JANACEK, Leos: VEC MAKROPULOS

  • Leos Janacek (1854 - 1928 )


    VEC MAKROPULOS*


    Oper in drei Akten



    Deutscher Titel: Die Sache Makropulos
    Libretto: Leos Janacek, nach Karel Capek
    Deutsche Übersetzung: Max Brod
    Entstehung: 1923 - 1925
    Uraufführung: 18.12.1936, Brno (Brünn)
    Dirigent: Frantisek Neumann
    Emilia Marty: Alexandra Cvanova
    Verlag: Universal Edition, Wien
    Dauer: ca. 95 Minuten



    Personen:


    Emilia Marty - dramatischer Sopran
    Albert Gregor - Tenor
    Vitek, Kanzleivorsteher - Tenor
    Krista, seine Tochter - Mezzosopran
    Jaroslav Prus - Bariton
    Janek Prus, sein Sohn - Tenor
    Dr. Kolenaty, Advokat - Bassbariton
    Theatermaschinist - Bass
    Putzfrau - Alt
    Hauk-Schendorf - Operetten-Tenor
    Kammerzofe - Alt



    Orchester:


    4 Flöten (3. u. 4. auch Piccoloflöte), 2 Oboen, 1 Englischhorn, 2 Klarinetten, 1 Bassklarinette (auch 3. Klarinette), 2 Fagotte, 1 Kontrafagott (auch 3. Fagott)


    4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, 1 Tuba


    Pauken, Schlagzeug: 1 kleine Trommel, 1 große Trommel, Becken, Kastagnetten, Xylophon, Glocken


    1 Harfe, 1 Celesta


    Streicher


    Männerchor (im Orchestergraben)


    Bühnenmusik:


    2 Hörner, 2 Trompeten, Pauken



    Handlung:


    Vorgeschichte


    Die Geschichte der Elina Makropulos geht auf eine gefeierte Ära der tschechischen Geschichte zurück, und zwar auf die Regierungszeit von Kaiser Rudolf II. (1576 - 1612), dem letzten Habsburger Kaiser und König von Böhmen. Rudolfs Herrschaft bedeutete eine Blütezeit für die tschechische Kultur und lockte Musiker und Maler an seinen Hof. Außerdem versammelte er Alchemisten und Astrologen um sich. Vermutlich hat Karel Capek die Geschichte der Alchemisten am Hof im Sinn, als er den Arzt erfand, der ein Elixier kreieren sollte, das den alternden Regenten 300 weitere Lebensjahre bescheren soll. Rudolf hatte ihn angewiesen, den Trank an seiner Tochter Elina auszuprobieren. Als diese daraufhin schwer erkrankte, wurde ihr Vater als Betrüger eingekerkert. Rudolf selbst kostete das Elixier nicht; wie hätte er wissen sollen, erläutert Elina 300 Jahre später, dass es die gewünschte Wirkung haben würde? Nachdem sie eine Woche ohnmächtig war, kam Elina wieder zu sich und ergriff unter Mitnahme der Formel für das Elixier die Flucht. Sie ist durch die ganze Welt gezogen und hat die Tatsache ihrer Langlebigkeit verschwiegen, indem sie immer wieder ihren Namen geändert hat, nicht jedoch ihre Initialen E. M.!



    Erster Akt


    Der seit fast hundert Jahren schwelende Erbschaftsstreit zwischen den Familien Prus und Gregor wird wieder vor Gericht verhandelt. In der Anwaltskanzlei von Dr. Kolenaty fragt Albert Gregor nach dem Verlauf des Prozesses. Sein Anwalt tritt in Begleitung der berühmten Opernsängerin Emilia Marty ein, die Interesse an dem Prozess hat und auch Details beisteuern kann, die bisher unbekannt waren. Sie bezeichnet Gregor als Nachfahren des damals verstorbenen Barons Prus und der Sängerin Ellian MacGregor und gibt genaue Hinweise zum Verbleib des Testaments. Der Anwalt wird beauftragt, den Hinweisen nachzugehen. Gregor nähert sich der Sängerin, wird aber zurückgewiesen. Emilia befragt ihn nach einer bestimmten griechischen Handschrift. Der Anwalt kehrt mit dem gefundenen Testament und weiteren Papieren in Begleitung des Prozessgegners Jaroslav Prus zurück, der die Unterlagen jedoch erst herausgeben will, wenn bewiesen ist, dass Gregor der Erbe ist.



