Staatstheater Wiesbaden, Der Freischütz, 22.02.08

  • Eine Neuinszenierung von Dietrich Hilsdorf.
    Die Besucher betreten den Zuschauerraum und sind zunächst entzückt. Ein Bühnenvorhang mit einer romantischen Waldabbildung ist zu sehen. An der Rampe sitzt ein Junge auf einem Stuhl und liest in einem Buch. Man könnte sich auf einen entspannten Opernabend freuen, wenn da nicht der Name Hilsdorf im Hinterkopf wäre. Nun denn, der Saal verdunkelt sich, der Junge stellt dem Publikum ein Rätsel und tritt ab.


    Auf den Vorhang wird die Schrift „im Harz zwischen Schierke und Elend nach dem tausendjährigen Krieg“ projeziert. Er wird transparent und gibt den Blick auf den Eremiten frei, der zunächst einen Text von Andreas Gryphius „Nun sind wir ganz verheeret“ zitiert. Der Vorhang hebt sich und man sieht einen weiteren mit einer etwas weniger romantisierenden Waldszene, vor dem sich dann die nicht komponierte Szene zwischen dem Eremiten und Agathe abspielt. Danach setzt die Ouvertüre ein. Als Besucher hat man jetzt zwei Möglichkeiten; entweder man lauscht der Musik oder man lässt sich durch die sich hinter den – wie man inzwischen feststellte – mehreren transparenten Vorhängen abspielenden Szenen ablenken. Da ist zunächst Max, der seine aufgebahrte tote Mutter kräftig durchschüttelt, dann Max und Agathe, die einen Hochzeitstanz aufführen, letztendlich Agathe mit einer Frau, die einen Kinderwagen schiebt, in dem sich offenbar ein Säugling befindet, der durch den ebenfalls erscheinenden Kaspar zunächst erwürgt und dann davongetragen wird. Nach Ende der Ouvertüre werden die Vorhänge wieder undurchsichtig, es entsteht eine kurze Pause, um Aufstellung für den ersten Akt zu nehmen.



    Hilsdorf verlegt die Handlung von der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg in das Jahr 1948. Die Szene ist die Ruine eines Herrenhauses, vor dessen Fassade sich die gesamte Handlung abspielt. Lediglich Agathes Zimmer befindet sich in einem Saal innerhalb der Ruine. Für mich ein durchaus beeindruckendes Bühnenbild mit leeren, rauchgeschwärzten Fensteröffnungen, am Bühnenrand Fassaden anderer zerschossener Häuser. Beleuchtet nur von einer Lampe, die am Mast einer Hochspannungs-Überlandleitung befestigt ist. An den Wänden noch Reste nationalsozialistischer Hoheitszeichen (Adler, Hakenkreuz). Die Kostüme sehr realistisch im Stil der Nachkriegszeit, zusammengestückelte Kleider bei den Damen, noch Reste der Wehrmachtskleidung bei den Herren.



    Nun ist dies ja nicht die erste Inszenierung von Hilsdorf, die ich gesehen habe, jedoch die erste, bei der er das Stück praktisch neu erfunden hat. Wenn der Zweck eines Theaterbesuchs nicht darin besteht, sich zu unterhalten sondern zur Diskussion anregen soll, hat Hilsdorf dies zumindest beim Freischütz erreicht.


    Beim Ländler im ersten Akt musiziert eine Kapelle von KZ-Häftlingen, wobei gleichzeitig am Tanzboden ein Häftling erhängt wird. Plakativ verspeisen Agathe und Ännchen saure Gurken, als hätte das Publikum den Hinweis nicht verstanden, skandieren zischende Weiber während des Jungfernkranzquartetts Lieschens Text aus dem Faust. Die Wolfsschlucht erhält dadurch ihren Grauen, dass ein Exekutionskommando mit sieben Deliquenten erscheint, von denen beim Zählen jeweils einer hingerichtet wird. Agathe erleidet vermutlich bei ihrem Albtraum eine Fehlgeburt, jedenfalls wird das blutgetränkte Betttuch demonstrativ gezeigt. Die Schlusszene beginnt Samiel mit einer Deklamation aus Kleists Ode „An die Kinder Germanias“, vermutlich Wink auf die martialischen Klänge des Jägerchors. Während des Chors wird eine als „Angsthase“ auf dem Besetzungszettel geführte Person im Hasenkostüm zunächst brutal gequält, um dann als Krönung noch vergewaltigt zu werden. Der Probeschuss fällt, mit ihm gleichzeitig Agathe und Kaspar. Der Eremit konnte die Kugel nicht von Agathe abwenden, weshalb auch Kaspar getroffen wurde, hat sich mir nicht erschlossen. Hilsdorf hätte jetzt eigentlich ein Problem haben müssen. Agathe hat ja noch eine Menge zu singen. Des Rätsels Lösung; die tot liegende Agathe ist ein Double, die Sängerin entschwebt als Geist Zentimeter um Zentimeter gen Schnürboden. Der Eremit, während seiner Bitte um Gnade für Max von Ottokar mit einer Pistole bedroht, hat dann doch Erfolg. Ottokar gewährt Gnade und lässt Champagner kredenzen. Librettogemäß wird gehuldigt und in Vorfreude auf die Hochzeit im nächsten Jahr gejubelt, Agathe – inzwischen hoch schwebend wie eine Jungfrau Maria – jubelt tapfer mit, Kaspar und Samiel tanzen fröhlich in die Hölle, Max hat sich den Brautkranz vom Double aufgesetzt und Ottokar, wohl gedacht als letzter Vertreter der Herrenrasse, erklimmt die Fassade des Herrenhauses, um demonstrativ dem Adler mit dem Hakenkreuz die Ehre zu erweisen. Dann erstarrt das Ensemble für einige Sekunden bevor der Vorhang fällt mit einer letzten Projektion „ Zwei Tage später wurde Max tot aufgefunden.“


