Der Barocktanz – Tanz der Macht – Tanz der Sinnlichkeit

  • Vielleicht ein ungewöhnliches Thema, aber dieser spezielle Tanzstil, bzw. die Kenntnis über diese Tänze, ist auch Heute noch ungeheuer wichtig, um beim interpretieren von Tänzen aus dem 17. & 18. Jahrhundert sowohl das richtige Tempo zu finden, als auch eine angemessene musikalische Gestaltung zu finden.


    Allerdings haben viele Menschen eine völlig falsche Vorstellung von dem Tanz des 17. und 18. Jahrhunderts.
    Diese falsche Vorstellung wurde natürlich von Kinofilmen aus dem letzten Jahrhundert immer wieder erneuert.
    Was oft zu kurz kommt, sind die fest vorgeschriebenen Bewegungen der Arme, die speziellen Tanzschritte und das die Tänze allesamt auf geometrischen Formen basieren.


    Im 17. Jahrhundert waren jedoch nicht die gewöhnlichen Balletttänzer die Stars, sondern Kirchenfürsten, Könige und Kaiser !



    Für viele heutige Menschen ist die Vorstellung, dass Staatoberhäupter Ballett tanzen grotesk.
    Doch im 17. und 18. Jahrhundert war das Ballett eine äußerst beliebte Möglichkeit sich in Szene zu setzen, und zu repräsentieren.
    Bis in die 1670er Jahre hinein war es übrigens Frauen verboten auf der Bühne zu tanzen, da man ihnen nicht zutraute die Eleganz der Männer zu erreichen.
    Natürlich traten Frauen, besser gesagt die Fürstinnen in den Hofballetten ganz selbstverständlich auf.


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    Louis XIV 1653 im Ballet Royal de la Nuit



    Seit geraumer Zeit erlebt dieser Barocktanz eine wahre Renaissance.
    Es gibt viele Gruppen die diese Tänze pflegen.
    Vor allem war es Francine Lancelot, die den Barocktanz in seiner ganzen Schönheit wieder „entdeckte“
    Ihre berühmtesten Tätigkeiten waren z.B. die Choreographien für die Inszenierung von Lullys Atys durch Villegier. William Christie hatte die musikalische Leitung.
    Dieses Opernereignis (1976) war die Wiedergeburt der Barockoper in unserer Zeit.
    Es folgte eine reine Tanzveranstaltung mit ihrem Ensemble „Ris et Danceries“ in Versailles „Grand Bal a la Cour de Louis XIV“ (1981)
    2003 starb Francine Lancelot, doch ihre Bemühungen um den Barocktanz werden nach wie vor weitergeführt.



    Doch was benutzt man als Quellen ?


    Genau wie in der Musik, gibt es auch für den Tanz unglaubliche viele Aufzeichnungen.
    Quellen für den Barocktanz, auch „la belle Danse“ genannt gibt es also reichlich.
    Der erste Schritt war, die Entzifferung der „Notation“ der alten Tanzmeister.
    Als das geschehen war, tat sich eine ganze Welt auf.
    Zum einen fällt auf, dass die Tänze für die Bühne ganz anders gestaltet sind als die höfischen Tänze.
    So war es am Hofe üblich, dass nicht der ganze Hofstaat auf eimal tanzte sondern stets nur ein Paar nach dem anderen.
    Und das hatte seinen Grund, es erhöte den Druck auf die Adligen, Fehler wurden nicht verziehen und so wurde jeder öffentliche Hoftanz, ein Tanz der über die eigene Stellung in der gesellschaft entschied.
    In der Oper oder im Ballett gab es für die großen Fürsten die Solo Tänze, aber es gab auch Paartänze oder ganze Formationstänze.


    Natürlich ist Frankreich das Zentrum des Tanzes gewesen.
    Seit dem beeindruckend "Ballet de la Royne" von 1581 war Frankreich das Zentrum des Balletttanzes.


    Von Raoul - Auger Feulliet (c.1653 – 1710) stammt die wohl bedeutendste Sammlung von Choreographien für das 17. Jahrhundert.
    Er war nicht nur selbst Tänzer, er arbeitete auch als Choreograph, Herausgeber und Autor verschiedener Schriften über den Tanz seiner Epoche.
    Natürlich ist Feulliet nicht der einzige der diesen faszinierend Tanz überliefert hat.
    Er war es jedoch der die „Tanzschrift“ entwickelte, die dann die ganze Epoche über verwendet wurde.
    Außerdem gehen auf ihn die 4, bzw. 5 Ballettpositionen zurück.


