Paul Graener (1872-1944)

  • Beim Stöbern durch die Konzertpläne 2008/2009 der umliegenden Orchester bin ich auf einen mir bis dato völlig unbekannten komponisten gestoßen: Paul Gräner. Das Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera und sein GMD Erich Solén wollen im März 2009 gleich drei Werke des Komponisten an einem Abend aufführen: Wiener Sinfonie, Schwedische Tänze, Flötenkonzert op. 116. Grund genug sich einmal etwas näher mit Graener zu beschäftigen.


    Paul Graener (eigentlich Paul Hermann Franz Gräner; * 11. Januar 1872 in Berlin; † 13. November 1944 in Salzburg) war ein deutscher Komponist, Dirigent und NS-Kulturpolitiker.


    Leben
    Paul Gräner war Sohn eines Gürtlermeisters. 1881 wurde er Sängerknabe im Domchor, 1884–1890 besuchte er das Askanische Gymnasium in Berlin. 1888 erhielt er eine Freistelle am Veitschen Konservatorium; dort studierte er Komposition bei Albert Becker. Nach ersten Engagements als Kapellmeister in Stendal, später in Bremerhaven, Königsberg und Berlin war er von 1898 bis 1906 Musikdirektor am Theatre Royal Haymarket in London, wo er auch an der Royal Academy of Music unterrichtete. Die internationale Schreibweise seines Namens (Graener) behielt er später bei. Vor der Übersiedlung nach England heiratete er seine Frau Maria Elisabeth (geb. Hauschild; 1872–1954); aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Heinz (der als 10-jähriges Kind starb), Franz (1898–1918 ) und Klara (Claire; 1903-193?). Nach einer kurzen Station in Wien, wo er als Kompositionslehrer am Neuen Konservatorium wirkte, war Paul Graener von 1911 bis 1913 Direktor des Salzburger Mozarteums. Ab 1914 lebte er als freischaffender Komponist in München. Von 1920 bis 1927 unterrichtete er – in der Nachfolge Max Regers – als Kompositionsprofessor am Konservatorium Leipzig. 1930 wurde Graener, als Nachfolger des verstorbenen Alexander von Fielitz, Direktor des Stern’schen Konservatoriums in Berlin. 1934 übernahm er die Leitung einer Meisterklasse in der Akademie der Künste.


    Nach dem Tod seiner Tochter Klara Anfang der 1930er Jahre adoptierte er deren Kinder. Er war außerdem der Vater des Malers Paul Corazolla sowie des Cellisten und Dirigenten Jan Corazolla (1931–1998 ). Deren Mutter, die Sängerin Margarete Corazolla (1902–2001), gehörte eine Zeitlang gemeinsam mit ihrer Schwester(?), der Pianistin Berti Corazolla, zu den Bewohnern der Künstlerkolonie Berlin.


    Seit Ende der 1920er Jahre war Paul Graener Mitglied im nationalsozialistischen Kampfbund für deutsche Kultur. In einigen Vokalkompositionen vereinnahmte er Texte der deutschen Romantik für NS-Propaganda, so z.B. 1932 ein Kriegslied von Theodor Storm und den Gesang der Erinnerung (1807) von Friedrich Schlegel (mit der Zeile „Der Retter ist nicht weit“).


    Im Februar 1933 erregte Graener Aufsehen, als er zusammen mit anderen Mitgliedern des „Kampfbundes“ ein Konzert von Michael Jary störte. Am 1. April 1933 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.597.250)[1]. 1933 übernahm er die Führung der Fachschaft Komposition der Reichsmusikkammer. Ab 1934 war er deren Vizepräsident (nach dem Rücktritt von Wilhelm Furtwängler); 1941 legte er dieses Amt nieder, sein Nachfolger wurde Werner Egk.


    Graener erhielt zahlreiche Auszeichnungen des NS-Regimes. 1944 wurde seine Berliner Wohnung zerstört; alle Manuskripte gingen verloren. Graener reiste mit seiner Familie über Wiesbaden, München, Wien und Metz nach Salzburg, wo er 72-jährig im Landeskrankenhaus verstarb.



    Tonsprache und Rezeption
    Vor allem als Liedkomponist steht Graener in der Tradition von Johannes Brahms, Hugo Wolf und Richard Strauss. Gelegentlich bedient er sich aber auch einer atonalen Tonsprache (in den Galgenliedern nach Morgenstern) oder orientiert sich am Impressionismus (in der Oper Don Juans letztes Abenteuer und dem Orchesterwerk Aus dem Reiche des Pan).


