ZitatThreads, die ich fast eröffnet hätte, es aber aus irgendwelchen Gründen doch nicht getan habe...
Der Grund war hier, daß ich das zu besprechende Werk in die Lostrommel für "Alle hören das gleiche Werk" warf - aber mir dauert das einfach zu lange...
:boese2:
Hoffen auf Glück ist meine Sache nicht - ich tue lieber etwas.
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Ich verrate nichts Neues mit der Angabe, daß es von Beethovens bekanntem Violinkonzert D-Dur op. 61 eine Klavierfassung gibt.
Neben der wunderbaren Klaviertriofassung der 2ten Sinfonie, die von Beethoven selbst stammt, gibt es eine Reihe von Bearbeitungen fremder Hand, die Beethoven angeblich absegnete bzw. an denen Beethoven zum heute nicht mehr nachvollziehbaren Anteil selbst mit Hand anlegte. Dazu gehören u.a. die Bearbeitung des 4ten Klavierkonzerts op. 58 als Kammerversion [Streicher ohne Bläser], die 7te Sinfonie A-Dur op. 92 für Bläserseptett sowie eben auch das Violinkonzert in der Fassung für Klavier und Orchester.
Das Violinkonzert selbst, komponiert 1806, widmete Beethoven auf dem Papier dem Besteller des Werkes, Franz Clement [18.11.1780-03.11.1842] mit den Worten Concerto par Clemenza pour Clement, primo violino e direttore al teatro a Vienne dal. L. v. Bthvn, 1806. Der erste Geiger des Theaters an der Wien, Franz Clement, führte das Werk am 23. Dezember 1806 erstmals in der Öffentlichkeit auf. Im Erstdruck jedoch widmete Beethoven das Werk seinem Freund Stephan von Breuning [1774-1827]. Die Familie von Breuning kannte Beethoven bereits aus Bonner Zeiten, zu denen er noch von Breunings Geschwister unterrichtete. Von Breuning zog im Jahre 1801 nach Wien, führte dort u.a. 1805 Beethovens Fidelio urauf und wurde später zum Nachlassverwalter Beethovens - der am 17 August 1774 ebenfalls in Bonn geborene Stephan von Breuning starb wenige Monate nach Beethovens Tod am 4. Juni 1827 Tod in Wien.
Einige Zeit nach der Uraufführung des Violinkonzertes erhielt von Breunings erste Frau jene Klavierfassung des Konzertes. Wer diese Fassung wirklich anfertigte, lässt sich heute nicht mehr eruieren. Man nimmt an, daß diese entweder von Beethoven selbst stammt oder er zumindest ein bis zwei Augen auf diese Produktion geworfen hat. Die Kadenz zum ersten Satz wurde jedenfalls eigens für diese Fassung komponiert und dürfte als Besonderheit wegen des integrierten Paukensolos bekannt sein.
Ich persönlich mag diese Variante sehr gerne, zumal weitaus lieber als das originale Violinkonzert. Chronologisch lässt sich diese Fassung zwischen dem 4ten Konzert [op. 58] und dem 5ten Konzert [op. 73] quasi als Klavierkommafünfkonzert einordnen. Und es bereichert die 5 bekannten Konzerte ungemein, steht es doch musikalisch relativ nahe an meinem Lieblingskonzert Nr. 4 in G-Dur. Man hat eben so seine Instrumentalvorlieben - mir steht das Klavier wesentlich näher als die Solovioline [vielleicht macht sich einmal jemand die Mühe, van Rossums Violinkonzertsammlung für Klavier zu transskribieren...]. Daneben bin ich bei solchen Bearbeitungen nicht unkritisch - nehme und höre nicht jeden Mist: Aber diese Fassung ist einfach genial! Nicht zuletzt wegen der Kadenz im ersten Satz...
Als Einspielungen liegen mir vor:
Klavierkonzert D-Dur op. 61a
nach dem Violinkonzert
Jenö Jandó, Klavier
Nikolaus Esterházy Sinfonia
Béla Drahos
als preiswerte Einstiegsdroge, zudem sehr schön musiziert, wenn auch für meinen Geschmack nicht umwerfend genug. Die CD enthält zudem das Triple-Konzert op. 56 unter Zurhilfenahme von Dong-Suk Kang, Violine und Maria Kliegel, Violoncello.
Faszinierend und geradezu offenbarend ist jedoch folgende Interpretation:
Klavierkonzert D-Dur op. 61a
nach dem Violinkonzert
Boris Berezovsky, Klavier
Swedish Chamber Orchestra Örebro
Thomas Dausgaard
Diese CD enthält darneben das 4te Klavierkonzert op. 58 mit einer ganz wunderbaren Kadenz. In beiden Fällen des op. 61a wird die "Pauken-Kadenz" gespielt - in der Einspielung mit Berezovsky klingt sie jedoch völlig anders, man sollte diesen Vergleich machen.
Zu erwarten [eigentlich sollte sie längst Mitte März bei alpha erschienen sein] ist noch die HIP-Version mit dem Ensemble Crisofori und Arthur Schoonderwoerd am Hammerflügel, wobei hier das 3te Konzert c-moll op. 37 inkludiert sein soll.
Warten wir's ab...
Wie sind Eure Erfahrungen mit dieser Version des Violinkonzertes als Klavierkonzert? Welche Einspielungen muß man unbedingt kennen und haben?
Viele Grüße
Ulli