich eher distanziert gegenüber stehe


    Ich nicht.
    Vor Jahren schon habe ich mit Erlaubnis von George Korngold, dem Sohn von E.W. Korngold, dessen "Viel Lärm um nichts-Suite" für Cello eingerichtet.
    Das "Orginal" für Violine ist selber schon eine Bearbeitung des Komponisten von seiner Orchestersuite.


    In dieser Orchestersuite werden alle großen Soli vom Cello vorgetragen, nicht von der Violine, und deshalb finde ich, daß es legtim ist, eine solche Bearbeitung vorzunehmen.
    Ich bin da auch gar nicht der einzige Cellist, der dies gemacht hat und Korngold selber hat dieses Werk auch mit Cello aufgeführt.
    Es gibt ansonsten neben dem Cellokonzert halt nichts von Korngold für Cello, abgesehen von einem kurzen "Romance Impromptu" ,und da heißt es dann "selber Hand anlegen" .

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  • Die "Viel Lärm um nichts" Suite habe ich gerade im September spielen dürfen - ein wirklich schönes Stück.
    Natürlich ist Cesar Franck wohl erst für Cello gewesen. Aber es ist interessant, dass einige Stellen auf dem Cello besser klingen und einige auf der Geige. Und immer noch streiten sich die Leute, was zuerst da war.Wie auch immer - er war das selber.
    Bei Prokofjew stehts ja fest, dass die Flötenversion zuerst da war.
    Warum aber hat Beethoven das Konzert umgeschrieben, weiss das jemand?
    Und mit "Mussorgski" meinte ich natürlich in diesem Fall die Bilder.


    Nebenbei: Gibt es eigentlich eine Liste mit den am meisten "bearbeiteten" Komponisten? Da müssen wohl Bach und Co aufgrund der Üblichkeit dieser Zeit wegfallen.
    Und Bearbeitungen wegen fehlenden Materials für einzelne Instrumente - das ist doch ein riesiges eigenes Thema mit vielen Kuriositäten (z.B. Paganini-Konzerte für Kontrabass) und sollte deshalb vielleicht ebenfalls nicht in diesen Thread. Sonst schreiben wir uns daran garantiert die Finger wund.


    Zum Bartwickel-Thema:
    Wie wärs mit "Tod durch Erkältung"? ;)


    Thomas

  • Hallo Tomcom,

    Zitat

    Wie wärs mit "Tod durch Erkältung"?


    Ich bevorzuge da die Variante, die sich gegen den Dirigenten richtet:


    "Tod durch Erklärung"
    dann gibt es auch noch "Tod durch Verkühlung" u.ä.
    ;)


    Zitat

    Und mit "Mussorgski" meinte ich natürlich in diesem Fall die Bilder


    Natürlich, aber das Glattbügeln durch Rimski-Korssakow wollte ich auch einbringen.
    Zum Franck:

    Zitat

    Wie auch immer - er war das selber.


    Mir ist es nach wie vor absolut neu, daß es eine offizielle Ausgabe von Franck gibt, aber egal, wir meinen wohl dasselbe.


    Michael

  • Ein Aspekt, der hier noch nicht angesprochen wurde, ist die Instrumentation von Klavierliedern durch die Komponisten selbst oder andere. Leider bin ich in dem Gebiet nicht sehr bewandert, aber die verschiedenen Welten etwa des "Erlkönig", die sich zwischen der Klavierfassung Schuberts und den Instrumentationen durch Max Reger oder gar Hector Berlioz auftun, wären bestimmt auch eine eingehendere Diskussion wert.



    :hello: Rideamus

  • So etwas hatten wir gerade im Konzert. Szymanowskis eigene Bearbeitung seiner Lieder.
    Und weil gerade der Erlkönig dran war - da gibt es diese unsäglich schwere Bearbeitung für Solovioline von H.W.Ernst - ein sehr interessanter und wenig bekannter Zeitgenosse von Paganini. Bei Gelegenheit werde ich wohl mal eine kleine Vorstellung machen.


    Thomas

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  • Hallo,
    der Ernst ist sicher eine Bearbeitung, aber wenn ein Komponist seine eigenen Werke orchestriert, dann, so finde ich, hat das einen anderen Stellenwert.
    Wo wir schon bei Korngold waren, bei ihm gibt es auch Orchestrationen von Klavierliedern, z.B. den "Liedern des Abschieds" .


    Zitat

    Die "Viel Lärm um nichts" Suite habe ich gerade im September spielen dürfen - ein wirklich schönes Stück


    Interessant!
    Die Orchester oder die Violin-Fassung?


    Michael

  • Danke,
    bald ist ja Korngolds 50.Todestag und ich habe auch soeben vier mal die "Viel Lärm um nichts" -Suite aufgeführt.
    Ich lasse nur die Pizzicati am Anfang weg, da diese m.e. mit Cello und Klavier zu tief liegen und deshalb nicht adäquat klingen.
    Ansonsten ist der 2.Teil der "Gartenszene" m.e. mit Cello nicht so überzeugend hinzubekommen, aber diesen Abstrich mache ich gerne, denn der Rest funktioniert wunderbar.
    Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Äh, welches Orginal meinst Du?
    Das in A-Dur für Cello und Klavier oder das bekannte in h-moll ?


    Das in A-dur natürlich. :O

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Lieber Reinhard,

    Zitat

    Das in A-dur natürlich.


    Dachte ich mir natürlich.
    Also stört Dich die Orchestration des A-Dur Konzertes?
    Ich kann das nachvollziehen, da es immer schwierig sein kann, etwas gewohntes und geliebtes plötzlich in einer ungewohnten "Umgebung" zu erleben.
    Ich kenne die Orchestration des A-Dur Konzertes nicht, es ist sicher ein lobenswerter Versuch, aber ich habe mich von Anfang an aus mir selber nicht ganz klaren Gründen nicht dafür interessiert.


    Mir fällt dazu spontan nur ein Beispiel ein:


    Von Prokofjew gibt es außer dem Cellokonzert op.58 noch das Sinfonische Konzert op. 125 sowie das Concertino op. 132.


    Alle diese drei Konzertwerke beinhalten zu größeren Teilen dasselbe musikalische Material.
    Da hat Prokofjew selber sein nicht sonderlich erfolgreiches Cellokonzert op.58 mehrfach umgearbeitet.
    Allerdings konnte Prokofjew die Orchestration des Concertinos nicht mehr erstellen, da er vorher das Zeitliche segnete.


    Die Orchestration des Concertino übernahm dann Kabalewski.
    Ich schätze Kabalewski, aber das Concertino ist durch die Orchestration m.e. ein eigenartiger "Zwitter" geworden.
    Die Musik ist immer noch irgendwie Prokofjew, aber sie klingt auch irgendwie wie Kabalewski.


    Da ist mir die Klavierversion dieses Werkes bei weitem lieber.


    Das heißt natürlich nicht, daß ich grundsätzlich gegen Nachorchestrierungen oder Bearbeitungen bin.
    Ganz im Gegenteil, aber Ausnahmen gibt es natürlich auch zahlreiche.


    :hello:
    Michael

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