Er war ein österreichischer Komponist, der am 23. März 1878 in Monaco geboren wurde und am 21. März 1934 in Berlin starb: Franz Schreker.
Seine Opern galten als Inbegriff der Sensation: Verrucht und ekstatisch, voller Erotik. Schwelgerische Kantilenen, gestützt von irisierenden Akkorden. Auflösung der Tonartenbeziehungen durch Tonartenüberlagerungen, Alterationen, Terzenstapel. Diffuse Farbespiele und exzessive Eruptionen. Das alles charakterisiert seine Musik. Und vermag doch den Eindruck nicht wiederzugeben, den diese Klänge im Zuhörer hervorrufen.
Schreker, geboren als Schrecker, war der Sohn eines jüdischen Hoffotografen. Seine Mutter entstammte einer altsteirischen Adelsfamilie. Schreker studierte in Wien bei Robert Fuchs. 1912 übernahm er selbst eine Kompositionsklasse an der Akademie für Tonkunst in Wien. Von 1920 bis 1931 war Schreker Direktor der Berliner Hochschule für Musik. Die Nationalsozialisten zwangen ihn zum Rücktritt. Immerhin konnte er von 1932 bis 1933 eine Kompositions-Meisterklasse an der Preußischen Akademie der Künste leiten. Danach ging nichts mehr: Schreker wurde dank kräftiger Interventionen des Komponisten Max von Schillings, der ironischerweise krampfhaft versuchte, Schrekers Stil zu imitieren, zwangspensioniert. Von diesem Schlag erholte sich Schreker nicht mehr. Er verfiel zusehends, erlitt einen Schlaganfall und starb an einem Herzinfarkt.
Schrekers Musik kann man in drei Perioden einteilen.
1) Romantische Periode.
Sie umfaßt die Werke von etwa 1896 bis 1909. Hauptwerke sind die Oper "Flammen", die symphonische Ouvertüre "Ekkehard", die Pantomime "Der Geburtstag der Infantin" und das Orchesterwerk "Phantastische Ouvertüre".
In diesen Werken schreibt Schreker einen wenig ausgeprägten Stil, der fest in der Tradition der Romantik verwurzelt ist. Einflüsse von Wagner und Humperdinck sind auszumachen, die Melodik ist nicht immer frei von Banalität. Allerdings zeigt Schreker schon in diesen Werken einen feinen Sinn für Instrumentalfarben und raffinierte Klangmischungen.
2) Expressionistische Periode
Sie umfaßt die Werke von 1909 bis etwa 1924. Hauptwerke sind die Opern "Der ferne Klang" (1912), "Das Spielwerk und die Prinzessin" (1912; 1915 zu "Das Spielwerk" umgearbeitet), "Die Gezeichneten" (1918 ), "Der Schatzgräber" (1920), "Irrelohe" (1924), Kammersinfonie (1916).
Für die Werke dieser Periode ist Schreker berühmt - und teilweise auch berüchtigt. Er schreibt seine Libretti selbst in einer eigenartig stammelnden, wie in höchster Errgeung hervorgestoßenen Sprache, im Zentrum steht meist ein Gegensatz von übersteigertem Schönheitsempfinden und ungehemmter Sexualität. Die Psychoanalyse trifft auf Kunstmärchen, wie sie im Symbolismus beliebt sind. Nur "Der ferne Klang" ist zwei Akte lang eine weitgehend realistische Oper mit starken Querbezügen zum Verismo, im dritten Akt allerdings führt der sterbende Komponist Fritz in jene neuen Klangwelten, die ab diesem Moment das Schaffen Schrekers bestimmen.
Die Funktionsharmonik wird aufgegeben, auch die nach herkömmlicher Harmonielehre definierbaren Akkorde. An ihre Stelle treten raffinierte Reizklänge, die nur durch das Spannungsgefälle miteinander verbunden sind. Auflösungstendenzen allüberall. Formen schimmern nur noch im Hintergrund durch, Melodien entwickeln sich aus hastigem Rezitativ und gehen in es über, es gibt balladeske Stellen, deren Tonfall an Mahler erinnert, und harsch dissonierende Klangsäulen. Das Extremwerk ist "Irrelohe": Übereinandergeschichtete Tonarten und permanente Modulationen verursachen, dass Tonarten sogar dort, wo sie vorhanden sind, wirkungslos werden und nur noch als Klangnuance fungieren.
3) Neoklassizistische Periode
Sie umfaßt die Werke von 1924 bis 1933. Hauptwerke sind die Opern 1924–1928: "Christophorus oder Die Vision einer Oper" (1928 ), "Der singende Teufel" (1928 ), "Der Schmied von Gent" (1932).
Allgemein wird behauptet, Schrekers Schaffenskraft sei nach "Irrelohe" erlahmt. Nur: So einfach ist das nicht. "Christophorus", das Kuriosum einer Oper über die Entstehung eines Streichquartetts, ist ein Experiment in Sachen Rezitativ. Das Orchester ist zurückhaltend, trägt auch nur selten kräftigere Farben auf. "Vision einer Oper" ist ein zutreffender Titel, denn es ist eine Oper, die mit Absicht skizzenhaft ausgeführt ist.
Im "Singenden Teufel" und im "Schmied von Gent" kommt dann der Kontrapunkt wieder zu seinem Recht. Allerdings verdichtet er sich auch zu klanggewaltigen Höhepunkten. "Der Schmied von Gent" ist dabei eine geradezu melodieselige Volksoper, der Jubel der Engelchöre am Schluß gehört mit zum Überzeugendsten, was in dieser Zeit für die Bühne geschrieben wurde.
Eine weitere Periode deuutet sich in der Ouvertüre zu "Memnon" (1933) an: Karge, schmucklose Linien stehen hier in Kontrast zu raffinierten Klangoasen, womit eine Synthese der zweiten und dritten Periode erreicht wird - wobei allerdings die neoklassizistischen Elemente weiter entschlackt, andererseits die Harmonik aber wieder stark ausgeweitet wird. Da das "Memnon"-Vorspiel das einzige Werk in dieser synthetischen Sprache ist, kann nicht mit Sicherheit auf den Beginn einer weiteren Schaffensphase geschlossen werden.
Schreker war auch ein bedeutender Lehrer: Grete von Zieritz, Ernst Krenek, Karol Rathaus, Alois Hába, Max Brand, Jascha Horenstein und Artur Rodzinski zählen zu seinen Schülern. Ob er ein guter Lehrer war - da gehen die Meinungen auseinander: Ernst Krenek und Grete von Zieritz berichteten beide, daß Schreker es ungerne sah, wenn man sich stilistisch allzu weit von ihm entfernte. Dennoch hat Schreker Schüler gehabt, die in ihrem Werk denkbar weit voneinander entfernt sind. Vielleicht hat er ihnen beigebracht, so neugierig zu bleiben, wie er selbst zeitlebens war und sich nicht durch Anfeindungen beirren zu lassen.