Russische Oper

  • Liebe Forianer,


    über Modest Mussorgsky, der vielen nur über die Bilder einer Ausstellung bekannt ist, habe ich die russische Oper kennen und schätzen gelernt.


    Ich glaube, dass ihr ein eigenes Idiom zukommt. es gibt so etwas wie die russische Grundbefindlichkeit, sehr existentiell, teilweise auch sehr mit inbrünstigen Glaubensinhalten verbunden - aber auch einfach tiefgreifend nach den Grundlagen des Lebens und des Schicksals schürfend.


    Zwei Opern von Mussorgsky sind für mich von besonderer Bedeutung, nämlich


    Boris Gudonow und


    Khovanchina.


    Die letztere ist erst nachträglich wesentlich ergänzt worden, weil Mussorgsky als Trinker Vieles nicht zu Ende gebracht hat. Ich schätze besonders die Ergänzung durch Shostakovich.


    Daneben gibt es viele andere russische Opern, die einer Besprechung würdig sind. Da für mich wiederum ganz vorne Lady Macbeth von Shostakovich, aber auch Prokovieff ist der Erwähnung wert.


    Also: Ich möchte den Anstoß für vielfältige Empfehlungen zur russischen Oper geben und ich hoffe, dass ich selbst Viel dabei dazu lernen kann.


    Welche russischen Opern lohnen sich, welche Einspielungen haltet Ihr für besonders gut?


    Zwei nenne ich vorweg aus meiner Sicht (vielleicht gibt es Zustimmung oder Kritik): Boris Gudonow in der Einspielung von Valery Gergiev (Philipps DVD) und ebenfalls von Mussorgsky, Khovanshchina, in der Einspielung mit von Claudio Abbado (DG Wiener Staatsoper 1989).


    Also äußert Eure liebste Stücke und Interpretationen zur russischen Oper. Für DVD-Empfehlungen bin ich auch besonders dankbar.



    Mit herzlichen Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Salut,


    cih kann selbst gar nichts dazu sagen... tue es trotzdem, indem ich meinen Schwiegervater, der kürzlich Boris Godunow (ich glaube, so schreibt man das...?) gesehen und in Originalsprache gehört hat zietere:


    Er fand die Musik einfach wunderbar, hatte auch Verständnis für die Handlung, die aus dem Begleitheft hervorging, fand aber die russische Originalsprache sehr befremdlich und fühle sich in seinem Operngenuß dadurch erheblich eingeschränkt.


    Wie denken andere darüber?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Er <...> fand aber die russische Originalsprache sehr befremdlich


    Das finde ich seltsam, warum nur? *g*

  • Salut,


    ich frage das deswegen, weil ich selbst ein Verfechter der Oper in Originalsprache (ohne Untertitel) bin. Meine Erfahrungen beschränken sich allerdings - so wird es vielen gehen - auf Italienisch, Englisch, Französisch und Schwedisch... (Deutsch)


    Mich interessieren einfach die Erfahrungswerte anderer Teilnehmer, da ich diese selbst nicht habe und man ja bei den übrigen Sprachen irgendwie immer weiss, was gerade läuft - soviel versteht bei den romanischen Sprachen jeder... Schwedisch ist da zwar eine Ausnahme, aber auch das klingt zumindest "gut" in den Ohren.


    Viele Grüße,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Was soll denn diese Diskussion


    Ich liebe die russische Sprache als Lieferant für das Libretto - wo soll denn da der Unterschied sein? Die russische Sprache läßt sich genau so gut vertonen, wie die meisten anderen Opernsprachen auch (inklusive tschechisch und finnisch)
    Das ich halt nix verstehe, ist ja nicht die Schuld der Russen.
    Dringedne Empfehlung:

    Boris Christoff mit Mussorgskys Lieder und tänzen des Todes anhören, und du wirst die russische Sprache lieben lernen, wenn dir deine Vorurteile eine Chance geben.

  • Salut,


    ich habe ja gar nicht die russische Sprache kritisiert! Ich würde mich darin vermutlich nicht "zu Hause" fühlen, aber das ist ja mein Problem. Mir ging es lediglich um Erfahrungswerte Anderer diesbezüglich.


    Mir fällt dabei auf, dass die Adaption der Musik doch eher vom Europäischen herrührt - natürlich mit russischen bzw. asiatischen Einschlägen - die Sprache aber dessen ungeachtet bleibt.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!


    Ich kenne bisher nur Mussorgskijs Boris Godunow, der mir aufgrund seiner wuchtigen Chöre sehr gut gefallen hat.
    Die russische Sprache ist nicht gerade die perfekte Opernsprache (das ist ja wohl ganz klar italienisch), aber es hat mich gewundert wie harmonisch russisch sein kann.


    Da ich gerade russisch lerne (4.Jahr) verstehe ich einen Teil davon, nicht viel, aber mehr als von Carmen und anderen französischen Opern.


    MFG Joschi

  • nicht zu vergessen:Borodins "Fürst Igor";"Mozart und Salieri" UND "Sadko" von Rimskij-Korssakow...


    Gruss Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo!


    Habe vor kurzem beim Stöbern bei meinem Cd-Versand meines Vertrauens (jpc.de) eine "Cenerentola" auf Russisch entdeckt und sie mir bestellt.


    Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1951 aus Moskau.


    Die Aufnahme ist digital aufbereitet und hat einen sehr guten Klang, von der Qualität her.


    Die Sänger sind nicht schlecht, aber die Überstimme gibt es nicht.Vor allem aber singen sie klar, was das Verständnis des Textes ungemein erleichtert, wenn man russisch versteht.


    Und die komische Musik von Rossini, wo man bei manchen Passagen wie bei "miei rampolli feminini" klingt das Russische schon seltsam, aber trotzdem gut.


    Darum: Diese Aufnahme sei jedem Fan der russischen Sprache und der Oper zu empfehlen!


    PS: sie kostet nur 6,99€


    Mfg Joschi

  • Kennt jemand die drei Einakter von Rachmaninov? (Aleko;Le Chevalier avare;Francesca da Rimini)
    Muß man die kennen? tolle Musik?
    Gibts bald in der Trio-Serie der DG mit Järvi. (Veröffentlichung 8.6.2005)
    Wie ich den Verein kenne, wird dann wohl kein vollständiges Libretto dabei sein, knurr !?



    Gruß, Markus

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  • ist auch folgende Aufnahme


    In dieser Einspielung verwendet Abbado den von Shostakovich neu komponierten Schluss. Dies ist mein Lieblings-Mussorgski


    Übrigens auch erhältlich als DVD


    einen guten Boris Godunov gesungen im Stil von Boris Christoff habe ich leider noch keinen gefunden und denjenigen von B. Christoff selber mag ich nicht so sehr, weil es mich stört, dass ein Sänger, nur weil er glaubt einzigartig zu sein, gleich alle Basspartien selber singt.


    Gruss Christoph

    Über Geschmack kann man - aber muss man nicht streiten!

  • Volle Zustimmung zur Khovanshchina-Aufnahme von Abbado, ich wußte gar nicht, dass es die auch auf DVD gibt.


    Boris Gudonow mag ich sehr in der Aufnahme von Gergiev, die ich als DVD habe. Wunderbare Bilder sind das auch in der Tarkowskij-Inszenierung.


    Mit bestem Gruß


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • An dieser Stelle muss ich unbedingt mal Tschaikowsky ins Spiel bringen!!


    Meine absolut liebste russische Oper ist "Eugen Onegin", vor allem in der leidenschaftlichen Einspielung unter James Levine (Solisten: Allen, Freni, Otter, Shicoff, Burchuladze, u.a.), es spielt die Staatskapelle Dresden.


    Eine fantastische Aufnahme!




    "Pique dame" ist ebenfalls eine sehr schöne Oper (ich habe eine Einspielung unter Gergiev aus St. Petersburg, die bei PHILIPS erschienen ist), aber für mich hat der "Onegin" einfach die stärkeren musikalischen Momente!


    Zugegebenermaßen: Die russische Sprache erscheint als Opernsprache zu Beginn sehr gewöhnungsbedürftig (vielleicht sollte man hierzulande einfach mal mehr russische Opern bringen? Das würde sich auf jeden Fall lohnen!), wenn man sich aber erst einmal "reingehört" hat, fällt auf, dass das Russische eine zutiefst musikalische Sprache ist! Zwar ganz anders als das Italienische, aber nicht weniger leidenschaftlich und klangvoll!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Schwarzer Humor in der russischen Oper


    Igor Strawinsky (1882-1971) schuf im Jahre 1922 die Oper
    Mavra
    nach der Novelle: "Das kleine Haus in Kolomna" von Alexander Puschkin


    Die Handlung:
    Die Bürgerstochter Paraschka liebt einen stolzen Husaren, den Nachbarn Basil. Als ihre Mutter den langjährigen Tod ihrer Köchin beklagt, kommt dem Liebespaar die entscheidene Idee. Basil verdingt sich in Frauenkleidern als Köchin. Als er einmal bei einer Bartrasur überrascht wird, fällt die Mutter in Ohnmacht und der Ertappte springt aus dem Fenster.


    Ende der Oper, Dauer 30 Minuten


    :angel:

  • Hallo,


    GiselherHH wies im Meyerbeer-Thread auf eine vom amerikanischen Opernenthusiasten Mike Richter herausgegebene CD-ROM hin. Wem an Aufnahmen russischer Opern gelegen ist und weniger an Stereo-Qualität, für den gibt es zwei ebenfalls von Mike Richter editierte CD-ROMs (mp3 in gutem Mono-Klang).


    Die eine mit dem Titel "Russian Opera" (Nr. AE206) enthält


    Borodin : Fürst Igor (Melik-Pashaev)
    Dargomyzhsky : Der steinerne Gast (Khaikin)
    Glinka : Ivan Susannin (Melik-Pashaev)
    Glinka : Ruslan und Ludmika (Samosud & Kondrashin)
    Mussorgsky : Boris Godunow (Golovanov & Melik-Pashaev & Simonov)
    Mussorgsky : Chowanschtschina (Khaikin)
    Napravnik : Dubrovsky (Nebolsin)
    Prokofiew : Krieg und Frieden (Melik-Pashaev)
    Rachmaninow : Aleko (Golovanov)
    Rimsky-Korsakow : Sadko (Golovanov)
    Rimsky-Korsakow : Schneeflöckchen (Svetlanov)
    Shaporin : Die Dekabristen (Melik-Pashaev)
    Tschaikowsky : Eugen Onegin (Mansurov)
    Tschaikowsky : Pique Dame (Simonov & Gergiev)


    Eine weitere CD-ROM mit dem Titel "Russian Opera from Bulgaria" (Nr. AE215) enthält


    Borodin : Fürst Igor (Sofia 1977)
    Dargomyzhsky : Rusalka (Plovdiv 1979)
    Mussorgsky : Boris Godunow (Sofia 1959 mit dem jungen Ghiaurov als Pimen!)
    Mussorgsky : Chowanschtschina (Sofia 1975)
    Petrov : Peter I. (Plovdiv 1984)
    Prokofiew : Die Verlobung im Kloster (Radio 1985)
    Rachmaninow : Aleko (Plovdiv 1973)
    Rimsky-Korsakow : Boyatina Vera Sheloga (Radio 1981)
    Rimsky-Korsakow : Der goldene Hahn (Sofia 1992)
    Rimsky-Korsakow : Schneeflöckchen (Radio 1985)
    Schostakowitsch : Katarina Ismailowa (Ruse 1965)
    Strawinsky : Mavra (Blavgoevgrad 1981)
    Strawinsky : Renard (Blavgoevgrad 1980)


    Zum Preis von jeweils knapp 10 Dollar außerordentlich empfehlenswert, um sich eine Diskographie "Russische Oper" anzulegen.


    Eine weitere CD (Nr. AE207) enthält eine Fülle nicht-russischer Opern (aber in russischer Sprache!), u.a. Fra Diavolo, Fidelio, Carmen, Perlenfischer, Lakmé, Orpheus, Faust, Romeo und Julia, Bajazzo, Werther u.v.m.), z.T. mit Sängern, die - wenn es nicht den Eisernen Vorhang gegeben hätte - eine Weltkarriere hätten machen können, wie z.B. der armenische Bariton Pavel Lisitsian!

  • Für Ullis Schwiegervater empfehlen sich einige russische Opern in deutscher Sprache:


    "Boris Godunow" mit Hans Hotter


    "Pique Dame" mit Jurinac, Schock und Klose (leider stark gekürzt). Sehr witzig die Berliner Aussprache des franz. Chansons der Gräfin durch Klose!


