cd EMI 1968
Chor und Orchester der Opéra de Paris; Alain Lombard - 4 (insgesamt nicht schlecht, in den flotteren Passagen sogar sehr gut, aber mir fehlt die Poesie des Stückes, obwohl er fast der einzige des Ensembles ist, bei dem wirklich französische Oper stattfindet)
Roméo: Franco Corelli - 3,5 (er trifft die Töne, aber nicht den Ton. Immerhin ist der Stimmprotz gezügelt und entspricht dem Charakter, aber die zunehmende Larmoyanz stört, und das noch mehr als seine Italianità)
Juliette: Mirella Freni - 4,5 (sie singt herrlich und überzeugend, macht aber aus Gounod einen Vorläufer von Puccini)
Frere Laurent: Xavier Depraz - 3,5 (ein ziemlich heller Bass, weshalb den Ensembles ein Fundamernt - und ihm manchmal die benötigte Tiefe - fehlt. Keine schlechte Leistung, aber eine Fehlbesetzung)
Stephano: Eliane Lublin - 4,5 (ein überzeugender "Junge" mit sehr passendem Organ und der nötigen Beweglichkeit. Von ihr würde man gerne mehr hören)
Sonstige: 4 (kompetent ohne herausragende Einzelleistungen oder nennenswerte Ausfälle. Besonders gefällt mir der Capulet von Claude Cales)
Wertung: 24/6 = 4
TQ: 4
Vorbemerkung: diese Oper steht und fällt mit ihren beiden Protagonisten und dem Dirigat, weshalb ich als herausragende Einzelpartien nur noch den Frère Laurent und Stephano aufgeführt habe. Die Summe der Sonstigen, zu denen auch der Chor gehört, ist aber nicht ganz unwichtig, weshalb Einzelleistungen hier ruhig gebührend hervorgehoben werden können, aber in einer Gesamtnote aufgehen sollen.
Wen es nicht stört, die Oper Gounods, dem Verdi ja kein Unbekannter war, als ein italienisch klingendes Werk in französischer Sprache zu hören, der kann bei Freni und Corelli jeweils noch einen halben Punkt hinzu fügen. Mich stört's, denn es macht aus einer zwar unebenen, aber über weite Strecken auch sehr inspirierten französischen Oper eine süßliche Verdi-Kopie. Da es Lombard nicht gelingt, den Zauber der poetischen Orchesterpassagen wirkungsvoll zu beschwören, bleiben ein paar melodisch schöne Passagen, die von Spitzenstimmen gesungen werden, aber insgesamt kein überzeugendes Drama ergeben. Da die Aufnahme auch nicht ganz vollständig ist, ist sie am ehesten für Fans der Hauptdarsteller zu empfehlen, weniger aber solchen der Oper selbst.
Jacques Rideamus