Französische Chansons

  • Liebe Taminen und Taminos,
    das Blödeste, was es geben kann, wenn man etwas Konkretes sucht, ist ein schlechtes Namensgedächtnis.
    Ich weiß also weder den Titel des Werks noch den Namen des Komponisten...
    Folgende Angaben:
    Ich bin auf das Werk gestoßen, weil Olivier Messiaen es in seinen Analyseklassen wiederholt durchgenommen hat. Er exemplifizierte daran eine bestimmte rhythmische Technik, die er als ersten Schritt zu seinen "personnages rhythmiques" betrachtete. Es handelt sich um ein umfangreiches A-cappella-Werk von rund eineinhalbstündiger Aufführungsdauer, das von einem französischen Komponisten der Renaissance oder des Barock stammt, aber keinen liturgischen Text hat, sondern auf Gedichten eines französischen Dichters beruht.
    Kann mir einer von Euch vielleicht weiterhelfen?
    :hello:

    ...

  • Danke für die Mühe, aber Deine Vorschäge treffen nicht zu. Was ich suche, ist jüngeren Datums als der "Roman" und ist nicht anonym; Vitry ist es nicht, den kenne ich und hätte ihn mir gemerkt. Der Komponist dürfte relativ wenig bekannt sein. Ich weiß, wenn ich einen Namen ein zweites Mal höre - und in den gesamten Musikgeschichtevorlesungen ist er mir nicht untergekommen.
    :hello:

    ...

  • wenn Du den Dichter hättest, könnte man es am ehesten rausbekommen.


    Zuerst sind mir die Cantiques Spirituels eingefallen, die Texte stammen von Racine - aber ich glaube das ist zu spät.


    Aber diese Cantiques werden auch a Capella gesungen, Verwendung von Orgel, Gambe und Laute sind nicht unbedingt nötig.



    Da kann man sich auch schnell im Stil vertun, denn in Frankreich wurde in der spirituellen Musik ja die alten Stile weiter gepflegt - vor allem die Gregorianik.



    ?( schwierig....


    könnte aber auch sein das Eustache du Caurroy sowas verfasst hat.... sonst muss ich mal eine kleine Liste machen, vielleicht erkennst Du den Namen dann wieder



    :hello:

  • Lieber Lullist,
    eine Liste wäre hilfreich, den Namen erkenne ich wieder, du Caurroy ist es sicherlich nicht und der Text ist rein weltlich. Wenn ich mich recht entsinne, gilt der Dichter als Manierist...
    Das Problem ist, daß ich in dieser Zeit so absolut nicht bewandert bin, daß ich sozusagen in einem dunklen Tunnel herumtappe und nicht einmal weiß, wo ich ansetzen soll.
    :hello:

    ...

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  • o.K. dann mal eine Liste aller mir bekannten Komponisten von etwa 1550 - 1650, die mir einfallen - das müsste ja der Zeitraum sein ? - wildes Raten :D
    Organisten und Lautenisten hab ich mal draußen gelassen.




    Claude de Sermisy
    Claude Gervais
    Pierre Sandrin
    Pierre Jacotin
    Pierre Certon
    Anthoine de Mornable
    Jean Courtois
    Pierre Guedron
    Clément Janequin
    Anthoine Boesset
    Estienne Moulinie
    Michel Lambert
    Jean Chabanceau de la Barre
    Michel de Chancy
    Anthoine de Betrand
    Nicolas Formé
    Robert Cambert
    Jean de Cambefort
    Jaques de Bellville
    Nicolas Hotman
    Nicolas Metru
    Jacques Cordier dit. Bocan
    Michel Mazuel
    André Maugar
    Charles Tessier
    Jean Lacquemant dit. Du Buisson
    Guillaume Bouzignac
    Nicolas Gombert




    falls mir noch welche einfallen, reiche ich die nach.


    Bin ja echt gespannt was das für ein Werk ist, gehört habe ich davon allerdings auch noch nicht.


    :hello:

  • Merksatz für Esel wie mich: "Der Junge hat den Alten erfreut". Claude Le Jeune mit seinem "Le Printans" ist des Rätsels Lösung. Ich danke allen grauen Zellen, die ich in Bewegung setzte, herzlich für die auch per PN übermittelten Ideen!
    :hello:

    ...

  • Servus,


    Le Printans ist kein zusammenhängendes Werk, sondern eine eher lose Sammlung bestehend aus 39 Chansons von recht unterschiedlicher Länge, die noch nicht einmal ausschließlich nur den namensgebenden Frühling behandeln. Auch ist es nicht explizit ein à cappella-Werk. Besetzungsvorschriften gibt es keine, doch weiß man aus zeitgenössischen Berichten, dass derartige Musik sowohl vokal als auch instrumental oder auch mit gemischter Besetzung vorgetragen wurde. Insofern waren deine Hinweise, lieber Edwin, etwas irreführend. Aber gut, dass du trotzdem drauf gekommen bist... :D


    Bleibt noch zu erwähnen, dass der Text von Jean-Antoine de Baif stammt.


    Vom Werk, bzw. Teilen daraus, gibt's übrigens auch eine fantastische Aufnahme mit dem Huelgas Ensemble:





    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Lieber Thomas,
    vielen Dank für die Aufklärung - wie gesagt, ich hatte die Angeben nur noch undeutlich im Gedächtnis. Ich näherte mich der Sache ja nicht aus der Richtung Alte Musik, sondern aus der Richtung Messiaen.
    Eh klar... :D
    Den Nevel gibt's nur schweineteuer bei Marketplace, also habe ich die Arion-Aufnahme mit dem Jacques Feuillie Ensemble bestellt (da dürfte die Sammlung auch komplett sein).
    Bin jedenfalls schon gespannt wie ein Regenschirm in Bergen.
    :hello:

    ...

  • Hallo,


    ich hatte mich nicht am Rätseln beteiligt (obwohl ich schon kurz nachgedacht hatte), weil ich mich in diesem Bereich zu wenig auskenne... um dann festzustellen, dass ich die Lösung schon hätte wissen sollen, denn ich habe LE JEUNEs Printans dieses Jahr bereits fünfmal (in Worten 5x !) im Konzert gehört (zumindest 7-8 Stücke aus diesem Zyklus). Und auch noch immer in Verbindung mit MESSIAEN (Cinq rechants).
    :wacky: :faint:


    Ähnlich sind sich die beiden Werke vorallem in der Struktur von wechselnden Chant und Rechant


    Ich finde, jetzt sollte man diiesen Thread aber in LE JEUNE: Printans o.ä. umbennen.
    Oder noch besser, in französische Musik der Renaissance, denn ehrlich geasgt, die schöne Lüste von Lüllüsten würde ich nur ungern hier unkommentiert stehen lassen! Neben JANNEQUIN sind es wohl für viele nur unbekannte Namen- und auch ich kenne davon nur eine handvoll Komponisten (BOUZINGAC, SANDRIN, BERTRAND, LAMBERT, GOMBERT)- und oft nur mit einem Werk.
    Vielleich kannst Du ja, lieber Lullist, :hello: ein paar Erklärungen und CD-Tipps geben. :yes:


    Gruß pt_concours


    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • o.k. mache ich gerne.


    Wird aber etwas dauern zu jedem Komponisten etwas zu schreiben :wacky:


    Mit CD's sieht es allerdings in den meisten Fällen mau aus, aber ich werde mein Bestes tun.



    :hello:


  • Hallo Monsieur Lullist!


    Ah, vielen Dank dafür im vorraus!
    Am besten Du fängst mit einem an- und ergänzt dann Schritt für Schritt nach Zeit und Lust.
    :D:D:D


    Ich habe inzwischen auch das Konzertprogramm wiedergefunden, welches mir in Erinnerung ruft, welche Komponisten mit welchen Stücken ich kenne:


    BERCHAM: Jehan de Lagny
    GOUDIMEL: Il me semble que la journée
    BERTRAND: O doux plaisir, o mon plaisant domage
    JANNEQUIEN: Làmour, la mort, la vie
    REGNAULT (SANDRIN): Puisque de vous, je n'ai autr visage
    SERMISY: Maudite soit...
    BEAULIEU: O bienheureux le ciel
    u.a.


    es handelt sich um viele kurze, aber sehr schöne Stücke- und ein schön zusammengestelltes Programm...


    Gruß pt_concours

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  • So der erste Teil, mit einigen wenigen CD Tipps.
    wird auf alle Fälle fortgesetzt:



    Claudin de Sermisy (16. Jh.)
    War Komponist und Sänger, sowie Mitglied der Hofkapelle Louis XII.
    (Ich kenne nur wenige Chansons und Tänze von ihm)


    Claude Gervaise (c. 1510 - c.1560)
    Komponist von Tänzen und Chansons, auch tätig als Hofmusiker.
    (die Tänze dürften relativ populär sein, kommen jedenfalls bei vielen Renaissance Platten vor).


    Pierre Sandrin (c. 1490 - 1561)
    Berühmt wegen der Vertonung eines Liedes dessen Text von Francois I. stammte - später war Sandrin am Hof d'este in Italien angestellt.


    Pierre Certon ( ? – 1572)
    Gehört zu den berühmtesten Gestalten der französischen Renaissancemusik.
    Auch er war im Dienste des Königs, scheint sich aber einige Unziemlichkeiten gegen höher Personen erlaubt zu haben, was ihn schließlich für einige Zeit ins Gefängnis brachte.
    Mit de Sermisy verband ihn wohl eine enge Freundschaft.
    Von seiner Musik gibt es eine gute Einspielung mit Chansons und der Messe „sus le pont d’Avignon“


    Pierre Guedron (c.1570 –c.1620)
    Guedron war Oberhofmeister der Musik Henri IV. und später Louis XIII.
    Also direkter Nachfolger von Claude le Jeune.
    Er betreute die Kinder Maria de Medicis und unterwies diese auch in Musik.
    1613 trat er seine Ämter an Anthoine Boesset ab, der sein Schwiegersohn gewesen ist.
    Guedron wird Heute als der bedeutendste Komponist seiner Zeit angesehen.
    Er komponierte die großen Hofballette mit. Seine Vokalmusik, geistliche Musik und die Airs de Cour waren bis zum Ende des 17. Jahrhunderts populär.
    Seine berühmteste Weise ist „Est-ce Mars“ von der es Variationen von Scheidt und Sweelinck und Vallet gibt.
    Mit seinen Vokalkompositionen ebnete er jedenfalls den Weg für die Entwicklung des frz. Rezitativs und die Gesangsszenen Lamberts, Camberts und Lullys.




    eine wunderbare CD um die geniale Musik Guedrons kennen zu lernen.



    die wohl beste CD mit Chanson und Tänzen, leider zur Zeit sehr teuer, aber wenn man sie durch Zufall erblicken sollte - sofort kaufen !



    farbige CD mit Instrumentalstücken und Chansons.



    Eine schöne Sammlung mit Instrumentalmusik, eine der älteren Aufnahmen von Savall (ist auch günstig zu bekommen, da gab es allerdings kein Cover...)



    Chansons und die angesprochene Messe von Pierre Certon.



    :hello: