Hallo Freunde traditioneller Inszenierungen,
wo werdet Ihr noch fündig? Welche weltweit noch im Repertoire befindlichen Inszenierungen verweigern sich dem Regietheater? Wo findet Ihr Eure Inseln, mal ganz abgesehen vom heimischen Kopfhörer?
Vielleicht können wir uns gegenseitig Brücken von Insel zu Insel bauen, indem wir für jede Spielzeit, die Inszenierungen benennen, die das Libretto nicht gegen den Strich bürsten.
Ich persönlich habe nämlich schon lange keine Lust mehr, Vorstellungen zu besuchen, in denen ich Wesen und Inhalt total entstellt wiederfinde. Das Geld ist mir zu schade.
Also im Rheinland gab und gibt es in der Saison 2007/08 wenig, was diese Kriterien erfüllt:
[/list] Düsseldorf wirft wieder den von Ponelle inszenierten "Rigoletto" mit Renaissancekostümen, Wandmalereien und üppiger Bettlandschaft ins Rennen.
[/list] Und auch die alte Inszenierung von "Hänsel und Gretel" stand wieder auf dem Programm, mitsamt Waldpanorama, Engelstreppe und windschiefem Lebkuchenhaus.
[/list] "Die Meistersinger" - hier kann man wirklich noch von Nürnberg sprechen: Spitzgiebel, Fachwerk und Butzenscheiben at its best!
[/list] "Der fliegende Holländer" gibt sich relativ gemäßigt. Das Ganze bietet immerhin Schiffe, Spukereien und Wellenmeer - aber auch eine kapitalistische Industriespinnstube. Man kann's überleben.
[/list] "Der Nussknacker" ist der Renner in Düsseldorf: Eine opulente Weihnachtsmär mit Schnee und Tschinderassabumm.
Bonn - Fehlanzeige! Hier triumphiert das Regietheater und ich kann nur einen weiten Bogen empfehlen, will man nicht geschockt miterleben. wie "Faust und Margarethe" entstellt über die Bühne wanken.
Der in Köln arg gemobbte Intendant hat sich jede Spielzeit bemüht einen Ausgleich zwischen traditionell und modern inszenierenden Regisseuren herzustellen. Mal mehr, mal weniger mit Erfolg.
[/list] In dieser Spielzeit gab es einen von der Kritik zerfetzten und vom Publikum gestürmten "Freischütz" mit Rieseneiche, Biedermeierkostümen und einem wirklich fiesen Samiel. Die Fotos sprechen für sich.
[/list] Der von Rose inszenierte Hänsel bietet Wald, Lebkuchenhaus und Engel - aber auch einige unmotivierte Regiemätzchen, die man aber schnell vergisst, da das Gesamtkonzept dem märchenhaften verpflichtet ist.
[/list] "Die Fledermaus" im Jugendstilambiente. Von Betulichkeit keine Spur. Diese Fledermaus kommt recht bissig daher und bietet einen sehr umfassenden Gesellschaftseinblick. Gelangweiltes Bürgertum, das im Ambiente von 1001 Nacht der Doppelmoral frönt.
So, das wär's erst Mal. Gehe noch mal meine Programmhefte dieser Saison durch. vielleicht finde ich ja noch die eine oder andere krakenverwehrende Insel.
LG,
Christoph