    So, jetzt habe ich mir endlich meinen Frust von der Seele geschrieben. Es geht mir hier nicht um die Verlagerung des Stoffes in das Jahr 1948. Auch finde ich, dass durchaus eine Hinterfragung des Opernstoffes angebracht ist. Hier ist Hilsdorf aber zu weit gegangen. Abgesehen von der Überfrachtung der Handlung mit Nebenschauplätzen, die dazu führen, dass man völlig von der Musik abgelenkt wird, treibt er hier Obszönität und Brutalität auf die Spitze. Nach der ersten Vorstellung am 08.02. habe ich mir gestern die Oper noch einmal angesehen in der Hoffnung, etwas differenzierter urteilen zu können. Leider ist mir dies auch heute nicht möglich.


    Gestern konnte ich mich jedoch auf die Musik konzentrieren und kann dazu nur positiv berichten. Das Orchester unter GMD Marc Piollet spielte in Hochform. Auch die Chorleistung war hervorragend. Von den Sängern möchte ich besonders Astrid Weber als Agathe erwähnen, die in den beiden Vorstellungen eine tolle Leistung erbrachte. Emma Pearson als Ännchen hatte gestern im Gegensatz zur Vorstellung am 08.02. einige Unsauberkeiten im Gesang, verzichtet aber auf sehr angenehme Art auf die häufig anzutreffende allzu soubrettenhafte Gestaltung. Der Kaspar von Thomas Jesatko konnte sich ebenso hören lassen wie der kraftvolle Bass von Bernd Hofmann als Eremit, Axel Wagner als Kuno und Thomas de Vries als Ottokar. Als Max hörte ich am 08.02. Martin Homrich, der die Rolle lyrisch anging und gestern Erin Caves, der seine Karriere als Bariton begann und erst seit wenigen Jahren zum Tenorfach wechselte. Eine Stimme, die aufhorchen lässt. Zu erwähnen ist noch Zygmund Apostol als Samiel. Er wuselt auch in Szenen, in denen er nichts zu sprechen hat, stumm irgendwo auf der Bühne herum. Im Aussehen denkt man an eine Mixtur aus Rumpelstilzchen und nettem alten Herrn mit Lederjacke und Jägerhütchen. Die Bösartigkeit drückt er allein durch seine Stimme aus. Ein schneidendes Fistelstimmchen, das einen erschauern lässt.


    In beiden Vorstellungen gab es für alle Mitwirkenden einen für Wiesbadener Verhältnisse untypisch langen Applaus mit vielen Bravo-Rufen. Auch untypisch für Wiesbaden Buhs und Pfiffe bei der Szene mit dem Hasen.
    Während sich am 08.02. nach der Pause erhebliche Lücken im Parkett auftaten, war gestern eine Abonnement-Vorstellung - vermutlich für Besucher von außerhalb - viele Busse parkten an den Kolonnaden. Da musste man aushalten ob man wollte oder nicht. Wobei ich hier ausdrücklich betone, dass ich vorzeitiges Verlassen einer Vorstellung nur weil ich mit der Regie nicht einverstanden bin, als Affront gegen die Ausführenden empfinde.


    Zu erwähnen wäre noch, dass die Kritiken für die Regie ausnahmslos gut bis sehr gut waren. Dass der Regisseur bei der Premiere ausgebuht wurde, ging zu Lasten des konservativen Wiesbadener Publikums. Wie progressiv muss man sein, um die Intention dieser Regie zu verstehen?


    LG


    Emotione

  • Um Gottes Willen, was soll das denn??? Emotione, da haben wir in Köln ja richtig Glück gehabt mit unserer Freischütz-Neuinszenierung. Nä, der Hilsdorf, das habe ich ja schon mal bzgl. Essener Trovatore betont, der ist nichts für mich!!!! Ätzend!!!


    LG,


    Christoph

  • Liebe emotione,


    vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht. Nichts gegen stringente Neubetrachtungen eines Werkes, egal in welcher Zeit sie dann spielen, aber die Mode, durch Einschübe aus irgendwelchen fremden Quellen partout ein anderes Werk zu "gestalten", sollte wirklich geächtet werden. Tut mir nur Leid für die guten musikalischen Leistungen.


    Zufällig sah ich zur gleichen Zeit Jonas Kaufmann in der "3 nach 9" - Talkshow, wo er anschaulich über die hoffnungslose Lage der Sänger bei dem Skandal der Salzburger ENTFÜHRUNG berichtete, die ihm sogar den ungerechten Vorwurf einer Publikumsbeschimpfung einbrachte.


    Als Produzent habe ich ja auch meine Erfahrungen mit der Eigenwilligkeit mancher (meist zweitrangiger) Regisseure gemacht, die ihre eigene Unsicherheit mit gewollter Provokation zu übertünchen versuchen. Da hilft leider nur eines: ignorieren, bis sie niemand mehr wahrnimmt und beschäftigt. Leider sehen manche Kritiker das anders, weil sie ihre eigene Unsicherheit, wenn nicht Inkompetenz, gegenüber einer adäquaten Werksbesprechung meinen verheimlichen zu können, wenn sie derartige Provokationen unterstützen.


    Inszenierungen, wie diese eine zu sein scheint, schaden dem guten Regietheater weit mehr als jede noch so große Publikumsempörung, denn die Aufmerksamkeit, die sie über ihre skandalöse Provokation erzielen, scheint den Intendanten mehr wert zu sein als ein verdientes Lob für eine werkgerechte Umsetzung.


    Schade eigentlich.


    :hello: Rideamus

  • Vielen Dank, liebe Emotione, für diesen detailfreudigen, spannenden Bericht aus dem Staatstheater zu Wiesbaden. Er macht mir viel Lust, mir die Aufführung anzuschauen - allerdings wirds im März nichts mehr, ich hoffe, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt noch ein Termin finden wird.


    Tradtionell stehe ich solchen Formen von Musiktheater wesentlich offener gegenüber, als bsplsw. Rideamus, würde also auch auf keinen Fall davon sprechen, dass man soetwas ächten sollte, im Gegenteil.


    Ich habe von Hilsdorf sehr unterschiedliche Produktionen gesehen - aber auf ihn trifft gewiss die von Rideamus getroffene Einschätzung, dass hier ein Regisseur eigene Unsicherheiten oder Inkompetenz verschleiern will, nicht zu.


    Theater lebt von der Kontroverse - und was dem einen gefällt, findet der andere grauslich. Diskreditierung ist da wenig hilfreich.

  • Lieber Alviano,
    mit großem Interesse habe ich immer Deine tollen Berichte gelesen, so dass ich
    wusste, was ich in manchen Aufführungen zu erwarten hatte. Leider fehlte mir das ja beim Freischütz. Ich kann mir dennoch nicht vorstellen, dass Du die von Hilsdorf in Szene gesetzte, teils obszöne Gewalt als tolle Regieleistung beurteilt hättest. Dass man den Schluss auch tragisch - wie bei Apel im Gespenterbuch -
    inszenieren könnte, ist vielleicht legitim. Was Hilsdorf in Wiesaden in der Schlussszene auf die Bühne brachte, entbehrte für mich jedoch nicht einer gewissen Komik.


    LG :hello:


    Emotione


    Ps.: Entgegen Deiner Voraussage fand ich Orpheus und Eurydike sehr schön. Lediglich Pippi Langstrumpf hat mich da irritiert.

  • Also für mich klingt das auch nach einer ziemlich spannenden und folgerichtigen Inszenierung, die dem "Happy End" des "Freischütz" misstraut und das pessimistische (realistische?) Finale der Apelschen Vorlage bevorzugt. Die Gewaltexzesse mögen da auch auf den zweiten Blick befremdlich wirken, sind aber wohl nach Auffassung des Regisseurs die Auswirkungen des erst kurz zuvor beendeten Krieges.


    Und da hat er m.E. mit dem berühmten Gryphius-Gedicht von den "Tränen des Vaterlandes" ein Scharnier für die Übertragung der Handlung vom Ende des Dreißigjährigen Krieges in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden: "...dass auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen." (Diese beiden Kriege haben sich ähnlich tief in die Volksseele eingegraben) Der "Freischütz" als Nachkriegsgeschichte, in welcher der Horror der unverarbeiteten Zeitgeschichte aufscheint: in der Brutalität und Satansergebenheit des durch den Krieg geprägten Ex-Landsknechtes Kaspar (Tilly/"Magdeburger Tanz"), im blutigen männerbündischen Ritual des Probeschusses als Initiationsritus für Max, schließlich in der Wolfsschlucht als Ort des kollektiven Unterbewußten, wohin all die Schrecknisse und Erlebnisse des Krieges verdrängt werden, an die niemand rühren darf.


    Sicher kann man da über viele Details streiten, insbesondere, ob es der Einschübe aus anderen Stücken bedarf, um das Anliegen des Regisseurs deutlich zu machen (hinsichtlich des Gryphius halte ich das nicht nur für sinnfällig, sondern sogar für notwendig). Aber den Ansatz halte ich für richtig. (Ich habe mir selbst mal etwas Ähnliches für den "Freischütz" überlegt, wobei ich die Geschichte im Bayerischen Wald um 1950 hätte spielen lassen und den Konflikt zwischen Bauern und Jägern als Auseinandersetzung zwischen den heimatvertriebenen Sudeten und der alteingesessenen Bevölkerung auf die Bühne gebracht hätte)


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Liebe Emotione,


    gut, eine Bewertung kann ich natürlich erst vornehmen, wenn ich es auch gesehen habe. Freunde von mir waren in der Premiere und waren total begeistert. Einmal wegen der genauen, szenischen Arbeit des Regisseurs, aber auch, wegen der sehr intelligenten Bezüge, die Hilsdorf durch die eingefügten Texte herstellen konnte. Er hat uns heute lebenden Menschen durch die Verlegung des Geschehens dieses Stück vielleicht wieder stärker nachvollziehbar gemacht.


    Ich kann mich an Inszenierungen erinnern, die ähnliches versucht haben, aber den zeitlichen Rahmen am Ende des 30jährigen Krieges belassen hatten - das räumte zwar auch auf mit diesen romantischen-grüne-Wälder-Märchen-Stimmungen, die eben auch nur eine bestimmte Sichtweise auf dieses Werk wiederspiegeln, schaffte aber nicht diese Betroffenheit - die sich oft auch in Ablehnung manifestiert - wie das jetzt hier in Wiesbaden zu erleben ist.


    Gelobt wurde auch, dass alles aus einem Guss ist, also auch die musikalische Seite voll in die Inszenierung integriert wird ("Jungfernkranz", z. B.). Auch die Szene mit dem hingerichteten KZ-Häftling wurde mir als ausserordentlich berührend und bedrückend geschildert.


    Der "Freischütz" und besonders der "Jägerchor" gehört jetzt natürlich zu jenen Stücken, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuen und die deshalb besonders dazu geeignet sind, Protest hervorzurufen. Ich nehme an, Giselher hat die Hamburger Aufführung gesehen (Regie: Konwitschny) - auch dort war es vor allem der "Jägerchor", der für Unruhe gesorgt hat.


