Bernhard Paumgartner - Musikwissenschafter - Komponist - Dirigent

  • Liebe Forianer


    Heute wurde in einem anderen Thread der Name Bernhard Paumgartner fallengelassen. Da ich erst vor einigen Tagen darüber nachdachte wie flüchtig doch die Zeit ist - als ich mich nämlich zufällig auf Paumgartner besann, und mir in Erinnerung rief, welch wichtige Rolle der Mann doch bei den Salzburger Festspielen gespielt hatte, und welch eine Krise dies für die Salzburger Camerata Academica Salzburg war, als ihnen der Dirigent wegstarb - damals eine Galionsfigur der Festpiele


    Heute scheint er weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden zu sein, was eigentlich eine Schande ist, betrachtet man den Lebensweg, das Umfeld und die Leistungen dieses Dirigenten - als solcher ist er wohl den meisten am ehesten in Erinnerung.


    Geboren wurde Bernhard Paumgartner am 14.11.1887 in Wien.
    1911 promovierte er zum Dr. jur.
    Er studierte under andem Dirigieren bei Bruno Walter, war als Korrepititor an der Wiener Hofoper tätig und leitete 1914-17 das Tonkünstlerorchester.
    Die Camarata Academica, ein Klangkörper der aus Studenten und Professoren des Salzburger Mozarteums zusammengesetzt war, wurde 1929 von Paumgartner ins leben gerufen.
    Von 1945-1953 war er Direktor des Mozarteums, von 1953-1959 dessen Präsident.


    Er war Mitbegründer der Salzburger Festspiele - und ab 1960 deren Präsident.


    Er war des weitern als Komponist tätig, meine Quellen nennen Opern und Balette...


    Als Musikforscher verfasste er Werke vor allem über Mozart, aber auch mit Barockmusik setzte er sich auseinander.


    Die Leopold Mozartsche Violinschule wurde von ihm 1922 neu im Faksimile-Druck herausgegeben


    .


    Vor allem aber gab und gibt es zahlreiche Aufnahmen mit Bernhard PAumgartnerund der Salzburger camerata Academica, welche nach seinem Tod am 27. 7. 1971 Salzburg für etliche Zeit in die (relative) "Bedeutungslosigkeit" zurückfiel, aus der sie erst Sandor Vegh wieder zurückholte....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Und seine Tante, die k.u.k. Kammersängerin Rosa Papier-Paumgartner, liegt in meinem ländlichen Provinznest begraben, und ich habe schon so manches Blümchen auf den Gruftdeckel gelegt. (Das Grab sollte vor einigen Jahren aufgelassen werden, angeblich hat das Mozarteum Salzburg die Gebühren übernommen!)
    Sorry, ist ein wenig OT!
    lg Severina :hello:

  • Paumgartner scheint neben alledem wie der Organist und Motorradrennfahrer Wolfgang von Karajan, der ältere Bruder Herbert von Karajans, ein rechter Motorrad-Freak gewesen zu sein. Beide fungierten zuweilen auch als Sprecher bei Motorradrennen.


    Den bedeutendsten Moment für die Musikkultur des 20. Jahrhunderts hatte Paumgartner wohl, als er dem jungen Pianisten Herbert von Karajan, nachdem er ihn ebenfalls zu einem Motorrad-Freak gemacht hatte, riet, Dirigent zu werden.


    Hoch lebe Bernhard Paumgartner!


    Loge

  • Lieber Loge


    So sehr ich mich über Deine witzig-pointierten Statements amüsiert habe - so sehr muß ich ihnen dennoch widersprechen:


    Bernhard Paumgartner genoss in der Mozartszene zu Lebzeiten höchste Verehrung - war eine Mozart-Ikone Salzburgs. Das gilt auch für sein Orchester, die Camerata Academica - Heute "Camerata Academica Salzburg" die bis zu seinem Tode hohes Ansehen in Sachen "Mozartkompetenz" genoss.


    Paumgartners Rang mag für jene eine wenig ins rechte Licht gerückt werden, wenn ich festhalte, daß seine Partner hochkarätig waren, so etwa Clara Haskil, Geza Anda, Walter Klien und andere.
    Seine Aufnahmen wurden im ORF übertragen und auch auf Deutsche Grammophon veröffentlicht, das Meiste leider in MONO.....


    Er bekam zahlreiche Auszeichnungen, so die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg...


    Heute gibt es eine Auszeichnung die nach ihm benannt wurde:


    "Die Bernhard-Paumgartner Medaille der internationalen Stiftung Mozarteum"


    Dennoch muß leider gesagt werden, daß sein Nachruhm - im Gegensatz etwa zu HvK vergleichsweise bescheiden ist.....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • wie war es noch : nicht schlechtes über tote !


    aber ich muss hier jetzt etwas loswerden.


    vor fast 30 jahren gehörten einige einspielungen mit haydn-sinfonien unter paumgartner zu meinen ersten platten !
    gerade habe ich nach sehr langer zeit wieder einmal die ersten beiden tageszeiten-sinfonien auf dem plattenteller gehabt - für mich ist das was ich hier zu hören bekomme wirklich der gipfel der biederen verzopftheit !!!


    dagen ist z.b. diese mit der berliner staatskapelle unter günther herbig von 1973 geradezu hip !



    als alternative zu paumgartner würde ich diese werke doch lieber einmal interpretiert von dem herrn mit dem kleinen unterschied (Baumgartner!!!) hören :untertauch:

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

  • Heute ist der Todestag von Bernhard Paumgartner, der am 14. November 1887 geboren wurde und am 27. Juli 1971 starb. Dazu habe ich dies ausgesucht:




    Heute ist sein 44. Todestag.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zur Ergänzung - auch im Hinblick auf Statement Nr. 2 - sollte noch darauf hingewiesen werden, daß die im 19. Jahrhundert sehr berühmte Hofopernsängerin Rosa Papier, die Mutter Paumgartners (übrigens auch die Gesangslehrerin und Förderin von Anna Bahr-Mildenburg), maßgeblichen Anteil an der Berufung Mahlers als Hofoperndirektor hatte, auch durch die guten persönlichen Bekanntschaften, die sie aus ihrer eigenen Zeit an der Hofoper noch mit wichtigen Beamten der Kulturbürokratie unterhielt.
    Da Mahler im Hause Papier-Paumgartner verkehrte, kannte ihn Bernhard Paumgartner persönlich recht gut.
    In späteren Jahren hat er einmal festgestellt - ich habe dies an anderer Stelle bereits ausgeführt - daß die Interpretationsstile Mahlers und Karajans, insbesondere in Bezug auf die Klangvorstellungen, die beide verwirklichen wollten, sich geähnelt hätten.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • In späteren Jahren hat er einmal festgestellt -ich habe dies an anderer Stelle bereits ausgeführt-daß die Interpretationsstile Mahlers und Karajans, insbesondere in Bezug auf die Klangvorstellungen, die beide verwirklichen wollten, sich geähnelt hätten.


    Bei dieser Äußerung bin ich eher skeptisch, lieber Joachim. Denn als Mahler starb, war Paumgartner gerade mal 24 Jahre alt. Wie viel hat er überhaupt gehört von Mahler und konnte er das in dem Alter überhaupt richtig beurteilen? Ab Januar 1908 war Mahler zudem in New York aktiv, d.h. die Bekanntschaft mit Mahlers Konzerten muß bei Paumgartner also von vorher stammen, aus einem Alter von unter 21 Jahren! Und Karajan erscheint erst 30-35 Jahre später auf der Bildfläche. Wo da ein seriöser Vergleich herkommen soll, bleibt mir etwas schleierhaft!


