Trip to Asia

  • Sagitt meint:


    Die Musik gibt es schon, der Film lief an, die DVD kommt dann.
    Rattle mit den Philharmonikern in Asien.
    Grosse Städte,grosse Bilder, grosse Themen:


    auch Orchester wandeln sich.


    Thomas Grube zeigt uns die Menschen, mit den unterschiedlichen Bedürfnissen.


    Heute kann nicht mehr ein Diktator vorne stehen. Die Menschen wollen mitgenommen werden.


    Wie ordnen sich Selbstdarsteller in einen grossen Klangkörper ein ?


    Es werden Proben und Ausschnitte aus Konzerten gezeigt,überwiegend mit Strauss, Heldenleben, einem Stück von Adès und der Eroica von Beethoven.


    Dazu der Blick auf die Mega-Städte des Ostens, Shanghai, Hongkong, Taipeh,Tokyo.


    Ein hochinteressanter Blick in das Innenleben eines Spitzenorchesters.

  • Ich halte den Film für durchaus sehenswert und kann mich den Ausführungen von Barbirolli im "Rhythm is it"-Thread uneingeschränkt anschließen.


    Das Interessanteste sind in der Tat die Äußerungen einzelner Orchestermitglieder, die einem die humane Dimension hinter einem Spitzenorchester mit seinen großen Auftritten und Einspielungen vor Augen führt: das Außenseitertum heranwachsender (Wunder-)Instrumentalisten und die Folgen solchen Außenseitertums für das spätere Leben, die Versagensängste, das Lampenfieber, der Gruppendruck, der tägliche Kampf mit dem eigenen Instrument, die Angst vor dem einen falschen Ton, der Griff zur Flasche(!), der Ausgleich von Egozentrik und dem notwenigen aufeinander Hören, das vollkommene Glück eines gelungenen Zusammenspiels etc. Die Äußerungen sind zum Teil erstaunlich offen und ungeschützt. Obgleich dem Film insgesamt noch etwas von einem Werbefilm anhaftet, ist es wohl so, dass sich das Filmteam zuvor vom Orchester volle Freiheit bei der Entscheidung über die Materialauswahl zusichern lassen. Es klingen durchaus auch kritische Töne an. So scheint das Orchester - wie es der Untertitel des Films nahelegt - wohl tatsächlich auf der Suche nach einem einheitlichen Klang zu sein. Der 1. Konzertmeister gestand ein, beim Spiel nach dem "Karajan Klang" zu suchen.


    Die Verbindung dieser humanen Seite mit den alltäglichen Problemen der Musiker und der Asienreise wirkt ein wenig aufgesetzt und zusammenhangslos. Aber wahrscheinlich braucht ein solcher Film auch spektakuläre Bilder wie den Landeanflug auf Hong Kong (bei dem man meint, es handele sich um einen R. Emmerich Film und die Stadt würde gleich explodieren) oder den an ein Pop-Konzert erinnernden Auftritt vor über 30.000 Menschen.


    Die Beziehung zwischen Rattle und dem Orchester wirkt nicht völlig ungetrübt. Ich habe den Eindruck, dass das Orchester Rattles innovativen Ansatz und seine expressive Musikalität schätzt, aber sich vielleicht doch ein wenig nach der das Orchester führenden und einenden Hand sehnt. Rattle wirkt eher wie ein (nicht immer sicherer) Experimentierer, denn ein Visionär.


    Wenn sagitt meint, der "Diktator" habe ausgedient, so ist zunächst einmal festzuhalten, dass es grundsätzlich auch heute bei 120 Musikern einen geben muss, der führt. Gleichwohl gibt es jedoch diesen "Diktator" (in einem extremen Sinne) wohl schon seit Toscanini, Reiner, Szell(?) nicht mehr. Karajan jedenfalls war kein Diktator vor dem Orchester. Dazu hat er das Orchester, wie vielfach von den Musikern in geradezu wehmütiger Rückbesinnung selbst bezeugt wird, viel zu frei agieren lassen. Es war bei ihm sehr oft ein improvisierendes miteinander Musizieren, freilich auf Grundlage intensivster Probenarbeiten und unter der Voraussetzung großer Musikalität der Beteiligten. Am Konzertabend selbst ließ er die Musik sehr bald und regelmäßig frei fließen, was manchmal zu Sternstunden und manchmal durchwachsenen Aufführungen führte. Der Eindruck des Unterdirigierens, der bei Karajan manchmal aufkommen konnte, hat in diesem "laufen lassen" seine Ursache. Das erfordert hohe Virtuosität und Sicherheit.


    Loge

  • Der Übersicht halber füge ich meinen Beitrag aus dem Rhythm Is It - Thread noch einmal hier ein. Dann muss die Diskussion nicht parallel geführt werden....



    Ich habe mir Trip to Asia eben in einem kleinen, aber feinen Programmkino angeschaut. Mein Eindruck ist zwiespältig. Kurz zum Thema: Der Film erzählt mehr oder weniger vom Innenleben der Berliner Philharmoniker, das auf der Tour nach Peking, Schanghai, Seoul, Hongkong, Taipeh und Tokio vom selben Filmteam begleitet wurde, das bereits die Tanzprojekte in Szene gesetzt hatte. Musikalisch im Mittelpunkt stehen Strauss' Heldenleben, Beethovens Eroica und Asyla von Thomas Ades (was ich übrigens noch nicht kannte, mich aber überaus fasziniert hat).


    Die Gespräche mit den Musikern während der Tour drehen sich um die vielfältigen Aspekte des Lebens eines Spitzenorchester-Mitglieds: Wie organisiert sich eine solche Ansammlung von Könnern? Wie fügt jedes einzelne Ego sich in ein Gesamtkonzept? Wie belastend oder inspirierend ist die Tradition? Wie bewältigen die Musiker, die in erster Linie ja auch erst einmal "normale" Menschen sind, den Anspruch, stets Höchstleistung zu vollbringen? Wie ist der Dialog zwischen den annähernd drei Generationen, die bei den Philharmonikern spielen? Hier gewährt der Film interessante, berührende, manchmal auch komische Einblicke.


    Das Problem aber ist die Aufbereitung, der Schnitt des Films. Mehr als ein Satz wird den Protagonisten kaum gegönnt, denn dann wird wird wieder ein Tempel in Korea zwischengeschnitten. Noch ein Satz - Schnitt auf das hektische Straßenleben Tokios. Drei Worte Rattles zur Macht der Musik - und ab zur Skyline Hongkongs! Die Ruhe, Erhabenheit, die immense Größe von Musik und die tiefe, langjährige oder lebenslange Beschäftigung der Beteiligten mit ihr wird leider durch die clipartige Hochglanzästhetik konterkariert.


    Insgesamt durchaus sehenswert, aber kein Muss....


    LG
    B.

  • Sagitt meint:


    a)Werbung sieht in meinen Augen anders aus: glatte Fassade,über den Klee preisen.
    Hier gibt es viele Aussagen in den Film, die die Brücke erkennen lassen, nicht nur due Flötistin, die die Probezeit nicht übersteht, auch die Überstrapazierung der Gemeinschaft.


    b) Schon bei Abbado gab es Moserei, dass er eher kollegial sei. Ist denn der " alte Stil" überhaupt noch durchführbar. Die Menschen haben sich gewandelt. Ich erinnere mich an heftige Konflikte von Celibidache- alter Stil- mit jungen Musikern beim SH-Festival. So wollen jüngere keinen Umgang mehr.


    Führung durch auctoritas wird sicher immer gefordert werden, aber nicht autoritär.