Franz LEHÁR
ZIGEUNERLIEBE
Operette in 3 Akten
Libretto von Dr.Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky. Lehár erstellte die Partitur 1908-09 und dirigierte die Premiere am 8.Jänner 1910 in Wiener Carl-Theater selbst (die Zorika sang damals übrigens die mit Robert Stolz verheiratete Grete Holm). Noch im selben Jahr folgte Hamburg. Das zwischen Operette und Oper angesiedelte Werk verbreitete sich über die ganze Welt, sogar in Darjeeling wurde es aufgeführt, was als „Höhenrekord der Wiener Operette“ gilt.
Jahre später beauftragte die Direktion der Budapester Oper den Schriftsteller Ernö Innocent-Vincze, „Zigeunerliebe“ zu einer Oper umzuformen. Nach anfänglichen Umarbeitungsversuchen verfaßte Innocent-Vincze aber ein völlig neues Libretto, das Lehár seinerseits veranlaßte, die Partitut ebenfalls grundlegend zu verändern. In „Garabonciás“ („Fürst der Fliegen“), uraufgeführt 1943 und Lehárs letztes Bühnenwerk, ist von der früheren „Zigeunerliebe“ nur mehr wenig verblieben.
Personen:
Peter Dragotin, Bojar (Bariton)
Zorika, seine Tochter (Sopran)
Jonel Bolescu, Bojar (Tenor)
Józsi, der Spielmann (Tenor)
Ilona von Körösháza, Gutsbesitzerin (Sopran oder Alt)
Jolan, Dragutins Nichte (Sopran [Soubrette])
Kajetán Dimitreanu, der Sohn des Bürgermeisters (Tenorbuffo)
Moschu. Kammerdiener
Mihály, Wirt
Julcsa, Zorikas Amme
Bauern, Zigeuner, Kellner, Offiziere etc.
1.Akt
Handlungsort ist die Gegend am Grenzfluß Czerna, die zwischen dem ungarischem Banat und der rumänischen Walachei verläuft. Zorika, die Tochter des reichen Gutsbesitzers Peter Dragotin soll sich mit dem Bojaren Jonel verloben. Am Tag davor lauscht sie dem Geigenspiel des Halbzigeuners Józsi, der ein illegitimer Halbbruder Jonels ist. Die Klänge verzaubern sie, und auch Józsi verwirrt sie, sodaß er ihr sogar einen Kuß rauben kann. Doch schon kommen die Gäste, darunter Dragutins von ihm verehrte Nachbarin Ilona von Körösháza. Zorika jedoch beginnt plötzlich zu zweifeln, ob die Verbindung mit Jonel so erstrebenswert ist, wie sie das bisher angenommen hat (Lied von der Heckenrose). So wirft sie den Heckenrosenzweig, den ihr Jonel überrreicht, in den Fluß. Den vom Vater befohlenen Verlobungskuß verhindert Józsi. Zorika verkündet, daß sie mit dem Kuß zuwarten will, bis der Mond hoch über der Czerna steht. Dragutins Nichte Jolan macht inzwischen mit dem tolpatschigen Kajetan, auf den sie ein Auge geworfen hat, kurzen Prozeß. Der wäre zwar mehr am Essen interessiert, aber gegen Jolans energische Annäherungsversuche ist er wehrlos. Rasch stellt er fest, daß das Küssen gar nicht so schlecht schmeckt („Donnerwetter, wie das brennt“). - Zorika hat sich von der Feier weggestohlen und trifft auf Józsi, dem sie gesteht, daß sie ihre Freiheit haben möchte.
Nach einer alten Sage wird einer Braut, die in der Nacht vor der Hochzeit vom Wasser der Czerna trinkt, ein Blick in die Zukunft gewährt. Zorikas Amme Julcsa warnt sie vor dem leichtsinnigen Józsi und rät ihr die Wasserprobe. Dann werde sie wissen, ob Józsi tatsächlich der Richtige für sie sei. Dieser plädiert dafür, sich nicht viel Gedanken zu machen, sondern das kurze Glück zu genießen („Glück hat als Gast nie lange Rast“). Er spielt den Gästen ein Geigensolo, das Zorika noch mehr verwirrt. Jonel gesteht ihr zu, daß er auf ihren Kuß noch kurze Zeit warten wird. Zorika aber weiß nicht mehr, wen sie will, und folgt Julcas Rat, trinkt vom Wasser der Czerna und schläft am Ufer ein.
2.Akt
Im Traum erlebt Zorika ihr künftiges Schicksal als Józsis Geliebte. Zwei Jahre später kehrt der vazierende Spielmann mit ihrnach der Rückkehr in Zorikas Heimat in einer Schenke ein und verkündet die Lebensphilosophie des Zigeuners („Ich bin ein Zigeunerkind“). Unzufrieden mit Zorika, die sich nicht als Tanzmädchen zur Schau stellen will, ist er ihrer fast schon müde – schließlich war er stets der Schwarm aller Mädchen. Zorika hingegen will geheiratet werden; sie besticht den Wirt, einen Pfarrer zu holen, damit es nicht bei einer rechtlich überhaupt nicht zählenden Zigeunerheirat bleibt. Auf ihre Zweifel an Józsis aufrichtiger Liebe reagiert dieser verärgert und abwehrend mit Hinweis darauf, daß solche Dinge leicht genommen werden müßten.
Inzwischen scharwenzelt Peter Dragutin um seine Ilona herum. Die verhält sich aber vorläufig spröde. Jolan und Kajetan sind ebenfalls heimgekehrt – mit Kindern, um die sich Kajetan zu kümmern hat. Jolan hat die Hosen an und kommandiert ihren Ehemann ziemlich herum.
3.Akt
Im Jagdschloß Ilonas. Mehr und mehr zweifelt Zorika an Józsis Zuneigung. Als er auf der Geige Jonels Lied anstimmt, erinnert sich Zorika wehmütig an ihren früheren Bräutigam, dessen Sang ihr ins Ohr tönt („Zorika, Zorika, kehre zurück“). Daß ihr Vater sie als Zigeunerliebchen nicht mehr kennen will, verbessert ihre Stimmung auch nicht gerade. Widerwillig und zögernd folgt sie Józsis Aufforderung, zu singen und zu tanzen.
Józsi will von einer echten Heirat nichts wissen (das „Ich bin ein Zigeunerkind“ wird zu seiner stehenden Behauptung), nur zu einer Pseudo-Hochzeit nach zigeunerischem Brauch ist er bereit, denn zum Lustigsein ist er stets aufgelegt.
Da erwacht Zorika. Völlig verstört möchte sie von Józsi nichts mehr wissen; sie will zurück in ihr altes Leben zu den Ihren und zu Jonel. Julcsa überzeugt sie, daß alles nur ein Traum war.
Jolan macht Kajetan klar, daß sie nach so vielen Küssen geheiratet werden muß. Kajetans schwacher Widerstand wird souverän ignoriert. Auch sein Bestreben, wenigstens einen fröhlichen Trunk zu genießen, wird von Jolan mit dem Hinblick darauf, daß eine Hochzeit klaren Kopf erfordere, unterbunden. Ilona gratuliert und belustigt sich über die Verlobungen, bei denen die Hauptpersonen alle Augenblicke verschwinden. In Festlaune singt sie einen feurig-melancholischen Csárdás „Hör ich Cymbalklänge“).
Józsi verabschiedet sich, denn seine Freiheitsliebe zieht ihn wieder in die Ferne. Zorika und der wegen deren verändertem Verhalten etwas erstaunte aber selige Jonel finden sich aber zusammen. Ihrer Vereinigung steht nun nichts mehr entgegen.