Vorstellung des Vokalensembles "Polyphony"

  • Jeder Freund der Chormusik, der sich eingehender mit Chormusik beschäftigt, bemerkt schnell dass es große Qualitätsunterschiede zwischen den ausführenden Chören. Mit der Zeit und der Menge an gehörten CDs und besuchten Konzerten steigt der persönlich Anspruch, den man an einen Chor anlegt. Neben der technischen Qualität entweckelt man auch Vorlieben und Abgneigungen bezüglich des Klanges bzw. Klangfarben, Ensemblegröße und -art. Neben vielen guten professionellen und semiprofessionellen Chören gibt es einige, die aufgrund ihrer chorischen Qualitäten oder anderen Dinge aus der Masse der Vokalensembles hervortreten.


    Diese "Chor-Perlen" sollen in der Folge vorgestellt werden. Dieser Thread soll daher auch ein Beginn sein, dem weiter Threads mit Vorstellung herausragender chorischer Ensembles folgen sollen. Ich bin schon jetzt gespannt auf Eure Favoriten-Chöre und Vokalenselmbles.. :)



    Den Beginn möchte ich mit der Vorstellung eines englischen Chores machen:


    Polyphony




    Werdegang


    Das Ensemble Polyphony wurde 1986 von Stephen Layton eigens für ein Konzert in der King’s College Chapel in Cambrigde gegründet. Schnell entwickelte der Chor sich zu einem in der Fachwelt angesehenen Spitzenensemble, dessen sein Ruf mittlerweile weltweit einen sehr guten Klang hat. Mittlerweile führen den Chor Konzertreisen in ganzen Welt, zudem liegen über 20 teilweise vielbeachtete CD-Einspielungen vor.


    Polyphony besteht aus 21 Sängern. Damit ist es eigentlich prädestiniert für Literatur für Kammerchor. Dennoch führte das Ensemble von Begin an regelmäßig chorsinfonische Werke wie Messen, Passionen und Requien auf. Gerade diese Aufführungen wurden schnell eine feste Instanz in der Londoner Konzertszene und sind bis heute außerordendlich beliebt. Ein weiteres Hauptaugenmerk der Chorarbeit war die Pflege der zeitgenössischen (mehrheitlich postmodernen) Musik. Beispielhaft dafür stehen viele (Ur)aufführungen der Werken von (Tavener, Pärt, Lauridsen, Whitacre, Vasks, Macmillan oder Rutter.


    Seit der Gründung von Polyphony leitet Stephen Layton das Ensemble bis zum heutigen Tage. Außerdem ist er ist er Chefdirigent des Netherland Chamber Choir sowie Gastdirigent des Danish National Choir. Des weiteren ist er künstlerischer Leiter der Holst Singers und musikalische Rektor der Trinity College Cambridge.


    Einspielungen von Polyphony konnten mehrfach wichtige Preise gewinnen bzw. nominiert werden:

    • Gramophone Awards 2001 - Auszeichnung der CD Sacred and Profane mit Werken von Benjamin Britten als "Best of Category (Choral)"
    • Gramophone Awards 2002 - Nominierung der CD Coronation Te Deum mit Werken von William Walton
    • Gramophone Awards 2004 - Auszeichnung der CD Triodion mit Werken von Arvo Pärt als "Best of Category (Choral)"
    • Grammy Awards 2006 - Nomination der CD Lux aeterna mit Werken von Morten Lauridsen
    • Grammy Awards 2007 - Nomination der CD Cloudburst mit Werken von Eric Whitacre



    Klangkultur


    Den Klang von Polyphony könnte man als typisch englisch bezeichnen. Satte und profunde und sehr reif geführte Männerstimmen auf der einen Seite und verhältnismäßig scharf tönende Frauenstimmen mit viel Metall und denn bei Bedarf weicher Stimmgebung lassen ein sehr spezifisches Klangbild entstehen. Hinzu kommt ein sehr sparsam eingesetztes Vibrato, welches lediglich in den expressivsten Stellen stärker eingesetzt wird.
    Die großen Stärken von Polyphony sind zum einen eine beeindruckende Präzision. Bei (Schluss)konsonanten klapptert kein "t" oder "s", Tonwechsel werden in einer Stimme oder im gesamten Chor extrem präzise gesetzt. Hinzu kommt die sehr einheitliche Vokalfärbung, welche dem Chor eine sehr große Tonliche Durchschlagskraft verleiht. Der Chor wirkt bis auf die letzte Feinheit getunt, jede Kleinigkeit sitzt dort wo sie sitzen sollte. Hinzu kommt eine absolut herausragende Intonation, die in dieser Perfektion und Makellosigkeit nur von sehr wenig Enselmbles weltweit vorgewiesen kann.
    Mit diesen chorischen-technischen Fähigkeiten darf Polyphony als eines der weltweit besten Ensembles seiner Art bezeichnet werden.




    Diskographie


    Polyphony hat die beindruckende Anzahl von über 20 CDs eingesungen. Dabei konzentrierte es sich vor allem auf Komponisten des 20. Jahrunderts. Viele Werke waren und sind Ersteinspielungen, und die viele der CDs gelten auch noch Jahren ihrer Veröffentlichung als Referenzeinspielung. Dies gilt jedoch gleichermaßen für Aufnahmen älterer Komponisten wie Britten, Poulenc oder Cornelius. Sämtliche CDs werden durch das angesehene britische Label Hyperion verlegt.