    "Eugen Onegin" mit Jurinac und Schock


    An Originalen gefällt mir besonders der "Boris" mit George London, dessen Szenen man für den internationalen Markt nachträglich in eine Melodia-Aufnahme reinmontiert hat.


    Leider nur Auszugsweise kenne ich die Zauberin von Tschaikowski mit Lemnitz und Rosvaenge. Gibt es eine GA?


    Gruß Amneris

    Amneris

  • Zitat

    Original von amneris
    Leider nur Auszugsweise kenne ich die Zauberin von Tschaikowski mit Lemnitz und Rosvaenge. Gibt es eine GA?
    Gruß Amneris


    Hallo, Amneris!


    An kommerziellen Gesamtaufnahmen der "Zauberin" besitze ich :


    Sokolova, Borisenko, Nelepp, Kisselioff / Samosud (1954) sowie
    Gluschkova, Simonova, Kusnetsov, Klemov / Provatorov (1977).


    Dazu noch 3 2/3 Mitschnitte unter Gergiev :


    Zaparova, Shemchuk, Grigorian, V. Alexeev (Amsterdam 1992)
    Gorchakova, Diadkova, Grigorian, Putilin (London 1998)
    Sergeeva, Savova, Grishko, Chernomortsev (Mikkeli 2003)
    Sergeeva, Savova, Grishko, Umerov (St. Petersburg 2005, 3. Akt fehlt!)


    Ich habe das Stück live in St. Petersburg gesehen und muß sagen, daß mir dabei viele Längen auffielen, die ich beim Hören meiner Aufnahme oder bei der konzertanten Wiedergabe in Mikkeli nicht so stark bemerkt habe. Vielleicht lag dies aber auch an der szenischen Umsetung.


    Grüße aus Finnland


    Sune

  • Hallo,


    dadurch, daß Valery Gergiev in der Stadt, in der ich lebe, in seinem Musik-Festival (fast) jedes Mal eine russische Oper auf dem Programm hat und diese Stadt nicht weit von St. Petersburg entfernt liegt, habe ich mich verständlicherweise etwas mehr mit russischer Oper beschäftigt. Daher hier meine Empfehlungen an Aufnahmen, die man unbedingt haben sollte, wobei ich weniger Wert auf Stereoklang als auf Authentizität lege.


    Borodin : Fürst Igor
    Hier ist für mich die alte Melik-Pashaev-Aufnahme von 1952 erste Wahl. Lemeshev als Vladimir, den ich sehr mag, ist wegen seines hellen Timbres etwas gewöhnungsbedürftig, aber die tiefen Männerstimmen sind mit Ivanov, Pirigov und vor allem Reizen hervorragend besetzt. Aus diesem Grunde empfehle ich auch die Ermler-Aufnahme von 1969, da Petrov, Eisen und Vedernikov ihren Vorgängern fast gleichkommen und als Bonus mit Obraztsova und Atlantov für Konchakovna und Vladimir dunkle, schwere Stimmen zur Verfügung standen.
    Gergievs Aufnahme von 1993 ist bei den Frauenstimmen mit Gorchakova und Borodina luxuriös besetzt, und Ognovenko und Minzhilkiev geben vieles von der Wildheit wieder, die in ihren Partien steckt, doch mit Kit ist mir der Igor zu trockenstimmig; da ist Putilin (obwohl gegenüber Kit reiner Bariton) auf der DVD stimmiger.


    Glinka : Ein Leben für den Zaren
    Igor Markevitchs Einspielung dieser ersten russischen Nationaloper ist für mich nach wie vor unübertroffen. Temperamentvolle Leitung, Christoff mit dem Prototyp eines slawischen Basses Maßstabs setzend, ebenso wie Gedda in der fast unsingbaren Tenorpartie. Seine brillante Tenorarie wird man nicht besser hören können.