    Das ist keine spezifisch wiesbadnerische Erscheinung.


    Vielleicht erinnerst Du Dich an "Werther.Charlotte.Albert.Sophie", Regie: Hilsdorf, Dirigat: Schirmer, Bühne: Leiacker, mit Welch/Dohmen/Alperyn/Krause. Grosse Gefühle im Treibhaus. Hilsdorf hat die Massenet-Oper auf diese vier Personen eingedampft und ein unglaublich spannendes Theaterstück daraus gemacht - hochkonzentriert, aber eben eine sehr eigenwillige Inszenierung vom "Werther".


    Das war in etwa das Gegenteil von dem, was Rideamus beschreibt: diese Inszenierung war nicht Ausdruck künstlerischen Unvermögens des Regisseurs, das "Original" auf die Bühne zu bringen - es war eine ausserordentlich intelligente Version eines bekannten Stoffes für das Staatstheater Wiesbaden zu einem bestimmten Zeitpunkt. Vielleicht ist Hilsdorf mit seiner Version des "Freischütz" etwas vergleichbares gelungen?


    Nachsatz: ich fand den "Orfeo" auch wirklich gelungen, besonders auch, im Hinblick darauf, was die Titelrollensängerin darstellerisch leistet. Und Pippi, nunja, vielleicht gewöhnungsbedürftig... :D Nichtsdestotrotz haben in der Premiere - wohl vor allem Anhänger von van Cauwenbergh - heftig gebuht. Dabei ist doch z. B. dieses Bettdeckenballett sehr unterhaltsam ausgefallen...


    LG back

  • Zitat

    Original von Alviano
    Das war in etwa das Gegenteil von dem, was Rideamus beschreibt: diese Inszenierung war nicht Ausdruck künstlerischen Unvermögens des Regisseurs, das "Original" auf die Bühne zu bringen...


    Lieber Alviano,


    da es nun schon zum zweiten Mal geschieht, möchte ich doch den falschen Eindruck zurecht rücken, ich sei ein grundsätzlicher Gegner nichtrestaurativer Inszenierungen und ihrer prominentesten Regisseure. Ich denke, ich habe bei anderer Gelegenheit (u.a. Konwitschnys LAND DES LÄCHELNS) hinreichnd bewiesen, dass ich da - auch als früher Fan von Neuenfels' seinerzeit viel gescholtener AIDA-Inszenierung - durchaus keine Berührungsängste habe.


    Natürlich, und das gilt für uns beide, war es mindestens gewagt, vielleicht auch voreilig, eine Inszenierung nur nach dem Hörensagen zu verurteilen oder zu verteidigen, so sehr ich auch Emotione als Berichterstatterin vertraue. Deshalb bezog sich meine Kritik auch AUSSCHLIESSLICH auf die - wohl von Neuenfels eingeführte - Marotte, vertraute und bewährte Stücke durch zusätzliche Texte aller Art zu "interpretieren", die gerne ins Programmheft, m. E. aber nicht ohne ersichtliche Not auf die Opernbühne gehören. Ich finde, dass es bei aller zugestandenen Freiheit die Aufgabe eines Regisseurs ist, dem vorliegenden Werk gerecht zu werden und seine Relevanz für unsere Zeit herauszuarbeiten, ohne sich der Einfachkeit halber ein eigenes zusammenzustoppeln. Ich hätte keine Probleme mit einem Jägerchor in SA-Kluft, wenn das Umfeld genügend Sinn macht, wohl aber erhebliche Schwierigkeiten damit, wenn er durch ein "passendes" eingespieltes Goebbels-Zitat vorbereitet wird. Dabei sollte man sich aber ohnehin bewusster werden, dass die all zu modische Nazifizierung allermöglichen Stücke nicht weniger problematischen Kitsch erzeugt als eine naiv restaurierende und ggf. sogar entnazifizierende Bebilderung des Originals. Das sollte aber nicht zu einer Neuauflage der Dauerdiskussion ums Regietheater führen, sondern lediglich ein Hinweis auf eine spezifische Regiemarotte sein, die ich für sehr fragwürdig halte.


    Tatsächlich ist die einzige mir bekannte Inszenierung mit hinzugesprochenen Texten, die ich für geglückt halte, die Zürcher von Schuberts FIERRABRAS. Da ist allerdings auch der Originaltext so problematisch, dass jeder halbwegs gelungene Versuch, die Musik für die Bühne zu retten, gerechtfertigt ist und das in diesem besonderen Fall auch besonders gut gelang, weil es AUS DEM STÜCK UND SEINEN AUTOREN heraus geschah und nicht einem Bedürfnis nach einer zufällig zeitgenössischen Verständnisnachhilfe entsprang. Beim FREISCHÜTZ habe ich trotz seiner teils hanebüchenen Biedermeierdialoge, die, zugegeben, zur Straffung und Bearbeitung drängen, ein solches Bedürfnis nach zeitnaher Nachhilfe noch nicht verspürt, denn das Original bietet m. E. genügend Gelegenheiten, die gewünschte Betroffenheit zu erzeugen.


    Ansonsten ging es mir, und für die Gelegenheit dieser Richtigstellung bin ich dankbar, nicht darum Hilsdorf persönlich als unsicheren Dilettanten zu verunglimpfen. Das könnte und würde ich schon deshalb nicht tun, weil ich seine sonstige Arbeit viel zu wenig aus eigenem Augenschein kenne. Mein Hinweis galt eher dem Phänomen, dass solche "Neuerungen" fähiger Regisseure sofort von weniger talentierten aufgegriffen und zur Maskierung ihres begrenzten Ausdruckspotenzials inflationiert werden. In dem Sinne war meine Stellungnahme mehr als ein "Wehret weiteren Anfängen" gemeint, die bei konsequenter Fortführung irgendwann dahin führen könnten, dass man sich nach Lust und Laune eigene Pastiches arrangiert, die womöglich auch noch neue Tantiemenquellen darstellen und allein deswegen überhand nehmen.


