Karl Dönch wurde am 8.1.1915 in Hagen in Deutschland geboren.
In den letzten Jahren der Ausweichquartiere der Wiener Staatsoper im Theater an der Wien und der Volksoper debütierte ein junger Sänger als stotternder Dr. Blind in der "Fledermaus", der im weiteren Verlauf seiner Karriere über mehr als drei Jahrzehnte zu einem der größten Charalkterlieblinge in der Wiener Sängergilde werden sollte.
Wenn er im Endstadium seiner Sängerlaufbahn den Fürsten Ypsheim in "Wiener Blut" spielt, so wirkt diese Rolle irgendwie für sein ganzes Leben bestimmend.
Er, der gebürtige Deutsche, kam Anfang der 1950er Jahre nach Wien und sollte in dieser Stadt seine private wie auch künstlerische Heimat finden. Das "Wiener Blut" mit all seinem Charme, seiner Liebenswürdigkeit, aber auch mit dem großen Bewusstsein, einer von uns geworden zu sein - das hat Karl Dönch an unsere Stadt, an unser geliebtes Haus unzertrennlich gebunden!
Die Anfänge seiner Wiener Zeit waren gekennzeichnet durch viele kleine Rollen, wie etwa den Antonio in "Figaros Hochzeit", den Kilian im "Freischütz" und den Vanuzzi in der "Schweigsamen Frau etc. - bis er dann mit einer Partie schlagartig den Durchbruch auch zu einer internationalen Karriere schaffen sollte: den Beckmesser in Wagners "Meistersinger von Nürnberg" in einer heute schon legendären Produktion unter Hans Knappertsbusch mit Paul Schöffler, Hilde Güden und Anton Dermota.
Dabei hatte er es gerade in dieser Rolle gar nicht leicht, war er doch gezwungen, diesen Stadtschreiber neben bzw. nach einem Erich Kunz zu singen. Doch Dönch war im Gegensatz zu Kunz ein intriganter, spießbürgerlicher, skurriler und doch auch in jedem Moment seiner Handlungen seiner Gefährlichkeit bewusster Mensch - quasi also eine Reinstudie von der Karikatur desjenigen Journalisten, den Wagner letzten Endes in dieser Rolle lächerlich machen wollte: Eduard Hanslick. Dönchs Charakterkomik wurde somit dem Publikum in aller Welt bewusst, und man sah durch ihn vielleicht zum allerersten Mal, wie ernsthaft auch eine lächerliche Charakterstudie zu bewältigen ist und mit welcher minuziösen Genauigkeit man auch eine negative Komik über die Rampe bringen kann.
Neben dem Beckmesser, der ihn rund um den Erdball begleiten sollte, sollten es vor allem drei Partien sein die seinem Opernrepertoire einen dominierenden Platz einräumen sollten: in der der deutschen romatischen Oper die urkomische Hexe in Humperdincks "Hänsel und Gretel", im italienischen Fach den kauzigen Klosterbruder Fra Melitone in Verdis "Macht des Schicksals", der bei Dönch eine hautnahe Kopie eines Abraham a Santa Clara war und last but not least in der Oper des 20.Jahrhunderts die fast peinigende Gestalt des Doktors in Alban Bergs "Wozzek". Dieser Doktor wird sicherlich in Erinnerung bleiben, wurde uns doch von Dönch vorexerziert, wie ein besessener, klassenbewusster medizinischer Fanatiker die niedrige Kreatut der Menschen eben nur als Studienobjekt sieht - die Geschichte kennt von Frankenstein bis Mengele genügend Parallelen!
Von den vielen mittleren und kleinen Rollen Dönchs im Laufe seiner Opernkarriere, moöchte ich nur die, meiner Meinung nach, wichtigsten anführen: der weltfremde Physikus Spalanzani in "Hoffmanns Erzählungen" der erzkomödiantische Bacchulus in Lortzings "Wildschütz", der ränkeschmiedende Don Alfonso in Mozarts "Cosi fan tutte", der verschrobene Lunardo in den "Vier Grobianen" von Wolf-Ferrari, der frömmelnde Mesner in der "Tosca" und zuletzt der übertölpelte Hausherr Benois in "La Bohéme".
Als Karl Dönch 1973 Direktor der Wiener Volksoper wurde, beendet er seine internationale Karriere und widmete sich fortan nicht nur mit seinem ganzen Herzen dem Ensemble am Währinger Gürtel, sondern auch in seiner eigenen Sängerkarriere der leichten Muse. Und an diesem Beispiel zeigte es sich, wie ungeheuer wertvoll es für den Erfolg einer Operettenproduktion ist, wenn man auch im komischen Fach operngeschulte Komödantik bieten kann.
Operette ist nicht nur im semantischen Sinn des Wortes eine kleine Oper, sondern wird immer, wenn sie mit aller Ernsthaftigkeit und künstlerischer Vollkommenheit dargeboten wird, ihre Daseinsberechtigung haben. Das ist vielleicht der Kernsatz, der als Motto über der Direktionsära des inzwischen zum Hofrat avancierten Kammersängers zu schreiben war. Das Ende der Direktionsära Carl Dönchs war 1987, und es war ihm gelungen eine neues damals junges und hoffnungsvolles Ensemble zu bilden, wo die Namen Elisabeth Kales, die leider so früh verstarb, Franz Wächter, Milena Rudiferia und Jack Popell zu nennen sind.
Doch kehren wir zurück zum Sänger Karl Dönch, der in der Operette im künstlerischen Sinn auch so etwas wie eine zweite Heimat gefunden hat: sein Repertoire reicht da vom Möchtegern - Casanova Frank in der "Fledermaus", dem hinterhältigen und doch sympathischen Zsupan im "Zigeunerbaron", dem beamtensenilen Barbaruccio in der "Nacht in Venedig", den "klassischen Bösewichten" Segeij Wladimir in der "Zirkusprinzessin" den Nasnoni in "Gasparone" und Baron Weps im "Vogelhändler" bis hin zu den liebenswerten Typen, wie den stets bescheidenen, selbstzufriedenen Professor Hinzelmann im "Weißen Rössl", den betrogenen und sich selbst betrügenden Baron Zeta in der "Lustigen Wiwe" und den Gschwendtner in Robert Stolz'"Zwei Herzen im Dreivierteltakt".
Hier besitze ich die Gesamtaufnahme auf 2er LP.
Zwei ganz besondere Gustostückerln waren seine letzten beiden Premieren, noch als Direktor: die gar köstlich Queen Victoria in "Gilbert und Sullivan" und die Paraderolle des Göttervaters Jupiter in "Orpheus in der Unterwelt" von Jaques Offenbach, in der in einem Einlagechanson augenzwinkernd versichern durfte: "Noch bin ich die Direktion!"
Ich glaube es ist an dieser Stelle passend, dem Künstler und Mensch, Karl Dönch Dank zu sagen.
Hofrat Kammersänger Carl Dönch starb am 16.9.1994 in Klosterneuburg bei Wien.