Musik am Habsburger Hof

  • Jetzt geht es um die Musik für die Kaiser von Österreich in der Barockepoche,
    gemeint sind die Kaiser Leopold I. Joseph I. und Karl VI.
    Auch wenn die eigentliche politische Macht des Kaiser nicht vorhanden war (er musste bei den deutschen Fürsten betteln um Unterstützung zu bekommen) so wurde in Sachen Kunst und Kultur umso mehr unternommen.
    Leopold I. war ein talentierter Komponist und ein begeisterter Musikkenner. Er tanzte (wie damals allgemein üblich) Ballett und als Tänzer ließ er sich auch Porträtieren.
    Als Erzfeind Louis XIV wollte er auf gar keinen Fall irgendeine Vorliebe mit seinem verhassten Cousin teilen ( das Menuett wurde nicht getanzt). Während alle bedeutenden Höfe Europas die Hofhaltung und die Musik des Sonnenkönigs kopierten, so orientirte man sich in Wien lieber an Italien. Italienisch war Hofsprache und auch die Kapellmeister und führenden Musiker wurden aus Italien importiert.
    Natürlich erschwerten die Türkenkriege das kulturelle Leben und der Kaiser musste mehr als einmal Wien verlassen.
    Das bedeutenste Ereignis war die Hochzeit Leopold I., gefeiert mit einem pompösen Pferdeballett und der Prunkoper "Il Pomo d'Oro" von Cesti (man beachte das Cesti Thema).
    Giovanni Valentini war Hofkapellmeister, aber noch andere berühmte Komponisten waren am kaiserlichen Hof anzutreffen: Johann Heinrich Schmelzer von Ehrenruef - der Ballettkomponist, Antonio Bertali, Giovanni Priuli und Johann Joseph Fux. Fux und Schmelzer waren übrigens die ersten Nichtitaliener, die das Amt des Kapellmeisters inne hatten. Mit Fux hielt auch endlich die frz. Hofmusik ihren Einzug in Wien.
    Antonio Caldara komponierte Opern und Oratorien weiterhin im italienischen Stil. Die Zahl der am Habsburger Hof angestellten Musiker ist ähnlich Umfangreich wie am Bourbonenhof.
    Natürlich schätzte man auch sehr H.I.F. von Biber in Wien, er war zuerst angestellt in Kremsier, dann beim Fürsterzbischof zu Salzburg.


    Einige Einspielungen die man gehört haben sollte:


    Music at the Habsburg Court (Schmelzer / Fux)
    Concentus Musicus Wien / Harnoncourt
    Teldec (alt aber immer noch gut)


    Johann Heinrich Schmelzer von Ehrenruef:


    -Sonate e Balletti
    Musica Fiata / Wilson
    CPO


    -Sonatas - Balletti francesi - Ciaconna
    Tafelmusik / Lamon
    Sony


    -Violinsonatas
    Romanesca
    HMF


    -La Margarita
    Musique pour la Cour à Viene & Prague
    Armonico Tributo Austria / Duftschmid


    Antonio Bertali
    Sonate Festive
    Musica Fiata / Wilson
    CPO


    Venetian Music at the Habsburg Court
    Musica Fiata / Wilson
    DHM Baroque Esprit


    Sonata pro Tabula
    (Biber / Schmelzer / Valentini / Pezel)
    Musica Antiqua Köln / Goebel
    DHM


    Antonio Caldara - Maddalen ai piedi di Christo (Oratorium)
    Orchestre de la Schola Cantorum Basiliensis / Jacobs
    HMF


    Johann Joseph Fux


    - Sonate e Sinfonie
    Capella Agostino Steffani / Rovatkay


    -Concentus Musico Instrumentalis I
    Armonico Tributo Austria / Duftschmid


    ebenfalls noch zu empfehlen, wenn auch nicht 100% passend:


    Chaconne (Lully / Purcell / Muffat / Marini / Corelli / Mayr / Pezel)
    Musica Antiqua Köln / Goebel
    DG Archiv




    Das Thema soll aber nicht unbedingt auf das 17. Jh. beschränkt bleiben... :hello:

  • Servus,


    zum Thema Bertali gibt's seit ein paar Monaten erfreuliche Neuzugänge in der Diskographie.


