Der Geist Frankreichs - Jean-Philippe Rameau

  • Seit drei Wochen schwelge ich im Werk Jean-Philippe Rameaus. Es war mir nur auszugsweise bekannt. Nun eröffnet sich mir ein Feld, das von einer derartigen Pracht und, ja: Modernität ist, dass sich meine Begeisterung ins Grenzenlose steigert.
    Ich will nur ein paar Eckdaten der Biographie nennen, man kann das ja alles nicht nur bei Wikipedia nachlesen, und mir erscheint eine Abschreib- und/oder Neuformulierungsarbeit nicht sinnvoll.


    - 25. Sept. 1683 getauft in Dijon
    - Italienreise; Tätigkeit als Orchestergeiger und Organist in Marseille, Avignon, Albi, Montpellier, Nîmes und Lyon
    - 1709 Organist der Kirche Notre Dame in Dijon
    - 1722 endgültig in Paris niedergelassen
    - Harmonielehre "Traité de l'harmonie réduite à ses principes naturels"
    - Ergänzung "Nouveau Système de musique theorique" (1726)
    - 25. Februar 1726 heiratet mit der neunzehnjährigen Marie-Louise Mangot
    - 1732 feste Anstellung als Organist
    - 1727 Begegnung mit dem Mäzen Alexandre Le Riche de la Pouplinière, dem Generalgutsverwalter (fermier général) des Königs, der Rameau und Familie in seinem Palast in der rue de Richelieu wohnen lässt.
    - 12 Jahre lang leitet Rameau das Privatorchester seines Gönners
    - 1733 erste Oper, "Hippolyte et Aricie"
    - Durch Ludwig XV. in den Adelsstand erhoben, zum Kabinettskomponisten ernannt, Pension von 2000 Livres.
    - Schreibt bis zu seinem Tod zahlreiche szenische Werke, deren letztes, "Les Boréades", erst posthum uraufgeführt wird.


    Eben habe ich "Les Indes galantes" gehört - ein Wunderwerk! Im Grunde sind es fünf Kurzopern: Die erste erklärt durch einen Streit zwischen Liebe und Krieg, was man sehen wird, nämlich einen Triumph der Liebe. Die vier folgenden Opern erzählen kurze Liebesgeschichten aus mehr oder weniger exotischen Ländern, wobei die Handlungen den Balletten breiten Raum gewähren. Diese gleichwertige Mischung aus Oper und Ballett ist charakteristisch für die französiscfhe Oper dieser Zeit.


    Rameaus Musik ist wirklich unglaublich: Es gibt kaum herkömmliche Rezitative, alle Gestalten äußern sich melodisch. Diese Melodien sind nicht nur ausdrucksvoll, sondern auch von sicherem Geschmack getragen. Diese Art des Ausdrucks führt geradewegs zu Berlioz, mit dem Rameau eine Neigung zu raffinierten Orchesterfarben teilt. Meiner Meinung nach ist Rameau der erste Komponist, der wirklich in Instrumentalfarben denkt.


    Die unglaublichste musikalische Strecke ist die fünfte "Entrée" (etwa "Akt"), die bei den Indianern Nordamerikas spielt. Die Musik wird zunehmen dichter und entwickelt einen Sog, der im Tanz "du grand Calumet" einen einzigartigen Höhepunkt findet: Ein Kurzmotiv durchläuft mehrere harmonische und dynamische Ebenen und wird dabei energetisch zunehmend aufgeladen. Etwas Vergleichbares ist bis Strawinskij nicht mehr komponiert worden. Im Finale schafft es Rameau dann, einen triumphalen, aber keineswegs auftrumpfenden Schluß zu komponieren: Die Liebe triumphiert strahlend, aber nicht in Siegerpose, sondern in lyrischer Schönheit.


    Durch diese Sensibilität im Umgang mit Farben und durch seinen sicheren Geschmack scheint mir Rameau einer jener Komponisten, die bis in unsere Gegenwart die Ästhetik der französischen Musik am besten verkörpern: Gleichsam objektiv im Ausdruck, raffiniert in den Farben und getragen von unnachahmlicher Eleganz.


    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    vielen Dank für die Eröffnung dieses threads! Ich schwelge seit ungefähr zwei Jahren im Werk Rameaus, freilich liegt noch viel vor mir.


    Deine Begeisterung kann ich absolut nachvollziehen, Rameaus Musik ist von einem Drive, einer Eleganz und häufig einer Kühnheit, die schlicht atemberaubend ist.


    Les Indes Galantes: Ja! Was für ein Prachtwerk. Aber auch das Spätwerk (Rameau war über 70!!) "Les Boreades" ist absolut hinreissend. Es dürfte Dir v.a. wegen seiner harmonischen Kühnheit sehr zusagen. Stellenweise für jemanden, der Barock bisher Bach, Höndel und Vivaldi gelichsetzen würde, mehr als irritierend.
    Zumindest erging es mir beim ersten Hören so. In welchem Jahrhundert sind wir??


    Und die fesselnden Naturdarstellungen Rameaus - wie z.B. das einsetzende Gewitter in "Platee" oder die Entstehung der Welt aus "Nais" - amazing!!


    Einiges findet sich auch schon in dem thread Rameau? Rameau!, den einst sagitt eröffnete.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Meiner Meinung nach ist Rameau der erste Komponist, der wirklich in Instrumentalfarben denkt.


