Liebe und Arbeitskampf - Das Musical THE PAJAMA GAME

  • In Zeiten erhöhter Streikfreudigkeit ist es vielleicht nicht unangemessen, zur Abwechslung mal auf ein seinerzeit sehr populäres, heute aber (bei uns) fast vergessenes Musical hinzuweisen, dessen Komponisten hier nur wenige kennen, das man aber noch immer mit viel Vergnügen hören und sehen kann. Eine Inhaltsangabe fndet Ihr hier: ADLER, Richard und ROSS, Jerry: THE PAJAMA GAME


    Zunächst etwas zu den Komponisten und Textern Richard Adler ( * 3.8.1921) und Jerry (Jerold) Ross (9.3.1926 - 11.11.1955)


    Die Musicals dieses Erfolgsteams sind stark von ihrer ursprünglichen Erfolgskarriere als Schlagerkomponisten geprägt. Anders als üblich, teilten sich Adler und Ross nicht die Aufgaben Musik und Texte, sondern erarbeiteten gemeinsam alle Elemente ihrer Songs, wobei der wenig bühnenerfahrene Adler zunächst von dem früh trainierten Publikumsinstinkt seines Partners profitierte, sich nach dessen frühem Tod aber auch als eigenständiger Komponist und Texter bewährte. Richard Adler war der Sohn eines Konzertpianisten, was ihm eine Abneigung gegen das Klavier eingebracht zu haben schien, das er nie beherrschen lernte. Statt dessen erarbeitete er seine Melodien auf einem kleinen Xylophon, das er stets bei sich trug. 1950 traf er Jerry Ross, der, ein Sohn russischer Emigranten, als Sänger und Schauspieler ein Kinderstar des jiddischen Theaters war, bevor eine anhaltende Bronchitis seinen Rückzug von der Bühne erzwang. Obwohl er über keinerlei formelle Musikausbildung verfügte, die er sich erst in der Praxis erarbeitete, konnte Ross als Songschreiber bereits erste Erfolge verbuchen, bevor er sich mit Adler zusammentat.


    1953 schrieben beide ihren ersten Erfolgsschlager „Rags to Riches“ und sammelten erste Bühnenerfahrung bei einer Revue namens „John Murray Anderson’s Almanac“, zu der sie drei Stücke nach Melodien von Adler beitrugen. Einer Empfehlung ihres Mentors und Verlegers Frank Loesser verdankten sie den Auftrag für das Musical THE PAJAMA GAME, das im Mai 1954 mit überragendem Erfolg am Broadway uraufgeführt wurde. Fast genau ein Jahr später debütierte ihr Baseball-Musical DAMN YANKEES, das es wie sein Vorgänger auf über tausend Aufführungen brachte. Ross sollte nur den Beginn dieser Erfolge selbst erleben, denn er erlag infolge seines notorischen Bronchialleidens mit nur 29 Jahren einer Lungenentzündung.


    Adler arbeitete danach alleine, konnte aber nicht mehr an die gemeinsamen Erfolge anknüpfen. Lediglich das Musical KWAMINA, in dem er die Bemühungen eines studierten Afrikaners thematisierte, seinen rückständigen Stamm zu modernisieren, erzielte noch einen Prestigeerfolg und belegte Adlers eigenes Talent für atmosphärische Musik und eingängige Songs. Die mangelnde Bühnenwirksamkeit des Buches sorgte jedoch trotz spektakulärer Tanznummern von Agnes de Mille und der für einen Tony nominierten Musik Adlers für einen herben Misserfolg. Da auch private Probleme hinzu kamen, zog sich Adler vom Broadway zurück und spezialisierte sich auf die Komposition von Werbejingles. 1999 erlebte er noch einmal einen Theatererfolg in dem Pastiche FOSSE, das die Karriere des genialen Choreographen Bob Fosse beschrieb, die mit THE PAJAMA GAME begonnen hatte. Ebenfalls 1999 veröffentlichte Adler seine Autobiographie unter dem Titel eines seiner erfolgreichsten Songs, „You Gotta Have Heart“.


    Werkgeschichte


    Der Inspizient Robert Griffith und der junge Regisseur Harold Prince hatten sich 1953 als Produktionsteam zusammengetan und den milde zeitkritischen Roman Richard Bissells optioniert. Ein Musical zweier unerprobter Produzenten und Komponisten um einen Arbeiterstreik war jedoch kaum zu finanzieren, und erst als sie den Erfolgsregisseur George Abbott für ihr Team gewinnen konnten, fanden sich sowohl das nötige Geld als auch das künstlerische Team. Abbott wollte den Stoff eigentlich von Frank Loesser komponieren lassen. Der aber hatte andere Pläne und empfahl seine Schützlinge Adler und Ross. Auch der vorgesehene Choreograph Jerome Robbins sagte zunächst ab, willigte aber ein, als Co-Regisseur zu fungieren, wenn sein Protegé Bob Fosse die Choreographie anvertraut bekäme.


    Selten hatte ein renommierteres Ensemble für die Produktion eines Debütwerkes zusammengefunden, und der gemeinsam erarbeitete Erfolg war phänomenal. Allein Loesser, der die Verlagsrechte der Musik hielt, verdiente Millionen an dem Werk seiner Schützlinge, und das Stück lancierte nicht nur die Karrieren von Adler, Ross und Fosse, sondern auch einiger Darstellerinnen, darunter die Darstellerin der Gladys, Carol Haney, und deren Vertreterin Shirley MacLaine, die hier ihren ersten Publikumserfolg feiern konnte.
    Das Stück brachte es auf Anhieb auf die damals phänomenale Zahl von 1063 Broadwayaufführungen, die zahllose Neuinszenierungen im In- und Ausland nach sich zogen und das ihre dazu beitrugen, dass DAMN YANKEES, das nächste Musical der beiden, noch während der Laufzeit des ersten Stückes von dem gleichen kreativen Team herausgebracht werden konnte.


    Der große Erfolg des Stückes führte ungewöhnlich schnell zu einer Verfilmung, die 1957 von dem Studio Warner realisiert wurde. Die Produktionsfirma bestand zwar auf ihrem Star Doris Day, die sich in der Hauptrolle der Babe bestens in das Ensemble einfügte, übernahm aber ansonsten alle wichtigen Mitwirkenden des Bühnenerfolges. Das galt nicht nur für Bob Fosse als Choreographen, sondern sogar für Abbotts wirkungssichere Inszenierung, die von dem Meisterregisseur Stanley Donen filmisch aufgelöst wurde. So entstand eine ungewöhnlich originalgetreue Verfilmung, die bis heute zu den besseren Filmmusicals gehört. Während die Musik von Adler und Ross ihre Attraktivität erhielt, erwies sich die Harmlosigkeit des Stoffes später als zu zeitgebunden, und zwei Wiederaufführungen, die 1965 und 2006 an den Broadway kamen, blieben trotz guter Kritiken erfolglos.


    Musik


    Ohne das Verdienst der Erfolgsnummern von Adler und Ross schmälern zu wollen, lässt sich sagen, dass ihr Mentor Frank Loesser einen nicht unerheblichen Anteil an ihrem Erfolg hatte. Manche ihrer Nummern hätten auch von diesem selbst stammen können, etwa „A New Town is a Blue Town“, das an „My Kind of Town“ aus Loessers GUYS AND DOLLS erinnert. Als sie ein Motiv für ein Liebeslied suchten, gab Loesser ihnen einer Anekdote zufolge den Rat, ein lizenzfreies Erfolgsstück zu verlangsamen. Tatsächlich unterscheidet sich „Hey There“ nur im Tempo von dem Auftakt des ersten Satzes von Mozarts wohl bekanntester Klaviersonate (C-Dur, KV 545). Entscheidend ist jedoch, dass Adler und Ross etwas völlig Eigenes daraus machten, denn dieses besinnliche Duett des Hauptdarstellers mit seinem Spiegelbild gehört zu den Höhepunkten der Partitur.


    Daneben brachte THE PAJAMA GAME gleich mehrere internationale Hits in ganz verschiedenen Stilformen hervor: den Tango „Hernando’s Hideaway“, den Country-Song „There Once was a Man“ und das komische Duett „Small Talk“. Die bekanntesten Nummern des Stücks werden von Popstars wie Harry Connick und Robbie Williams noch heute gerne für Coverversionen herangezogen.


    Was Einspielungen betrifft, gibt es zwei gleichwertige Alternativen. Natürlich führt kaum ein Weg an der Einspielungen mit der originalen Broadwaybesetzung von 1954 vorbei:



    Darin spielt das originale Broadwayorchester unter Leitung von Hal Hastings; John Raitt, Janis Page, Eddie Foy, Jr. (Vernon) und Carol Haney (Gladys) singen die für sie geschriebenen Hauptrollen.


    Wer aber nicht nur die Songs hören, sondern auch die Handlung miterleben will, der kann getrost (und für praktisch dasselbe Geld) mit der Filmfassung begnügen, in der Doris Day Janis Paige ersetzte:



    Nach einem halben Jahrhundert wirkt der Film naturgemäß leicht angestaubt, aber Stanley Donens Regie und die auch heute noch höchst unterhaltsamen Songs von Adler und Ross sowie Doris Day in einer ganz anderen Art von Pyjama-Spiel, als wir es später von ihr gewohnt wurden, sorgen dafür, dass der Film auch heute noch viel Freude bereitet. Für Freunde des Musicals der 50er Jahre ist er ohnehin unverzichtbar.


    Nun würde mich interessieren, wer von Euch dieses Musical kennt, wie Ihr es findet, und ob die Vorstellung solcher halb vergessener, obwohl eigentlich unvergesslicher Musicals hier überhaupt von Interesse ist.


    :hello: Jacques Rideamusical

  • Lieber Jaques Rideamus!


    Der Film mit Doris Day wurde etwa 1982 das letzte Mal im ORF gebracht.


    Ich suche, nicht für mich, für eine Bekannte die nicht Englisch kann, den deutschen Film, mit den Liedern in englischer Sprache,


    aber den hat bestimmt Niemand, aber vielleicht doch etwa Harald????


    Ich finde dieses Musical äußerst amüsant und es ist schade, dass man gerade diesen Doris Day Film so vernachlässigt, :no:


    sie war doch da sehr gut.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Im Rahmen der Wiederveröffentlichungs-Reihe "NAXOS NOSTALGIA" gibt es jetzt zum Budget-Preis den Original-Soundtrack des Musicals (Rideamus hat ihn oben gezeigt);



    Die Remastering-Spezialisten von Naxos haben ganze Arbeit geleistet, die Aufnahme kommt so frisch und munter daher, als wenn sie erst in unseren Tagen produziert wurde.... und das für ganze Fünf Euro und...


    # Audio CD (31. Oktober 2008 )
    # Anzahl Disks/Tonträger: 1
    # Format: Soundtrack
    # Label: Naxos


    LG


    :hello: :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Habe ihn jetzt in Englisch, ist zwar mühsam immer zwischendurch zu übersetzen, bei den Musiknummern lasse ich es aber.


    "Da, wärs halt guat wenn man Englisch könnt!" kann ich zu meinen Bekannten nur sagen.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello:


  • Richard Adler (* 3. August 1921 in New York City, New York; † 21. Juni 2012 in Southampton, New York) war ein amerikanischer Komponist und Liedtexter.
    R. I. P.


    Zusammen mit seinem Partner Jerry Ross erreichte er den ganz großen Durchbruch1954 mit seinem ersten Musical The Pajama Game, das in seiner ersten Spielzeit am Broadway auf 1063 Vorstellungen kam und gleich mehrere Tony Awards einheimste.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • The Pajama Game
    Nach dem Roman »71/2 Cents« von Richard Bissell
    Buch von George Abbott und Richard Bissell
    Musik und Gesangstexte von Richard Adler und Jerry Ross


    Premiere: New York, St. James Theatre, 13. Mai 1954
    Produzenten: Frederick Brisson, Robert E. Griffith und Harold Prince
    Regie: George Abbott und Jerome Robbins
    Choreographie: Bob Fosse



    Original Broadway-Besetzung
    mit John Raitt, Janis Paige, Eddie Foy jr., Carol Haney, Reta Shaw, Stanley Prager, Buzz Miller und Peter Gennaro
    Orchester und Chor unter Leitung von Hal Hastings


    Deutschsprachige Fassung unter dem Titel »Herz im Pyjama« von Klaus Günter Neumann und Helmut Zander
    Wiesbaden, Hessisches Staatstheater, 3. Dezember 1956


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)