    Da wäre zum einen eine Rekostruktion der Feierlichkeiten zur Krönung von Leopold I im Jahre 1658, die neben einigen kleineren Werken anderer Komponisten die Missa Sancti spiritus sowie mehrere groß besetzte Stücke aus Bertalis Feder enthält. Das Johann Rosenmüller Ensemble unter Arno Paduch bietet alles, was das Herz begehrt: Klangpracht, Abwechslungsreichtum im Ausdruck, lebendiges und mitreißendes Musizieren etc... kurzum eine tolle Aufnahme!





    Nicht ganz so gut gelungen, ist dagegen eine CD mit dem Titel "Easter Sunday in Imperial Vienna 1666", die Missa Resurrectionis nebst einigen Instrumentalstücken von Bertali enthält.


    Die Yale Collegium Players können hier durchaus noch gefallen, mit Abstrichen auch noch die Blechbläser des Spiritus Collective, wobei sich bei letzterem die beiden Zinkenisten durch unsauberes und wenig klangschönes Spiel unrühmlich hervortun.


    Ganz daneben sind aber die Solosänger, denen jegliches Gefühl für diese Musik abgeht. Der Countertenor gehört zu der Sorte, die man nicht freiwillig ein zweites Mal hören möchte. Es wird hemmungslos durchvibriert ( :hello: hildebrandt), aber auch nicht von allen. Homogenität in Ensembles - und das sind die meisten Teile - gibt es nicht.


    Insgesamt fehlt es der Aufnahme auch etwas an Lebendigkeit, obwohl es ein live-Mitschnitt ist (bzw. aus drei Konzerten zusammengestückelt). Es fehlt auch in weiten Teilen das Herausarbeiten musikalischer Details, das Formen von Spannungsbögen und -linien, das Setzen von Zielpunkten, usw.


    Auf der Habenseite steht freilich die Verfügbarmachung einer weiteren Festmesse Bertalis auf Tonträger. Das allein ist schon höchst löblich. :yes:





    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Guten Abend


    diese Musik ist eindeutig den Habsburger zuzuordnen :hahahaha:



    Geistliche Werke von Ferdinand III., Joseph I. u. Leopold I.



    Aber auch diese




    und diese



    Scheibe ist Habsburger Kaisern gewidmet.


    Erste den Kaisern Ferdinand II. + Ferdinand III


    Letztere dem Kaiser Karl VI.


    Greuß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    ein weiterer Komponist der Musik für den Habsburger Hof schrieb war Giovanni Valentini. Geboren um 1582 war Valentini mit Monteverdi ud Schütz bekannt, 1614 trat der in die Hofkapelle des Erzherzoges Fredinand von der Steiermark ein, übersiedelte dann 1619, als sein Herr als habsburgischer Kaiser Fredinand II. gekrönt wurde, mit ihm nach Wien um. 1626 übernahm der das Amt des Hofkapellmeisters am habsburgischen Kaierhof, das er auch nach dem Tod Ferdinand II. bei seinem Nachfolger Ferdinand III. weiterhin innehatte. Hochgeehrt und wohlhabend starb Valentini 1649 in seinem Haus nahe der Hofburg.


    Eine gelungene Einspielung von Werken Valentinis ist auf dieser



    CD "In bel giardino" mit dem Orlando di lasso Ensemble und dem Freiburger BarockConsort


    zu hören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Antonio Bertali wurde um 1624 an den Habsburger Hof nach Wien verpflichtet und machte in der dortigen Hofkapelle eine steile Karriere. 1649 übernahm er die Nachfolge als Hofkapellmeister von Giovanni Valentini. Er diente drei Habsburger Kaisern, Ferdinand II., Fredinand III. und Leopold I.
    1641 wurde Bertali von Ferdinand III. mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, 16543 wurde er in den Adelsstand erhoben.
    Grund zwei Sonaten mit dem Titel "Tausend Gülden" zu komponieren :hahahaha:


    12 Violinsonaten sind auf dieser



    ausgezeichneten CD mit dem Freiburger Barockorchester Consort eingespielt.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Guten Abend


    Zitat

    Original von der Lullist


    Giovanni Valentini war Hofkapellmeister, aber noch andere berühmte Komponisten waren am kaiserlichen Hof anzutreffen: Johann Heinrich Schmelzer von Ehrenruef - der Ballettkomponist, Antonio Bertali, Giovanni Priuli und Johann Joseph Fux.