    Schöne Grüße
    Holger

  • Paumgartner nimmt eine Brückenfunktion zwischen der (späten) Mahler-Ära und der Karajan-Zeit ein. Er hat zweifellos bis 1907 viele Mahlerdirigate in der Hofoper miterlebt und diesen auch persönlich - wie gesagt - gut gekannt. Bei Mahlers Demission aus Wien war er immerhin 20 Jahr alt, also durchaus schon in der Lage, insbesondere bei seiner eigenen musikalischen Begabung die Interpretationsweise Mahlers beurteilen zu können.
    Andererseits kann man ihn mit einer gewissen Berechtigung als einen der "Lehrer" Karajans bezeichnen.
    Paumgartners Bemerkung stammt aus einem Interview, als er gefragt wurde, warum Karajan - zum damaligen Zeitpunkt - noch keine Mahler-Sinfonien veröffentlich habe. Paumgartner antwortete sinngemäß, daß Karajan sicherlich eines Tages Mahler interpretieren würde, weil ... und da folgte der oben zitierte Interpretationsvergleich.
    Das Lebensalter spielt bei bedeutenden künstlerisch begabten Persönlichkeiten nicht unbedingt eine große Rolle; Mahler selbst trat mit 20 Jahren seine erste Kapellmeisterstelle an (wenn auch in Bad Hall) und vollendete im gleichen Jahr das Klagende Lied!


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • Das Lebensalter spielt bei bedeutenden künstlerisch begabten Persönlichkeiten nicht unbedingt eine große Rolle; Mahler selbst trat mit 20 Jahren seine erste Kapellmeisterstelle an (wenn auch in Bad Hall) und vollendete im gleichen Jahr das Klagende Lied!


    Ja - Junggenies, "Wunderkiender" gibt es in der Musik (etwa unter den Dirigenten auch Lorin Maazel ) sehr viele, wie es auch ganz junge Mathematikgenies gibt. Nur Aristoteles wußte schon, dass es bei der Beurteilung von politischen Angelegenheiten keine Junggenies gibt, dafür braucht man Reife und viel Erfahrung. Einen Dirigierstil zu beurteilen verlangt glaube ich sehr viel.


    Ich würde ja noch Paumgartners Äußerung etrwas abgewinnen können, wenn nicht so Gewichtiges dagegen sprechen würde. Erst einmal verkörpert Karajan geradezu das Gegenteil von dem, was Mahler immer gefordert hat für die Musik und das Dirigieren: die "Deutlichkeit". Wenn ich auch Karajans Aufnahme der 5. Mahler sehr schätze, so muß ich doch sagen, dass ich Karajans und Mahlers Art Musik aufzufassen für im Grunde völlig wesensfremd halte. Die Kindertotenlieder klingen bei Karajan wie ein üppiger Richard Strauß und die 9. Symphonie erschließt sich ihm überhaupt nicht - das ist völlig "unpersönlich", geradezu erkältend indifferent im Großherrenstil dirigiert. Genau das paßt nun gar nicht zu Mahler - da sind die Dirigenten, die Mahler direkt beeinflußt hat, nämlich Bruno Walter und Otto Klemperer, weitaus authentischer.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Im Grunde bewegen wir uns hier in einer "Geisterdebatte", da wir zwar Karajans Interpretationen aus seinen Schallplattenaufnahmen oder seinen Konzerten kennen, wir Mahlers Interpretationsstil jedoch nicht unmittelbar beurteilen, sondern höchstens aus zeitgenössischen Beschreibungen heraus ableiten können.
    Paumgartner hatte eben den uneinholbaren Vorteil, beide persönlich gekannt und ihre Konzerte besucht zu haben.
    Einigen können wir uns sicher dahingehend, daß Mahlers Werk nicht zu Karajans besonderen Vorlieben zählte; dies hat auch Peter Uehling in seiner Karajan-Biografie herausgestellt.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)