BARTÓK, Béla: DER WUNDERBARE MANDARIN

  • Béla Bartók (1881-1945)


    A CSODÁLATOS MANDARIN


    Pantomime in einem Akt für gemischten Chor und Orchester op. 19 / SZ 73



    Deutscher Titel: Der wunderbare Mandarin
    Libretto: Menyhért Lengyel
    Entstehung: 1918 - 1919, orch. 1923, rev. 1924, 1926 - 1931
    Uraufführung: 27.11.1926, Köln
    Dirigent: Jenö Szenkár
    Verlag: Universal Edition, Wien
    Dauer: ca. 30 Minuten



    Personen:


    Drei Strolche
    Das Mädchen
    Der alte Kavalier
    Der Jüngling
    Der Mandarin



    Orchester:


    3 Flöten (2. u. 3. auch Piccoloflöte), 3 Oboen (3. auch Englischhorn), 3 Klarinetten, 1 Bassklarinette, 3 Fagotte (2. u. 3. auch Kontrafagott)


    4 Hörner (2. u. 3. auch Tenortuben), 3 Trompeten, 3 Posaunen, 1 Tuba


    Pauken
    Schlagzeug: 1 kleines Tamburin, 1 großes Tamburin, 1 große Trommel, 1 Tamtam, 1 Triangel, 1 Xylophon


    1 Harfe, 1 Celesta, 1 Klavier, 1 Orgel


    Streicher



    Chor: (wortlos)


    Sopran, Alt, Tenor, Bass



    Handlung:


    In einem ärmlichen Vorstadtzimmer zwingen drei Strolche ein Mädchen, Männer, die ausgeraubt werden sollen, von der Strasse heraufzulocken. Ein schäbiger Kavalier und ein schüchterner Jüngling, die der Lockung Folge leisten, werden als arme Schlucker hinausgeworfen. Der dritte Gast ist der unheimliche Mandarin. Das Mädchen sucht seine angsterregende Starrheit durch einen Tanz zu lösen, aber da er sie ängstlich umfängt, flieht sie schaudernd vor ihm. Nach wilder Jagd holt er sie ein, da stürzen die Strolche aus ihrem Versteck, plündern ihn aus und versuchen, ihn unter Kissen zu ersticken. Aber er erhebt sich und blickt sehnsüchtig nach dem Mädchen. Da durchbohrt sie ihn mit dem Schwert; er schwankt, aber seine Sehnsucht ist stärker als die Wunden: er stürzt sich auf das Mädchen. Da hängen sie ihn auf: aber er kann nicht sterben. Erst als man den Körper herabgenommen und das Mädchen ihn in die Arme genommen hat, fangen seine Wunden an zu bluten und er stirbt.



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

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    Béla Bartók (1881-1945)


    Der wunderbare Mandarin
    A Csodálatos Mandarin
    The Miraculous Mandarin


    Ballett-Pantomime


    Libretto von Menyhért Lengyel
    Uraufführung am 27. November1926 in Köln
    Spieldauer etwa 30 Minuten


    Personen:
    Der Mandarin
    Das Mädchen
    Älterer Freier
    Jüngerer Freier
    Drei Strolche



    HANDLUNG


    Drei Ganoven zwingen ein hübsches Mädchen zur Prostitution. Im Rotlicht-Milieu am Rande einer Großstadt steht es am Fenster und soll Freier anlocken. Diese müssen nicht nur ihren Liebeslohn bezahlen, sondern sollen auch ausgeraubt werden. Das erste Objekt ist ein heruntergekommener Playboy, der durch eindeutige Gesten seine Wünsche kundtut, aber kein Geld dabei hat und deshalb wieder fortgejagt wird. Nach einer Weile erscheint ein junger Mann, der leidenschaftliche Gefühle signalisiert, was dem Mädchen gefällt. Für einen Raubüberfall erweist sich seine Barschaft als unergiebig und er wird von den Strolchen ebenfalls brutal hinausgeworfen.


    Es erscheint ein geheimnisvoller Asiate, der dem Mädchen unheimlich ist und es ängstigt. Trotzdem versucht die Liebesbotin einen zaghaften erotischen Tanz, bewirkt damit aber lediglich, dass der Geforderte sie unentwegt anstarrt und seine inneren Gefühle zusammenpresst. Der Tanz des Mädchens wird lebhafter und löst endlich die Blockade des Besuchers, der sich nähert und die Bewegungen seiner Partnerin pariert. Die Pantomime wird immer orgiastischer, mal schmiegt das Mädchen sich an, dann stürmt es in wilder Panik davon. Schließlich stürzt der unheimliche Freier sich voller Begierde auf sein Opfer. Dieses ist genau so entsetzt wie der Oberbürgermeister von Köln, der das Stück in Übereinstimmung mit Fraktion und Klerus nach seiner Erstaufführung am 28.11.1926 sofort verbieten lässt.


    Aber der Horror geht noch weiter. Die drei Räuber stürzen aus ihren Verstecken und dringen im Kollektiv auf den wildgewordenen Lüstling ein. Sie proben verschiedene Mittel, den reichen Chinesen unschädlich zu machen. Würgen und Stechen bringen kein Resultat. Aufhängen klappt auch nicht, der wunderbare Mandarin zappelt weiter. Voller Begierde schaut er unentwegt auf das schöne Straßenmädchen. Seine vitale Sinnlichkeit ist ihr ein Rätsel und sie ist bereit, seine Begierde zu stillen. Damit ist das Problem gelöst. Erstmals hat er, anstatt zu raffen auch gelebt. Nun wird seine Seele Frieden finden. Der Erlöste blutet aus.


    Anmerkung:


    Die Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ stellt als Meilenstein der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, Béla Bartók als einen führenden Komponisten der Moderne in das Bewusstsein einer aufgeschlossenen Zuhörerschaft. Ähnlich seinerzeit Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ löste die Kompromisslosigkeit und Brutalität seiner Tonsprache eine Woge berechtigten Entsetzens und maßloser Entrüstung aus. Die bildhafte Darstellung des Geschehens, expressionistisch übersteigert, angeheizt durch eine Wahnsinnsmusik, waren an Zumutung für die Gemüter der damaligen Zeit doch ein bisschen zu viel, Auch bei einer Aufführung in Prag war der Misserfolg des Stückes nicht zu leugnen, obwohl Richard Strauss mit seiner Salome (1905) und Elektra (1909), beidesmal im benachbarten Dresden, mit seinem Publikum auch nicht gerade zimperlich umgegangen ist.


    Sehr schnell hat aber die Musikgeschichte den Wert von Bartóks Musikschöpfung, radikal und kompromisslos in der Verarbeitung musikalischen Materials, erkannt und ein Machtwort gesprochen. Die Aufführung an der Mailänder Skala 1942 war ein grandioser Erfolg und das Startzeichen für eine glänzende Karriere, die bis heute anhält.


    Zunächst war es allerdings erforderlich gewesen, das Publikum schonend auf die ungewohnte Klangwelt einzustimmen. Die optische Auslotung wurde fortgelassen und das Stück zu einer Suite in sechs Teilen für den Konzertsaal geschrumpft.


    Eine weitere Komposition, die Tanz-Suite von 1923, schuf Bartók um mit wesentlich zahmeren Klängen um sein offenbar verstörtes Publikum wieder zu versöhnen.


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