    Nicht vergessen in dieser Reihe darf man Giovanni Fellice Sances, er übernahm 1669 die Führung der Wiener Hofkapelle an der er schon seit 1636 tätig war. Sances komponierte neben verschiedesten geitlichen Werken umfangreiche weltliche Kompositionen bis hin zu Bühnenwerken. Allerdings konnte Sances aufgrund seines hohen Alters nicht mehr allen Obliegenheiten als Hofkapellmeister nachkommen, so dass ihm sein Nachfolger J.H. Schmelzer zur Hand gehen musste. Wegen den schwierigen finanziellen Verhältnissen am Wiener Hof bat Sances Kaiser Leopold I -dessen Hofkapelle zeitweise nicht weniger als 50 Instrumentalisten und 40 Sänger (!) umfasste- um Gehaltsaufbesserung: " Wolhte Ihme, wegen sein, wie auch seines weibs, und Khündter, Erlichen villfeltigen Khrankheiten, und allerhandt Zueständt, Zuegestandten miesfall, auch auf der vergangenen Prager und Regenpurger Rays, aufgewendte grossen uncosten" um 300 Gulden, damit "seiner gegenwerdigen noth in Etwas abhelffen möge". Sances starb 1679.
    Seinen Nachfolger Schmelzer raffte die Pest, wie Tausende anderer Menschen, nach nur einem halben Jahr Amtszeit 1680 dahin.



    Zitat

    Einige Einspielungen die man gehört haben sollte:


    Diese neuen Einspielung



    enthält mehr oder weniger bekannte geistliche Volkalmusik (Mariengesänge) sowie Instrumentalmusik von Sances, Schmelzer, Fux, Ziani, Bertali, Anonymus und Leopold I.; vom Ricercar Consort und Carlos Mena interpretiert.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Morgen


    einen Eindruck wie eine Vesper in Wien zur Zeit Ferdinand II. geklungen haben kann vermittelt diese



    Einspielung "A dulcis amor Jesu - Vespern am Wiener Hof" mit der La Capella Ducale und der Musica Fiata. Sie enthält Psalmvertonungen, ein Magnificat sowie Vokal- und Instrumentalsonaten von G. Valentini ud G. Priuli.
    Trotz den Wirren des 30-jährigen Krieges und der damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten wurde in Ferdinand II. Regentschaft seine Hofkapelle fortlaufend auf bis zu 75 Musiker vergrößert. Ferdinands Hofkapelle war, was Qualität und Quantität anbetraf, konkurrenzlos. In Wien fanden fast tagtäglich Aufführungen geistlicher Musik in den vielen Kirchen und Kapellen statt. Fredinand II. -von Jesuiten erzogen- besuchte gerne mit seinen Hofmusikern diese Gottesdienste mit ihren grandiosen Musikaufführungen.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Bitte Ferdinand III. nicht zu vergessen,


    4 Kaiser died Komponisten waren, das soll uns eine andere Republik nachmachen,


    ja der Preußenkönig Friedrich II. komponierte Flötenkonzerte, den darf man nicht vergessen,


    aber für eine Republik haben wir schon Enormes auf Lager.


    Wir haben ja auch ein Kaiserin - Begräbnis, am 1.4.1989, wurde die letzte österreichische Kaiserin und ungarische Königin, im Wiener Stephansdom,


    vom damaligen Dr.Kardinal Hans Hermann Groer mit dem Mozart Requiem eingesegnet,


    und dann im Kondukt durch die Wiener Innenstadt, zur Kapuzinergruft geleitet,
    wo sie der frühere, und sehr beliebte, Dr. Kardinal Franz König, einsegnete.


    Auch für eine Republik etwas Besonderes.