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    Feuillet: Tanzschrift für ein Ballett



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    Feulliet: Tanzschrift des Bourre d'Achille


    Diese Tanzschriften umfassen pro Tanz mehrere Seiten, so werden verschiedenen "Stadien" der Choreographie gezeigt.



    Für den Tanz des 18. Jahrhunderts war ein Namensvetter von Jean Philippe Rameau maßgebend:
    Pierre Rameau ( 1674 – 1748 )
    Seine Publikation « Le maître à danser » (1725) ist für Heutige Tänzer, die wohl wichtigste Quelle für den historischen Tanz.


    Aber nicht nur für Tänzer ist seine Schrift von Interesse, sondern auch für Historiker:
    Rameau gibt in seinem Buch über alle „References“ Auskunft und sogar über den Ablauf der Hofbälle von Versailles.


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    Rameau: Menuett Figur



    Zwar gab es auch berühmte Choreographen aus Italien und Deutschland (Taubert) – übrigens nicht zu verwechseln mit Karl-Heinz Taubert, der in unserer Zeit als Lehrer für historischen Tanz berühmt wurde.
    Aber spätestens seit den großen Balletten die Louis XIII und Kardinal Richelieu aufführten, versuchten alle großen Höfe französische Ballettmeister zu gewinnen.


    Charles II. beklagte sich, dass keiner seiner Musiker eine anständige französische Courante spielen konnte – und so bat er um französische Musiker und Ballettmeister.
    Das zeigt schon, wie groß der Einfluss der Ballettmeister auf die Gestaltung der Musik gewesen ist – und es wird klar warum Lully selbst zum Balletttänzer wurde.
    Kaum ein Komponist konnte solche Ballettmusik verfassen.


    Muffat beschrieb es noch glühender, indem er behauptete, dass die Tänze Lullys so perfekt komponiert wären, dass man sofort hören könne um welchen Tanz es sich handle.


    Der Ballettmeister Louis XIV, Pierre Beauchamps, der sehr eng mit Lully zusammenarbeitete war selbst auch Komponist und es sind eine ganze Reihe Ballette von ihm erhalten.
    Aber bis auf die Ouvertüre zu dem ersten „Comedie Ballet“ dass Moliere für Vaux-le-Vicomte verfasste, ist bisher noch nichts auf CD erschienen.



    Bemerkenswert ist, dass auch im Tanz die gleiche Entwicklung zu sehen ist, wie sie sich in der Musik, der Malerei und der Architektur vollzog.
    Vom repräsentativen Barock, das besonders die Darstellung der Macht liebte, werden auch die Tänze immer feingliedriger, zierlicher und sinnlicher.



    Der Mythos Menuett


    Natürlich denkt man sofort an das Menuett, wenn es um Tänze aus dem Barock geht.
    Und so falsch ist das gar nicht – doch war das Menuett nicht immer der beliebteste Tanz, und man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass es nur eine Version des Menuetts gab.


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    Louis XIV tanzt das Menuett


    Fast das ganze 17. Jahrhundert, war die Courante der beliebteste Hotanz.
    Die Choreographie bewegt sich auf einem großen Quadtrat und das Tanzpaar „läuft“ mehr oder weniger die Seiten des Quadtrats ab – also von Körperkontakt kann keine Rede sein.
    Der Hofball Louis XIV (und somit auch jeder andere Hofball in Europa) wurde von einer „Suite des Branles“ eröffnet, allerdings unterschied sich teilweise die Choreographie von der "Renaissance - Branle" wie sie von d’Arbeau überliefert ist.
    Die Branle ist eine Art „Reigentanz“
    Man stellte sich also im Kreis auf, und der Fürst begann den Tanz – und führte den Tanz auch stets an, so dass eine Art "Kette" entstand.
    Der erste Tänzer führte die anderen Tänzer auf einer "8- Form" in einer reihe hinter sich her.
    Aus diesem Grunde waren die Branles stets die Eröffnung der Hofbälle und wurden immer von Staatsoberhäuptern angeführt und getanzt.


    Spätestens ab 1670 war das Menuett der beliebteste Tanz am Hofe, das sollte auch bis ins 18. Jahrhundert so bleiben.
    Lully und Moliere machen sich im "Le Bourgeois Gentilhomme" (1670) über diese "Menuett Welle " lustig, indem sie Monsieur Jourdain das Menuett erlernen lassen (er scheitert natürlich)
    Dieser Paartanz basierte auf einem alten Volkstanz.
    Die älteste überlieferte Choreographie basiert auf einer „S“ – Form, die dann im Laufe der Zeit über eine „8“ Form zur „Z“ Form weiterentwickelt wurde.


