Sinfonie Nr. 11 Es-Dur
Entstehung um 1760 (vermutlich noch vor der Anstellung bei Eszterhazy, keinerlei nähere Informationen gefunden)
Besetzung: 2 Ob., 2 Hr., Streicher
Dies ist nach Nr. 5 wieder eine Sinfonie in der "Kirchensonatenform". Die Bezeichnung ist nicht ganz richtig, weil bei der barocken sonata da chiesa der 3. Satz ebenfalls langsam ist, während bei den Sinfonien Haydns mit langsamem ersten Satz immer ein Menuett an dritter Stelle steht (bei den Quartetten in op.9 u. 17 mit langsamen Kopfsätzen steht ein Menuett an zweiter und ein weiterer langsamer Satz an dritter Stelle). Man kann aber auch nicht einfach von einer Vertauschung von langsamem Satz und eigentlichem Hauptsatz sprechen. Denn die langsamen Kopfsätze dieser Sinfonien zeichnen sich meist durch einen typischen Duktus aus, der tatsächlich ein wenig an die in barocken Kirchensonaten erinnert.
Lessing äußert die Vermutung, daß es sich bei der späteren Es-Dur-Sinfonie Nr. 22 (um 1764) in derselben Form um eine "verbesserte" Realisierung einer ähnlichen Konzeption handeln könnte; ähnlich Parallelen zieht er zwischen den A-Dur-Sinfonien 5 und 21 und zwischen den Sinfonien mit 4 Hörnern und konzertanten Elementen D-Dur 72 (die falschestnumerierte Haydnsinfonie, die statt ca. 1780, wie nach der Nummer zu schließen, um die Mitte der 1760er entstanden ist) und 31.
Die letzte Sinfonie mit einem langsamen Kopfsatz ist Nr. 49 (ca. 1768); es dürfte verschiedene Gründe geben, warum dieses Formmodell irgendwann ganz aufgegeben wurde.
1. Adagio cantabile
An diesem Satz kann man recht gut die unterschiedlichen Elemente der barocken und empfindsam-vorklassischen Schreibweise erkennen. Der Beginn mit dem ruhig gehenden Bass und den imitatorischen Einsätzen der Violinen entspricht der Kirchensonate, aber sehr bald beginnt die 1. Vl. zu dominieren (mit einer triolisch geprägten Melodie) und der Rest ist im Wesentlichen Begleitung. Der Satz wird von den Streichern dominiert. Die Hörner spielen an einigen Stellen gehaltene Töne zur klanglichen und harmonischen Füllung, bleiben aber immer im Hintergrund, die Oboen vermochte ich gar nicht herauszuhören. Der Satz ist zweiteilig; beide Teile werden wiederholt. Im Mittelteil (Durchführung wäre wohl übertrieben) gibt es ein Wechselspiel in Triolen zwischen Geigen und Celli; es folgt eine Reprise mit geringfügigen Änderungen. Insgesamt ein sehr ruhiges, kontrastarmes, fast meditatives Stück.
2. Allegro
Auch hier gibt es gewisse Anklänge an den barocken Stil. Der Kopf des Hauptthemas ist für kontrapunktische Verarbeitung geeignet und eine solche wird im Seitensatz (quasi Hauptthema + Gegenstimme) und beim Repriseneinsatz auch angedeutet, aber nur sehr knapp. Die Durchführung bringt etwas motivische Arbeit, hauptsächlich aber Bewegungsenergie und die Hörner kommen endlich mal ein wenig aus der Reserve.
3. Menuett
Der Hauptteil ist recht konventionell mit Kontrasten zwischen kräftig-derben Tuttis und zarteren Passagen für die Streicher. Hervorzuheben (auch von Lessing und dem Reclam-Führer) ist das Trio, das kammermusikalisch nur für Streicher gesetzt ist und durch ständige Synkopen und einige Molltrübungen etwas Unruhe stiftet.
Presto
Auch das Finale wird von synkopierten Rhythmen und einem kapriziös-widerborstigen Thema dominiert. Es handelt sich um einen knappen, aber vollständigen Sonatensatz mit einer relativ langen Durchführung. So wird aus einem spritzigen Kehraus ein nicht ganz konfliktfreier, jedenfalls sehr energiereicher Satz.
viele Grüße
JR