    Zweiter Akt


    Eine Putzfrau und ein Bühnenarbeiter plaudern über das Privatleben der Marty. Die junge Sängerin Krista glaubt vor der Entscheidung zu stehen, sich zwischen Janek Prus und der Kunst entscheiden zu müssen. Emilia Marty weist die Geschenke und Komplimente ihrer Verehrer zurück, beleidigt Janek und Krista. Ein alter Mann, Hauk-Schendorf, glaubt in Marty eine Sängerin wiederzuerkennen, Eugenia Montez, mit der er vor fünfzig Jahren ein Verhältnis hatte – Emilia gibt sich ihm durch Zärtlichkeiten zu erkennen, schickt dann alle bis auf Jaroslav Prus weg. Dieser hat bei Prüfung der Unterlagen Liebesbriefe gefunden, die mit E. M. unterzeichnet sind; er glaubt, dass nicht Ellian McGregor vor hundert Jahren die Mutter des in Frage stehenden Erben gewesen sei, sondern Elina Makropulos, wodurch der Besitz Gregor wiederum nicht zustehe, sondern allenfalls der Familie Makropulos. Emilia Marty bringt Janek Prus dazu, den Diebstahl der Dokumente zu versuchen, was ihm aber nicht gelingt, da sein Vater das Gespräch belauscht hat. Emilia bietet diesem daraufhin eine gemeinsame Nacht an, für die sie die Dokumente haben will. Jaroslav Prus akzeptiert.



    Dritter Akt


    In einem Hotelzimmer übergibt Prus der Sängerin die griechische Handschrift. Die Nachricht trifft ein, dass sein Sohn sich selbst getötet hat. Hauk-Schendorf kommt, um Emilia Marty als seine frühere Geliebte nach Spanien mitzunehmen. Prus, Gregor, der Anwalt und sein Kanzleivorsteher treten auf und nehmen Emilia Marty ins Verhör. Sie gibt dabei sowohl ihre Identitäten preis, als auch die Bedeutung der Handschrift, die es ihr ermöglichen würde, weitere 300 Jahre zu leben. Doch nun, da ihr der Weg offen steht, will sie nicht mehr. Sie gibt die Handschrift an Krista weiter, die sie verbrennt. Elina Makropulos bricht zusammen.



    *In diesem System werden die diakritischen Zeichen (Strich, Punkt oder Häkchen) der slawischen Sprachen leider nicht korrekt angezeigt.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Nach der gestrigen Erfahrung mit der Marthaler-Inszenierung ergibt sich die Frage: Wo ist die empfehlenswerte Aufnahme dieser Oper - sei es als Video oder Audio-Produktion!


    Persönlich habe ich nur die Mackerrras-Aufnahme in meiner Sammlung.


    Im Jahr 1967 produzierte das ZDF eine Fernseh-Fassung im Studio:
    Die Sache Makropoulos (Janácek)
    mit
    Helga Pilarczyk, Nada Sormová, Ivo Zidek, Rudolf Vonásek, Zdenek Otava, Karel Berman, Antonin Votava, Jiri Olejniczek u. a.
    Dirigent: Václav Neumann
    Inszenierung und Regie: Václav Kaslik


    Vielleicht kennt jemand diese Aufnahme.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Es gibt die Inszenierung vom Glydebourne Festival 1995 mit Anja Silja in der Hauptrolle. Leider kann ich dazu noch nichts Genaues sagen, da mein Schulfreund sie mir zu Weihnachten senden wollte. Aber wenn der sie bereits sehenswert findet (er steht dem Regietheater noch kritischer gegenüber als ich), dann dürfte es eine empfehlenswerte Aufnahme sein. Bei Amazon habe ich sie ab 14 € gefunden und, dem Titelbild nach zu urteilen, ist es keine so verunstaltete Inszenierung wie die gestrige Salzburger Aufführung.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Das ist die DVD-Aufnahme dieser Inszenierung, die ja auch in Hamburg gelaufen ist:



    Die schwarze Komödie von Janacek wurde im neuen Opernhaus Gyndebourne mit tosendem Beifall aufgenommen.
    Höchste Würdigung erhielt auch die wunderbar singende Anja Silja, überhaupt erhält diese Aufnahme nur beste Kritiken.
    Dirigent: Andrew Davies
    Inszenierung: Nikolaus Lehnhoff


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Diese DVD kann ich nur uneingeschränkt empfehlen. Bei den Sängern, selbst bei den kleinsten Nebenrollen, gibt es keinen Schwachpunkt. Zu sehen sind in den kleineren Partien z.B. Robert Tear als Hauk-Schendorf und der junge Christopher Ventris als Janek. Eine kleine Einschränkung möchte ich machen. Nikolaus Lehnhoff, der Regisseur, stellt hier Emilia Marty als alte Frau dar. Anja Silja spielt großartig, aber ihre Stimme ist schon über ihren Zenith hinaus. Das Elixir von Elina Makropulos verspricht aber ewige Jugend und Schönheit, daher stelle ich mir Emilia Marty eher als Frau in den 40ern vor, mit einer makelloseren Stimme, vor allem für das Finale. Dem entspricht Elisabeth Söderström in der CD-Box von Charles Mackerras eher. Übrigens folgt auch Marthaler dem Schema "alte Frau" und mein Unbehagen an Anja Silja muss ich auch auf Angela Denoke übertragen.
    Die Inszenierung folgt dem sehr guten Janacekschen Textbuch; da es kein Regietheater ist, kann man der etwas verworrenen Geschichte genau folgen. Ich habe diese Oper von einer alten VHS-Cassette auf DVD überspielt, da sind nur die englischen Untertitel übriggeblieben; ich weiß also nicht, ob es bei der DVD deutsche Titel gibt. Die brauchte man schon, wenn man nicht firm im Englischen ist.
    Das Orchester (London Philharmonic) spielt grandios unter Andrew Davis; es ist scharf und präzise und vor allem immer gut zu hören, nicht so gedeckt wie das Orchester in der Totenhaus-Aufnahme unter Boulez.
    "Schwarze Komödie" kann man durchaus sagen, aber in dieser Regie ist es doch eine richtige Tragödie.
    Wer also eine der beiden besten Opern des 20. Jahrhunderts (die andere ist das Totenhaus; natürlich meine Meinung) sich einverleiben will: nur diese DVD (oder die CD-Box von Mackerras, aber zu der komme ich noch). Janacek ist nicht einfach zu hören, gerade die beiden Spätwerke, aber es lohnt sich.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Marthalers letzte Untat, die Salzburger Inszenierung von Janaceks "Sache Makropulos" ist auf Video erschienen.


    Ich habe darüber im Satire-Forum geschrieben ("Wie marthalerisiere ich eine Oper?") und im Forum "Schach dem Regietheater", Beiträge 44, 52, 238. Ich bin ein friedlicher Mensch, aber was er aus einer meiner Lieblingsopern gemacht hat, dafür habe ich nur Hohn und Spott übrig. Dabei ist die Aufführung musikalisch sehr gut geraten, aber ich brauche keine DVD, damit ich nur den soundtrack habe.
    Neu gefunden habe ich jetzt die Produktinfo dieser dilettantischen Untat bei jpc. Ich zitiere:
    "Der Auftritt einer unerwarteten Zeugin, die sich unter falschem Namen in die Verhandlung eingeschlichen hat, verwandelt ein Nachlassverfahren in eine lebensbedrohlich Situation. Welche Person wird den Gerichtssaal durch welche Tür verlassen? Die Optionen lauten: Haupteingang, Gefängnistür, Notausgang, Himmelstür. Und nicht Chrisoph Marthaler und Anna Viebrock, die den spektakulären Fall im Salzburger Justizpalast neu aufrollen, verlesen die Urteile über Leben und Tod der Anwesenden. Karel Capek und Leos Janacek sind es, die in ihrer musikalischen Erzählung die Frage aufwerfen, ob die Aussicht auf ein immerwährendes Leben so verlockend ist, wie angenommen".