    Im 18. Jahrhundert wurde die Choreographie des Menuetts immer wieder verändert, modernisiert und erweitert. So gab es bald das Menuett für 4 Personen (Menuet a quatre) das zur populärsten Menuet Choreographie werden sollte.
    Dann das Menuett für 8 Personen, das wohl zu den kompliziertesten Tänzen der Geschichte gehört. Auch Sonderformen sind überliefrt, wie z.B. das „Menuet de la Reine“ das für Marie Antoinette choreographiert wurde und fast alles an Kompliziertheit schlägt.


    Letztlich war das Tanzen dermaßen wichtig am Hofe, dass man etwa einen Monat benötigte um das Menuett zu erlenen und fortan mindestens 2 Stunden pro Tag üben musste.
    Barocktanz ist Leistungssport !


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    Menuet d'Exaudet


    In Wien war das Menuet unter Leopold I. „verboten“
    Leopold hasste seinen Vetter und wollte ja keine Vorliebe mit Louis XIV teilen.
    Und so kam es, dass in Wien die „Chaconne“ bzw. „Passacaille / Passacaglia“ in Mode kam.
    (diese Täze waren natürlich auch am Hofe des Sonnenkönigs hochbeliebt – warum sonst enden so viele Lully Opern mit einem solchen Tanz ?)


    Diese Tänze basierten auf der Courante, und Passacaglia bedeutet ja auch soviel, wie durch eine Straße gehen.
    Mit dem Tode Leopold I. zog auch das Menuett am kaiserlichen Hof ein.
    Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde weiter Menuett getanzt, bis der „Ländler“, der sich aus der „Allemande“ entwickelte, immer beliebter wurde.
    Der „Ländler“ – oder die spätere Form „Walzer“ waren damals natürlich skandalös, aufgrund des ständigen Körperkontakts.



    Das Menuett feierte noch einmal ein Revival – und zwar am Hofe Wilhelm II. von Preussen.
    Ja ganz recht, am Hofe des letzten deutschen Kaisers.




    Mitlerweile sind Gruppen für historischen Tanz aus der HIP Bewegung nicht mehr wegzudenken.
    Ihre Erkenntnisse sind für die Musiker pures Gold wert.
    Man erkannte z.B. dass viele der Tänze immer zu langsam gespielt wurden, andere wieder viel zu schnell.
    Natürlich kann man einwenden dass die Tänze z.B. in Bachs Orchestersuiten nicht zum tanzen gedacht waren (was übrigens nicht belegbar ist) doch wenn man sie im richtigen Tempo spielt, so sind sie eben sehr wohl tanzbar.
    Und darauf muss geachtet werden, denn selbst wenn diese Tänze nur in der Konzertsituation erklingen, so verlangte das damalige Publikum dass diese Tänze trotz allem noch tanzbar sein sollten.
    (Natürlich ändert sich auch der Charakter der Tänze mit unterschiedlichem Tempo)
    Oftmals wurden eben durch solche Konzerte manche Tänze überhaupt erst populär.
    Gerade auch aus Opern finden sich ungeheuer viele Tänze in alten Tanzsammlungen wieder.
    Den Bezug zum eigentlich Tanz also zu ignorieren sollte man also immer hinterfragen.
    Bildmaterial: Wikipedia


    Mitlerweile gibt es auch einige CD's die in Zusammenarbeit mit Tänzern entstanden sind: (diese eignen sich übrigens alle hervorragend zum Tanzen, wenn man grad kein Barockensemble für seine Tanzabende unterhält :D )



    die wohl wichtigste Aufnahme erschien als doppel CD bei Erato:



    Musiques à Danser
    Musiques à l'opera: Les Talens Lyriques / Christophe Rousset
    Musiques à la Cour: La Simphonie du Marais / Reyne



    Leider scheint die Aufnahme zur zeit nicht erhältlich zu sein.
    Diese Aufnahmen entstanden in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Ris et Danceries und Francine Lancelot.
    Rouset und Reyne sind sowieso Spezialisten für französische Barockmusik.
    Die Aufnahmen entstanden in direkter Zusammenarbeit mit den Tänzern, durch das ausprobieren der Choreographien wurden völlig neue Ansätze in die Interpretation gebracht.
    Herrliche Aufnahme !