    Liebe Grüße aus dem sonnigen Wien sendet Euch Peter

  • Zitat

    4 Kaiser die Komponisten waren, das soll uns eine andere Republik nachmachen,


    na ja eine Republik bestimmt nicht :D



    aber Frankreich kann ohne Probleme mithalten - Könige die auch als Komponisten tätig waren:



    Francois I.
    Henri II
    Henri III
    Henri IV
    Louis XIII
    Louis XIV
    Louis XV




    im Mittelater dürfte ohnehin fast jeder Fürst musikalisch tätig gewesen sein, das gehörte zur Bildung.



    aber auch England (Henry VIII / Elisabeth I. / Charles I. ) sollte man nicht vergessen.
    Komponierende bzw. musikalisch sehr begabte Fürsten sind in dem Sinn nichts ungewöhnliches, aber leider ist meist nicht viel erhalten - Louis XIV z.B. vernichtete viele seiner Werke kurz vor seinem Tod.
    Von seinem Vater Louis XIII ist jedoch einiges erhalten, ein ganzes Ballet (Ballet de la Merlaison) viel Kirchenmusik und Chansons.


    :hello:

  • diese nette Doppel CD von CPO nenne ich seit Kurzem mein Eigen:




    Vienna 1700 - Baroque Musik from Austria
    Armonico Tributo Austria / Duftschmid



    über die musikalische Ausführung will ich nicht so viele Worte verlieren, der Savall Schüler ist mitlerweile eine Garant für faszinierende Barockaufnahmen - und diese hier gehört ganz sicher dazu.



    Das Programm ist recht außergewöhnlich aber hochinteressant:



    Die Aufnahme beginnt mit dem bekannten Volkslied "Oh Du lieber Augustin" sehr schön und Wienerisch gesungen.


    Darauf folgt die recht bekannte "Battalia" von Johan Kaspar Kerll


    Den größten Teil nehmen jedoch Kompositionen von Johann Joseph Fux ein, die hier auch zum ersten Male überhaupt aufgenommen wurden:
    ein prächtiges Te Deum K27 mit Trompeten und Pauken
    ein Stabat Mater K268
    und die Litaniae Sancta Maria K121
    sowie ein Magnificat K98


    Aber auch die beiden bekanntesten Komponisten des Süddeutschen Raums sind hier vertreten:
    Heinrich Ignaz Franz von Biber mit der "Pauernkirchfahrt" und der "Battalia"
    Und Johann Heinrich Schmelzer mit den Stücken "Gegrüßt seist Du" und einer Sonata die als "Polnische Sackpfeiffen" bezeichnet wird.


    Dazu kommen noch 3 gregorianische Choräle (Magnificat / Ave Maria / Salve Regina)



    Das ganze Programm macht erst Sinn wenn man die zeitlichen Umstände kennt und begreift, was das alles mit sich bringt.
    Sicher, es gibt den glänzenden Hof Leopold I., aber eben auch die Pest und später der Türkenkrieg.


    Vor allem der Gedanke an die Pest und die damit verbunden Schrecken werden bei diesen Musiken wachgerufen, aber auch an den Krieg.
    Die strahlend festliche Kirchenmusik von Fux steht im krassen Kontrast zu den gregorianischen Chorälen, bzw, zu seinen eigenen verhaltenen Werken.


    Ein wunderbar erschreckendes musikalisches Bilderbuch dieser Zeit.


    Vor allem zeigt es aber noch einmal mehr, was der Kapellmeister Fux noch alles zu bieten hat - einfach großartig, diese Entdeckungen

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • durch Zufall eine ganz wunderbare Aufnahme entdeckt:




    Barockmusik an europäischen Fürstenhöfen
    Bläserensemble des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters





    ACHTUNG, diese Aufnahme ist eine ältere LP, die es bei Amazon als digitalen Download gibt (für ca. 10 Euro kann man das ganze Album als MP3 downloaden)



    Die Interpretation ist überraschend frisch und macht wirklich laune - zumal hier nur Pomp geboten wird :D


    Wer auf barocke Pracht mit Pauken und Trompeten abfährt, ist hiermit bestens bedient.
    Es gibt auch hübsche Werke für Oboenensemble.


    Und hier die Traklist (das Repertoire ist außergewöhnlich, vieles in keiner alternativen Einspielung zu finden.)



    I: Balletto a Cavallo (J.H. Schmelzer)
    3 Trompetensätze für das Balletto in Cestis Prunkoper "Il pomo d'oro"


    II: Balletti a 4 (J.H. Schmelzer)
    4 Ballettsätze von Schmelzer


    III: Suite de Ballet (Leopold I.)
    Intrada - Minuetto ! - Bourree - Sarabande - Terza


    IV: 3 Trompeten Duette (H.I.F. von Biber)


    V: Trombet undt musikalischer Taffeldienst (H.I.F. von Biber)


    VI: La Flora (Joseph I.)


    VII: Reiterfanfare (J. D. Zelenka)


    VIII: 3 Krönungsfanfaren für Maria Theresia (G.I. Linek)


    IX: Trompetenmusik zu einem Schauspiel zu Roß (Anon.)


    X: Marche du Regiment de Turenne (J.B. Lully)
    die Melodie kennt man auch als Bizets "L'Arlesienne)


    XI: Prelude de Te Deum (M.A. Charpentier)


    XII: Marche a quattre Timbales (Philidor)


    XIII: Rondeau (J.J. Mouret)


    XIV: Fünfstimmige blasende Intrada (J. Pezel)
    3 Sätze


    XV: Grund- richtiger Unterricht - Sonata für 3 Posaunen (D. Speer)


    XVI: Neugebachene Taffel Schnitz Aufzug für 6 Trompeten (D. Speer)


    XVII: Music for Queen Mary (H. Purcell)
    Marche - Canzone - Marche


    XVIII: Wassermusik (G.F. Händel)
    Allegro - Air - Adagio - Menuett - Bourree - Hornpipe




    Das Gewicht liegt natürlich auf den Musikstücken die für den Habsburger Hof entstanden.
    Vor allem überraschen die Kompositionen von Leopold.
    Es wäre mal an der Zeit auch seine weltlichen Kompositionen wie eben diese Balletti und auch Opernarien aufzunehmen.


    Eine faszinierende und ungemein pompöse Aufnahme - gefällt mir sehr :yes:

  • Guten Tag


    auf dieser



    " Ich will in Frieden fahren - Geistliche Musik "


    ist von Kaiser Ferdinand III. der kurze Hymus "Jesu Corona Virginum"
    mit Franz Vitzthum (Countenor) und dem Ensemble Les Escapades eingespielt.
    Ferdinand III. förderte bekanntlich das Musikleben Wiens, komponierte selbst Kirchenmusik und eine Oper.
    Sein Werke sind in venezianischen Musikstil gehalten.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Die Zeit vergeht: Eineindhalb Jahre ruht dieser Thread über österreichische Barockkomponisten nun schon.
    Ich habe mich in letzter Zeit ein wenig mit Schmelzer und Biber befasst. Bei dieser Gelegenheit stieß ich auf diesen Thread.
    Inzwischen sind auch einige Perlen vom Markt verschwunden, teilweise aber (in leider nicht ädiquater Aufmachung)
    wieder ins Programm genommen worden, was es nun auch allen ermöglicht sie kennenzulernen, ohne ein allzu großes
    Risiko einzugehen.
    Eine dieser Wiederveröffentlichungen findet man unten abgebildet. (original aus 1969)
    Sie zeichnet sich durch Virtuosität, effektvolle Instrumentierung und barocke Lebensfreude aus.
    Auch die Aufnahmetechnik kann sich hören lassen.....



    Der um 1623 in Scheibbs geborenene Johann Heinrich Schmelzer kann in gewisser Weise als Wegbereiter und Vorläufer von Biber gesehen werden. Gelegentlich wird vermutet, dieser sei sein Schüler gewesen, was aber nicht belegt werden konnte.
    Er war einer der berühmtesten Komponisten seiner Zeit, und als Violonist genoss er einen geradezu legendären Ruf in ganz Europa.
    Er war zuerst Mitglied der kaiserlichen Hofkapelle, dann Vizekapellmeister und letztlich Hofkapellmeister.
    1673 wurde Schmelzer von Kaiser Leopold I, in dessen Diensten er stand, in den Adelsstand erhoben, Schmelzer durfte von da an den Zusatz "von Ehrenruef" in seinem Namen führen.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Leopold I. (1640-1705)


    Il Lutto dell’Universo
    Die Trauer des Weltalls


    Oratorium - Heilige Handlung für das Grab des Herrn,
    italienisch gesungen


    Libretto von Francesco Sbarra,
    Deutsche Version von Richard Bletschacher
    Uraufführung am 29.03.1668, Wiener Neustadt


    Charaktere:
    Die Göttliche Barmherzigkeit -
    Die Göttliche Gerechtigkeit -
    Das Element des Feuers -
    Das Element der Luft -
    Das Element des Wassers -
    Das Element der Erde -
    Die Menschliche Natur -
    Der Heilige Petrus -
    Der Heilige Johannes -
    Die „Seligste Jungfrau“ -



    INHALTSANGABE


    Die Welt ist böse und hat Jesus von Nazareth ans Kreuz geschlagen. Gewissensbisse haben die vier Elemente, weil sie unfreiwillig zu Mittätern bei einer schweren Straftat herangezogen wurden.


    Zuerst beklagt sich das Wasser aus dem Jordan. Einst hatte es dem Erlöser den lichtbringenden Scheitel benetzt und seine Hände, die nie nachlassen wollten, göttliche Gnade zu spenden, gekühlt. Nun wird es gezwungen, dem ruchlosen Juda die unreinen Füße zu waschen.


    Die Erde, die einst als Werkstoff dem höchsten Meister diente die Wohnstatt der Menschen zu schaffen, soll nun das Blut vermischt mit Schweiß der lieblichen Sonne trinken, die im Kampf mit der Hölle den Sieg davongetragen hat.


    Das Feuer, welches als Säule in der Wüste den Menschen bei Nacht den Weg gewiesen hat, will dem wilden Volk nicht länger leuchten, welches in Hochmut daherkommt, um einen Gott zum Tode zu schleppen.


    Die Luft fühlt sich genötigt, das Schreien, Toben, Hohnlachen und Schmähen in alle Himmelsrichtungen davonzutragen, was nicht ihrer Berufung entspricht. Sie ist in erster Linie zum Einatmen gedacht.


    Die vier Elemente entrüsten sich, was das Zeug hält! Die Schuld befindet sich in Freiheit und die Unschuld liegt in Fesseln.


    Wieso vergeht die blinde Welt nicht in endlosem Schmerz ob solcher Schandtat, und warum hüllt der Himmel sich nicht in dunkle Schleier und duldet solchen Frevel? Die Krone aus Dornen durchbohrt die göttlichen Schläfen. Die wohltätige Hand hält ein schales Sumpfrohr als Zepter umklammert. Mit scharfer Beobachtungsgabe registrieren die Elemente jedes Detail der schrecklichen Geschehnisse und geben sich gegenseitig ihren Kommentar.


    „Die Menschliche Natur“ stimmt überein, dass Bestrafung der Missetat vonnöten sei und ist der Ansicht, dass die Elemente nicht klagen, sondern handeln sollen. Sie nimmt wahr, dass Sonne und Mond von Schrecken umzingelt werden und der Himmel sich verdüstert. Trauervoll und blutfarben verschwindet der Mond schließlich ganz. Voll unheilbringender Blässe ziehen die Planeten unlustig ihre Bahn. Die erhabene Halle des Himmels erbebt unter der Last fürchterlichen Geschehens. Nun wäre es an der Zeit, dass die Erde aus finsterer Mitte erzittert und die Pole sich entwurzeln sollten. Theoretisch müsste dies der letzte Tag sein für die ruchlose Welt.


    In hellem Schrecken, in düsterem Grausen, in wilder Qual und in bitterem Schmerz friert, seufzt, klagt und stöhnen die Erde, das Feuer, das Wasser und die Luft. „Die Menschliche Natur“ hetzt die Elemente auf nicht länger zu zaudern, sondern hart durchzugreifen, denn Tatenlosigkeit und Milde seien unangebracht. Tatsächlich lassen die Elemente sich mitreißen. Sie wollen verderben, verschlingen, versengen und verschlucken - alles, was sich bewegt.


    Doch nun meldet sich „Die Göttliche Barmherzigkeit“ zu Wort, weil sie sich in ihrer Kompetenz bedroht sieht. Wer hier zu sagen hat, bestimmt nur sie allein. Sie ist der donnernde Richter und wird jeden Arm entwaffnen, der es wagt, Blitze zu streuen. Der ewige Schöpfer will die Welt nicht vernichtet sehen – dafür hat er sie nicht geschaffen - sondern dem Menschengeschlecht, welches sich in Irrsal verfangen hat, Heilung bringen. Die Feuerschlünde der Hölle hatten sich bereits geöffnet und das unschuldige Blut des Himmelssohnes, ergab sich als einziges Mittel, die Übel der Welt zu waschen. Die Elemente sollen zu sich zurückkehren und sich an die zugewiesenen Pflichten erinnern, damit Chaos vermieden wird.


    So gelang es, der „Göttlichen Barmherzigkeit“ Frieden zu stiften und die aufgebrachten Kontrahenten zu beschwichtigen. In der zerbrechlichen Welt befand sich jede Seele in Gefahr, die dem Himmel lieb ist, wäre nicht von ganz oben Gottes einziger Sohn, Rettung bringend, hernieder gekommen. In den Abgrund, in die schlimmste Pein, wäre die Welt gestürzt, wenn nicht die „Ewige Liebe“ sich eingeschaltet hätte und der Menschensohn unmenschlichen Menschen nicht Hilfe gebracht hätte. Die „Göttliche Gerechtigkeit“ ist es zufrieden, dass nun wieder aufgeatmet werden kann und dem Pluto das grässliche Feuermaul gestopft wurde


    Der Heilige Petrus erinnert sich seiner unrühmlichen Vergangenheit und stellt die bange Frage, warum nicht ihn, den sündenbeladenen Mann, damals im nächtlichen Garten der Blitz getroffen, nachdem er den Erlöser dreimal verraten habe. Die beiden göttlichen Attribute schlagen vor, dass er nachträglich weinen soll, dann ist alles wieder in Ordnung gebracht. Was stellen die beiden unzertrennlichen Gefährten Gotte sich nun vor, wie es in der Welt weitergehen soll? Lohn und Strafe soll gleichmäßig verteilt werden. Dabei ist die Reue ein wichtiger Faktor. Auf die Reue folgt die Buße! Wer Gelübde nach oben sendet, wird den Himmel immer offen finden. Die Blume der Verzeihung ist um vieles lieblicher, wenn sie aus Tränen erwächst, sagt die „Göttliche Barmherzigkeit“ und die Blume der Gnade um vieles erquickender, wenn sie von Tränen genährt wird, urteilt die „Göttliche Gerechtigkeit“


    Der Heilige Johannes kommt noch hinzu und trauert, weil er damals davongelaufen sei. Als Lieblingsjünger hätte er den wilden Horden mehr Standfestigkeit entgegenbringen sollen. Die „Allerseligste Jungfrau“ nimmt seine Gewissensbisse nicht besonders wichtig.


    Es musste alles so kommen, wie es gekommen ist, sonst hätte das Heilswerk nicht vollbracht werden können. Vor allem muss das Gemüt sich ändern. Heiterkeit, Freude und Sanftmut, sind die geeigneten Weggefährten des Menschen, damit die Welt weiterhin existieren kann.



    Anmerkungen:


    Was den Ernst und die Tiefe der Inspiration angeht, war seine Kaiserliche Majestät, Leopold I., in seinen Musikwerken den Hofkomponisten überlegen. Unter diesen befand sich kein Geringerer als Antonio Cesti, des Schöpfers der monumentalen Oper „Il pomo d’oro“ und der „Orontea“, das sarkastische Gegenstück.


    Die Chronik berichtet, dass der Komponist Antonio Cesti bei der Uraufführung des Oratoriums die Bassparti des „Elementes der Erde“ gesungen haben soll. Verbürgt sind Aufführungen des Oratoriums an den Karfreitagen vom 23. März 1674 und 27. März 1682 in Anwesenheit der kaiserlichen Familie.


    © 2011 TAMINO - Engelbert

  • Diese CD wird zwar im Eingangspost dieses Threads erwähnt aber nicht im Detail besprochen:


    Das hat sie allerdings eindeutig verdient, denn ich bin schwer beeindruckt von der Scheibe. Viel ist nicht erhalten geblieben vom Werk Antonio Bertalis, der von 1624 bis 1649 in Diensten des Kaisers in Wien stand - praktisch den gesamten 30-jährigen Krieg hindurch. Zu Lebzeiten war Bertali vor allem berühmt für seine Instrumentalmusik und es ist mir auch klar weshalb. Sie ist nämlich ganz hervorragend und - vor allem - vielgestaltig. Auf dieser CD sind repräsantive Kompositionen voller barocker Pracht gepaart mit sehr intimer Kammermusik, wie der wunderbaren Ciaconna für Violine, Cembalo und Theorbe (Basslaute). Auffällig bei zweitem Stück ist, dass das Thema sehr an den berühmten Kanon Pachelberls erinnert. Sehr interessant ist auch die Sonata á 3, welche die irrwitzigste Chromatik aufweist, die ich jemals in einem Barockstück gehört habe. Da sieht selbst JSB blass aus im Vergleich. Kurz und gut: Bertali war ein Genie und für knappe 6 Euro, kann sich das jeder selbst anhören.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Die im vorigen Beitrag gezeigte CD mit festlichen Sonaten war die bislang letzte in diesem Thread, und sie ist zugleich die erste seit 5 Jahren. Anlass ist, daß sie heute bei jpc als "neu im shop" gelistetr ist - das muß sich um eine Wiederauflage handeln - wie si jpc in letzter Zeit immer wieder ins Programm nimmt. Ich bestätig den hohen Stellenwert, der dieser Aufnahme ehier im Thread eingeräumt wurde. Dafür spricht auch, daß ich die gesamte CD in einem durch gehört habe. 78 Minuten Renaissancemusik pur !!

    Der Preis ist nun wieder bei 7.99 Euro.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da gibt doch noch was von Gunar Letzbor, Ars Antiqua Austria (2106): Habsburg Violin Music



    Mit Werken von: Giovanni Buonaventura Viviani (1638-1692), Johann Caspar Teubner (1661-1697), Antonio Bertali (1605-1669), Johann Heinrich Schmelzer (1623-1680), Rupert Ignaz Mayr (1646-1712), Heinrich Ignaz Biber (1644-1704)

  • Johann Joseph Fux (1660-1741) war in Wien einer der bedeutenden Hofkapellmeister. Es erstaunt mich, dass sein Name bisher nicht genannt wurde. (In Beitrag 10 wird auf seine Werke verwiesen.)


    Der kaiserliche Hof der Habsburger ernannte Fux 1698 zum „Hofcompositeur“. Der gebürtige Grazer machte Karriere. Ab 1701 wirkte er als Kapellmeister am Stephansdom. Im Jahr 1712 wurde er Vizehofkapellmeister der Wiener Hofmusikkapelle, nach dem Tod von Marc Antonio Ziani 1715 schließlich Hofkapellmeister, eines der wichtigsten Ämter im europäischen Musikleben der damaligen Zeit. Zugleich wirkte er von 1713 bis 1718 als Hofkapellmeister der Witwe des Kaisers Joseph I, Wilhelmine Amalie.


    Auf dieser Scheibe hört man, dass Fux ein Meister des Kontrapunktes war. Er hatte ein Lehrbuch dazu, Gradum ad Parnassum, verfasst, das bis ins 20. Jahrhundert Beachtung fand. Die Sonata in der seltenen Besetzung für drei Violinen in F-Dur höre ich gerne daraus.



    Eine zweite Aufnahme mit Werken von Johann Joseph Fux steht im Regal. Diese Doppel-CD des Labels cpo mit den gleichen Interpreten wie in der obigen Einspielung, der Neuen Hofkapelle Graz, empfehle ich uneingeschränkt.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928