Frank Peter Zimmermann - Geiger ohne Glamour

  • Sagitt meint:


    Wenn einer keinen Glamour verbreitet, keine Mätzchen macht, kann er Weltstar, vierzig werden und wird es bemerkt?


    Zimmermann ist nicht gerade verkannt, aber stand immer - zu Unrecht - im Schatten von Frau Mutter und inzwischen wächst natürlich schon wieder eine neue Generation von Geigerinnen und Geigern heran, die in den Medien dann präsent sind.


    Dabei ist er ein außergewöhnlicher Geiger. Gegen alle Konkurrenz spielt er für mich das Beethoven-Violinkonzert am intensivsten, hat eine wunderbare Aufnahme der Mozart-Violinsonaten mit Alexander Lonquich gemacht und sehr beeindruckende Aufnahmen der Prokofieff-Violinkonzerte vorgelegt.


    Ich weiss gar nicht, ob EMI auch diesen Künstler verstoßen hat - ich las, er machte bei Sony eine Aufnahme.


    Jammerschade wäre aber, wenn seine Aufnahmen aus den Katalogen verschwinden würden.


    Ich hoffe - ehrlich gesagt - auf Unterstützung....

  • sagitt:


    F.P. Zimmermanns Aufnahme mit dem Bruch und Tschaikowsky Konzert ist in der Tat bei Sony erschienen.


    Die Gelegenheit in diese Aufnahme hatte ich vor kurzem genutzt.
    Gekauft habe ich sie mir allerdings nicht, da ich sie nicht so überzeigen fand und bereits von beiden Konzerten mehrere Aufnahmen besitze.


    Seine Aufnahme des C.S.S VC No.3 gefällt mir jedoch sehr gut.
    Wie bereits an anderer Stelle geschrieben gefällt mir sein Geigenton bei diesem VC recht gut!


    Gruß

  • sagitt, Unterstützung naht ;) .


    Das Beethoven-Violinkonzert mit Zimmermann habe ich lange nicht mehr gehört, aber dafür Mozarts 3. Violinkonzert und das von Brahms, eingespielt mit Wolfgang Sawallisch und den Berliner Philharmonikern.



    Bei beiden Konzerten haben mich der schlanke Ansatz und die zügigen Tempi beeindruckt.


    Zimmermann ist, wenn man vergleichen möchte, im Geigenton erheblich näher bei Heifetz als bei Perlman, allerdings beläßt Zimmermann es nicht nur beim "rein technischen" Geigen, sondern spielt mit der nötigen Wärme.


    Da auch Sawallisch sich dem schlanken und zügigen Spiel anpaßt und es nicht nur bei purer Begleitung beläßt, halte ich obige Einspielung für sehr empfehlenswert.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Sagitt meint:


    Bei Busoni ist Frank Peter Zimmermann sehr in seinem Element. Es geht ordentlich virtuos zu und er kann mit großem Strich spielen- die WestLB darf im Beiheft ja ausführlich beschreiben, welche Stradivaris durch ihre Beteiligung in die Hände von Zimmermann gerieten. Momentan spielt er eine, die zuvor von Fritz Kreisler bespielt wurde. Ein großartiges Instrument.


    Ich kannte die beiden Werke von Busoni nicht. In dieser Interpretation höre ich sie mir gerne an. Das Violinkonzert ist eher kurz, die Sonate hingegen ein richtiges Großwerk. Nicht nur dem Umfangs wegen, sondern der Vielfalt der Formen und Themen gehört sie in die Reihe großer Violinsonaten. Der Pianist Enrico Pace ist ein großartiger Begleiter ( Partner ?). Im Presto attaca wird auch er sehr gefordert und bewältigt dieses mit Bravour.


    Die Technik dieser Aufnahme ist ausgezeichnet.


    Wenn man sich für den Geiger Zimmermann interessiert, ist diese Aufnahme ein Muss.Überdies lernt man Werke kennen, die ruhig ein wenig Aufmerksamkeit vertragen könnten.

  • Die Konzerte von Tschaikowski und Prokofjew Nr.2 mit Lorin Maazel und den Berliner Philharmonikern gehören m.E. auch zu den "Best of"-Aufnahmen dieses Ausnahmekünstlers.Und wie er die Solo-Capricen von Paganini spielt,das rechtfertigt Zimmermann in einem Atemzug mit den größten Geigern zu nennen.Er hat meine allergrößte Hochachtung und ist ein sehr sympathischer Mensch.

