Eduard Franck (1817 - 1893)

  • Eduard Franck
    (* 5. Oktober 1817 in Breslau; † 1. Dezember 1893 in Berlin)


    Eduard Franck verbrachte die Jugend in Breslau. Von 1834 bis 1838 war er Privatschüler bei Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf und Leipzig, wo er sich auch mit Robert Schumann und William Sterndale Bennett anfreundete. Nach Auslandsaufenthalten in Paris, London und Rom lebte er von 1845 bis 1851 in Berlin, war 1851 bis 1859 am von Ferdinand Hiller geleiteten Konservatorium (Rheinische Musikschule) in Köln Lehrer für Klavierspiel, Partiturspiel und Musiktheorie, Leiter des Städtischen Gesangvereins, Komponist und Pianist bei den Gürzenich-Konzerten. 1856 erhielt Franck den Titel eines Königlichen Musikdirektors. 1859 bis 1867 war Eduard Franck Leiter der Musikschule in Bern und die das Musikleben der Stadt bestimmende Persönlichkeit. 1867 wurde er Lehrer am Stern’schen Konservatorium in Berlin, 1878 an Emil Breslaurs Konservatorium in Berlin. 1875 wurde ihm der Professorentitel verliehen.


    In seinen ersten Werken war Eduard Franck zunächst dem Vorbild Mendelssohns verpflichtet (vgl. das in den 1850er Jahren in Köln aufgeführte Violinkonzert op. 30 in e-Moll, für welches Ferdinand David technische Ratschläge gegeben hatte und das auch Max Bruch inspiriert haben dürfte). Spätere Kompositionen zeichnen sich durch Eigenständigkeit und individuelle Sprache aus. Charakteristisch ist formale Klarheit und edle Ausdrucksweise als Folge einer Verbindung von durchsichtigem Satz und klassisch orientiertem Aufbau mit romantischem Idiom. Bedeutend sind die beiden Sinfonien op. 47 in A-Dur und op. 52 in B-Dur, das Zweite Violinkonzert op. 57 in D-Dur, die Streichquartette op. 49, 54 und 55, zwei Streichsextette op. 41 und 50, aber auch die Violinsonaten und das umfangreiche Klavierwerk (insbes. zahlreiche Sonaten), das er in großen Zyklen zusammenfasste.


    Eduard Franck ist der Ehemann der Pianistin Tony Franck geb. Thiedemann, der Vater des Komponisten Richard Franck und der Bruder des Schriftstellers Hermann Franck.


    (Quelle: Wikipedia)


    Orchesterwerke:


    Sinfonie A-Dur op. 47
    I Allegro
    II Adagio espressivo
    III Allegro
    IV Allegro


    Der kantable erste Satz ist ein von heiterer Anmut geprägtes Idyll. Das folgende Adagio esprssivo ist tief-melancholisch und wird von den Bläsern beherrscht. Der dritte Satz, ein nicht als solches bezeichnetes Scherzo, ist ein harmonisch und rhytmisch widerborstiger stilisierter Ländler, dessen Hauptteil von Triolen beherrscht wird, während sich das ruhigere melodische Trio als konsequent durchgeführter Kanonin der Oktave entpuppt, ohne das dieser Kunstgriff aufgesetzt wirkt.



    Sinfonie B-Dur op. 52
    I Allegro
    II Presto
    III Adagio
    IV Allegro


    Der heitere erste Satz in Sonatenhauptsatzform ist weitgehnd frei von für die Gattung Symphonie typischen Konflikten - sozusagen ein symphonisches Idyll von großer atmosphärischer Dichte. Dazu passend entpuppt sich das folgende Scherzo, wohl einmalig in der Symphonik des 19. Jahhunderts, als eine "Chasse" (ein "Jagdstück"), ein hochvirtuoses romantisches Charakterstück im 6/8 - Takt, das von einem kurzen ruhigen Mittelteil unterbrochen wird, der in der stark verkürzten Wiederholung des Hauptteils noch einmal, ganz in der Art Schumanns, zitiert wird. Das Adagio ist ein eindrucksvolles, dicht gearbeitetes Tongemälde von melodischer Schönheit und harmonischem Reichtum, das keinerlei epigonale Züge trägt und den Vergleich mit Brahms und Bruckner niht zu scheuen braucht. Der Schlusssatz nimmt den virtuos-verspielten Charakter der ersten beiden Sätze wieder auf und überzeugt vorallem durch seine satztechnische Meisterschaft und ideenreiche Orchestration.



    Violinkonzert e-moll op. 30
    I Allegro moderato
    II Andante con molto
    III Allegro molto vivace


    Das Werk ist am ehesten mit dem e-moll Konzert Mendelssohns zu vergleichen, dem es in Tonarten- und Satzfolge (Allegro modertato e-moll, Andante con moto C-dur mit Überleitung zum Allegro molto vivace E-dur), zum Teil auch in der Instrumentation und musikalischen Gestik verblüffend nachgebildet ist, ohne dabei jedoch an Originalität einzubüßen.