    Mussorgsky : Boris Godunow
    Hier fällt die Wahl schon schwerer; es kommt sicherlich auch darauf an, welche Fassung man bevorzugt, Rimsky-Korsakow oder Mussorgsky (gibt es keine Aufnahme der Schostakowitsch-Instrumentation?)
    Bei Rimsky würde ich mich trotz aller Bedenken gegen die Tatsache, daß Christoff Boris, Pimen und Varlaam singt, für seine erste Mono-Einspielung unter Dobrowen entscheiden, hart gefolgt von einer der Bolschoi-Theater-Aufnahmen unter Melik-Pashaev, entweder mit Petrov oder mit London : Arkhipova und Ivanovsky, dazu Kibkalo als Rangoni sind schon luxuriös.
    Abbado ist seinetwegen sehr empfehlenswert, doch stören mich Lipovsek und Ramey wegen der fehlenden Idiomatik, und bei Gergievs beiden Einspielungen vermisse ich trotz z.T. großartiger Einzelleistungen (Borodina, Galusin etwa) wirkliche erstrangige Borisse, die m.E. Vaneev und Putilin nicht sind.


    Mussorgsky : Chowanschtschina
    Hier habe ich Probleme mit der Rimsky-Fassung und würde deshalb die alte Khaikin-Aufnahme trotz Preobrazhenskaya und besonders Reizen nicht empfehlen. Obwohl es sich bei Gergiev um einen Mitschnitt handelt (mit allen Unsauberkeiten) sind für mich Borodina, Galusin, Minzhilkiev erste Wahl. An DVDs die Wiener Produktion unter Abbado trotz eines Ghiaurovs, der - obwohl noch sehr beeindruckend - nicht mehr auf dem Höhepunkt seiner Möglichkeiten ist. Wegen der Verwendung der italienischen Sprache ein Kuriosum ist eine Aufnahme aus dem Jahre 1973, aber mit Cossotto, Ghiaurov (in bestem Saft) und Siepi opulent besetzt.


    Prokofiew : Der feurige Engel
    Hier ist Gergievs Einspielung für mich das Maß aller Dinge, denn besser als mit Gorchakova kann man die teuflisch schwierige Partie der Renata nicht singen; sehr gut auch Leiferkus als Ruprecht.


    Prokofiew : Krieg und Frieden
    Ich habe eine besondere Vorliebe für diesen "Schinken". Erste Wahl auch hier wieder Melik-Pashaev aus dem Jahre 1960 mit einer nicht zu überbietenden Besetzung : die junge Vishnevskaya, Arkhipova, Kibkalo, Lisitsian. Ein vokaler Leckerbissen. Obwohl nicht schlecht, haben Gergievs Sänger (1991) nicht dieselbe Qualität, wenn man einmal von der luxuriös besetzen Hélène der Borodina absieht.


    Rimsky-Korsakow : Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesh

    Eine süchtig machende Musik. Schade, daß es dieses Werk m.E. nicht in einer adäquaten (kommerziellen) Einspielung gibt. Auf der über mehrere Jahre zusammengestückelten Gergiev-Aufnahme ist Gorchakova leider nicht so gut, wie sie als Fevronia sein konnte (und war), und der ewig distonierende Marusin stört schon gewaltig. Ein Plus : der ausdrucksstarke Galusin.


    Rimsky-Korsakow : Die Zarenbraut
    Nicht nur die Oper, sondern auch die Mansurov-Aufnahme von 1972 ist ein Muß für jeden Liebhaber russischer Oper. Vishnevskaya (obwohl zu schwer besetzt), Arkhipova, Atlantov, der im Westen zu wenig bekannte Valaitis, dazu Nesterenko sind nicht zu überbieten. Gergievs Einspielung krankt daran, daß Borodina und Hvorostovsky in Shaguch und Akimov zu durchschnittliche Partner haben.


    Schostakowitsch : Lady Macbeth von Mzensk
    Eindeutiger Favorit die Rostropowitsch-Aufnahme; Chung ist mir zu wenig idiomatisch besetzt.


    Schostakowitsch : Moskau-Cheryomuzhky
    Für Raritäten-Sammler : Schostakowitschs einzige Operette mit einer schmissigen, gute Laune verbreitenden Musik. In einer Einspielung unter Rozhdestvensky erhältlich.


    Tschaikowsky : Eugen Onegin
    Hier habe ich zwei Lieblingsaufnahmen, zum einen die Einspielung unter Khaikin von 1955 mit der jungen Vishnevskaya, Lemeshev, Kibkalo und Petrov, zum anderen unter Rostropowitsch mit der nun schon etwas reiferen Vishnevskaya (aber immer noch gut), Atlantov und Mazurok. Sehr anfechtbar, was Rostropowitsch macht, aber ich kann mich dem nicht entziehen.
    Im Zweifelsfalle bevorzuge ich für russische Opern russische Stimmen, deshalb kann ich Solti, Bychkov und Levine weniger abgewinnen.


