Zvolen: slowakische Erstaufführung von "I MASNADERI"

  • Welcher Festivaltourist oder auch „normale“ Opernfreund kennt Zvolen ? Ich bin vermutlich nicht der Einzige, dem diese historische Kleinstadt ziemlich genau in der Mitte der Slowakei nicht einmal vom Namen her ein Begriff war. Nie wäre ich jemals auf die Idee gekommen, in diesen auch mir bisher Ort zu einer Opernaufführung zu fahren. Und doch findet auf der Burg von Zvolen seit einigen Jahren jährlich ein von der Staatsoper in Banska Bystrica organisiertes Festival statt. Heuer standen unter anderem „La Traviata“, „La Boheme“ und die slowakische Erstaufführung von Giuseppe Verdi´s „I Masnaderi“ (alle in der Originalsprache) auf dem Programm. Und diese 1847 in London auf Schillers „Räubern“ basierende Oper war der Grund für meinen Kurzaufenthalt in der Slowakei.


    Rund um die Komposition der Oper beschäftigte sich Verdi auch mit „Macbetto“ und hatte auch schon erste Gedanken zu „Il Corsaro“ zu Papier gebracht. Kein Wunder also, wenn einzelne Passagen von „I Masnaderi“ an „Il Corsaro“ erinnern.


    Da nur eine einzige Aufführung am 26. Juni vorgesehen war, spielte man die Oper natürlich konzertant; eine szenische Produktion hätte auch jeden finanziellen Rahmen gesprengt. Und da der Hof der Burg auch akustisch nicht schlechter klingt, als viele Säle (wenn man die Übungsflüge zu einem nahe gelegenen Militärflugplatz überhört), bietet sich an einem schönen Sommerabend eine annähernd ideale Freiluftaufführung an.


    Allein das Wetter hatte mit den Besuchern kein Mitleid – ein heftiges Gewitter war schon am Nachmittag niedergegangen und dunkle Wolken ließen für den Abend nichts Gutes erahnen – und so wurde die Aufführung kurzerhand in das Theater von Zvolen verlegt. Dort war es wenigstens weniger schwül und auch die Polstersitze waren bequemer als die Holzbänke im Burghof gewesen wären.


    Chor, Orchester, den Dirigenten und einen Solisten stellte die Staatsoper von Banska Bystrica; für die anderen Solopartien konnte ein internationales Ensemble gewonnen werden. Den Carlo sang der spanische Tenor Ignacio Encinas, der leider unüberhörbar indisponiert war und somit in den höheren Lagen mit stimmlichen Problemen zu kämpfen hatte. Sein Bruder Francesco wurde mit mächtigem Bariton von Marco Chingari (Opernfreunden unter anderem von Auftritten in Essen und Berlin bekannt) verkörpert, der trotz der fehlenden Szene der Figur allein durch die stimmliche Präsenz die notwendigen Ecken und Kanten verlieh. Als Amalia stand Chiara Taigi, auch sie kann in ihrem Lebenslauf auf diverse Engagements in Deutschland verweisen, zwischen diesen beiden Männern. Die durchaus anspruchsvolle Partie, die Cavatina im ersten Akt beispielsweise ist voll mit Trillern gespickt und erinnert entfernt an manche der großen Sopranarien Bellinis, meistert mehr als anständig. Die für mich beste Leistung bot der spanische Bass Felipe Bou in der Rolle des Massimiliano, der Vater von Francesco und Carlo. Hier wächst ein schwarzer Bass heran, der für die Ensembles vieler Opernhäuser ein Gewinn wäre und dessen Weiterentwicklung ich sicher beobachten werde. Die kleinen Tenorpartien des Arminio und Rolla wurden mit Peter Schneider, der einen seiner Einsätze so verhaute, dass die Szene neu begonnen wurde, mit einem Hausmitglied besetzt. Als Gast aus Österreich konnte Stefan Tanzer in der Rolle des Moser mit großvolumiger Stimme punkten.
    Suboptimal klang der Chor, der vor allem in der Phrasierung viele Wünsche nicht erfüllen konnte. Und Ähnliches gilt für das Orchester, dessen Solocellistin nach dem Vorspiel zum ersten Akt jedoch berechtigt bejubelt wurde. Die eine oder andere kommunikative Pane zwischen den einzelnen Klangkörpern und den Solisten hätte vielleicht vermieden werden können, hätte Marian Vach ab und zu weniger tief in die Partitur und dafür mehr auf die Mitwirkenden geblickt.
    Trotz aller kritischen Anmerkungen würde ich den Abend aber in Summe als durchaus gelungen bezeichnen.


    Michael2