    Mir steht der Mund offen. Ich kenne diese Oper gut und kann daher berichten, dass es um diese Geschichte keineswegs geht.
    Der Rezensent und/oder Marthaler haben sich das aus den Fingern gesogen.
    Daher lautet mein Urteil für Marthaler/Viebrock: Ausgang Hölle und dort 200.000 Jahre Fegefeuer.
    Fast 30 € kostet dieser "Spaß" auf DVD, dafür kriegt man die Glyndebourne - DVD und andere gute CD-Boxen der Oper zusammen.
    Für Janacek - Neulinge: hier lernt man diese Oper nicht kennen. Für Janacek - Kenner: hier sieht man einen Dilettanten am Werk.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • die wunderbar singende Anja Silja


    Nach Anja Silja, die ich als Emilia Marty zuerst in Wien, dann in Hamburg und Berlin erlebt habe, möchte ich keine andere mehr hören und sehen. Am wenigsten Frau Denoke. Es gibt Künstler, die einem bestimmte die Stücke im guten Sinne verderben. Die Silja ist so eine.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es gibt drei Boxen mit Gesamtaufnahmen dieser Oper, die zu meinen Lieblingsopern zählt, ja, deren Schlussszene zu den gewaltigsten der Operngeschichte überhaupt zählt (soweit die mir bekannt ist, und die ist mir ziemlich bekannt)-


    Bronze geht an diese Aufnahme:
    Ich bin ein wenig traurig, dass mein Janacek - Heros, Sir Charles Mackerras, diese Live-Aufnahme aus der English National Opera herausgebracht hat (Chandos, 2006). Das Orchester spielt natürlich die neue Fassung und ist sehr gut, das Booklet ist absolut herausragend, man bekommt als Bonus ein Interview über das, was Sir Charles über Janacek denkt. Aber alle Sänger sind leider absolut zweitklassig, das gilt besonders für die Australierin Cheryl Barker als Emilia Marty. Und mit dieser Figur steht und fällt alles. Die große Schlussszene ist ohne Emotion, viel zu matt. Auch John Wegner (Mitglied der DOR und ein überragender Scarpia) ist matt wie alle andern. Diese Aufnahme ist die 15 €, die sie kostet nicht wert.


    Silber für diese Aufnahme::
    die alte Supraphon - Aufnahme aus Prag unter der Leitung von Bohumil Gregor (von 1966, neu 1991), für 15 € zu haben.
    Hier kann ich mich kurz fassen: alle Sänger waren zu der Zeit erste Janacek - Sänger in Prag, und das hört man. Besonders herausheben möchte ich meinen Lieblingstenor Ivo Zidek - einen besseren Albert Gregor gibt es nicht. Das booklet ist informativ und viersprachig, sodass man gut folgen kann. Der Schwachpunkt ist hier das Orchester, ohne dass man Bohumil Gregor einen Vorwurf machen kann, denn die neue (erste ) Fassung, die die Retuschen beseitigt hat, von John Tyrell und Charles Mackerras, gab es zu der Zeit nicht. So klingt das Orchester insgesamt zu weich, nicht scharf, ja z.T. nicht schrill genug. Aber die Sänger sind großartig. Dies war übrigens die Aufnahme, an der ich meine Sache Makropulos "gelernt" habe. Ich höre sie ab und zu immer noch mal gerne.




    Gold, ach was, Platin für diese Aufnahme.
    Die berühmte Decca-Aufnahme (1979, 1991, 14,30 €) unter Charles Mackerras. Das Orchester: die Wiener Philharmoniker in Höchstform, vor allem der Pauker macht seine Sache sehr gut, das ist bei Janacek immer wichtig. Die Sänger ohne Ausnahme erfahrene Janacek - Sänger, selbst Benno Blachut, den ich nicht so mag, singt tadellos. Angeführt von Elisabeth Söderström als Emilia Marty, die beste Emilia, die es auf Tonträgern überhaupt gibt.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Wer sich mit dieser großartigen Oper beschäftigen will, braucht Geduld, weil sie sich erst spät erschließt. Dann aber gehört sie zu den großen Diamanten.
    Ich empfehle, sich zunächst die DVD mit Anja Silja anzusehen, die ist musikalisch tadellos bis in die kleinste Rolle, und szenisch und darstellerisch überragend. Dazu hat sie Untertitel, sodass man der vertrackten Geschichte folgen kann (ich habe die Oper von einer VHS überspielt, da gab es nur englische Untertitel). Diese DVD ist mit 10 € ein Schnäppchen. Wer Masochist ist und viel Geld für eine szenisch missratene Aufführung (musikalisch ist sie gut), kann sich ja die Marthaler - DVD leisten. Darüber habe ich hier im Satire - Forum geschrieben, und da gehört diese "Inszenierung" auch hin.
    Als CD-Box gibt es nur eine Wahl: Charles Mackerras mit den Wiener Philharmonikern und Elisabeth Söderström (Decca).
    Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Werk gehört habe, aber für diesen Vergleich war sie so frisch wie immer.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)