    Violinkonzert D-Dur op. 57
    I Allegro
    II Adagio molto espressivo
    III Allegro


    Das Sonatenhauptsatz-Allegro verbindet klassische Melodik und form mit romantsicher Harmonik und Instrumentation auf eigentümliche Weise, die alle Diskussionen über stilistische Imitation ad absurdum führen. Das Adagio molto espressivo , das einen bewegteren Mittelteil voller dramatischer Ausbrüche und reizvoller instrumentaler effekte umschließt, zeichnet sich sowohl durch innige Melodik als auch kühne, durchaus spätromantische Harmonik aus. Das abschließende Rondo-Finale (Allegro), ein rustikaler Kehraus voll sprühender Laune, verrät zwar wieder das Vorbild Beethovens sehr deutlich, verbindet aber, anders als in den meist von Geigern geschriebenen Solokonzerte der Zeit, instrumentale Bravour und musikalischen Witz in organischer Weise.


  • Vielen Dank @ andythr für diesen interessanten Beitrag,


    die Leistung des Labels Audite kann an dieser Stelle nicht höher bewertet werden. Aufnahmetechnik und Interpretation lassen keine Wünsche offen.


    Die Symphonien und die Violinkonzerte sind in der Tat herausragende Werke. Vor allem das herrliche Violinkonzert in D-Dur und die zweite Symphonie gehören für mich zu den schönsten Werken des völlig zu unrecht vergessenen Komponisten.



    Liebhaber deutscher Kammermusik werden ebenfalls ihre Freude an folgenden Einspielungen haben:



    Streichquartett Es-Dur op. 54


    Streichquartett c-moll op. 55


    Edinger Quartett





    Streichquartett f-moll op. 49


    Streichquintett D-Dur op. 45


    Edinger Quartett





    Ganz frisch auf dem Markt sind auch diese Werke für Violine und Klavier erschienen:


    Violinsonate c-moll op. 19


    Violinsonate A-Dur op. 23


    Violinsonate E-Dur op. 60


    Violinsonate D-Dur op. posth (1861)


    Christiane Edinger, Violine
    James Tocco, Klavier





    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Auch von mir besten Dank für die Erwähnung dieses hörenswerten Komponisten. Die beiden CDs mit Franks Orchesterwerken (auf einer meiner beiden CDs ist als Label noch "FERMATE" angegeben - bei gleichem Coverbild übrigens) besitze ich schon - Die Kammermusikaufnahmen besitze ich jedoch (noch) nicht - deren Existenz war mir bis dato unbekannt..


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Und hier folgt gleich der erste Teilbericht, denn bei Streichquintett op. 15 reicht eine Hörsitzung, um zu wissen, was hier los ist.


    Das ist genuine romantische Kammermusik vom Feinsten, das kann man gleich zu Mendelssohn und Brahms Werken in dieser Gattung dazustellen. Der Einfluss des Lehrers Mendelssohn ist zwar an einigen Stellen durchaus zu hören, aber die Musik ist so eigenständig und originell, dass das zu vernachlässigen ist. Und eingängig ist sie. Nach drei, viermaligen Hören wird man einiges von der Musik hier sicher dauerhaft abspeichern.
    Christiane Edinger und ihre Truppe gehen recht robust an die Sache heran, da sind wir von den heutigen Spitzenquartetten in puncto homogenem Ensemblespiel sicher anderes gewöhnt, aber wir können dankbar für diese Initiative sein, solch hochkarätige Musik wieder ans Tageslicht zu holen. Es handelt sich um eine Weltersteinspielung.


    Die weiter oben gezeigten Streichquartetteinspielungen sind schon geordert.

  • Lieber Lutgra,
    besten Dank, dass Du den Eduard Frank Thread wieder zum Leben erweckt hast - denn soweit ich sehe, fehlt mir noch eine CD in der Sammlung. Um Dir den Mund wässrig zu machen folgt hier eine kurze Beschreibung des Streichquartetts Op 55,
    Welches sich durch eine rhythmische Lebhaftigkeit auszeichnet, welche - fast ein Widerspruch an sich - dennoch genug Platz für luftig liebliche Sequenzen lässt.
    Der zweite Satz ist lieblich verträumt, Cantabel und erinnert mich an gewisse Stellen in Schuberts Kammermusik, wobei Franck dennoch immer sich selbst treu bleibt.
    Der kontrastrierende dritte Satz stellt trotz seines vorwärts drängenden Charakters keinen Bruch zum 2. Satz dar - ich empfand ihn eher als geradezu provozierte Fortsetzung. Allmählich beruhigt sich das Geshehen, wobei indes das Grundthema erhalten bleibt und so die Kontinuität weiter gewahrt ist.
    Der lebhafte Charakter des Stückes bleibt auch im Finalsatz erhalten, wenn nicht stellenweise sogar gesteigert. Das Quartett vereinige aus meiner Sicht zahlreiche Grundtugenden:
    Optimale Eingängigkeit der Themen, Originalität, Schwung und raffineirte Rhythmik. Es ist unverständlich , daß der Kammermusiker Eduard Franck nicht mehr Beachtung findet.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Streichquintett op. 51 wurde um 1870 komponiert. Es ist mit 36 min etwas länger als das erste. Ansonsten gilt das oben geschriebene auch hier. Dies ist hervorragend komponierte Kammermusik, die mehr als das 1. auch auf Beethoven und Schubert als Einflussgrößen hinweist. Vielleicht ist dies das "Hauptvergehen" von Eduard Franck, keine neuen Innovationen eingeführt zu haben, sondern im vorgefundenen romantischen Musikstil einfach seine Musik komponiert zu haben. Wäre er in einer der erwachenden Nationalstaaten Europas geboren worden wie Dvorak, Smetana u.a., wäre seine Musik vermutlich viel bekannter. Dicke Empfehlung also auch hier, verbunden mit dem Wunsch, dass sich mehr Ensembles dieser Musik annehmen mögen.


    Und ja, Alfred, Du hast mir den Mund wässrig gemacht. Ich war schon enttäuscht, dass die CD mit den Streichquartetten heute noch nicht in der Post war. ;(
    Mit besten Grüßen
    aus Stuttgart
    lutgra

  • Zwischen dem Konzert von Mendelssohn (1845) und dem von Brahms (1879) sind ja in Deutschland nicht so viele Konzerte für Violine geschrieben worden, die sich im Repertoire behauptet haben, als das nicht Platz für dieses gewesen wäre. Leider wurde das 1875 geschrieben Werk weder aufgeführt noch gedruckt und man muß davon ausgehen, dass diese Aufnahme die Uraufführung war. Schade, sonst wäre es vielleicht im Kanon gelandet.


    "Eduard Franck, Privatschüler Mendelssohns und Freund Schumanns, hatte bei der Komposition seines zweiten Violinkonzertes ohne Zweifel Beethovens Violinkonzert "vor Ohren" - und dennoch gestaltete er sein Werk vollkommen eigenständig: Klassische Melodik und Form verbinden sich hier mit romantischer Harmonik und Instrumentationskunst in ganz eigentümlicher Weise." (Zitat von der website des Werbepartners).



    Christiane Edingers Spiel erinnert daran, dass sie mal zu den großen Zukunftshoffnungen der deutschen Geigenzunft gehörte. Warum daraus dann letztendlich doch keine "ganz große Karriere" wurde, weiß ich nicht.

  • Und kann er auch Symphonie, der Eduard Franck?


    Nach dem Hören der Symphonie op. 52 würde ich sagen, na ja....


    Den lyrischen Charakter dieser Symphonie hat Ex-Tamino andythr im Eingangsbeitrag schon sehr gut beschrieben.
    Das Werk kann man gut hören, aber vom Hocker reisst es mich nicht. Ich würde es mit den schwächeren Symphonien von Joachim Raff vergleichen.


    Das Niveau der Kammermusik und des Violinkonzertes erreicht diese Symphonie für mich eindeutig nicht.

  • Bezogen auf Eduard Francks Sinfonie op 52 schrieb lutgra

    Zitat

    Und kann er auch Symphonie, der Eduard Franck?


    Ich wurde sagen: JA
    Natürlich war es reizvoll, die Sinfonie jetzt zu hören und zu überprüfen ob der Eindruck auf mich, derselbe ist, den lutgra empfunden hat. In gewisser Weise gibt es Übereinstimmungen - aber die Erwartungshaltung und die Wertung ist eine andere.
    Der Vergleich mit Raff ist durchaus zutreffend - und hier pflichte ich bei. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass ich keine der Raffschen Sinfonien als "schwächeres Werk" bezeichnen würde.
    Die Sinfonie ist in der Tat sehr lyrisch, bzw freundlich und von einer gewissen Gefälligkeit. Es fehlen - und ich empfinde das nicht als Manko - jegliche "Konflikte", "Spannungen" und "harsche Stellen" - und somit auch jegliche Dramatik. Das Werk ist äußerst eingängig und in keinem Moment spröde oder schwer zugänglich. Ob man das mag oder nicht ist eine Frage der Erwartungshaltung. Ich habe den Einsatz von Hörnern sehr genossen, die Jagdhornmelodik, al la Weber (und anderen) sagt mir sehr zu.
    Ich erwarte auch nicht, dass mich eine Sinfonie "vom Hocker reisst" - Dramatik auf Kosten der Melodik ist meine Sache nicht.


    So sind die Hörerlebnisse vermutlich ähnlich,
    lediglich die Bewertung ist eine andere....


    Das Violinkonzert op 57 werde ich mal bei nächster Gelegenheit unter die Lupe nehmen


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Der Unterschied besteht lediglich darin, dass ich keine der Raffschen Sinfonien als "schwächeres Werk" bezeichnen würde.

    Lieber Alfred
    auch Du wirst doch nicht alle 11 Raff Sinfonien GLEICH GUT finden. Meine besonderen Lieblinge sind 5 und 9, d.h. ja nicht, dass ich die anderen nicht auch hören mag.
    Gruß
    lutgra