    Mit dieser Meinung bist Du freilich nicht alleine - das liest man häufig. Und hörend lässt es sich unschwer nachvollziehen. :yes:

  • Lieber Edwin, ich kann Deine "grenzenlose Begeisterung" nur teilen und unterstützen!


    Ich persönlich höre Rameau von allen frz. Barockkomponisten am Liebsten und kann überhaupt nciht nachvollziehen, dass er auf den Opernbühnen kaum mehr gespielt wird.


    Der Farbenreichtum seiner musikalischen Sprache vom Jublieren bis zur tiefsten Melancholie ist wirklich grenzenlos.


    Manchmal Alles in einer einzigen Arie. Zum Beispiel meine Lieblingsarie aus dem Platée (tolle Oper!!!!! Es gibt auch eine sehr empfehlenswerte DVD, siehe letztes Rätsel von Rideamus im Rätselforum) die Air de la Folie "Aux languers d'Apollon" :jubel: :jubel: :jubel:
    Da findest Du abgründigste Ironie, die vertracktesten Intervalle und Harmonien und weisst nicht, ob lachen oder weinen.


    Ganz besonders begeistert hat mich auch die Aufnahme der Suiten für Clavecin, auf dem Klavier eingespilet von Alexandre Tharaud.
    Da ich nicht so gerne Cembalo höre, wenn es sich um mehr als eine Viertelstunde handelt, ist das die ideale Einspielung fûr mich.


    Ein Allheilmittel für alle Lebenslagen, eine meiner meistgespielten CD und eine Audiotherapie im besten Sinne . Für mich nciht weniger gut als die Goldberg-Variationen wenn es um Schlaflosigkeit und andere Zipperlein geht. ;)


    Wenn Du nciht auf Clavecin in Rameaus Falle beharrst, kann ich Dir diese CD nur allerwärmsten empfehlen. auch ohne Zipperlein natürlich, denn die musikalische Vielfalt ist ganz enorm.



    Solidarische französische Barockgrüsse :hello:


    Fairy Queen





    Die sich hier anschließende Diskussion zu Rameau auf Klavier oder Cembalo wurde in den thread Jean Philippe Rameau auf dem modernen Flügel- gelungenes Experiment oder Fiasko? verschoben. Ich bitte, dieses Thema dort weiterzuführen.

  • Das mit der Kühnheit der musikalsichen Sprache kann ich aus eigener Erfahrung unterschreiben. Wer denkt , Barockmusik sei einfach zu musizieren, weil es ncihts unerwartetes und unharmonisches gibt, wird nciht nur bei Bach sondern auc hbei Rameau eines Besseren belehrt.
    In dieser Weise ist er für mich die weltliche frz. Variante von Bach.


    Fairy Queen

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  • Ich sah im Verzeichnis nach und fand nur zwei werkspezifische Rameau-Threads. Offenbar habe ich einen übersehen. Was zu tun ist, überlasse ich der Moderation. Aber wenn ich daran denke, wieviele Threads musikhistorisch wesentlich weniger bedeutende Interpreten bekommen...


    Also zu der Oper, deren Titel oben gefallen ist: "Platée". Das war meine Einstiegsdroge. Ich hatte sie vor einer halben Ewigkeit auf Arte aufgezeichnet, mir aber nie angesehen. Von wegen fader Barockmusik. Jetzt war ich dabei, einige DVDs zu löschen, darunter auch diese, gab ihr aber noch eine Chance, mal die ersten zehn Minuten hören.


    Und dann war's zwei Uhr in der Nacht, bis die grüne Nymphe endlich im Erdboden verschwunden war...


    Ich konnte nicht aufhören.


    Natürlich ist die Aufführung hinreißend. Aber das ist es nicht allein. Dieser Rameau hat ein unglaubliches Gefühl für Timing. Da ist nichts zu lang, immer geschieht in der Musik etwas, das die Aufmerksamkeit fesselt. Und bei einem Tanz, ich glaube, es war ein "Rigaudon", dachte ich, ich traue meinen Ohren nicht: Das führt schnurstracks zur "Suite provencale" von Darius Milhaud: Das ist diese Frische, dieser noble Klang, der einen Hauch Melancholie in sich birgt. Man kann analysieren, woraus die Ingredienzen bestehen - und kapiert es dennoch nicht: Eine bestimmte melodische Wendung, die in eine bestimmte Harmonie führt, gespielt von dominanten Streichern mit der Trompete als Farbwert und einer Trommel als Rhythmusinstrument. Ganz einfach. Und doch nicht. Weil es die Kombination ist, die diesen Gesamtklang erzeugt, das ist nicht einfach Melodie plus Harmonie und nachher instrumentiert, sondern hier bedingt eines das andere.


    Abgesehen davon, daß die Harmonik mit ihren Septimen und sogar Nonenakkorden einfach fabelhaft klingt. Und national völlig indentifizierbar ist. Selbst, wenn man nicht weiß, wer es komponiert hat, ist der erste Gedanke: Aha, ein Franzose.


    Und die Komik in "Platée" - sagenhaft! Das ist schon richtig parodistischer Geist! Für mich ist das eine der besten komischen Opern, die je komponiert wurden! Allein der Auftritt von "La folie"... - kommt nicht oft vor, daß ich bei einer Oper laut lache. Aber "Platée" schädigt mein Zwerchfell nachhaltig. Und doch sind dann die Stellen da, in denen eine unglaubliche Bitterkeit mitschwingt. Einfach wunderbar!


    :hello:

    ...

  • Wenn Du Collaers Geschichte der modernen Musik aus dem Bücherschrank holst, wirst Du Deine Einschätzung von Rameaus Musik als "musique francaise" par excellence auf den Seiten 171ff bestätigt finden.


    Rameau wurde (neben anderen Franzosen dieser Zeit) gerade auch von Debussy besonders geschätzt und verehrt, als Verkörperung typisch franz. Musik.

  • Lieber Robert,
    ich wußte wohl, daß er von Debussy und Ravel sehr geschätzt wurde, dachte aber primär an die Cembalo-Stücke, die ja, man merkt es auch an der Titelgebung (auch bei Coupérin) eine ganz klare Linie in Richtung derer Debussys und Ravels vorgeben. Deshalb befaßte ich mich vor nun schon längerer Zeit mit den Cembalostücken, konnte ihnen damals aber absolut nichts abgewinnen.
    Man wird klüger mit der Zeit.
    Gestern verbrachte ich vier Stunden mit Cembalostücken von Rameau und Coupérin - und ich werde demnächst hier etwas dazu schreiben (wenn jemand anderer vor mir will - bitte, nur zu).
    Dein Tip mit Collaer war goldrichtig, habe eben dort nachgelesen - ja, das deckt sich völlig. Was mich zur Überzeugung bringt, daß es nicht an Collaer oder mir liegt, sondern eben an Rameau, der schlicht und einfach bewunderungswürdige Musik komponiert hat.
    :hello:

    ...

  • Hallo,


    in die allgemeinen Lobeshymnen zu RAMEAU kann ich nur einstimmen! Neben HÄNDEL ist er bestimmt der größte Meister der Orchestrierung im Barock! Von seinen Bühnenwerken schätze ich "Les Indes galant", "Castor et Pollux" und "Hippolyte et Aricie" besonders! Wer RAMEUAs Werke für Tasteninstrumente auf einem modernen Flügel hören mag (oder kann), wird neben der oben erwähnten CD mit Tharaud auch bei Marcelle Meyer aufs Glücklichste fündig!


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    ich wußte wohl, daß er von Debussy und Ravel sehr geschätzt wurde, dachte aber primär an die Cembalo-Stücke, die ja, man merkt es auch an der Titelgebung (auch bei Coupérin) eine ganz klare Linie in Richtung derer Debussys und Ravels vorgeben.


    Ich meine erst kürzlich im Booklett zu einer Einspielung von Hippolyte et Aricie gelesen zu haben, dass DEBUSSY eine Aufführung eben dieser Oper vorbereitete,


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Sagitt meint:


    Rameau schätze ich sehr- seine Opern, am besten gesehen. Ob Platée ,Boréades, Indes galantes,Paladins.


    Es gibt ja hinreissende Inscenierungen davon. Christie und Minkowski sind die die Garanten hervorragender Interpretationen, auch teilweise Gardiner.


    Der Rest von Rameau beeindruckt mich nicht so sehr. Tharaud spielt ansprechend, aber es reisst mich nicht vom Hocker.



    Im Gegensatz zu den Opern.

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  • Zitat

    - von seiner Vokalmusik ist soviel verlorengegangen, saß wir und eigentlich kein genaues Bild machen können



    soweit ich weiß, sind nur die "Grands Motets" verschollen.
    Das diese aber überhaupt existierten, ist keinesfalls bewiesen.
    Die Familie die diese Motetten angeblich in der einzig erhaltenen Abschrift besitzen, lassen sie ja niemanden sehen (....)
    Für mich ein klarer Fall von Fake - zumal Couperin nie mit großen Besetzungen arbeitete.


    Von Couperins Vokalmusik ist doch viel erhalten. Neben den Lecon de Tenebres, viele kleine Motetten, die Motetten die er auf Befehl des Königs komponierte, die Airs serieux und die Airs a boire....


    Man darf aber nicht vergessen, das Couperin in erster Linie als Organist an der Schlosskirche von Versailles angestellt gewesen ist, er war der Cembalolehrer der königlichen Kinder und Enkelkinder, und hatte jeden Sonntag für das Kammerkonzert zu sorgen, das vor Louis XIV und Madame de Maintenon aufgeführt wurde.
    Deshalb ist auch enorm viel Kammermusik von ihm erhalten.



    Aber zurück zu Rameau.
    Ich finde sein Cembalowerk eher uninteressant im Gegensatz zu seinen Bühnenwerken.
    Und da gibt es wirklich "Hammerteile" die einen aus dem Staunen nicht mehr hinauskommen lassen.
    Aber meiner Meinung nach sind die Tragèdies musikalisch noch besser als die Opera Ballets.


    Angefangen mit "Hippolyte et Aricie" von 1733 (man vergleiche das Werk mal mit Werken von Bach oder Händel - dann weiß man was Avantgarde ist :D )


    Die völlig neuartige Instrumentierung war damals ein Kulturschock.


    Diese Oper ist absolut phänomenal, aber die ungeheure Modernität wird wohl nur dann deutlich, wenn man eben andere Werke aus diese Epoche kennt, vor allem französische.


    Dardanus ist ebenso ein geniales Werk, ich würde sogar behaupten, dass die Arie "Lieux funeste" die schönste Tenorarie ist, die jemals geschrieben wurde.