    Zugegeben, das schießt weit über eine Stellungnahme zu einer mir unbekannten Inszenierung hinaus, schien mir aber eine passende Gelegenheit, das einmal festzuhalten.


    In der Hoffnung, nun in meiner gewohnten Position zwischen den Fraktionen - in dem Fall der Regietheaterdiskussion - besser verstanden zu werden


    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    die Klarstellung ist sicher zum Verständnis Deiner Position hilfreich. Der Unterschied zu meiner eigenen Auffassung liegt in dem Umstand, dass ich keinerlei Probleme damit habe, wenn ein Produktionsteam in ein Werk eingreift - für mich zählt das Ergebnis der Aufführung.


    Aber an dieser Stelle solls dann auch gut sein, sonst reden wir tatsächlich relativ schnell wieder über ein ganz anderes Thema... :D

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  • Habe gerade, die Modelle einer Kölner Freischütz-Inszenierung aus dem Jahre 1905 restauriert. Da wurde mir sehr schmerzlich bewusst, wie furchtbar es ist, einem Herrn Hilsdorf und ähnlich gesinnten "Regisseuren", den Freibrief zu geben, die Stücke derartig zu vergewaltigen.


    Angeekelte Grüße,


    Knuspi

  • Zitat

    Original von Alviano
    Lieber Rideamus,


    es ist Dir wieder einmal gelungen, für eine sehr spannende Freizeitbeschäftigung zu sorgen - notwendige Arbeiten wurden meinerseits arg eingeschränkt - Rasenmähen z. B. habe ich gerade noch so geschafft, auch das Verfassen einiger Beiträge fürs Forum ("Vampyr" in Würzburg, "Freischütz" in Wiesbaden) wurde aufgeschoben, Vorbereitung für die morgige Premiere auf die Zugfahrt verlegt, sowas halt. Ganz herzlichen Dank für das Rätsel und vor allem für die 1A Betreuung!!!


    Ich melde mich schon mal bis Mittwoch ab, bleibe aber noch online.


    Alviano,


    ich warte noch gespannt auf Deine "Meldungen" zum Freischütz in Wiesbaden, wann können wir damit rechnen? (Oder habe ich die irgendow übersehen?)


    Wir überlegen nämlich, ob wir da diese Spielzeit noch hingehen, und es gibt ja nur noch zwei Vorstellungen... ;-)


    Gespannt!


    Ganz lieber Gruß,


    Matthias

  • Original von pfütz:


    Lieber Matthias,


    kommt wohl innerhalb der nächsten Tage, ich hatte auch Emotione versprochen, meine Eindrücke der Wiesbadener Aufführung zu schildern, habe es aber so ein wenig vor mir hergeschoben, die Gründe lassen sich leicht nachvollziehen, wenn man einen Blick in den Thread zum Erfurter "Ballo" wirft...


    Gruss back


    :hello:

  • Die Beschreibung von Emotione gibt erst mal einen guten Eindruck von dem wieder, was das Publikum auf der Bühne zu sehen bekommt. Kleine, aber wesentliche, Verschiebungen gibt es für mich in der Bewertung der Inszenierung.


    Zuerst bleibt festzuhalten, dass Hilsdorf innerhalb seines Konzeptes absolut stringent inszeniert und die Produktion ist insgesamt – auch mit der Musik zusammen – eine sehr schlüssige, überzeugende Arbeit geworden.


    Vor diesem Hintergrund tritt auch zurück, dass das Stück um einige wenige Texte angereichert und der Dialog relativ stark gekürzt wurde. Das Gryphius-Gedicht am Anfang hat genauso seine Berechtigung, wie die (enorm starke) Rezitation von „An die Kinder Germanias“ oder die Szene mit den Brautjungfern (erweitert um die "Faust"-Passagen), der alles heitere ausgetrieben wurde.


    Hilsdorf erzeugt eine suggestive Bildwelt, in der die Realtität und der Traum ineinander über gehen, in der Person des Max auch im Sinne einer Traumatisierung: die schrecklichen Bilder der Szene scheinen direkt aus dem Unbewussten der männlichen Hauptrolle zu kommen – Bilder, die er im Krieg gesehen und vergraben hat, um Überleben zu können, die aber jetzt wieder nach oben dringen und ihn letztendlich um den Verstand bringen. Immer wieder blitzen diese Bilder auf: die Erscheinung der toten Mutter zu Beginn, die Ermordung des Säuglings durch Kaspar, der Todeszug der musizierenden KZ-Häftlinge und das Aufhängen eines von ihnen, die Hinrichtung der Gefangenen im Wolfschlucht-Bild, in Zeitlupe und quälend in ihrer Wiederholung, während Samiel als der „Führer“ über die Szene geistert bis zum letzten Bild, in dem der Wahn endgültig von Max Besitz ergriffen hat und seine Welt aus den Fugen gerät.


    Es sind oftmals die Details die Staunen machen: wenn Zygmunt Apostol mit freundlich begeistertem Altherrengesicht unterm Kleingärtnerhütchen mit schneidender Stimme den Kleist-Text in den Raum schreit, friert es einem förmlich.


    Der Jägerchor und die Quälerei des Angsthasen zeigen überdeutlich, was mit jenen geschieht, die aus der Norm fallen, die mit einem „männlichen Vergnügen“, sei es nun die Jagd oder der Krieg, nichts anzufangen wissen, die – folgerichtig – ob ihrer Weichheit gerade durch die anale Vergewaltigung als Mann gedemütigt werden.


    Oder der Beginn, wo eine quasi Idylle gezeigt wird, die sich dann schnell in ein abgrundtiefes Grauen verwandelt – vom grünen Wald in ein durch den Krieg zerstörtes Häuserensemble, an den Häusern noch erkennbar die Symbole des Herrenmenschentums.


    Dass der Wald eine trügerische Idylle ist, zeigen nicht zuletzt die Nummerierungen an den Bäumen: „88“ steht an einem zu lesen, Symbol der Neonazis für das Doppel „HH“ des Alphabets als Verneigung vor einem Geist aus Braunau am Inn. Das Programmheft zitiert darüber hinaus Canetti: „Das Massensymbol der Deutschen war das Heer. Aber das Heer war mehr als das Heer: es war der marschierende Wald. In keinem modernen Land der Welt ist das Waldegfühl so lebendig geblieben wie in Deutschland. Das Rigide und Paralelle der aufrechtstehenden Bäume, ihre Dichte und ihre Zahl erfüllt das Herz der Deutschen mit tiefer und geheimnisvoller Freude“ (Elias Canetti, „Masse und Macht“, hier zitiert nach dem Programmheft der Wiesbadener Aufführung).


    Umwerfend das Schlussbild: auch der Eremit handelt ausschliesslich auf Grund von massiver Gewaltanwendung gegen ihn: Ottokar drückt dem Eremiten den Revolver an die Schläfe, damit der verkündet, was der Fürst, damit das Volk bei Laune bleibt, hören will.


    Als Max ist Martin Hombrich eine hochinteressante Figur: der absolute Antiheld, darstellerisch perfekt und stimmlich für diese Inszenierung ideal, obwohl er mit der Partie eigentlich überfordert ist. Aber gerade das Grelle, das manchmal unperfekte passt wirklich gut.


    Die von mir besuchte Aufführung hat Wolfgang Ott (anstelle von Marc Piollet) dirigiert, dennoch war es deutlich zu spüren, wie gut die musikalische Realisation mit der szenischen korrespondierte.


    Viele Plätze blieben leer, aber es gab am Ende (neben einem einsamen „Buh“) viel Zustimmung zu dieser sehenswerten Aufführung am Wiesbadener Staatstheater.


  • Und sie kamen (Deine "Meldungen" ) ) ... ;-) Danke!


    Wir haben gestern Karten (weil wir eh in Wiesbaden waren) für die Aufführung am Samstag, dem 21.6. gekauft (am Donnerstag, dem 12.6. gab es keine mir "genehmen" Plätze mehr, und auch die jetzigen Plätze sind schon partielle Kompromisse, es verkauft sich also doch ganz gut (OK, es gibt ja auch dort "Mieten" oder "Abos" )) .


    Beachtlich ist (und ich überlege, ob ich die zwei Seiten noch einscanne, und hier einhänge), daß uns beim Kauf der Karten eine "Hausaufgabe" in Form eines zweiseitigen Dokuments in die Hand gedrückt wurde, in dem Bodo Busse aus der Wiesbadener Dramaturgie lang, klar und deutlich beschreibt, warum Hilsdorf die Inszenierung so macht, wie er sie gemacht hat.


    Mehr ggfls. morgen, spätestens aber dann nach dem 21.6.


    Gruß,


    Matthias


    P.S.: Ja, den Ballo habe ich ja auch verfolgt, und sogar "nicht-Tamino"-Feedback eingehängt, weil ich selbst dort nicht war... ;-)


    Und heute abend sehen wir dann Rigoletto in Darmstadt.

  • Lieber Pfütz,

    die Erläuterungen der Wiesbadener Dramaturgie würden mich zwar auch sehr interessieren, aber bevor Du de einscannst und einstellst, achte bitte darauf, ob der Nachdruck mit Quellennennung genehmigt ist oder besorge Dir die Erlaubnis dazu. Wir sollten hier nämlich kein neues Copyrightproblem aufmachen.

    Danke

    J.R. II


  • Genau das ist der Grund, warum ich ja bis morgen warte.. ;-) Ich muß das erst klären... ;-) Wie heißt es bei Kleist so schön: "Dem Amte wohl bekannt"... ;-)


    Gruß,


    Matthias

  • Lieber Matthias,


    ich bin fast sicher, dass Dir der "Freischütz" in der Wiesbadener Produktion gefalllen wird. Dass man so eine kleine Handreichung zur Inszenierung mitbekommt, gefällt mir ganz gut, so kann sich der Zuschauer und die Zuschauerin ein wenig auf den Abend vorbereiten. Bei mir gabs den Hinweis auf eine Einführung eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung im Wiesbadener Foyer, auch löblich.

    Zitat


    Original von pfuetz
    Und heute abend sehen wir dann Rigoletto in Darmstadt.


    Da sind wir zeitweise am selben Ort - ich bin im "Kleinen Haus" in der "Mutter Courage".


    PS: Happy Burzeltach nachträglich! :hello:


  • Hallo Alviano,
    und war diese Einführung brauchbar? Ich frage deshalb, weil's an der WSO auch oft Einführungen vor der Vorstellung gibt, die bringen mir aber überhaupt nichts, weil sie nur Infos zur Entstehungsgeschichte und die Inhaltsangabe des Werkes bieten, aber nichts über die grundlegenden Ideen der Inszenierung. Das wäre aber hilfreich, um einen größeren Gewinn aus der Aufführung zu ziehen, nichts dise 0815-Sachen, die man in jedem Opernführer nachlesen kann.
    lg Severina :hello:

  • Lieber Alviano,
    wie ich richtig vermutete, bewertest Du die Inszenierung natürlich ganz anders.


    Bemerken möchte ich, dass der erste Absatz meines Berichts natürlich ironisch gemeint war. Ich besuche doch keine Vorstellung, ohne mich vorher informiert zu haben (wenn es keine Premiere ist). Selbstverständlich hatte ich zuvor alle Kritiken gelesen nebst dem Programmheft und hatte durchaus Kenntnis vom Konzept Hilsdorfs.


    Mich störte auch nicht die Änderung in den Apel-Schluss, ebensowenig wie das Einfügen der Gryphius- und Kleisttexte, wie ich ja bereits in meinem Bericht erwähnte. Völlig unverständlich war mir die Schwangerschaft von Agathe mit Fehlgeburt bei der Wolfsschluchtszene. Abgestoßen hat mich die durchgängige Brutalität und Obszönität. Außerdem hätte m.E. Hilsdorf beim Finale eine bessere Lösung einfallen können, als Agathes Geist singend himmelwärts schweben zu lassen.


    Dass er sein Konzept stringent realisierte, ist ohne Frage. Ich bin auch die Letzte, die beim Freischütz eine biedermeierlich, volkstümelnde Inszenierung sehen möchte, etwas weniger Grauen wäre mir aber lieber gewesen.


    @ Pfuetz
    Lieber Matthias,
    das Dokument, das Dir ausgehändigt wurde, ist vermutlich der Text der Einführung im Foyer. Ich vermute, dass Bodo Busse in den noch anstehenden 2 Aufführungen die Einführung entfallen lässt.


    @ Severina
    Liebe Severina,
    in der Einführung ging man kurz auf die Entstehungsgeschichte die Freischütz ein. Dann wurde das Regiekonzept zwar eingehend erörtert, 1000-jähriger Krieg, Verrohung, Traumatisierung, Verlegung in das Jahr 1948 usw., die Handlungsänderung jedoch nicht erwähnt. Diese konnte man dann, ganz traditionell mit glücklichem Ende, im Programmheft nachlesen.


    Liebe Grüße


    Emotione

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Emotione,
    danke für die Beantwortung meiner Frage! Diese Einführungen scheinen mir dann sinnvoller als unsere zu sein, die offensichtlich auf ein Publikum abzielen, das sich mit Oper überhaupt nicht beschäftigt und nun einem Schnellsiedekurs unterzogen wird. Der Kenner profitiert davon null :(
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Alviano


    Da sind wir zeitweise am selben Ort - ich bin im "kleinen Haus" in der "Mutter Courage".
    PS: Happy Burzeltach nachträglich! :hello:


    Danke, lieber Alviano. Das freut mich, daß Du an mich denkst... ;-)


    Schade, daß ich das hier jetzt erst lese, hätte ich das gewußt... ;-) Aber, es war ja wohl in beiden Häusern voll, wir hätten uns sicherlich auch mit Absprache verfehlt... ;-)


    P.S.: Der Besuch im Rigoletto war ein Geburtstagsgeschenk, ich wußte bis gestern noch nichts davon... ;-) Und ich finde, es hat sich gelohnt. Mehr davon an anderer Stelle... ;-) Und wohl nicht mehr jetzt... ;-)

  • Zitat

    Original von Alviano
    Lieber Matthias,


    ich bin fast sicher, dass Dir der "Freischütz" in der Wiesbadener Produktion gefalllen wird. Dass man so eine kleine Handreichung zur Inszenierung mitbekommt, gefällt mir ganz gut, so kann sich der Zuschauer und die Zuschauerin ein wenig auf den Abend vorbereiten. Bei mir gabs den Hinweis auf eine Einführung eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung im Wiesbadener Foyer, auch löblich.


    Ich bin mir da auch sicher, und da meine Eltern ebenfalls mitkommen, um so mehr. Die Idee kam übrigens diesmal von meinem Vater... ;-) Der sich ja leider mit seinen nun 77 Jahren der aktiven Teilnahme am Internet "verweigert"... Ich denke nach wie vor, daß es ihm hier bei Tamino sicherlich gut gefallen würde...


    Ja, die Einführung werden wir auch mitnehmen (wie immer, wenn es eine gibt!), und daß es eine solche gibt, steht ja auf der Karte gut lesbar mit drauf...


    LG,


    Matthias

  • Zitat

    Original von severina


    Hallo Alviano,
    und war diese Einführung brauchbar? Ich frage deshalb, weil's an der WSO auch oft Einführungen vor der Vorstellung gibt, die bringen mir aber überhaupt nichts, weil sie nur Infos zur Entstehungsgeschichte und die Inhaltsangabe des Werkes bieten, aber nichts über die grundlegenden Ideen der Inszenierung. Das wäre aber hilfreich, um einen größeren Gewinn aus der Aufführung zu ziehen, nichts dise 0815-Sachen, die man in jedem Opernführer nachlesen kann.
    lg Severina :hello:


    Die Einleitungen, die ich bisher so "mitgenommen" habe (Heidelberger Frühling (Thomas Hampson Liederabende), Oper Darmstadt, Oper Frankfurt, oder sogar Konzertchor Darmstadt im Darmstadtium) taten beides, etwas zum Werk als auch zu seiner Inszenierung vermitteln. Soweit das eben in knapp 30 Minuten (manchmal sind es auch 45 Minuten, dann aber auch eine Stunde vor Vorstellungsbeginn!) möglich ist. Manchmal ist es "nur" ein Ablesen aus dem Programmheft, manchmal sind es eigenständige Informationen. Die Qualität ist also unterschiedlich, es hilft aber immer, sich auf das Ereignis einzustellen, weil man dann eben nicht "direkt vom Auto in die Oper" springt... ;-)


    Matthias

  • Zitat

    Original von Emotione
    @ Pfuetz
    Lieber Matthias,
    das Dokument, das Dir ausgehändigt wurde, ist vermutlich der Text der Einführung im Foyer. Ich vermute, dass Bodo Busse in den noch anstehenden 2 Aufführungen die Einführung entfallen lässt.