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    Les Caracteres de la Danse
    Ensemble Ris et Danceries


    (diese CD ist nur in Frankreich erhältlich)



    Ein Aufnahme der Musik die Francine Lancelot mit ihrem ensemble "Ris et danceries" für das Event "Bal a la Cour de Louis XIV" verwendete.
    Die Musik fand teilweise auch im Film "L'Allee du Roy" Verwendung
    Hervorragend gemacht.



    Contredanses from the Dresden Court
    Les Berlinois


    ungewohnte Barockklänge, da hier Repertoire eingespielt wurde das ausschließlich zum Tanzen gedacht war.
    Der letzte Track ein Livemitschnitt eines Tanzes, dort ist sogar das Rufen des Tanzmeisters und natürlich die Tanzgeräusche zu hören.



    Aber es gibt natürlich noch viel mehr, mittlerweile ignorien kaum noch HIP Ensembles die Erkenntnisse der Tanzgruppen. Und so entstehen fast alle Einspielungen von barocken Opern, Orchestersuiten oder Tanzsammlungen mit Rücksprache oder Beratung.

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von der Lullist
    Vielleicht ein ungewöhnliches Thema,


    Aber ein interessantes Thema :yes:


    Zitat

    Der Mythos Menuett


    Natürlich denkt man sofort an das Menuett, wenn es um Tänze aus dem Barock geht.
    Und so falsch ist das gar nicht – doch war das Menuett nicht immer der beliebteste Tanz, und man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass es nur eine Version des Menuetts gab.


    das menuett war der berühmteste franzöische Hoftanz, Lully hat ihn als Erster inseine Opern aufgenommen. Das im 17. Jhd. hoffähig gewordene Menuett war ursprünglich ein lebhafter Volkstanz aus dem Poitou. Als Hoftanz war er zuerst ziemlich schnell und lustig, berichtet 1703 Brossard. Mit zunehmeder Vornehmheit wurde er im Laufe der Zeit immer gemessener und langsamer. Ob das damit zusammenhängt, dass Ludwig XIV. der leidenschaftlich gerne tanzte älter und somit beim Tanzen langsamer wurde ?
    1750 wird sein Charakter als "gemäßigt und edel" beschrieben, getanzt wurde in knapp angedeuteten Bewegungen und Verneigungen mit vornehmer Gelassenheit. Dies prägt noch unsere landläufigen Vorstellungen des Menuetts.


    Zitat

    Fast das ganze 17. Jahrhundert, war die Courante der beliebteste Hotanz.


    Seit Ende des 17. Jhd. mehr als Instrumentalsatz verwendet als getanzt. Mattheson schreibt darüber:


    "Die Leidenschafft oder Gemüths-Bewegung, welche in einer Corante vorgetragen werden soll, ist die süße Hoffnung. Denn es findet sich was hertzshafftes, was verlangendes und auch was erfreuliches in dieser Melodie: lauter Stücke, daraus die Hoffnung zusammengefügt wird"


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Ob das damit zusammenhängt, dass Ludwig XIV. der leidenschaftlich gerne tanzte älter und somit beim Tanzen langsamer wurde ?



    es gibt auch noch eine böse Anekdote, da wird berichtet, dass Lully das Menuett verlangsamen musste, weil Louis XIV aufgrund seines Übergewichtes nicht mehr das Tempo halten konnte :D



    das würde sogar passen, da die langsameren Menuette etwa zum Ende der 1670er Jahre vermehrt auftauchen....also just jene Zeit in der der Sonnenkönig auch einen körperlichen Umfang eines Planeten hatte :D




    übrigens gibt es noch ein wunderbares Buch:



    K.H. Taubert: Höfische Tänze



    Da kann man einige der berühmtesten Tänze, wie Gavotte, Menuett, Courante oder Gigue im Selbststudium erlernen.
    Aber man erfährt auch viel über die historischen Hintergründe.
    Notenbeispiele gibt es außerdem auch dazu.
    Zwei CD Aufnahmen sind begleitend ebenfalls erschienen, aber die musikalische Umsetzung der Tänze ist nicht unbedingt so gelungen.
    Vor allem wenn man sich im Vergleich die Einspielungen von Hugo Reyne, William Christie oder Christophe Rousset hört.


    Aber zum üben taugen sie allemal.


    In jedem Fall hat das erlernen dieser Tänze einen ganz wunderbaren Effekt.
    Man lernt diese Musik nochmal aus einer anderen Perspektive kennen und bekommt ein ganz anderes Gefühl für die Musik.
    So erging es jedenfalls mir.