    Tschakowsky : Pique Dame
    Hier gibt es bei den Studio-Einspielungen für mich keine eindeutige Präferenz : viele großartige Einzelleistungen, doch leider überall einige "Rausreißer". Da das Stück zu Gergievs besten gehört, würde ich mich vielleicht für seine Aufnahme von 1992 entscheiden, obwohl es an Live-Mitschnitten unter ihm bessere gibt.


    Ich weiß, daß es daneben viele Schätze an russischen Opern gibt, und es fällt mir schwer, sie auszulassen. Doch wollte ich einmal aus meiner Sicht einen Grundstock an Aufnahmen vorstellen.


    Grüße aus Finnland


    Sune

  • Hallo Sune, hallo allerseits,


    ich bin keine große Anhängerin der Oper. An die wenigen Opern-Aufnahmen, die ich besitze, bin ich fast ausschließlich über die Beschäftigung mit einem bestimmten Dirigenten oder Sänger gelangt, z.B. alle Opern-Einspielungen unter C. Kleiber. Dann war ich aber fast jedes Mal begeistert.


    Dass unter Gergiev so viele Aufnahmen existieren, wird sich für mich vielleicht als Glücksfall herausstellen. Dass ich eine Affinität zur russischen Musik habe, ist hier ein weiterer Vorteil. Kurzum: Dein ausführlicher und interessanter Beitrag hat Lust gemacht, sich die eine oder andere Oper anzuhören. „Pique Dame“ steht ganz oben auf meiner Wunschliste.


    Viele Grüße,
    Cosima

  • Hallo Sune,


    sehr informativ, deine Zusammenstellung! Ich kann mir aber eine Bemerkung zu Schostakowitsch nicht verkneifen. Statt Cheryomuzhky hätte ich Rozhdestvenskys Einspielung von Die Nase gewählt.


    Übrigens, bedienst du dich eines Ghostwriters? Oder wie ist es zu erklären, dass du derart erstklassiges Deutsch zu schreiben vermagst?


    :hello: von Schubert-Land

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Servus Sune,


    Da Du Dich im slawischen Bereich gut auskennst: gibt es eigentlich auch bulgarische namhafte Komponisten bzw. Opern? Interessiert mich aus persönlichen - Ahnentafel ;-) - Gründen.


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Schönen Tag


    Vielleich kann Dir sune von mehr bulgarischen Komponisten berichten, mir fällt nur Atanasov, Georgi ein, 1882 in Plovidv geboren, 1931 in Italien gestorben. Seine frühen Opern sind meist Kinderopern, im Gedächtnis blieb mir nur seine letzte Oper 'Alcak'. Alle anderen Oper sind aus meinem Gedächtnis, schon wegen der für mich unaussprechlichen Titeln (bulgarische Sprache), entschwunden.
    Atanasov hat auch meines Wissens nach, in Sofia Konzertserien der Wr. Klassik durchgeführt. Ich habe zwar nicht nachgeguckt, denke aber, daß es in unseren Bereich keine Einspielungen gibt, vielleicht lokal....


    Schönen Tag noch
    Verletto

    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)

  • Vielen Dank Verletto,


    Habe noch nie von ihm gehört, werde mich mal auf die Suche machen.


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Theophilus
    sehr informativ, deine Zusammenstellung! Ich kann mir aber eine Bemerkung zu Schostakowitsch nicht verkneifen. Statt Cheryomuzhky hätte ich Rozhdestvenskys Einspielung von Die Nase gewählt.
    Übrigens, bedienst du dich eines Ghostwriters? Oder wie ist es zu erklären, dass du derart erstklassiges Deutsch zu schreiben vermagst?


    Hallo, Theophilus!


    Deine Bevorzugung der "Nase" kann ich gut nachvollziehen, doch während die Musik zu "Chereyomuzhky" Ohrwurmcharakter hat, ist die "Nase" doch starker Tobak. Mit ging es jedenfalls so, daß sich dieses Stück - obwohl ich die Rozhdestvensky-Aufnahme hatte - erst über das Sehen erschloß. Das Mariinsky-Theater hat eine fantastische Produktion, mit der dieses Opernhaus in diesem Monat in Paris gastiert. Sehr sehens- und hörenswert!


    Danke für die Blumen wegen der Sprache, aber nicht alle, die in Finnland leben, sind auch Finnen. Manchmal kommt es vor, daß sich ein deutscher Tourist (und Musikliebhaber) nach Finnland verirrt und dort "hängen" bleibt. Dadurch ist die Beschäftigung mit finnischer und russischer Musik eine Bereicherung meines Lebens, ganz abgesehen von dem Vorzug, Gergievs Festival hautnah miterleben zu können.


    Schöne Grüße


    Sune

  • Zitat

    Original von Austria
    Da Du Dich im slawischen Bereich gut auskennst: gibt es eigentlich auch bulgarische namhafte Komponisten bzw. Opern? Interessiert mich aus persönlichen - Ahnentafel ;-) - Gründen.


    Servus Austria,


    zwar kenne ich mich mit bulgarischen Opern nicht aus, kann Dir aber hoffentlich trotzdem etwas weiterhelfen.


    Vom amerikanischen Opernenthusiasten Mike Richter gibt es zwei CD-ROMs, die sich mit bulgarischer Oper beschäftigen.


    Die erste unter dem Titel "Opera from Bulgaria" (AE 205) enthält


    Atanasov : Gergana
    Hadjiev : Lud Gidiya
    Manolov : Siromachkinya,


    die zweite ("Bulgarian Operas", AE 220)


    Atanasov : Gergana
    Goleminov : Ivailo
    Goleminov : Zachari Zograph
    Hadjiev : Albena
    Hadjiev : Lud Gidya
    Hadjiev : Maistori
    Iliev : Boyanskiya Maistor
    Pipkov : Momchil
    Pipkov : Yaninite Devet Bratya
    Stoyanov : Hitar Potar
    Vladigerov : Tsar Kaloyan.


    Als Bonbon sind all diese Aufnahmen völlig legal unter
    http://www.ucis.pitt.edu/opera/
    im Netz abrufbar.


    Finnland grüßt Österreich


    Sune

  • Hallo Sune


    Zitat

    Deine Bevorzugung der "Nase" kann ich gut nachvollziehen, doch während die Musik zu "Chereyomuzhky" Ohrwurmcharakter hat, ist die "Nase" doch starker Tobak.


    Ja, das kann man so sagen. Es ist aber einfach so, dass ich auf die Frage nach "perfekten" Opernaufnahmen diese Einspielung der Nase wohl mit anführen würde. Es muss das sehr schräge Thema des Werkes sein, dass dieses Kleinod eigentlich keinerlei Berühmtheit besitzt, dabei wäre die Aufnahme jegliches Lob wert.




    Zitat

    Manchmal kommt es vor, daß sich ein deutscher Tourist (und Musikliebhaber) nach Finnland verirrt und dort "hängen" bleibt.


    Das also ist des Rätsels Lösung (um nicht zu sagen, des Pudels Kern)! Das war aber wirklich schwierig! Ich habe versucht, die Wahrscheinlichkeit dafür auszurechnen, was sich aber als hoffnungslos erwies. Der Wahrscheinlichkeitswert dafür, dass jemand Deutscher ist UND Tourist UND in Finnland "hängen bleibt" UND ganz zufällig einen finnischen Namen besitzt, hat so viele Nullen hinter dem Komma, dass ich die Zahl gar nicht in eine Zeile gebracht hätte! :D



    Insgeheim bin ich auch etwas erleichtert. Ich hatte mir schon einmal überlegt, dass, wenn man mir einen deiner längeren Artikel einfach kommentarlos zum Lesen gegeben hätte, ich wahrscheinlich Haus und Hof verwettet hätte, dass der Autor Deutsch als Muttersprache gehabt hat. Ich für meinen Teil glaube einfach nicht, dass man so einen Stil erlernen kann.



    :hello: aus Schubert-Land

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • @Sune


    Super, danke ! Ich werde mir das gleich heute noch anhören. Daß Bulgarien schöne Stimmen hervorgebracht hat, dürfte ja bekannt sein; mal sehen, was opernmäßig zu bieten haben ;-)


    Vielen Dank,
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Zitat

    In dieser Einspielung verwendet Abbado den von Shostakovich neu komponierten Schluss. Dies ist mein Lieblings-Mussorgski


    Etwas später: "Volle Zustimmung zu Abbado"


    Leider nein - das Gegenteil ist wahr: Abbados Chowanschtschina-Einspielung ist eine üble Verballhornung aller Möglichkeiten: Die Basis ist Schostakowitsch, aber Einiges ist in der entstellenden Rimskij-Fassung, der Schluss erklingt in der fragmentarischen Ravel/Strawinskij-Fassung. Und wenn Abbado eine Instrumentierungsentscheidung von Schostakowitsch nicht passte, änderte er sie eben mit dem Argument, dass ja auch Schostakowitsch frei mit dem Original umgegangen ist (was so aber nicht stimmt).
    Ergebnis: Nicht Schostakowitsch, nicht Rimskij. Und Mussorgskij im Grunde auch nicht, so schön, so glatt, ist diese Musik nicht.


    Die Alternativen: Die technisch passable und musikalisch überragende Einspielung der Kirov-Oper unter Khaikin (1946, naxos, leider ohne Libretto) verwendet die Rimskij-Fassung.
    Die sehr gute Gergiev-Aufnahme bei Philips folgt weitgehend der Schostakowitsch-Version, ändert diese aber auch an zwei Stellen, darunter dem Finale, eigenwillig ab. Allerdings retuschiert Gergiev, abgesehen von diesen beiden völlig abgeänderten Stellen natürlich, nicht Schostakowitschs Instrumentierung.
    Die einzige Aufnahme der vollständigen Schostakowitsch-Version, die ich kenne, erschien in der Reihe "Die russische Oper" bei Sony, es ist eine Einspielung der Bulgarischen Nationaloper Sofia, im Ensemble sind u.a. Ghiaurov, Ghiuselev und die Miltcheva, Dirigent ist Emil Tchakarov. Eine grandiose Aufnahme, das Orchester vielleicht eine Spur stumpfer im Klang als bei Gergiev - aber der Vorteil ist unüberseh(hör)bar: Es ist eine in jedem Moment von einem großartigen Komponisten zuende gedachte Version und nicht die Arbeit eines Kapellmeisters, der glaubt, er verstünde mehr von Mussorgskij und Schostakowitsch als Schostakowitsch selbst.
    Es soll auch ein Live-Mitschnitt einer reinen Schostakowitsch-Fassung in italienischer Sprache existieren, aber alles, was ich darüber weiß ist, dass er technisch ziemlich schwach sein soll.


    A propos Mussorgskij à la Schostakowitsch: Die einzige Gesamtaufnahme des "Boris" in dieser Version ist - oder eher, fürchte ich, war - bei Arkadia zu bekommen, und zwar in einem technisch befriedigenden und musikalisch akzeptablen Mitschnitt der Oper von Belgrad (1967).
    Auch der deutsch gesungene "Boris"-Querschnitt unter Herbert Kegel dürfte sich der Schostakowitsch-Fassung bedienen, jedenfalls ist's weder original Mussorgskij noch Rimskij.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Die Alternativen: Die technisch passable und musikalisch überragende Einspielung der Kirov-Oper unter Khaikin (1946, naxos, leider ohne Libretto) verwendet die Rimskij-Fassung


    witzig, hatte die CD heute im Saturn in der Hand. Hätte ich die Rezension hellsehenderweise schon gelesen gahbt, hätte ich die Naxos-CD gekauft...


    :D :hello:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Es soll auch ein Live-Mitschnitt einer reinen Schostakowitsch-Fassung in italienischer Sprache existieren, aber alles, was ich darüber weiß ist, dass er technisch ziemlich schwach sein soll.


    Meinst Du die RAI-Aufnahme unter Bogo Leskovich aus dem Jahre 1973? Die ist zwar in italienischer Sprache, aber sängerisch höchst interessant ausgefallen : Nicolai Ghiaurov (damals in "bestem Saft" als Ivan Khovansky), Cesare Siepi als Dosifej und Fiorenza Cossotto als Marfa sind es zum Zungeschnalzen, und auch in kleineren Rollen singen u.a. Luchetti, Spiess, Nimsgern - und Elenea Suliotis (Susanna). Aber auch diese Aufnahme bedient sich der Rimsky-Korsakov-Version.


    Sune

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