    Das kann ich erst beurteilen, wenn ich beides kennengelernt habe. Den Einführungsvortrag wird es auch mit dieser Vorab-Handreichung noch geben, wir haben auch vor, ihn zu besuchen...


    LG


    Matthias

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Emotione,
    danke für die Beantwortung meiner Frage! Diese Einführungen scheinen mir dann sinnvoller als unsere zu sein, die offensichtlich auf ein Publikum abzielen, das sich mit Oper überhaupt nicht beschäftigt und nun einem Schnellsiedekurs unterzogen wird. Der Kenner profitiert davon null :(
    lg Severina :hello:


    Nun ist die WSO ja auch eine Oper, die Vielen als "Kulturtripp" verpaßt werden kann (im Arrangement), was nicht abwertend gemeint sein soll, aber evtl. doch ein Indiz für eine andere "Erwartungshaltung" in Bezug auf das Publikum durchblicken läßt. Aber, wie ich sagte, ich habe anderen Ortes auch schon andere Einführungen erlebt, positiv wie negativ...


    Matthias

  • Zitat

    Original von pfuetz
    Schade, daß ich das hier jetzt erst lese, hätte ich das gewußt... ;-) Aber, es war ja wohl in beiden Häusern voll, wir hätten uns sicherlich auch mit Absprache verfehlt... ;-)


    War so, das Schauspielhaus war wirklich gut besucht - aber wir hatten irgendwie gemeinsam Pause, das hätte klappen können :D.


    Gruss nach DA

  • Zitat

    Original von Alviano


    War so, das Schauspielhaus war wirklich gut besucht - aber wir hatten irgendwie gemeinsam Pause, das hätte klappen können :D.


    Gruss nach DA


    Stimmt... Naja, wir schaffen das noch, und bevor das hier jetzt zu OT wird... ;-)


    Liebe Grüße nach Mörfelden,


    Matthias


  • Eben erhielt ich von Bodo Busse die Erlaubnis (anbei), und daher ist jetzt hier auch das Dokument:


    staatstheater-wiesbaden-busse-hilsdorf.pdf



    Vielen Dank auch an dieser Stelle an die Dramaturgie des Staatstheaters.


    Ich freue mich auf den Besuch in Wiesbaden!


    Matthias

  • Erstmal ein Dankeschön von mir an Emotione und Matthias, die mir ein wenig aus der Bredouille geholfen haben. Ich hätte severinas Frage nach der Einführung nicht beantworten können, da ich an selbiger nicht teilgenommen habe. Zugegeben, es wäre nicht sehr hilfreich, wenn sich eine solche Einführung dann auf allgemeine Anmerkungen beschränkt, die man auch auf anderem Wege erlangen kann. Interessant ist doch gerade bei einer etwas ungewöhnlicheren Inszenierungen, Anhaltspunkte und Hinweise zum besseren Verständnis der konkreten Produktion zu erhalten. Das scheint in Wiesbaden der Fall zu sein.


    Ich möchte aus meiner Warte heraus auch nochmal auf das gut gemachte Programmheft hinweisen, an manchen Theatern kann man das schon im "Vorverkauf" erwerben, das wäre auch im Falle vom Wiesbadener "Freischütz" eine prima Sache.


    Was mir schwer gefallen ist: ich fand Emotiones Besprechung sehr anschaulich und die Kritikpunkte kann ich einordnen, die kann ich, auch wenn ich das selbst etwas anders bewerte, nachvollziehen und kann akzeptieren, dass hier jemand eine andere Meinung vertritt. Aber da steht dann dieser Satz:


    Zitat

    Ich kann mir dennoch nicht vorstellen, dass Du die von Hilsdorf in Szene gesetzte, teils obszöne Gewalt als tolle Regieleistung beurteilt hättest.


    Was tun? Ich wills mir doch mit Emotione nicht verscherzen... Da aber der Umgangston insgesamt ein sehr freundlicher ist, können wohl auch divergierende Meinungen nebeneinander bestehen und führen nicht automatisch zu nachhaltigen Eintrübungen.


    Liebe Emotione, ich nehme an, die von Dir angesprochenen Obszönitäten beziehen sich teilweise auf die Kilian-Szene? Die ist durchaus derb, aber, ich finde, passend. Die Schwangerschaft von Agathe gewinnt natürlich in dieser Inszenierung eine besondere Bedeutung, weil sie ermöglicht, die Brautjungfernszene aus einer völlig anderen Perspektive zu zeigen.


    Den Einführungstext des Wiesbadener Dramaturgen fand ich aufschlussreich, ich werde ihn auch nochmal in Ruhe lesen, die eine oder andere Anmerkung hätte ich da (so finde ich die Profilierung des Max viel stärker, als die der Agathe, obwohl letztere auch unstreitig in dieser Inszenierung eine Beschädigte ist) - aber jetzt warte ich erstmal auf das, was Matthias nach dem Besuch der Aufführung noch zu ergänzen hat.


    Und wenn Dein Vater, lieber Matthias, schon sagt, diesen "Freischütz" will er sehen, wäre er gewiss eine Bereicherung für unser Forum - vielleicht sollte er einfach erstmal mitlesen? Früher oder später will er dann bestimmt auch mal etwas zu einem bestimmten Thema sagen und dann ist er nicht mehr vom Rechner wegzubekommen...


    Gruss in die Lande


    :hello:

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