Sein Geburtstag ist heute. Aldo Ciccolini wurde am 15.8.1925 geboren. Aufgewachsen ist er in Neapel, dort erhielt er seine musikalische Ausbildung, und dort fand auch eine kurze Wunderkindkarriere statt, die freilich zugunsten einer soliden Ausbildung aufgegeben wurde. 1949 gewann Ciccolini den Long-Thibaud Preise in Paris.
In Frankreich feierte Ciccolini von Anfang an große Erfolge, eine Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Bereits in den 1950er Jahren erschloss Ciccolini das neuere französische Klavierrepertoire für die Schallplatte und widmet sich Komponisten wie Deodat de Severac, Jules Massenet und Erik Satie, die damals abseits der allgemeinen Wahrnehmung standen. Mit der Gesamteinspielung der Klavierwerke Saties löste Ciccoline eine regelrechte Satie-Welle aus und wurde auch in Deutschland bekannt.
Man tut ihm allerdings unrecht, wollte man ihn auf jenes Repertoire reduzieren, das zu der Zeit, als er es nach und nach auf Schallplatten veröffentlichte, von sonst niemandem eingespielt wurde. Denn gleichzeitig nahm Ciccolini Werke von Brahms, Schubert und Schumann auf, die Klavierkonzerte von Saint-Saens und das Klavierwerk von Claude Debussy. Wiederholt hat Ciccolini auch das b-moll Konzert von Tschaikowsky eingespielt (unter Silvestri und unter Cluytens), oder die „Nächte in spanischen Gärten“ unter Ernesto Halfter und Enrique Batiz. Ich selber habe Ciccolini durch seine Liszt-Einspielungen entdeckt, besonders der „Années de Pélérinage“ wegen, aber auch der „Harmonies poetiques et religieuses“.
Seit 1969 ist Aldo Ciccolini französischer Staatsbürger, von 1970 bis 1983 unterrichtete er am Pariser Konservatorium, 1999 feierte er in Paris sein 50jähriges Bühnenjubiläum. Aldo Ciccolini hat sich nicht zurückgezogen und gibt sogar zusätzlich zu seinem Konzertprogramm Meisterkurse während des „Festival musique de Radio France“ in Montpellier. Sein diesjähriger Recital-Abend mit Werken von Clementi, Czerny und Beethoven wird im September auf BR 4 ausgestrahlt.
Bis 1990 nahm Ciccolini fast ausschließlich für EMI auf. Etwa 100 LP's sind da zusammengekommen. Aber Vorsicht: die diversen GA's sind ursprünglich nach und nach als Einzel-LP's erschienen und erst später zu Boxen zusammengefasst worden (Satie, Massenet, Severac etc). Zwei Violin-Sonaten von Beethoven (op. 12 und op. 47) mit dem Violin-Partner Charles Cyroulnik wurden von dem französischen Label Vega veröffentlich und zählen wie die Aufnahmen der Cello-Sonaten op. 19 von Rachmaninoff und op. 65 von Chopin mit Paul Tortellier zu den eher seltenen kammermusikalischen Ausflügen Ciccolinis (jedenfalls auf Tonträger).
Seit den 1990ern ist er auf verschiedenen Labeln wiederzufinden, die den Mut haben, auch abseitiges Repertoire wie das Klavierwerk von Castelnuovo-Tedesco zu veröffentlichen, oder Kammermusik von Achille Longo, Alberto Fano oder jüngst eine Platte mit Werken von Ildebrando Pizetti.
Die Arbeit mit kleinen Labeln ist insofern problematisch, als einzelne Aufnahmen deshalb nicht mehr verfügbar sind (Castelnuovo z.B.), weil das Label „Phönix“ offensichtlich die Segel streicht. Cascavelle ist da schon eine sicherere Bank. Die haben die in den 1990er Jahren für Nuova Era aufgenommenen Beethoven-Sonaten übernommen und als GA publiziert.
Neben dem Eintreten für Unbekanntes widmet sich Ciccolini Beethoven und Mozart, spielt Chopin für die Schallplatte ein und Schumann. 2002 erhielt er den Diapasson d’or für seine Janacek- und seine Schumann-CD.
Ciccolinis früheren Aufnahmen klingen gelegentlich ein wenig hart im Anschlag, was sich wohl auch mit dem Live-Eindruck deckte, der mir von Freunden berichtet wurde. Bei vielen seiner Platten entpuppt Ciccolini sich allerdings als eine wahrer Meister im erzeugen von Klangfarben. Dreimal konnte ich ihn in diesem Jahr live erleben und kann diesen Eindruck, den die Platten vermitteln nur bestätigen. Ciccolin ist kein Mann der Posen, weder gestisch noch musiklisch. Da wird nichts aufgebrochen, gegen den Strich gebürstet, neu gelesen. Stattdessen das Gefühl, daß der Pianist das Medium eines Werkes ist, das in dem Moment, in dem es erklingt, so und nicht anders klingen muß.
Bei der überwiegenden Mehrzahl seiner Einspielungen handelt es sich um solche von Werken für Piano-Solo. Im Zusammenspiel mit Orchestern sind die Studio-Einspielungen der Klaviekonzerte von Ravel (Martinon) und Saint-Saens (Baudo) hervorzuheben. Die Live-Mitschnitte der Beethovenkonzerte lassen hingegen nur bedingt Freude aufkommen. Das Orchester des Maggio Musicale Firenze ist ebenso mäßig wird die Aufzeichnungstechnik. Die GA der Klaviersonaten Beethovens wiederum ist für mich ein absolutes Highlight.
Viele seiner EMI-Platten sind mittlerweile wohlfeil als CD erhältlich: die kleine Liszt-Box wäre hier eine Empfehlung. Auch die wundervollen impressionistischen Klavierminiaturen Deodat de Sévéracs sind als CD erhältlich. Neben dem Pianisten Ciccolini gäbe in diesem Falle überdies noch einen zu unrecht abseits stehenden Komponisten zu entdecken.
Hörenswert auch: die Janacek-Cd und die Lyrischen Stücke von Edvard Grieg.
Ad multos annos, Aldo Ciccolini
Liebe Grüße vom Thomas