    In den 1920er Jahren war Graener ein vielgespielter Opernkomponist. Durch seine Hinwendung zum Nationalsozialismus avancierte er ab 1933 zu einem der meistaufgeführten lebenden Komponisten in Deutschland. Seit seinem Tode wird er kaum noch gespielt, vielfach wird sein Werk als epigonal eingeschätzt. Am bekanntesten sind heute seine Morgenstern-Lieder, die in verschiedenen historischen Aufnahmen greifbar sind.



    Kompositionen

    Bühnenwerke
    Backfische auf Reisen. Operette in einem Akt. Libretto: Fritz Bolger. UA 1891 Bremerhaven
    The Faithful Sentry (op. 1; 1899). Singspiel in einem Akt. Libretto: Samuel Gordon (nach Theodor Körner). UA 1899 London (Theatre Royal Haymarket)
    Das Narrengericht (op. 38; 1912). Singkomödie in 2 Akten. Libretto: Otto Anthes. UA 1913 Wien
    Don Juans letztes Abenteuer (op. 42; 1914). Oper in 3 Akten. Libretto: Otto Anthes. UA 11. Juni 1914 Leipzig (Opernhaus; mit Robert Burg?)
    Theophano (Byzanz) (op. 48; 1918 ). Oper in 3 Akten. Libretto: Otto Anthes. UA 5. Juni 1918 München (Hoftheater)
    Schirin und Gertraude (op. 51; 1920). Heitere Oper in 4 Akten. Libretto: Ernst Hardt. UA 28. April 1920 Dresden (Staatsoper)
    Hanneles Himmelfahrt (1927). Oper in 2 Akten. Libretto: Georg Gräner (nach dem gleichnamigen Stück von Gerhart Hauptmann). UA 17. Februar 1927 Dresden (Staatsoper; mit Erna Berger [Hannele])
    Friedemann Bach (op. 90; 1931). Oper in 3 Akten. Libretto: Rudolph Lothar (nach Albert Emil Brachvogels gleichnamigen Roman). UA 13. November 1931 Schwerin
    Der Prinz von Homburg (op. 100; 1934). Oper in 4 Akten. Libretto: Paul Graener (nach Kleist). UA 14. März 1935 Berlin (Staatsoper Unter den Linden)
    Irene. Ein Spiel auf Capri (1940?). Singspiel in einem Vorspiel und 3 Akten. Libretto: Alfred Güntzel. UA evtl. 1940 München (Staatstheater am Gärtnerplatz?)
    Schwanhild (1941). Oper in 3 Akten. Libretto: Otto Anthes. UA 1941 Köln
    Odysseus’ Heimkehr (1941; Fragment). Libretto: Otto Anthes


    Orchesterwerke, Konzerte
    Aus dem Reiche des Pan (op. 22; 1920). Suite für großes Orchester
    Pan träumt im Mondlicht – Pan singt von der Sehnsucht – Pan tanzt – Pan singt das Welt-Wiegenlied
    Sinfonietta (op. 27; 1910) für Streicher und Harfe
    Schmied Schmerz. Sinfonie d-Moll (op. 39; 1912)
    Romantische Phantasie (op. 41; 1923)
    Musik am Abend (op. 44; 1915)
    Variationen über ein russisches Volkslied (op. 55; 1922)
    Waldmusik (op. 60; 1923)
    Divertimento D-Dur (op. 67; 1924)
    Konzert a-Moll (op. 72; 1925) für Klavier und Orchester
    Iuventus academica. Ouvertüre (op. 73; 1926; der Universität Leipzig gewidmet). UA 1926 Leipzig (Gewandhausorchester, Dirigent: Fritz Busch)
    Gotische Suite (op. 74; 1927; Emil Mattiesen gewidmet)
    Konzert a-Moll (op. 78; 1927) für Violoncello und Kammerorchester
    Comedietta (op. 82; 1928 )
    Die Flöte von Sanssouci (op. 88; 1930). Suite für Flöte und Kammerorchester
    Sinfonia breve (op. 96; 1932)
    Drei schwedische Tänze (op. 98; 1932)
    Sérénade pittoresque (1937) für Streicher
    Konzert D-Dur (op. 104; 1938 ) für Violine und Orchester (Karl Grimm gewidmet)
    Feierliche Stunde (op. 106; 1938 )
    Turmwächterlied (op. 107; 1938 ). Variationen über das Lied des Lynkeus aus Faust II von Goethe
    Prinz Eugen, der edle Ritter. Variationen (op. 108; 1939)
    Wiener Sinfonie (op. 110; 1942). UA 1942 (Berliner Philharmoniker, Dirigent: Hans Knappertsbusch)
    Salzburger Serenaden (op. 115; 1943)
    Flötenkonzert (op. 116)


    Kammermusik
    Für Klavier:
    Minuetto – Gavotte & Pastorale (op. 9; 1905; auch Fassung für Orchester)
    Au printemps – Chant du soir – En route & Alla marcia (op. 10; 1905; auch Fassung für Streicher)
    Impressionen (1912)
    Wilhelm-Raabe-Musik (op. 58; 1922; 3 Stücke)
    Einsame Feldwacht. Romanze (op. 59; 1922)
    Drei Intermezzi (op. 77; 1927)
    Drei Klavierstücke (1932)


    Für Soloinstrument und Klavier:
    Petite Suite Italienne (1903) für Violine und Klavier
    Sonate (op. 56; 1921) für Violine und Klavier
    Suite A-Dur (op. 63; 1924) für Flöte und Klavier
    Suite c-Moll (op. 66; 1924) für Violoncello und Klavier
    Sonate (op. 101; 1935) für Violoncello und Klavier


    Für Violine, Violoncello und Klavier:
    Suite (op. 19; 1905)
    Kammermusikdichtung (op. 20; 1906; Wilhelm Raabe gewidmet, nach der Lektüre des Romans Der Hungerpastor)
    Klaviertrio (op. 61; 1923; „Trio atonal“)


    Für Streichquartett:
    Quartett über ein schwedisches Volkslied (op. 33; 1910)
    Quartett (op. 54; 1920)
    Quartett a-Moll (op. 65; 1924)
    Quartett (op. 80; 1928 )


    (Quelle: Wikipedia)




    Auch gibt es eine HP: http://www.paul-graener.de



    Nur an Einspielung scheint im Moment nichts erhältlich zu sein.



    Nun hoffe ich hier mal auf das geballte Fachwissen der Taminos um mehr über den Komponisten und sein Werk zu erfahren.

  • Da an Antworten hier nicht viel kam, werde ich mir wohl mal die Biografie zu legen:



    Auch das o. g. Konzert steht nun vor der Tür, bin mal gespannt:


    18.03.2009 | 19:30 Uhr Bühnen der Stadt Gera - Konzertsaal
    19.03.2009 | 19:30 Uhr


    6. Philharmonisches Konzert -


    Paul Graener: Wiener Sinfonie
    Schwedische Tänze
    Flötenkonzert op. 116
    Richard Strauss: "Also sprach Zarathustra"
    Sinfonische Dichtung op. 30


    Dirigent: GMD Erich Solén
    Solist: Cornelia Grohmann
    Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera

  • Hallo andythr,


    daß Graener der Vater von Jan Corazolla war, ist mir nicht bekannt gewesen.
    Corazolla war der langjährige Leiter des Rheinischen Kammerorchesters, der leider zu früh verstarb und ein sehr geachteter und beliebter Musiker im Kölner Raum war.


    Bitte berichte doch dann mal von dem Buch "Zwischen Musik und Politik" , das würde mich interessieren.


    Bitte nicht böse sein, aber der Titel des Buches ist so harmlos, daß es mich erstaunt.
    Man könnte ja auch den Titel "Zwischen Musik und Völkervernichtung" nehmen, das am Rande.

    Zitat

    Durch seine Hinwendung zum Nationalsozialismus avancierte er ab 1933 zu einem der meistaufgeführten lebenden Komponisten in Deutschland.


    Na ja, viele andere Komponisten wurden ja umgebracht oder verjagt, da war dann Platz.


    Es ist wirklich interessant, durch Dich auf Graener aufmerksam gemacht zu werden, allerdings muß ich zugeben, daß ich persönlich immer einen großen Bogen um diesen Komponisten gemacht habe aus hoffentlich verständlichen Gründen.


    Viele Grüße,
    Michael

  • Hallo,


    leider kann ich an Wissen über diesen Komponisten nichts hinzufügen, wohl aber an Nichtwissen. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass wirklich nicht viel von ihm zu hören ist.


    Ich möchte die Liste der Werke noch addieren: Die vier von andythr aufgeführten Streichquartette wurden zu Lebzeiten Graeners in Partitur gedruckt. Noch zwei weitere Quartette, und zwar früheren Datums als die vier, wurden lediglich in Stimmen ausgegeben. Sie tragen die Nummerierungen op. 13 und op. 18.


    Seit längerem versuche ich, die Quartette kennenzulernen, aber es gelingt mir nicht. Ich vermute einmal, dass die Werke nicht ohne Grund verschwunden sind. Graener soll, wie ich von einem Freund einmal gehört habe, wohl ziemlich vordergründig komponiert haben. Ich kann dies jedoch, wegen Unkenntnis seiner Werke, weder bestätigen noch widerlegen.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

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  • Lieber Michael,

    Zitat

    Es ist wirklich interessant, durch Dich auf Graener aufmerksam gemacht zu werden, allerdings muß ich zugeben, daß ich persönlich immer einen großen Bogen um diesen Komponisten gemacht habe aus hoffentlich verständlichen Gründen.


    Und das können durchaus musikalische gewesen sein. Ich kenne von Graener ein paar Klavierauszüge von Opern. Es ist unglaublich, welcher Bockmist damals über die Bühnen gejagt wurde. Alles abgekupfert von - horribile dictu - Schreker und Korngold. Die Meister waren verjagt (manche auch ermordet) und der Nachäffer stand in hohem Ansehen...!
    :hello:

    ...

  • Zween Meistern floss bislang der Ruhm nicht dick,
    er wird es künftig Vollerthun und schöner.
    Im einen liegt zwar kaum ein Gran Musik,
    im andern immerhin zwei Graener.


    (Hans Pfitzner)



    Georg Vollerthun, der u.a. Elsiabeth Schwarzkopf im Liedgesang unterrichtete, war Produzent diverser "heldischer" Opern, die so grauenhaft gewesen sein müssen, daß das Werk "Das königliche Opfer" über den Bittgang der Königin Luise allerdings in Ostpreußen durch den Gauleiter Erich Koch wegen der „tiefste(n) Erniedrigung und Schmach Preußens“ verboten wurde.... :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Eien Kostprobe aus dem "Völkischen Beobachter" vom 10.2.1933, demonstrierend, mit wes Geistes Kind man es bei Paul Graener zu tun hat:
    "Wie weit es unter dem vierzehnjährigen marxistischen Regime gekommen ist, bewies ein Konzert [in der Staatl. Hochschule für Musik Berlin], das die Klasse des Herrn Gmeindl [dort 1922-45 Kompositionslehrer] geben durfte. Was da an wüsten Tönen auf die leidende Menschheit losgelassen wurde, spottet jeder Beschreibung. So war es kein Wunder, wenn nach dem ersten Stück der Komponist Prof. Dr. Paul Graener aufstand und in den Saal rief: 'Meine Damen und Herren! Dieses klägliche Gestammel wagt man Ihnen als deutsche Kunst an einer deutschen Hochschule für Musik zu bieten. Ich protestiere dagegen als deutscher Künstler.'"
    Graener verließ daraufhin lautstark die Veranstaltung in Begleitung von sechs Mitgliedern des Kampfbundes für Deutsche Kultur.
    Der Direktor der Hochschule Georg Schünemann wurde noch 1933 fristlos entlassen. Graener wurde 1935 Vizepräsident der Reichsmusikkammer. Seine Opern bei den Oberen des 3. Reichs erfreuten sich großer Beliebtheit, und zwar, wie es offiziell hieß, wegen ihrer "bewußt deutschen Haltung."


    Auszug aus einem Aufsatz Graeners in: Die Musik vom Juni 1933:
    "Die falschen Propheten des Fortschritts und die ihnen allzu dienstbare Presse, deren Vertreter fast ausnahmslos artfremden, internationalen und liberalistischen Kreisen angehörten, vermochten durch viele Jahre das naivere Publikum vom wahren Wesen deutscher Kunst abzudrängen, indem sie ihm neue Scheinideale aufdrängte, indem sie das, was wirklich deutsch und echt (Romantik!) war, als rückständig bezeichneten und es lächerlich machten, indem sie Künstler - meist gegen deren innerstes Fühlen - zwangen, die haarsträubendsten Kakophonien als 'interessant' und 'voll tiefer Problematik' zur Diskussion zu stellen, um somit selbst als interessant und auf der Höhe der Zeit zu erscheinen. ... Nun aber, wo das Volk sich selbst wiederfindet, wo seine Seele emporsteigt, wie der Phönix aus der Asche, wo sein verdorrtes Herz wieder aufblüht, nun will es auch, daß seine Kunst wieder gesundet, will eine Kunst, an der es wieder teilhaben kann, die von seinem Herzblut durchtränkt ist, die seine Seele widerspiegelt. Es will wieder Romantik - härter wohl als die Vorfahren - es will wieder Schönheit - mag und soll sie herb sein - und es will wieder mitsingen können, so wie es bei den Alten, Unvergeßlichen mitgesungen hat. Ihr deutschen Künstler, hört Ihr die Stimme Eures Volkes?"


    Brief Graeners an die Privatkanzlei Adolf Hitler vom 19.2.36:
    "Mein Führer! Am Freitag d. 28. d. M. dirigiere ich meine Oper 'Der Prinz von Homburg' in der Staatsoper. Seit dem ersten Erscheinen des Werkes im März 35 hegte ich die Hoffnung, daß Sie, mein Führer, den Besuch einer Aufführung ermöglichen möchten. In jahrelanger Arbeit habe ich versucht, mit dieser Oper ein nationales Kunstwerk zu schaffen und ich wäre glücklich, wenn Sie, mein Führer, diese von mir zum ersten Mal geleitete Vorstellung am 28. d. M. mit Ihrer Gegenwart beehren würden. In tiefster Ergebenheit Ihr Paul Graener."


    Von einer Tagung der Reichsfachschaft deutscher Komponisten sandte Graener im Mai 1936 folgendes Grußtelegramm an Hitler: "Die erste Reichstagung der deutschen Komponisten auf Schloß Burg an der Wupper sendet Ihnen, mein Führer, als dem ersten Künstler der deutschen Nation in steter Einsatzbereitschaft ergebenste Treue. Paul Graener im Namen der Reichsfachschaft Komponisten in der Reichsmusikkammer."


    1942 erhielt Graener zu seinem 70. Geburtstag "im Auftrag von Reichsminister Dr. Goebbels mit dessen Bild die vom Führer verliehene Goethe-Medaille".


    Man könnte diese Zitate fortführen, doch denke ich, daß deutlich wurde, Graener war keiner der üblichen Mitläufer, sondern aktiver Teilhaber des Nationalsozialismus im Funktionärsrang mit erheblichem Einfluß auf die Musikpolitik des 3. Reiches.


    Ich denke, ein abgeschlossenes Leben, zur Historie geworden, ist nicht nur nach dem hinterlassenen Werk zu beurteilen, sondern auch nach Lebensumständen und Geisteshaltung. Alles andere wäre schizophren - jedenfalls im historischen Sinne.


    Florian

  • Hallo zusammen,


    ich hörte kürzlich seine Klaviertrios in dieser Aufnahme:


    Paul Graener (1872-1944)
    Werke für Klaviertrio: Suite op. 19; Kammermusikdichtung op. 20;
    Klaviertrio op. 61; Theodor-Storm-Musik op. 93 für Bariton & Klaviertrio

    Albrecht Pöhl (Bariton), Hyperion-Trio
    CPO, DDD, 2010


    Das Thread ruht nunmehr seit ca. 6 Jahren. Mittlerweile hat sich u. a. CPO mit mehreren Einspielungen dem Komponisten angenommen, u. a. der gezeigten CD.Klassik-heute (Link zur Renzension) umschreibt die Musik als von "lebhafter melodischer Einprägsamkeit". Dieses Zitat bringt die Qualitäten dieses Spätromantikers gut auf den Punkt. Die Melodien sind in der Tat in meinen Ohren sowohl einfallsreich, wie eingängig und wirken auf mich relativ "simpel". Das ist im besten Sinne schöne, gut gemachte kammermusikalische Unterhaltung, ohne größere Ecken und Kanten, und rein musikalisch gesehen durchaus eine Empfehlung. Dass Graener aktiver Faschist und Nazi war, macht ihn hingegen als Menschen natürlich unerträglich.


    Viele Grüße
    Frank