  • :jubel: :jubel:


    Sehr schöner Thread...


    Untrennbar mit dem Menuett ist für mich eine Filmsequenz aus "Tanz(!) der Vampire" verbunden, wo der Tanz schnell vor einem großen Spiegel beendet wurde, weil lediglich Alfred und Professor Anbronsius sichtbar waren und ihre Tarnung aufflog. Wobei ich nichtmal mehr weiß, ob wirklich ein Menuett im strengen Sinne getanzt wurde.

  • Es war mehr eine freie Interpretation und ein Zusammenschnitt von gleich mehreren Tänzen - ähnliches sieht man ja eben auch in älteren Kostümfilmen.


    Vor allem die Art und Weise wie die Tanzschritte ausgesehen haben, war ziemlich unhistorisch.
    (Was aber in diesem Film keineswegs negativ auffällt).



    Mir ist bisher auch kein einziger Kostümfim bekannt, indem wirklich korrekt nach Feuillets oder Rameaus Choreographien getanzt wird.
    Es sind immer Interpretationen.
    Halt das stimmt nicht, im Kostümfilm "L'Allée du Roi" (die Alle des Königs) wird historisch getanzt
    (sowiso der beste Kostümfilm aller Zeiten!!!)


    :jubel: :jubel: :jubel:



    In jedem Fall ist der Tanz besonders in französischen Barockopern so elementar wichtig, dass man da unbedingt fähige Choreographen benötigt.
    Ich bevorzuge natürlich den streng historischen Tanz, aber es gibt z.B. in diese Aufführung von Lullys Persee...





    ... eine ziemlich gute Synthese zwischen Barocktanz und klassischem Ballett.



    bei den Aufführungen in Boston wird ja auch sehr viel Wert auf den historischen Tanz gelegt.
    Ob diese Aufführen aber je auf DVD zu erleben sein werden, bleibt abzuwarten.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Lieber Lullist,
    wie findest Du eigentlich diesen Film, und wie die Musikdarbietung daselbst?



    Die DVD scheint gestrichen zu sein, die SACD ist z.Zt. billiger zu haben als die CD-Version!


  • Den Film gibt es nur auf Französisch als DVD, wir Deutschen haben max. VHS... wie bei so vielen tollen Filmen....




    Zur Musik:



    Die CD Aufnahme hat sowohl gute als auch schlechte Seiten.
    Man darf halt nicht vergessen, dass es eigentlich ein "Soundtrack ist.
    Goebel lässt schon recht "scharf" und "brachial" aufspielen.


    Ich mag die CD aber dennoch sehr gerne, weil viele Lully Stücke einfach mal ganz anders daher kommen.
    Die Passacaille d'Armide z.B. ist hier fast ein Furientanz, wärend sie normalerweise (innerhalb der Oper) eher Sinnlichkeit und die Freuden der Liebe beschreibt und demnach auch eher schmachtend gespielt werden sollte.



    Aber auf der CD sind auch Werke von Komponisten zu hören, die man sonst gar nicht bekommen kann - wie Jean de Cambefort z.B.


    Die Ouverture und "Le Roi representant le soleil" aus dem "Ballet Royal de la Nuit" dürften von ihm sein.
    Die Partitur (von Philidor abgeschrieben) selbst erwähnt nur seinen Namen.
    Aber angeblich sollen auch Lully, Lambert, Mazuel und Verpre und Molliere daran beteilgt gewesen sein.


    Jean de Cambefort war der musikalische Obermotz vor Lully.
    Und die Art und Weise wie die Ouverture und dieser Tanz des Königs geschrieben sind, ähnelt sehr dieser Suite die ich in der Bibliothek in Kassel gefunden habe. (Die war - und ist - falsch einsortiert, auch im Katalog, denn sie gehört eindeutig zu den anderen Werken von Dumanoir, Mazuel etc. für die es eine eigene Sammlung gibt....)


    Allerdings denke ich, dass es bessere Lully Aufnahmen gibt, ich bevorzuge die von Hugo Reyne. Aber ein toller Erstkontakt mit der Musik Lullys ist die Cd allemal.



    Zum Film


    Der Film ist auf alle Fälle sehenswert.
    Aber eben wie Farinelli und Amadeus auch sehr viel Phantasie.


    Die Tänze die im Film gezeigt werden sind nicht historisch belegt.
    Der überlieferte Barocktanz sieht anders aus.
    ABER - diese überlieferten Tänze stammen aus der Epoche um 1690, als die Professionellen Tänzer das "Ballet de Cour" so gut wie verdrängt hatten.