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Sicher auch zu den besten Aufnahmen von Frank Peter Zimermann gehört diese Einspielung:



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Schade, dass Frank Peter Zimmermann so im Schatten der PR-wirksameren Konkurrenz steht. Kennt jemand diese Aufnahme des Geigers?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:

    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • So sehr im Schatten steht Herr Zimmermann meiner Ansicht nach gar nicht. Im Gegenteil ist die Bruch/Tschaikowsky Platte doch in den Medien ziemlich gepusht, d.h. stark beworben worden.


    Dass ein Mann gegen die Fotowirksamkeit einer hübschen Frau nicht ankommt, steht auf einem anderen Blatt.


    Empfehlen möchte ich noch die folgende Aufnahme:



    Gruß, Thomas

  • Frank Peter Zimmermann hat mehrfach bei uns gastiert, u.a. mit den Konzerten von Brahms, Ligeti und Mendelssohn.


    Er gehört natürlich zur absoluten Weltspitze, aber was mich an ihm fast noch mehr beeindruckt hat ist die Tatsache, daß er ein sehr bescheidener, kollegialer, offener und "natürlicher" Mensch ist, dem Standesdünkel oder Stargehabe absolut fremd sind.


    Ein ausgesprochen sympathischer Künstler, der ein dermaßen fantastischer Geiger ist, daß man nur schwärmen kann.


    LG,


    Michael

  • Heute habe ich das Tschaikowskij-Konzert in der Sony-Aufnahme gehört. Es hat mir sehr gefallen. Vor allem dieser sehr, sehr warme Ton ist bemerkenswert - nicht zufällig wird in diesem Zusammenhang immer wieder an David Oistrach erinnert.



    Vor einigen Wochen habe ich das Beethoven-Konzert unter Tate gekauft. Von diesem, das hier im Forum bereits allerorten gelobt worden ist, bin ich restlos begeistert.



    Mit Lust auf Mehr habe ich mich an den einschlägigen Orten umgeschaut und (jedenfalls für mich) Erstaunliches festgestellt:


    Beim Rondomagazin finden sich einige Rezensionen, im dortigen CD-Führer wird Zimmermann bei vier Konzerten sogar (neben anderen Geigern) als Referenz angeführt (Brahms (!), Sibelius (!, z.Z. gestrichen), Saint-Saëns Nr. 3 und Strawinsky).


    Bei classicstoday findet sich das gegenteilige Bild. Geführt wird nur eine einzige Aufnahme. In der dortigen Rezension kommt Zimmermann auch noch schlecht weg.


    Diese Diskrepanz ist abenteuerlich! Was ist der Grund? Ist Zimmermann in den USA tatsächlich ein Unbekannter? Tritt er dort nicht hinreichend auf (allerdings ist in dem Buch "Große Geiger unseres Jahrhunderts" von weltweitem Konzertieren die Rede)? Ist er dort nicht hinreichend promoted worden?


    Eine mögliche Erklärung für die fehlende Anerkennung in Amerika könnte in dem durchweg sehr kontrolliert erscheinenden Spiel Zimmermanns liegen - angemerkt sei, dass dieser Eindruck auf den beiden oben abgebildeten und der Ligeti-Platte beruht, weitere Aufnahmen kenne ich (noch) nicht. Der Amerikaner, dieses Vorurteil erlaube ich mir, mag den Ritt auf der Rasierklinge, das Wagnis. Bei Zimmermann allerdings ist nichts gewagt, sondern alles beherrscht, besser noch: unter totaler Kontrolle! Vielleicht ist es diese Eigenschaft, die den Preußen in uns - die Österreicher und Bayern mögen dieses überlesen - gefällt? Ich weiß es nicht. Könnte es sein? Vielleicht tue ich Zimmermann auch Unrecht, muss ich mein Urteil revidieren, nachdem ich weiteres von ihm gehört habe.


    Was meint ihr?