    Castor et Pollux begeisterte Debussy und veranlasste ihn zu dem Spruch "Nieder mit Gluck, es lebe Rameau!"



    Ein ähnliches Werk wie "Les Indes Galantes" ist vielleicht noch "Les Fêtes d'Hébée" - natürlich geht es wieder um die Liebe, diemal aber mit dem Aufhänger "die Kunst" so tragen die Entrées Titel wie "La Poesie" "La Musique" "La Danse"


    aber auch einzelne "Actes de Ballet" von Rameau sind hörenswert.
    So z.B. "Pygmalion"


    Das Air des Pygmalion " Fatal Amour, cruel vainqueur" ist fast so herzzerreißend wie "Lieux funestes" aus Dardanus.



    übrigens sollte man sich mal seine "Grands Motets" anhören, denn Rameau scheut sich auch hier nicht seinen Stil durchzudrücken.
    Er geht zwar nicht so weit, wie das später Mondonville tun wird, aber auch diese Werke sind bemerkenswert.

  • Servus Edwin,


    ich bin überrascht und erfreut zugleich, dass dich nach Bouzignac gleich ein weiterer alter Franzose so gepackt hat. Wer weiß, welche obskuren "Kleinmeister" demnächst noch den Weg in deine Gehörwindungen finden? :D


    Die Platée, die du wahrscheinlich gesehen hast - jene unter Minkowski aus dem Pariser Palais Garnier (?) - , kann wirklich Begeisterung wecken. Da stimmt einfach alles, Inszenierung, Orchester, Solisten, Kostüme... Dem Ganze setzt jedoch Paul Agnew in der Titelrolle die Krone auf. Der ist nicht nur stimmlich herausragend, sondern spielt die naive Sumpfnymphe auch noch so hinreißend, dass man meinen könnte, er hätte nie was anderes gemacht in seinem Leben.


    Auch kann ich sehr bestätigen, was Edwin zur Komik in dieser Oper geschrieben hat. Leider werden komische Elemente in Barockopern sehr oft lediglich dazu genutzt, um platten Klamauk und Possenstückchen daraus zu machen. Wie wohltuend ist es da, dass das Regieteam um Laurent Pelly die komische Geschichte um die vorgetäuschte Liebe Jupiters zur Fröschkönigin Platée mit hintergründigem und intelligenten Witz erzählen.


    Wer mal in die Oper reinschnuppern möchte, kann das mit einem Ausschnitt aus einer ARTE-Sendung bei youtube tun, die eine Arie der Platée enthält, in der das oben beschriebene alles exemplarisch drinsteckt.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ich habe grade die CD-Produktion der Platée unter Minkowski gehört, die reichlich 10 Jahre früher entstand als die DVD. Um's kurz zu machen: die DVD ist um Längen besser. In der früheren Aufnahme ist die Musik noch ziemlich steif und unbelebt. Außerdem ist Paul Agnew die deutlich bessere Platée als Gilles Ragon, nicht unbedingt stimmlich (gleichwertig) aber interpretatorisch.



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
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    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Lieber Thomas,

    Zitat

    ich bin überrascht und erfreut zugleich, dass dich nach Bouzignac gleich ein weiterer alter Franzose so gepackt hat.


    Ja, ja, wenn schon, denn schon...
    Und bei mir ging's heute mit dem "Zorastre" weiter. Auch, was Begeisterung betrifft, obwohl ich ein paar Einwände gegen die Aufführung aus Drottningholm habe. Die Inszenierung von Pierre Audi bietet zwar stellenweise hohe Schauwerte, ist sonst aber wenig mehr als ein Personenarrangement.


    Mich würde interessieren, was Du von Rousset als Dirigenten hältst. Mir scheinen die Konturen etwas weich, Minkowski und Christie scheinen mir einfach energiegeladener.


    Aber was tut's - die Musik bleibt. Und ist unglaublich. Allein der Anfang: Dieses Streicherpochen, das den Zuschauer sofort hineinschleudert in die Handlung. Dann die erste Szene mit den Männerstimmen: Sofort hebt eine dunkle Kantilene an, die auch bei Berlioz oder sogar bei Poulenc stehen könnte. Und so geht es weiter. Die Musik ist dunkel getönt, stellenweise setzen die Flöten ganz zarte Lichter auf. Und was sich harmonisch tut, haut mich um: Kein Wunder, daß diese Nation später einen berlioz und einen Debussy hervorbrachte.


    Nach wie vor bewundere ich am meisten aber die perfekte Verschmelzung der Elemente und die starke Persönlichkeit, durch die diese Musik identifizierbar wird.


    Zitat

    Wer weiß, welche obskuren "Kleinmeister" demnächst noch den Weg in deine Gehörwindungen finden?


    Es sitzt auch schon wieder ein Franzos' drin: Jean-Féry Rebel. Werde mir demnächst den Thread heraussuchen - der ist wahrscheinlich bei der Pop-Musik, oder...?


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Mich würde interessieren, was Du von Rousset als Dirigenten hältst. Mir scheinen die Konturen etwas weich, Minkowski und Christie scheinen mir einfach energiegeladener.



    Die Zoroastre-DVD mit Rousset habe ich auch, muß aber gestehen, dass ich es bisher nicht geschafft habe, das Stück komplett zu sehen. Irgendwie habe ich arge Probleme mit dem Ton. Die Sänger sind bei mir derart laut im Vergleich zum Orchester, dass man von letzterem kaum was hört. Das nervt mich nach kurzer Zeit so, dass ich nimmer weiterkann. Daher kann ich kaum konkretes zur Aufnahme schreiben. Vielleicht hast du einen Tipp, was zu machen wäre - oder ist das bei dir auch so?


    Generell ist Rousset ein Musiker, der ziemlich explosiv ist - und, wie man hört, auch leicht explodiert. Etwas von dieser Energie kann man in der Zoroastre-Ouvertüre erahnen, wenn man sieht, wie er dirigiert. Dieses ständige unter-Starkstrom-stehen gereicht seinen Interpretationen jedoch nicht immer zum Guten, weil er seine eigene Energie nur bedingt auf seine Musiker übertragen kann.


    Minkowski und Christie sind mit Sicherheit die besseren Dramatiker. Beide verfügen über mehr Mittel, ein Stück tiefgehend auszuleuchten. Wenn man Christies Zoroastre-CD zum Vergleich heranzieht, so wird das schon bei der Ouvertüre deutlich. Christie setzt hier schon deutlichere Kontraste.


    Roussets Verdienste um die Wiederbelebung von Rameaus Musik darf man aber keinesfalls unterschätzen. Obwohl andere schon z.T. deutlich früher mit Rameau am Start waren, so ist doch die Ouvertüren-CD Roussets von 1996 soetwas wie eine Initialzündung, weil diese CD eine viel größere Breitenwirkung erzielte als frühere Aufnahmen Rameauscher Musik durch Herreweghe, Gardiner, Christie, Leonhardt, Minkowski, etc...



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
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  • Lieber Thomas,

    Zitat

    Vielleicht hast du einen Tipp, was zu machen wäre - oder ist das bei dir auch so?


    Aha, ich dachte, das liegt an meinen Einstellungen. Offenbar ist es wirklich die DVD.
    Das erklärt auch meine etwas abgeschwächte Begeisterung: Der Anfang ist fabelhaft, aber dann sind auch bei mir - wenn gesungen wird (und vor allem beim Chor) - die Instrumente so im Hintergrund, daß ich eben die Konturen zu undeutlich höre und mir wahrscheinlich auch manche Farben entgehen.
    Also wohl die Christie-CD kaufen...?


    :hello:

    ...

  • Etwas abseits des Hauptstrangs der Diskussion stelle ich zwei hübsche Passagen aus einem der interessantesten Bücher des Dixhuitième ein, das den Protagonisten des Threads im Titel führt:


    Denis Diderot, Le Neveu de Rameau (dt. Rameaus Neffe). Ein Schlüsselwerk der sich selbst aufklärenden Aufklärung. Diderot schrieb das faszinierende Büchlein, das zum größten Teil aus einem fiktiven Dialog zwischen dem Ich-Erzähler und dem Neffen Rameaus besteht, zwischen ca. 1760 und 1772 (also kurz vor und nach dem Tod des Komponisten). Es wurde zu seinen Lebzeiten nie publiziert und erst durch die deutsche Übersetzung von Goethe einem größeren Publikum bekannt. Weil das Original im Laufe der Geschichte mehrfach verlorenging, kannte man in Frankreich das Werk lange Zeit nur in der Rückübersetzung aus dem Goethe-Text. Erst 1891 wurde das vollständige Original endgültig wiederentdeckt und ediert. Ich zitiere aus dem Original und der im gleichen Jahr erschienenen Neuübersetzung von Otto von Gemmingen zwei Passagen, in denen der Blick auf den Komponisten selbst gerichtet wird. Man muss natürlich berücksichtigen, dass die Zitate in einem bestimmten Kontext stehen und hier aus dem fiktiven Rahmen herausgenommen sind. Es lohnt sich wirklich, das ganze Büchlein zu lesen - neben allem anderen gibt es darin diverse interessante Stellen, die die Situation der französischen Musikszene um 1760 betreffen.



    1.


    C’est le neveu de ce musicien célèbre qui nous a délivrés du plain-chant de Lulli que nous psalmodions depuis plus de cent ans; qui a tant écrit de visions inintelligibles et de vérités apocalyptiques sur la théorie de la musique, où ni lui ni personne n’entendit jamais rien, et de qui nous avons un certain nombre d’opéras où il y a de l’harmonie, des bouts de chants, des idées décousues, du fracas, des vols, des triomphes, des lances, des gloires, des murmures, des victoires à perte d’haleine ; des airs de danse qui dureront éternellement, et qui, après avoir enterré le Florentin sera enterré par les virtuoses italiens, ce qu’il pressentait et le rendait sombre, triste, hargneux ; car personne n’a autant d’humeur, pas même une jolie femme qui se lève avec un bouton sur le nez, qu’un auteur menacé de survivre à sa réputation.


    Übersetzt:


    Er ist der Neffe des bekannten Musikers, der uns von dem eintönigen Chorgesang Lullys, den wir seit mehr als hundert Jahren daherleierten, erlöst hat, des Musikers, der gar viele mit dem Verstand allein nicht faßliche Dithyramben und apokalyptische Schriften über die Theorie der Musik verfaßt hat – ein Gebiet, das bis zu einem gewissen Grade auch heute noch ziemlich unerforscht ist. Es ist der Neffe des bekannten Musikers, von dessen Hand wir eine ganze Menge Opern besitzen, in denen man Harmonie, eine Anzahl von Liedern, wirr verstreute Ideen, viel Pauken und Trompeten, pompöse Texte, blitzende Lanzen, Siegesfeiern, Volksgemurmel, staunenswerte Triumphzüge und unsterbliche Tanzweisen findet, der aber, genau wie er einst den Florentiner aus dem Sattel gehoben hat, von den Meistern Italiens überholt werden wird und im Vorgefühl des unentrinnbaren Schicksals, in düsterem und verbissenem Gram durch die Tage wandelt. Denn niemand – nicht einmal eine schöne Frau, die morgens am Spiegel eine entzündete Stelle auf ihrer Nase entdeckt – ist so übelgelaunt wie ein schaffender Künstler, dem die Gefahr droht, seinen Ruhm zu überleben.



    2.


    MOI. À propos de cet oncle, le voyez-vous quelquefois ?


    LUI. Oui, passer dans la rue.


    MOI. Est-ce qu’il ne vous fait aucun bien ?


    LUI. S’il en fait à quelqu’un, c’est sans s’en douter. C’est un philosophe dans son espèce. Il ne pense qu’à lui; le reste de l’univers lui est comme d’un clou à soufflet. Sa fille et sa femme n’ont qu’à mourir, quand elles voudront; pourvu que les cloches de la paroisse, qu’on sonnera pour elles, continuent de résonner la douzième et la dix- septième tout sera bien. Cela est heureux pour lui. Et c’est ce que je prise particulièrement dans les gens de génie. Ils ne sont bons qu’à une chose. Passé cela, rien. Ils ne savent ce que c’est d’être citoyens, pères, mères, frères, parents, amis. Entre nous, il faut leur ressembler de tout point; mais ne pas désirer que la graine en soit commune.


    Übersetzt:


    Ich: Sehen Sie Ihren Oheim manchmal?


    Er: O ja! Auf der Straße vorbeigehen.


    Ich: Tut er denn gar nichts für Sie?


    Er: Wenn er schon einmal einem Gutes tut, so geschieht es ganz unbewußt, ohne daß er davon eine Ahnung hat. Er ist auf seine Weise Philosoph, denkt nur an sich selbst, die übrige Welt ist ihm vollständig schnuppe. Seine Tochter und seine Frau mögen sterben, wo und wann sie wollen, wenn nur im Klang der Kirchenglocken, die sie zu Grabe läuten, die Duodezim und Septdezim mitklingt. Dann ist alles wieder gut. Für ihn ist's ein Glück, daß er nur an sich denkt. Diese Eigenschaft ist es ja gerade, um die geniale Menschen zu beneiden sind. Sie sind nur für eine Sache zu brauchen, darüber hinaus taugen sie zu nichts. Sie wissen nicht, was es Bürger, Vater, Mutter, Bruder, Verwandter oder Freund zu sein bedeutet. Ganz unter uns – man sollte trachten, es ihnen in allen Punkten nachzutun. Aber zu wünschen ist es freilich nicht, daß Leute ihrer Art gar zu häufig werden.



    In deutscher Sprache gibt es u.a. eine preiswerte Reclam-Ausgabe von Rameaus Neffe. Sehr schön ist die bei Insel erschienene zweisprachige Edition, in welcher der Text Diderots und die (etwas freie, aber hochinteressante) Übersetzung Goethes nebeneinandergestellt sind. Zusätzlich enthalten sind Goethes Erläuterungen. Dass auf dem Einband der Name des deutschen Dichters weitaus größer gedruckt ist als derjenige Diderots, muss man in Kauf nehmen. Zumindest auf dem Marktplatz und bei anderen antiquarischen Quellen problemlos erhältlich:





    Viele Grüße


    Bernd

  • Eure Begeisterung hat mich neugierig gemacht, aber da ich für eine Katze im Sack nicht gleich viel Geld ausgeben wollte, habe ich mir heute nur einen kleinen Appetitanreger Marke Billigsdorfer gekauft: Jean Philippe Rameau, Ballet Suites (EU Baroque Orchestra, Roy Goodman) Und was soll ich sagen: Das Rameaufieber hat mich voll erwischt, jetzt steht natürlich Platée ganz oben auf meiner Wunschliste :] :] :] :]
    Danke, oder vielmehr danke :angry: :angry: :angry:, weil ich nun dem Konkurs wieder einige Schritte näher rücke :boese2:
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Eure Begeisterung hat mich neugierig gemacht, aber da ich für eine Katze im Sack nicht gleich viel Geld ausgeben wollte, habe ich mir heute nur einen kleinen Appetitanreger Marke Billigsdorfer gekauft: Jean Philippe Rameau, Ballet Suites (EU Baroque Orchestra, Roy Goodman) Und was soll ich sagen: Das Rameaufieber hat mich voll erwischt, jetzt steht natürlich Platée ganz oben auf meiner Wunschliste :] :] :] :]
    Danke, oder vielmehr danke :angry: :angry: :angry:, weil ich nun dem Konkurs wieder einige Schritte näher rücke :boese2:
    lg Severina :hello:


    Dafür aber mit guter Musik und also gutem Geschmacke. Das können nur wenige Konkursanwärter von sich behaupten - mal so als kleines Trostpflaster :D


    :hello:
    Wulf

  • Liebe Severina,
    ich sollte mich wohl schuldig fühlen.
    Ich tu's aber irgendwie nicht.
    Sollten alle Stricke reißen, bekommst Du von mir täglich etwas Suppe und Brot. :D
    Übrigens: Unbedingt die DVD kaufen - so, wie ich Deinen Geschmack einschätze, wird Dich auch die Inszenierung einfach umwerfen! Typischer Fall, dass man gar nicht mehr fragt, ist das nun konservativ oder modern. Man schaut nur gebannt zu - und lacht sich krumm und bucklig...!!!
    :hello:

    ...

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  • Ach, was seid ihr lieb :beatnik: :D
    Edwin, ich dachte ohnehin an die DVD, denn Pelly-Inszenierungen liebe ich heiß und innig, also wäre das ein doppelter Grund, dem Konkurs gefasster ins Auge zu blicken. Zumal ja Suppe und Brot völlig ausreichen, wenn einen die Muse nährt ;)
    lg Severina :hello:

  • Ihr habt mich neugierig gemacht. Ich habe mal mit dieser zusammengestellten Suite aus verschiedenen Opernorchesterstellen angefangen:



    Dann mußte aber gleich eine richtige Oper her und ich habe mit der vom Lullisten empfohlenen "Hippolyte et Acricie" von 1733 ordentlich am Anfang begonnen:



    Ich finde alles voll bestätigt, womit Edwin und der Lullist mich neugierig gemacht haben. - Auch das noch! Jetzt müssen weitere her! Lieber Edwin, verschickst du auch Care-Pakete? ( - oder muß ich meiner kleinen Nichte das alte Brot für die Enten klauen?)


    :hello: Matthias

  • die unglaubliche Modernität von "Hippolyte et Aricie" wird wohl aber erst dann wirklich deutlich wenn man die Opern der Jahre und Jahrzehnte zuvor kennt.


    Dann versteht man auch wieso dieses Werk ein so ungeheurer Kulturschock gewesen ist.



    Zum Vergleich bieten sich z.B. folgende Operneinspielungen an
    (aber nicht falsch verstehen, diese Opern sind ebenso herrliche Meisterwerke, aber eben wesentlich konservativer):





    André Campra: Idomenee, Tragedie Lyrique en 5 Actes et un Prologue
    Les Arts Florissants / Christie



    die Oper stammt ursprünglich von 1712, wurde aber 1731 überarbeitet, diese zweite Version ist auch für die vorliegende Einspielung verwendet worden.
    Das Libretto dieser Oper war übrigens auch jenes, das dann sehr viel später für Mozarts Idomeneo verwendet wurde.
    In jedem Fall ein faszinierendes Werk, das Stellenweise auf die späteren Werke von Rameau vorgreift.


    oder diese




    Michel Pignolet de Monteclair: Jephte, Tragedie Lyrique en 5 Actes et un Prologue
    Les Arts Florissants / Christie


    diese Oper ist zwar auch sehr modern zu ihrer Zeit gewesen, aber für uns heutige Hörer wohl auch eher den "Post-Lullisten" zuzurechnen.
    Das Werk kam 1732 auf die Bühne der Academie Royale de Musique und soll der eigentliche Ausschlag dafür gewesen sein, dass Rameau selbst Opern schrieb.
    Zumindest wird erzählt, dass er nach dem Besuch dieser Oper den Drang verspürte selbst soetwas zu erschaffen.



    :hello:

  • Lieber Lullist,
    weißt Du auch, wo man die beiden bekommt? Ich jage ihnen und dem "Alcyone" von Marais nach - ergebnislos, es sei denn, ich blättere zwischen 80 und 120 Euro hin. Das kann ich mir aber nicht leisten, denn ich muß für Arme-Leut-Suppe und Care-Pakete sparen... :D
    :hello:

    ...

  • Ja leider ist die Alcyone von Marin Marais gestrichen - ziemlich schade, denn es ist neben Charpentiers Medee die beste Tragedie Lyrique in der direkten Lully Nachfolge, die ich bisher gehört habe.



    Campras Idomenee gibt es ja noch ab und zu mal bei Drittanbietern bei amazon, Monteclairs Jephte ist noch normal zu haben. (ab 16 Euro ist ja noch finanzierbar :D )
    Sollte man sich echt zulegen, denn die Oper ist echt spitze, und war im 18. Jahrhundert eine der meistgespieltesten Opern in Frankreich.



    ansonsten gibt es noch folgende Opern dieser Zwischenepoche:



    Jean Fery Rebel: Ulysse, Tragèdie Lyrique en 5 actes et un Prologue
    La Simphonie du Marais / Reyne



    aber bitte nicht soetwas wie sein "Chaos" hier erwarten :D


    dann die Oper "Cephale et Procris" von Elisabeth Jacquet de la Guerre


    da gibts auch einige ziemlich gewagte Passagen.
    (beim ORF Shop zu beziehen)


    von Campra ist noch "Tancrede" erhältlich, aber da würde ich warten.
    Dumestre mit seinem Ensemble "Le Poeme Harmonique" wollen die Oper nach Lullys Bellerophon einspielen.
    (Die Aufnahme mit Malgoire muss man nicht unbedingt haben.)



    andere Opern von Marais sind, bzw. werden bald erhältlich sein.


    die "Semelee" ist ja hervorragend von Niquet eingespielt worden.
    der Alcide (damals in Zusammenarbeit mit Lullys ältestem Sohn Louis de Lully entstanden) soll auch bald auf CD erscheinen.


    Und dann gibt es ja auch noch "Callirhoe" von Destouches, ebenfalls von Niquet eingespielt:



    Also eigentlich kein übles Angebot an Operngesamtaufnahmen dieser Epoche.



    :hello:

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  • Mais, Monsieur Le Lulliste,

    Zitat

    aber bitte nicht soetwas wie sein "Chaos" hier erwarten


    "Ulysse" ist wohl eher ein Musical...
    Im Ernst, ich ertappte mich dabei, die Rhythmen mit dem Fuß mitzuklopfen. Ich bin von dem Werk ziemlich angetan. Okay, kein Rameau, aber ich halte es für ganz erstklassige Musik!
    :hello:

    ...

  • Hallo Wulf,


    welche der beiden Minkowski-CDs? Die Zusamenstellung fand ich eher einen hübschen Appetithappen, der mir aber Lust auf mehr gemacht hat, jedoch von der Oper bin ich wirklich sehr beeindruckt: Sehr lebendig in den ja teilweise mordsschnellen Orchestertempi und dabei sehr präzise. Auch die Sängerinnen und Sänger sind durchwegs sehr gut. Aber über das Werk kann ich noch gar nicht viel sagen, außer dass es mir wirklich gut gefällt. Da muß ich mich noch mehr mit beschäftigen und wohl auch noch mehr Lullisten-Tips nachgehen, um die Oper besser in ihrer Zeit und in der Werkentwicklung Rameaus einordnen zu können. Das ist für mich noch alles Neuland.


    :hello:Matthias

  • Zitat

    Original von Matthias Oberg
    Hallo Wulf,


    welche der beiden Minkowski-CDs? Die Zusamenstellung fand ich eher einen hübschen Appetithappen


    :hello:Matthias


    Entschuldige, hatte übersehen,daß beides Minkowski ist. Ich meinte denn auch die Zusammenstellung. Ein Appetitanreger, aber was für einer. Eine brilliante Umsetzung, ein Querschnitt, der den "frühen" als auch den späten Rameau abdeckt und so einen guten Eindruck von der Vielfalt Rameaus gibt.


    Sehr ans Herz legen kann ich Dir auch "Les Boreades" unter Gardiner. Momentan - zumindest als CD - zu einem erschwinglichen Preis zu erhalten.


    :hello:
    Wulf

  • Les Boreades kann ich ebenfalls nur empfehlen, allerdings ist dies Rameaus letzte Oper.
    Sie ist dadurch natürlich noch moderner vom Orchesterklang (Hörner und Klarinetten zeigen deutliche Anleihen an den Mannheimer Stil).
    Zu dieser Zeit waren auch einige Stamitze in Paris :D
    Rameaus Zeitgenossen sind aber nicht minder interessant.
    Zumal Komponisten wie Mondonville vielleicht noch avantgardistischer komponierte.



    hier am Rande noch der Link zum Thread : de Mondonville der Liebling der Pompadour



    :pfeif:



    von ihm gibt es 2 Bühnenwerke auf CD, die sich stark von der Musiksprache Rameaus unterscheiden.




    "Titon, et L'Aurore"
    Les Musiciens du Louvre / Minkowski



    ist deshalb sehr interessant, da ja auch Rameau in den Buffonistenstreit verwickelt wurde.
    Er werte sich dagegen, die Galleonsfigur der Lullisten zu sein und so wurde diese Oper von Mondonville als das neue Ideal gefeiert (bis zu dieser Oper, war das Ideal der frz. Oper Lullys "Armide")
    Allein deshalb darf man schon großes erwarten.



    Das zweite Bühnenwerk ist ein Opera Ballet "Les Fetes de Paphos" eingespielt von Christophe Rousset, aber leider wieder gestrichen.
    In jedem Fall sollte man noch die Grands Motets von Mondonville hören (Christie).



    Von Rameau gibt es allerdings sehr viele Schätze, die man oft übersieht.


    an erster Stelle muss ich nochmal das Acte de Ballet "Pygmalion" anführen.



    Rameau: Pygmalion / Nelee et Myrthis
    Les Arts Florissants / Christie


    die beiden Entrees stammen aus den 1750er Jahren also auch eher spätere Werke. Wie schon einmal erwähnt ist das Air des Pygmalion "Fatal amour" eine der schönsten Arien von Rameau überhaupt.


    Nelee et Myrthis glänzt besonders durch die fabelhafte Schluss-Chaconne mit Solisten und Chor.


    eine weitere schöne CD ist diese:



    Rameau: Le Temple de la Gloire / Nais (Suites)
    Philharmonia Baroque Orchestra / McGegan



    Das Ballet "Le Temple de la Gloire" ist in Zusammenarbeit mit Voltaire entstanden und war Rameaus Sprungschanze in königliche Dienste.
    Louis XV war begeistert, er machte Rameau zum Komponisten der königlichen Kammer.
    Voltaire aber strafte er mit Verachtung aufgrund seiner hemmungslosen Schleimerei - so war dieses Ballet Auslöser für Voltaire Frankreich zu verlassen...
    McGegan experementiert hier mit einer umstritteten These - und zwar wird von einigen Musikwissenschaftlern behauptet, dass bei den großen Orchestersätzen das Cembalo bei den frz. Barockopern nicht mitspielte.
    So kommt also die gesamte Aunahme ohne Cembalo aus.
    Das hat sich allerdings bei kaum einem Ensemble durchgesetzt :pfeif:

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