Zur Feier des Tages (mein 100. Beitrag) möchte ich etwas gezielter auf den wichtigsten Bereich meines Lieblingskomponisten eingehen.
Die pompösen Barockopern Lullys sind vielen nur durch Hörensagen bekannt, ich möchte hier die Gelegenheit nutzen um die bisher erschienen Aufnahmen vorszustellen (soviele sind es ja nicht).
Eine frz. Barockoper folgt einem festgelegten Schema: Sie besteht im Gegensatz zur italienischen Oper aus 5 Akten. Zusätzlich hat sie einen Prolog der unverholen das Lob des Königs (Louis XIV) besingt.
Jeder Akt verfügt über ein sogenanntes Divertissement, um dem Geschmack des frz. Publikums Rechnung zu tragen.
Das Divertissement besteht aus ausgedehnten Chor und Balleteinlagen.
Dies hat nur bedingt mit der Handlung zu tun, wirkt aber nie störend.
Die Handlung ist auschließlich der Mythologie und den Ritterepen entnommen. Die frz. Rezitative sind vollkommen anders gestrickt als die italienischen, hier wird nur in Reimen gesungen und ein ständiger Taktwechsel sind typisch.
Für die Poesie war Philippe Quinault zuständig, einer der beliebtesten Dichter der Zeit.
Zusätlich gehören natürlich die prächtigen Kostüme, aufwendige Bühnenbilder und faszinierende Bühnenmaschinen dazu.
Niemand geringerer als Charles Lebrun entwarf für nicht wenige Aufführungen von Lullys Werken die Dekoration.
Obligatorisch war es bestimmte Szenen in den Opern wieder aufzunehmen, d.h. Sturm-, Gewitter-, Erdbebenszenen, die beliebten Traumszenen, pompöse Zeremonien (wie in Cadmus /Thésee und Amadis) und was im Laufe der Zeit der Höhepunkt der Opern wurde - die Chaconne oder Passacaille, eine gewaltige Szene mit Ballettänzern, Solisten und Chor. (Armide / Acis et Galatée).
Zuerst noch die Geschichte wie Lully zur Oper kam.
Robert Cambert und sein Librettist Pierre Perin brachten im Jahre 1671 die erste frz. Oper auf die Bühne "Pomone".
Die Franzosen waren ja bisher eher zurückhaltend was Oper anbelangte, doch da hier nur noch französisch gesungen wurde, kam dieses Werk erstaunlich gut an.
Doch Cambert war kein Geschäftsmann und Perrin ein Taugenichts der das ganze Geld verjubelte - kurz er landete im Gefängnis.
Lully hatte zusammen mit Molière das Tragèdie Ballet "Psyché" am Hof aufgeführt, fast schon eine Oper, aber eben noch mit gesprochenen Dialogen. Jetzt im Jahre 1672 hatte er sich mit Molière überworfen und beobachtet neidisch den Erfolg den Cambert und Perrin hatten.
Da Perrin nun im Gefängnis saß, sah Lully seine Chance, er suchte den Unglücklichen auf und versprach ihm die Freiheit im Ausstausch gegen die Opernrechte.
Nun gehörte Lully die Oper, er gründete die "Academie Royal de Musique" die erst wäremd der frz. Revolution aufgelößt wurde.
Von nun an komponierte er jedes Jahr eine große Oper, und bald schon hatte er eine diktatorische Macht über das Musikleben Frankreichs.
Das erste Werk das er für sein neues Unternehmen schrieb war:
"Les Fêtes de l'Amour et de Bacchus" 1672
Wegen Zeitnot bearbeitete Lully einige seiner erfolgreichsten Szenen aus den Comèdies Ballets die er mit Molière zusammen verfasst hatte. (Die Szener der Magier aus der Pastorale Comique / Der Traum aus Les amants magnifiques und der Schlußchor aus George Dandin)
Die Interpretation der Simphonie du Marais unter Reyne ist Solide, wenngleich auch ein wenig unterbesetzt.
Dennoch ist diese Aufnahme höchst interessant nicht nur wegen Lullys wundervollem Pasticcio, sondern weil Reyne sich dazu entschlossen hat auch die erhaltenen Passagen von Camberts "Pomone" mit aufzunehmen.
seine erste richtige Oper war "Cadmus et Hermione" 1673, leider bisher keine vollständige Aufnahme. (Eine Suite interpretiert durch ein Oboenensemble und eine sehr alte Aufnahme einer Szene durch Roger Désormière von 1931).
Rosset hatte sie zwar schon öfters aufgeführt, aber vielleicht kommt sie auch bald auf CD.
Seine zweite Oper "Alceste" 1674 gehört zu den beliebtesten Lully Werken.
Die Interpretation der Grande Ecurie et la Chambre du Roy / Ensemble Vocal Sagittarius unter Malgoire ist hervorragend.
Doch enttäuscht die Aufnahme durch die schlechte Tonqualität.
So muß Heute keine Live Aufnahme mehr klingen!
Alceste wurde wärend des dritten großen Festes in Versailles aufgeführt, berühmt ist der Stich auf dem die Premiere der Oper unter freiem Himmel im Marmorhof des Schlosses zu sehen ist
Seine Dritte Oper "Thésée" 1675 liegt auch nur in Auschnitten vor, sie gehört ebenfalls zu den wichtigsten Werken Lullys.
Die vierte Oper wurde in unserer Zeit zu einem Kassenschlager "Atys" 1676. Als William Christie mit diesem Werk auf Tournée ging, war das die Wiedergeburt der Barockoper. (Karten konnte man nur noch auf dem Schwarzmarkt bekommen).
Les Arts Florissants und William Christie wurden schlagartig berühmt, die Aufnahme bekam u.a. den Preis der deutschen Schallplattenkritik.
Lully hat hier zum ersten Mal auf Pauken und Trompeten verzichtet, der Klang ist düster und dicht.
Die Interpretation ist umwerfend, Atys ist mit Sicherheit eines der schönsten, wenn nicht sogar die schönste Lully Oper überhaupt, eine bessere Interpretation kann man sich eigentlich kaum wünschen.
Die Fünfte Oper "Isis" 1677 war zu Zeiten Lullys ein Mißerfolg. Sie liegt ebenfalls nur in Auschnitten vor.
Die Aufnahme von Paillard ist zwar schon sehr alt, aber immer noch recht gut. Im Laufe diesen Jahres soll eine Einspielung der Simphonie du Marais vorliegen.
Es folgte 1678 eine Wiederaufnahme des Tragèdie Ballets "Psyché"
Christie interpretierte diese Werk auf seiner Amerika Tournée, aber leider folgte keine Aufnahme.
1679 wurde Bellerophon gegeben, leider nicht ein einziges Stück zu bekommen.
1680 Proserpina, nur eine kleine Suite in Oboenfassung erhältlich.
1681 komponierte Lully auf Wunsch des Königs ein Hofballett "Le Triomphe de l'Amour" (Aufnahme liegt vor in der Interpretation der Simphonie du Marais, aber ich werde das zu späterem Zeitpunkt in einem "Lully - die Ballette" Threat behandeln).
Mit dem entgültigen Umzug nach Versailles gab Lully eines seiner Beeindruckensten Werke zum Besten: "Pérsée" 1682.
Die Aufnahme der Talens Lyrique unter Rousset ist genial, und wird nicht nur von mir in den höchsten Tönen gelobt.
Das Werk wurde zu einem der meistgespieltesten Opern Lullys.
Es folgte 1683 Phaeton, die Aufführungen wurden aber durch den Tod der Königin unterbrochen und seither wird das Werk eher stiefmütterlich behandelt. Am Hof schien es auch keinen anhaltenden Erfolg zu haben.
Marc Minkowski und die Musiciens du Louvre legen aber eine wirklich gelungene Aufnahme vor. Dennoch fallen im Vergleich zu seinen anderen Opern hier einige Schwächen auf.
Lully komponierte noch im gleichen Jahr sein wohl erfolgreichstes Werk und brachte es 1684 auf die Bühne: "Amadis"
Die Oper Amadis liegt nur in Bruchstücken als Aufnahme vor, vieles ist nur auf LP zu bekommen.
Doch schon an diesen wenigen Orchesterstücken und Opernszenen spürrt man wieso diese Werk so beliebt war - Eine Gesamtaufnahme bitte - und zwar schleunigst!
1685 war das dunkelste Jahr für Lully, ein Jahr zuvor stand er noch im Mittelpunkt des Interesses, jetzt wurden ihm seine Ausschweifungen zum Verhängnis.
Der König soll sich bei der Aufführung von "Roland" gelangweilt haben.
Dies hängt wohl mit dem Einfluss der Madame de Maintenon zusammen, die weder Lully noch seine Musik leiden konnte.
Les Talens Lyriques unter Rousset erhielte für ihre Einspielung den Preis der deutschen Schallplattenkritik.
Ein Meisterwerk - kein Grund sich zu langweilen!
1686 brachte Lully seine berühmteste Oper auf die Pariser Bühne: "Armide", sie hatte einen ähnlichen Erfolg wie Amadis und wurde zum Musterbeispiel einer frz. Oper.
Philippe Herreweghe und La Chapelle Royal / Collegium Vocale haben ein sehr gute Einspielung vorgelegt, zwar nicht mehr ganz frisch, aber die Aufnahme hat keine Alternative und nötig ist es auch nicht.
Sein letztes vollendetes Bühnenwerk "Acis et Galatée" 1686 komponiert im gleichen Jahr wie Armide ist keine Tragèdie Lyrique, sondern wie "Les Fêtes de l'Amour et de Bacchus" eine Pastorale.
Doch das merkt man nur an der Anzahl der Akte, 3 statt 5.
Les Musiciens du Louvre unter Minkowski haben ein sehr gute Einspielung des Werks vorgelegt. Hier verfeinert er noch die musikalische Sprache die er in den letzten Opern gefunden hat.
Die Passacaille mit Solisten und Chor am Schluß der Oper hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Passacaille aus Armide.
(Sie ist Heute so beliebt, dass sie Standartrepetoire geworden ist, wärend in Versailles die Wasserspiele aktiviert werden.)
Seine letzte Oper "Achille et Polyxène" von 1687 konnte er nicht mehr vollenden, sein Sekretair, Pascall Colasse, übernahm das.
Auch hier sucht man vergebens nach Einspielungen.
Zwar sind ein Großteil der Opern Lullys auf CD erschienen, jedoch fehlt immer noch ein beträchtlicher Teil des Gesamtwerkes.