    Anmerkung:
    Ich habe, als ich diesen Beitrag fast fertig hatte, schnell noch bei Gramofile hineingeschaut. Dort finden sich Besprechungen über drei Seiten, allerdings auch allzu oft der Hinweis "deleted". Beim Anklicken der Besprechungen der letzten Platten finden sich allerdings folgende Feststellungen:


    zu Busoni:
    "[zum Konzert]...The bustling finale is filled with typically Busonian playfulness, felicitously scored music that’s stylishly played by Zimmermann – his tonal polish and technical mastery reminding me at times of both Milstein and David Oistrakh... [zur Sonate]Again Zimmermann comes up trumps with a modern benchmark, matched in spirit and expertise by his pianist Enrico Pace. [resümierend]A marvellous disc, this, not to be missed on any count."


    zur Duo-Platte mit Schiff (bezeichnenderweise abermals bei einem neuen Label: ECM):
    "With state-of-the-art sound, is this the best violin-and-cello duo disc around? I think it might be."


    So positive Einschätzungen eines der einflussreichsten Musikmagazine der Welt machen Hoffnungen auf ein Happy End.


    Thomas

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  • Hallo zusammen,


    ich habe Zimmermann zuletzt live im August beim Saisonauftakt der Berliner Philharmoniker erlebt. Er spielte das Violinkonzert Nr. 1 von Szymanowski hervorragend. Vor allem sein wundervoller Ton und seine gradlinige Gestaltung ist mir in Erinnerung geblieben.


    Würde er ab sofort unter dem Künstlernamen Zimm-Zimm auftreten, sich die Haare rot färben und vom großen gelben Label gepusht werden: Er wäre der neue Jahrhundertgeiger. Aber zum Glück wirds nicht so weit kommen. :D


    In einem Interview tags darauf in der Berliner Presse bekannte Zimmermann recht freimütig, wie Ihn die aktuellen Verhältnisse bei den meisten Labels abstoßen und dass er deshalb auch zunehmend immer weniger Aufnahmen machen würde.


    Schade
    Gruß
    Sascha

  • Lieber jemand, der geigen kann, aber nicht glamourös ist,
    als jemand, der glamourös ist, aber nicht geigen kann ...
    :D


    Davon gibt es leider eine ganze Menge.
    :pfeif:


    FPZ kann gottlob geigen... :jubel:

  • Man sollte nicht ganz vergessen, dass in den 80ern Zimmermann durchaus vermarktet worden ist. Sozusagen als deutscher Wunderjüngling im Kontrast zum Bad Boy Kennedy. Zwar waren das die Zeiten des CD-Booms, aber man schaue einfach mal, was er damals mit Anfang, Mitte Zwanzig alles aufgenommen hat: praktisch das gesamte konzertante Standardrepertoire, dazu die reifen Mozartsonaten, Sonaten von Debussy, Ravel, Prokofieff usw.
    Recht bald hat EMI ihn dann aber wohl fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel.


    Da mich das Violinkonzertrepertoire größtenteils nur peripher interessiert, habe ich mit Zimmermann nur einige Kammermusikaufnahmen. Die Mozart-Sonaten finde ich aber außerordentlich gut. Auch die Profkofieff-Soanten und die bei ClassicsToday durchwachsen besprochene Ravel/Debussy, wobei ich hier jedoch einräumen muß, keine oder kaum andere Interpretationen zu kennen.
    Mir scheinen von den Generationsgenossen Zehetmair und Tetzlaff etwas spannendere Interpreten zu sein, was aber nicht heißen solle, dass Zimmermann kein hervorrragender Geiger wäre, der sicher vielen Violinsternchen weit überlegen ist.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Gerade erschienen ist folgende CD des Geigers:



    Ich höre die Aufnahme gerade. Gefällt mir bisher. Beurteilen kann ich sie noch nicht, da mir für die drei Violinkonzerte der Vergleich fehlt.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • .... und noch mehr Unterstützung für Frank Peter Zimmermann.


    Ich halte Frank Peter Zimmermann ebenfalls für deutlich unterschätzt, was sicher mit seiner Zurückhaltung in PR-Dingen (bzw. der Zurückhaltung seines Labels) zusammenhängt. Außerdem, ja, er gehört nicht mehr zur jungen Generation. Für mich ein durch und durch sympathischer Künstler!


    Ich habe in letzter Zeit drei Aufnahmen mit ihm wieder ausgegraben: Das Dvorak Konzert, Mozart G-Dur und Brahms sowie die Paganini Cappriccen. Gerade bei Mozart war ich erstaunt über die Gestaltung bis ins Detail bei einem im ersten Satz ambitionierten Tempo, das aber keinesfalls überhetzt wirkt, weil er so durchdacht phrasiert und technisch absolut über den Dingen steht. Ein sehr musikalischer Mozart!


    Zu Weihnachten lag dann seine Aufnahme der Konzerte von Szymanowski und Britten auf dem Gabentisch. Die Aufnahme dieser beim ersten Hören nicht gerade eingängigen Konzerte haben mich rundum überzeugt, die Stücke, das Orchester und der Solist. Das ganze wirkt auf mich so, als habe er sich intensiv mit diesen Werken auseinander gesetzt, so daß er jetzt wirklich etwas zu bzw. mit diesen Werken zu sagen hat.


    Was er auch anpackt, das macht er sehr gut und überzeugend!

    “Music is enough for a lifetime, but a lifetime is not enough for music”
    Sergei Rachmaninov

  • Das melden die Agenturen heute:


    Zitat

    Der Violinist Frank Peter Zimmermann erhält den Paul-Hindemith-Preis der Stadt Hanau. Der 1965 in Duisburg geborene Musiker studierte an der Folkwang-Hochschule in Essen. Er spielt als Solist mit großen Orchestern, unter anderem den Berliner Philharmonikern. Außerdem tritt Zimmermann als Kammermusiker auf. Der Paul-Hindemith-Preis wird alle zwei Jahre vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. (Quelle: WDR)


    Den Preis hat er verdient! :jubel: :jubel: :jubel: Gratulation!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Wenn man sich die Plattencover so anschaut, dann versteht man, weshalb das mit der Sonnenseite nichts geworden ist. Wer hat denn das Hemd für das Ysaye-Cover ausgesucht?


    Ich schätze Zimmermann. Seine Mozart-Sonaten gefallen mir sehr gut. Die Bach-Sonaten und das Sibelius-Konzert habe ich mal im Fernsehen gesehen, das war sehr schön.
    Er wird halt nicht so vermarktet, weil er - Verzeihung - trotz Bildbearbeitung nie so gut aussehen wird wie AS Mutter im zitronengelben Seidenkleid oder wie die ganzen niedlichen Sternchen der lezten Jahre oder eben auch nicht so nett anzuschauen ist wie Hahn oder Fischer.
    Kennedy hat eben sein Punk-Image und das ist gut zu vermarkten. Aber heute reicht es für den CD-Verkauf nicht mehr, nur gut Geige zu spielen.
    Zimmermanns Konzerte sind indes gut besucht, was zeigt, dass das Publikum ihn durchaus schätzt.

  • Hallo,


    Wie bereits erwähnt wurde,ist Zimmermann auch ein hervorragender Kammermusiker.
    Es ist zu hoffen,daß das vor etwa 2 1/2 Jahren gegründete Streichtrio Zimmermann - Tamestit - Poltiera öfter zusammen auftritt und auch einmal Aufnahmen seltener gespielter Trios ( nichts gegen Mozart- oder Beethoven-Trios ,aber da gibts halt schon eine Reihe sehr guter Aufnahmen) herausbringt.
    Ich denke da z.B. an Hindemith,Schönberg,Reger oder auch Ernest Sauter.


    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Das Trio Zimmermann hat eine wirklich sehr gute Einspielung von Mozarts Trio KV 563 herausgebracht. Gab es bisher erst wenig Kammermusik mit Frank Peter Zimmermann (Sonaten von Mozart, Debussy, Ravel, Busoni, Prokofieff) zeigt diese SACD eine noch wenig bekannte Facette seines Könnens. Seine Mitstreiter Antoine Tamestit und Christian Poltera stehen ihm gleichberechtigt zur Seite. Schuberts Triosatz D 471 ist auch noch auf der Scheibe.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Ein weiterer runder Geburtstag ist heute zu feiern. Nach Mirella Freni und Alberto Remedios hat ein weiterer weltbekannter Musiker heute einen runden Geburtstag. Heute habe ich diese Empfehlung mitgebracht:


    Frank-Peter Zimmermman feiert heute seinen 50. Geburtstag.


    Neben Glück wünsche ich Frank-Peter Zimmermann, dass die Angelegenheit mit seiner Sttradivari doch noch zu einem guten Ende kommt.


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • In der Zeitung habe ich von dieser Geschichte gelesen.
    Leider wird "seine" Stradivari nicht im Besitz von Frank Peter Zimmermann bleiben können. Trotz des Leihvertrages, die ihm ein Vorkaufsrecht einräumte, kann er "Lady Inchiquin" aus dem Jahr 1771 wohl nicht erwerben. Zehn Jahre durfte er auf diesem Instrument spielen, doch der Eigentümer, die Portigon AG, muss sie verkaufen. 4,9 Millionen Euro hat Zimmermann geboten, das ist zu wenig, denn die Firma verlangt deutlich mehr. Im Zuge der Abwicklung der Düsseldorfer WestLB muss Portigon AG die Kunst- und Instrumentensammlung der einstigen Landesbank veräussern. Anscheinend ist ein Streit um die Mehrwertsteuer entbrannt. Es werden 5,8 Millionen veranschlagt, plus Steuer. Die Firma hatte dem Musiker einen langfristigen Mietvertrag geboten, was Zimmermann abgelehnt hatte. Zitat "Trotz der festgefahrenen Gespräche sei es nach wie vor oberstes Ziel, mit Zimmermann weiter zu verhandeln." lässt die Abwicklungsbank verlauten.


    Vielleicht wird der neue Besitzer ihm die Gelegenheit geben, dass er auf diesem Instrument weiter spielen kann. Ein weiteres Problem ist, dass das Instrument auf die nationale Kulturgüterliste gesetzt werden könnte, was bedeutet, dass das Instrument nicht ausgeführt werden darf.


    Auf der lesenswerten Wikipedia-Seite zu Antonio Stradivari erfährt man mehr über den Nimbus seiner Instrumente. Über die "Lady Inchiquin" kann man dort die früheren Besitzer und die neueste Entwicklung bereits nachlesen.


    Zitat "früher gespielt von Fritz Kreisler. Das Instrument wurde 1889 vom Londoner Händler Hill an eine Miss Foster verkauft. 1949 war sie im Besitz von Lady Inchiquin in Irland. Das Instrument kam nach Amerika und kam in den 1960er Jahren an den Sammler C. M. Sin aus Hongkong. 1978 verkaufte Sin das Instrument über den Chicagoer Händler Bein & Fushi an Walter Scholefield, Geiger bei den Berliner Philharmonikern. Im Jahr 2002 erwarb die WestLB das Instrument und stellte es Frank Peter Zimmermann zur Verfügung, im Zuge der Abwicklung der WestLB ging es 2015 an die Servicegesellschaft Portigon über, die es veräußern muss. Zimmermann gab die Geige im Februar 2015 an Portigon zurück."


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Da fällt mir die berühmte Anekdote von Jascha Heifetz ein. Der besaß drei Geigen, eine Carlo Tononi, eine Antonio Stradivari und eine Guarneri del Gesù. Letztere war sein bevorzugtes Konzertinstrument.


    Sagt ein Dame, die ihn nach dem Konzert in der Künstlergarderobe aufsucht. "Ach, Herr Heifetz, ihre Violine klingt ganz wunderbar". "Wirklich", sagt er und hebt die Geige ans Ohr, "ich höre gar nichts". ;)

  • Zitat von moderato

    Leider wird "seine" Stradivari nicht im Besitz von Frank Peter Zimmermann bleiben können. Trotz des Leihvertrages, die ihm ein Vorkaufsrecht einräumte, kann er "Lady Inchiquin" aus dem Jahr 1771 wohl nicht erwerben.


    Manchmal wenden sich die Dinge ja doch zum Guten. Ich las heute in einer bekannten Tageszeitung, dass das Land NRW die Geige erworben hat und Frank Peter Zimmermann wieder zur Verfügung stellen wird. Ich freue mich darüber sehr und meine, dass das eine gute Entscheidung des Landes war.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Das scheint zu stimmen und auch mich freut es für den Künstler. Ich kann gut nachvollziehen, dass Künstler auf diesem Niveau eine echte "Beziehung" zu ihrem Instrument aufbauen und dass der Verlust desselben die künstlerische Leistung wirklich negativ beeinflussen kann. Insofern müsste Zimmermanns Glück jetzt (wieder) vollkommen sein.

    Herzliche Grüße
    Uranus

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  • Das mit seiner Stradivari scheint funktioniert zu haben Auf seiner neuesten Scheibe mit einer Sonate und zwei Partiten von Bach, spielt er sie immer noch.



    Das Programm ist jetzt nicht originell, aber sehr schön und die Aufnahme dürfte Zimmermann Freunde interessieren ...