Restoration - englische Barockmusik nach Sonnenkönig Art

  • Die englische Restorationsepoche wird zwar im allgemeinen als politischer Rückschritt in der Geschichte Englands gewertet, doch in Kultureller Hinsicht war es ein Segen.
    Exkurs: Durch die etwas unglückliche Regierung Charles I. Stuart (auf dessen Hofmusik werde ich in einem gesonderten Thema eingehen) verlor der König seinen Kopf durch die Hand Cromwells, der eine Art Puritanerrepublik ins Leben rief. Für die Kunst eine absolute Katastrophe.
    Von 1649 bis 1660 wurde es düster in England, keine Theater, keine Musik, keine Kunst nur protestantischer Religionswahn :rolleyes:


    Die beiden Söhne von Charles I. (Charles und James) gingen ins Exil nach Frankreich, dort lernten sie die prunkvolle Hofhaltung ihres Vetters
    Louis XIV kennen und dessen Musikmeister Lully.
    Als dann endlich Cromwell das Zeitliche segnete und das Parlament Charles als neuen englischen König ausrief fing eine neue strahlende Epoche für England an, welche ersteinmal im großen Brand von London seinen Anfang nahm. Doch die Stadt wurde wieder aufgebaut, schöner als sie je zuvor war. Charles II. hatte zwar keine solche Bauleidenschaft wie Louis XIV doch in der Hofhaltung und den Ausschweifungen übertraf er wohl jeden anderen Monarchen.
    Dennoch, durch seine freundliche Art, seinen Wohltaten und Reformen wurde er wohl zum beliebtesten König den die Engländer jemals hatten. Rochester schrieb: "Hier liegt ein hübscher, witziger Prinz, auf dessen Wort sich niemand verläßt. Er sagt niemals etwas dummes und tat auch niemals etwas gescheites."
    Charles sagte darauf nur gelassen: "Das ist richtig. Meine Worte stammen von mir selbst, meine Taten von meinen Ministern."
    Man nannte ihn auch "den fröhlichen Monarch".


    Als er 1685 starb war die Trauer groß, denn seinen Bruder James verachtete man. Er war dann auch so dumm und wollte den Katholizismus als Staatsreligion durchsetzten - Revolution!
    1689 verschwand er still und heimlich und floh nach einer Eskapade in Irland entgültig nach Frankreich, die Äre der Stuartkönige war beendet.


    Die Musik dieser aufregenden Epoche ist nicht ganz so spärlich auf dem Markt vertreten wie man denken könnte. (Ich klammere jetzt mal Henry Purcell aus).
    John Blow und Matthew Locke sind wohl die bekanntesten Komponisten dieser Ära.
    Obwohl sich der Musikstil stark am frz. Vorbild orientiert, bleibt die Musik typisch britisch.


    Hier einige Empfehlungen:


    Four and Twenty Fiddlers
    Music for the Restoration Court Violin Band
    The Parley of Instruments Renaissance Violin Band / Holmann
    Hyperion


    The Enchanted Island
    Music for a Restoration Tempest
    Musicians of the Globe / Pickett
    Philipps


    John Blow


    - Venus & Adonis
    New London Consort / Pickett oder die Jacobs Aufnahme
    L'oiseau Lyre bzw. HMF


    -Awake my Lyre
    Domestic Music by John Blow
    The Parley of Instruments / Holmann
    Hyperion



    Charming Strephon (englische Barocklieder)
    A Celebration of the Life and Times of John Wilmot 2nd Earl of Rochester
    The Consort of Musicke


    Pelham Humfrey - Verse Anthems
    Choir of Clare College - Cambridge / Romanesca / McGeegan
    HMF


    Matthew Locke - Psyche
    English Opera in five acts
    New London Consort / Pickett
    L'Oiseau Lyre
    (eine der schönsten Barockopern überhaupt - ein Muss!)

  • der Lullist schrieb:


    Zitat

    Die Musik dieser aufregenden Epoche ist nicht ganz so spärlich auf dem Markt vertreten wie man denken könnte.


    Ja. das mag stimmen, aber auf dem deutschen Markt ist davon eher wenig zu spüren. Humphrey und Blow gelten als Lehrer Purcells und geniessen deshalb wohl auch ausserhalb des englischen Sprachraumes einige Bekanntheit. Hinweisen möchte ich hier noch auf Lockes Vertonung von Teilen des "Tempest", die den Stil jener Epoche, die Verschmelzung von nationalem und "internationalen" Musikgut besonders ohrenfällig kennzeichnet. Insgesamt befürchte ich jedoch, daß dieses "Ghetto" innerhalb des allgemeinen "Barock-Gartens" nur auf bedingtes Interesse stoßen wird, eben eine Sache für "Kenner und Liebhaber"...

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Was man so auf Flohmärkten findet...



    Die bereits vom Lullisten angesprochene Aufnahme der Verse Anthems des Pelham Humfrey unter Nicholas McGegan gefällt mir ausgezeichnet. Das Studium des Booklets verleitet mich zur Theorie, dass britische Barockkomponisten wahrscheinlich deswegen relativ unbekannt geblieben sind, weil sie nicht lange lebten. Zumindest Humfrey schlägt Purcell 28:36 :wacky:


  • Der Empfehlung der Philip Pickett-Aufnahme von Blows Masque "Venus & Adonis"

    möchte ich mich anschließen und dabei insbesondere die Rollengestaltung der Venus durch Catherine Bott sowie den herrlichen Chorgesang hervorheben (den in dieser Aufnahme Sänger der Westminster Abbey School beisteuern).


    Eine weitere schöne Aufnahme (mit Nancy Argenta, Lynne Dawson und Stephen Varcoe) hat Charles Medlam vorgelegt

    und dann gibt es neben dem bereits erwähnten René Jacobs

    auch noch weitere Einspielungen dieser sehr hörenswerten Masque

    so dass man der CD-Industrie in diesem Fall wirklich keinen Vorwurf machen kann, das Repertoire des 17. Jahrhunderts sträflich zu vernachlässigen.