    Zu Zeiten des Ballet de Cour waren die Tänze wohl noch einfacher und mit dieser These (die ich unterstütze) ist man an den Film herangegangen.
    Es wurde viel interpretiert.
    Ähnliche Tänze sieht man ja auch im Film "Der Mann mit der eisernen Maske" mit Richard Chamberlain.


    Was ich persönlich schade finde, ist, dass man kaum Musik verwendet hat die aus der Epoch der Hofballette stammte. Aber wenigstens sind beim Soundtrack ja noch Stücke aus Xerxes verwendet worden.
    Denn die "echte" Ballettmusik von Lully hat einen ganz besonderen Reiz.


    Dann stimmen natürlich auch die Kostüme nicht, weder im Ballett noch sonst im Film. Soetwas stört mich persönlich sehr, weil der Unterschied gerade da so groß ist, dass man wahrscheinlich einen ganz anderen Eindruck bekommen würde.
    Der Film spielt ja in den 1660er Jahren - die Mode zu dieser Zeit sah so aus:




    Leider gibt es aus der Zeit nur wenige Abbildungen der Mode.
    Das ist jetzt ein niederländisches Beispiel. In Frankreich war diese Kleidung natürlich bunt, aus wertvollen Stoffen, es kamen die ersten Allongeperücken hinzu und man trug Federhüte statt den "Hexenhüten"
    Im Film tragen aber die meisten Personen den hochbarocken "Justaucorps" der erst ab 1680 in Mode kam.
    Aber dieser Punkt dürfte wohl die wenigsten stören.



    Was ich auch vermisse sind die "Plaisirs de l'Isle enchantée" - das größte Fest aller Zeiten - das hätte im Film drin sein müssen.


    Oder Louis XIV zweiter Auftritt 1662 in der Oper "Ercole amante" der ihm den Spitznamen "Roi Soleil" einbrachte.


    Cavalli als Person fehlt sowieso.



    Ich würde mir wünschen das Frankreich mal wieder einen Mehrteiler produziert wird, diesmal dann über Lully :D
    (wahrscheinlich wieder mit Depardieu :hahahaha: )

  • Frisch restauriert präsentiert sich dieser Thread - alle Bilder sind wieder eingefügt. Indes, ein Pyrrhussieg, denn die meisten Verlinkungen sind nur mehr in der Lage ein Bild zu zeigen - Die CDs sind meist schon gestrichen

    Anlass für diese Aktion war die hier gezeigte CD mit mit Tänzen und Suiten des italienischen Lautenisten und Komponisten Lorenzo Allegri (nicht verwandt mit Gregorio Allegri, dem Komponisten des berühmten "Miserere") von 1618.

    Ich habe dann gezögert, dies Aufnahme hier herinzustellen, denn der Threadersteller fokussiert auf die französische Tradition, der Barocktanz gilt als französische Erfindung. Bei weiterer Recherche fand ich aber heraus, daß diese französische Erfindung durch italienische Tanzmeister begründet, begünstigt oder beschleunigt wurde. Daher habe ich mich entschlossen die gezigte CD letztlich doch hier einzustellen.

    Spezialisten werden das vielleicht nicht gutheissen (?) aber da wir derzeit keine auf diesem Gebiet haben , hält sich die Gefahr in Grenzen.

    Lorenzo Allegri lebte von 1567(?) bis 1648. Er war seit dem frühen 17. Jahrhundert in den Diensten der Medici, für die er Tanzsuiten für entprechende Ereignisse schrieb.

    Zitat

    WIKIPEDIA:

    Allegris Wirken könnte Einfluss auf die Übertragung dieses neuen italienischen Stiles auf die französische Musik von Jean-Baptiste Lully, der als junger Mann in Florenz lebte, geübt haben

    Die einzelnen Suiten sind mit Namen versehen, so finden wir beispielsweise "La Serena" , "Notte d'amore" etc...

    Anlässe waren beispielsweise Hochzeiten, die Ankunft des französischen Botschafters am Hof etc.


    Die Aufnahme ist klangschön , der Stil elegant und aristokratisch, nicht aber wild oder ausgelassen...

    Die instrumentierung vieleseitig und wirkungsvoll


    mfg aus Wien

    Alfred


    PS: Auch hier scheint die Gefahr einer Streichung zu bestehen, es ist lediglich ein Exemplar auf Lager, der Preis ist 7.99 Eri - sowas ist IMO verdächtig...

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !