Wilhelm Hesch - ein Unikum im Baßfach

  • Liebe Taminos,


    wer hört heute noch Wilhelm Hesch? Berühmt für seine sonore Fülle bei paralleler Agilität der Stimme, berüchtigt für Eigenheiten und unsaubere Intonation.




    Der1860 in Böhmen geborene Sänger (der schon 1908 bei Wien verstarb) war zu seiner Zeit ein Star in Wien, Salzburg, Hamburg. Beeindruckend sind die Aufnahmen von Osmin, Sarastro oder Brogni noch heute, auch wenn Wackler auf dem tiefen D (könnte auch ein technisches Problem der Aufnahme sein) oder manche etwas rauhe Passage stören. Die Eindringlichkeit aber, mit der Hesch seinen Figuren ein Gesicht gibt, ist nach wie vor fesselnd.


    Wie beurteilt Ihr Wilhelm Heschs Aufnahmen?


    LG,


    Christian

  • Lieber Christian,


    diesmal hast Du Dir in Deiner Reihe einen Sänger ausgesucht, von dem ich kaum anzunehmen wagte, daß ihn noch jemand kennt. Ich selbst kenne die Stimme nur aus wenigen, immerhin über 100 Jahre alten Hörproben, aber der Name weckt in mir Erinnerungen an meine böhmische Heimat. Meine Großmutter besaß seinerzeit (vor dem 1. Weltkrieg) eine einzige Schellack-Platte: Kezals Lied aus der "Verkauften Braut" mit Wilhelm Hesch. Leider hat die Platte Flucht und Vertreibung nicht überstanden. Es blieben nur mündliche Überlieferungen.


    Hesch war in seiner Wiener Zeit übrigens eng mit Gustav Mahler (der ja auch aus Mähren stammt) befreundet. Bei Preiser gibt schon seit einigen Jahren in der Serie "Lebendige Vergangenheit" eine CD mit Arien:



    Da ist auch sein Paradestück, der "Kezal" drauf.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe :( e in e Aufnahme mit Hesch: Schuberts "Der Kreuzzug", wo er seine Stimme frei strömen läßt.


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Die tiefste Männerstimme kann mich meist nicht auf Anhieb begeistern, aber Wilhelm Hesch war einer der wenigen Bässe, die mich dazu gebracht haben, mir ein Musik-Lexikon zu schnappen und mich über Werdegang und Karriere zu informieren, als ich seine Aufnahme von
    "O sieh, auf wilden Meereswogen" aus "Die Stumme von Portici" gehört habe.


    Mehr als in den wenigen anderen Aufnahmen, die ich von ihm kenne
    (u.a. aus "La Juive"), haben mich hier die Stimmführung, die an alte Belcanto-Zeiten erinnert und die Agilität der Stimme beeindruckt.


    :hello: Petra

  • Liebe Petra,


    Du hast recht. Von den wenigen Aufnahmen, die ich von Hesch habe, ist die Arie aus La muette tatsächlich die sängerisch beeindruckendste; vor allem muß er seinen Baßton nicht wesentlich "verschlanken", um agil zu bleiben - das ist ziemlich einzigartig, ich kenne so ähnliche Aufnahmen nur von Kipnis (Händel); Plançon etwa hat die noch biegsamere, virtuosere Stimmführung, singt aber häufig wie ein Baßbariton. Ich finde aber auch, daß Hesch dem Brogni durch seine variierte Stimme trotz manch mangelnden Legatos mehr zum Leben erweckt als etwa der die Rolle perfekt singende Sibiriakov.


    LG,


    Christian


    PS: Den Kezal habe ich leider noch nicht gehört.