    Im folgenden sollen einige CDs kurz benannt und besprochen werden:


    Eric Whitacre - Cloudburst

    Die Chorwerke von Eric Whitacre zählen momentan zu den beliebstesten und meist gesungensten zeitgenössischen Chorwerken überhaupt. Kein Chorwettbewerb veght ohne die mehrfache Aufführung mindestens eines seiner Stücke. Die typischen vielfach überlagerten wattig-wolkigen Klänge verlangen dem Chor eine besonderes Maß an Linienführung, Homogenität und vor allem Ausgewogenheit der Stimmen ab. In dieser CD ist Polyphony auf einem absoluten künstlerischen Höhepunkt zu erleben. Selbst für allerhöchste Maßstäbe sind Intonation, Homogenität und Präzision als unmenschlich gut zu bezeichnen. Diese CD hat einen echten Kultcharakter und gilt (neben der Ersteinspielung) als DIE Referenzeinspielung der Werke Whitacres.


    Morton Lauridsen - Lux aeterna / Nocturnes

    In diesen beiden CDs nimmt sich Polyphony der Musik des US-amerikanischen Komponisten Morton Lauridsen an. Dessen Musik verlangt ähnlich wie die von Whitacre eine enorme Homogenität der Einzelstimmen und Stimmgruppen untereinandern. Das Stück O magnum mysterium hat sich zu einem Renner in der Chorszene entwickelt und von wird von sehr vielen Chören gesungen. Im Vergleich zu den zahllosen CD-Einspielungen dieses Stücks (ich kenne mindestens 8 verschiedene; es gibt aber mit Sicherheit weit über 20) ist diese Aufnahme jedoch für mich die unangefochtene Referenz. Auch die anderen Werke von Lauridesen auf beiden CDs überzeugen.


    Arvo Pärt

    Schon früh nahm sich Polyphony der Werke des estnischen Komponisten Arvo Pärt an. Während auf der ersten CDs die bekanntesten Chorwärke Pärts eingesungen wurden (Berliner Messe, Magnificat, Sieben Antiphonen), enthält die 2. vielbeachtete CD unbekannterer Werke wie Dopo la vittoria, Nunc dimittis, Triodion, welche teilweise als Ersteinspielung vorliegen. Beide CDs sind dank der chorischen Möglichkeiten von Polyphony echte klangliche Leckerbissen und seien nicht nur Pärt-Fans sehr empfohlen.


    Benjamin Britten; Peter Cornelius; Anton Bruckner; Francis Poulenc


    Diese Einspielungen der Werke von Komponisten der Romantik wurden in der Fachwelt viel beachtet. Insbesondere die Britten-CD und Brucknerschen Motetten bzw. Messe sind in der Kritik hochgelobt und teilweise ausgezeichnet. Diese CDs kann ich ebenfalls nach vielfachem Anhören sehr empfehlen. Stellvertretend möchte ich das Ave Maria von Bruckner nennen, welches ich noch nie in einer derart intonationssicheren Version erleben konnte.


    James Macmillan; John Tavener; John Rutter


    Auch der Pflege zeitgenössischer brittischer Komponisten hat sich Polyphony verschrieben. Ich selbst kenne nur die CD mit Werken von James Macmillan, welche auf dem gewohnt sehr hohen Niveau musiziert ist. Die Kritik schreibt von einer "angenehm unemotionalen" Interpretation, welche ich bestätigen kann.


    Weitere CDs sollen im Folgenden nur benannt werden:




    Jedem Chormusik-Fan sollte dieser Chor und dessen Einspielungen nicht unbekannt sein. Selbst das verwöhntesten Ohr erlebt einen echten Ohrenschmauß, und die Perfektion und Intonation beeindruckt auch den versiertesten Chorsänger zutiefst. Nicht nur aus diesen Gründen ist Polyphony für mich ein "Über-Ensemble", an dem sich andere Chöre messen lassen müssen! :jubel:


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Hallo,


    seit kurzem ist eine neue CD mit den Chor The Polyphoy erschienen.



    Enthalten sind Chorwerke des britischen Komponisten Gabriel Jackson, welche von 1995 bis 20007 entstanden sind:

    • To Morning
    • Song (I Gaze Upon You)
    • Cecilia Virgo
    • Orbis Patrator Optime
    • Ave Maria
    • Hymn To The Trinity (Honor, Virtus Et Potestas)
    • Not No Faceless Angel
    • O Sacrum Convivium
    • Lux Mortuorum
    • Salve Regina
    • Salve Regina 2


    Die Musik Jacksons ist im postmodernen Stil gehalten und steht klanglich stark in der Tradition zeitgenössischer britischer Chormusik. Anleihen bzw. Einflüsse von Komponisten wie Eric Whitacre, John Rutter, John Tavener, Henrik Gorecki oder Javier Busto sind herauszuhören.


    Aus meiner Sicht sind die Werke von Gabriel Jackson keine echte Entdeckung, dafür sind die Klänge und musikalischen Strukturen zu wenig innovativ und zu wenig eigen. Gleichwohl ist es eine sehr schöne und klangstarke Musik, welche sicher nicht nur Liebhabern von Chormusik Freude beim Hören machen sollte.


    Zur Umsetzung der Musik durch The Polyphony unter Stephen Layton möchte ich nur so viel sagen: wie gewohnt auf allerhöchsten technischen und künstlerischen Niveau. Egal welche Musik dieser Chor anfasst, es gelingt und klingt. :jubel:


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello: