Hjördis Schymberg verstorben

  • Als ich vor einiger Zeit wieder einmal Hjördis Schymberg als Violetta in der von mir so geliebten Aufnahme aus dem Jahre 1939 hörte, hoffte ich noch, dass sie im nächsten Jahr ihren 100. Geburtstag erleben würde. Nun erfuhr ich, dass sie in der Nacht zum 08. September 2008 gestorben ist.


    Geboren wurde sie am 24. April 1909 in Alnö in der Nähe von Sundsvall. Schon als Jugendliche trat sie als Pianistin in ihrer nordschwedischen Heimat auf und sang in Rundfunksendungen. Zunächst studierte sie bei Britta von Vegesack Gesang, später auch einige Zeit bei Lina Pagliughi. 1934 debütierte sie als Bertha in Adams Oper „La poupée de Nuremberg“, im selben Jahr sang sie auch zum ersten Mal die Mimì an der Seite Jussi Björlings. Diese Rolle wurde neben der Violetta wohl diejenige, in der sie am meisten gefeiert wurde. Und sie war wohl die Partnerin, mit der Jussi Björling am häufigsten auf der Bühne stand.


    Obwohl sie auch in Kopenhagen, Oslo, an der Londoner Covent Garden Opera und 1947 an der Met sang, trat sie in erster Linie in Schweden auf und galt dort als führende Koloratursopranistin ihrer Zeit. Dass sie sich nicht auf das rein lyrische Sopranfach beschränkte, zeigen Rollen wie Manon Lescaut oder Leonora in Verdis „Il Trovatore“, die sie ebenfalls gesungen hat. Sie war 1947 Gilda neben dem Rigoletto Leonard Warrens und sang im selben Jahr mit Ezio Pinza in „Le Nozze di Figaro“.


    Hjördis Schymberg gehört zu den Sängerinnen, die mir um so lieber wurden, je häufiger ich ihre Aufnahmen hörte. Ihr heller, glasklarer Sopran, der sich unvermutet auch zu dramatischer Schärfe aufschwingen konnte, schmeichelte sich vielleicht nicht gleich ins Ohr. Was mich aber von Anfang an berührt und sich bei mir festgesetzt hat, sind die feinen Nuancen, die sie ihren Rollen mitgeben konnte: das nachdenklich sinnende „Ett Hjärta?“ auf den Vorwurf Alfredos, sie habe kein Herz, oder ihr trauriges und leise tadelndes „Alfredo, Alfredo“, bei dem Violetta zuerst um Fassung zu ringen scheint, bevor aller Schmerz aus ihr herausbricht - um nur einige Beispiele zu nennen. Und die letzten Phrasen der Juliette aus Gounods Oper habe ich nie süßer und weltentrückter gehört als von ihr.


    Petra

  • Auch die Freunde von Opern in deutscher Sprache verlieren eine bezaubernde Sängerin, ist sie doch vielen von uns durch ihre Rundfunk-Aufnahmen bestens bekannt.


    Hier eine beispielhafte Aufnahme:



    Puccini: LA BOHEME in deutscher Sprache


    Aufnahme: November 1953, Studio Hamburg (NWDR)
    Dirigent: Eugen Szenkar
    Symphonie-Orchester des NDR Hamburg
    Chor des NDR Hamburg


    Colline: Sigmund Roth
    Marcello: Horst Günter
    Mimi: Hjördis Schymberg
    Musetta: Valérie Bak
    Rodolfo: Libero de Luca
    Schaunard: Hermann Prey
    Sonstige: Kurt Marschner
    Sonstige: Carl Otto



    Ihre Mimi in dieser Einspielung bleibt uns als Erinnerung an eine liebenswerte Sängerin!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    vielen Dank für die Erinnerung daran, dass Hjördis Schymberg auch in deutscher Sprache gesungen hat. Ihre Mimì kenne ich nämlich bisher leider nur von der Aufnahme aus dem Jahre 1940 in schwedischer Sprache. So schön diese ist - ich fand es immer sehr bedauerlich, dass davon nur der erste Akt erhalten geblieben ist.


    Liebe Grüße
    Petra

  • Meine Lieben.


    Das war eine Sängerin, die Persönlichkeit und Ausdruck vermittelte wie nur die ganz Großen. Es war ja fast unglaublich, daß sie noch lebte - wie ein Wunder aus längst vergangener Zeit. Ich hoffe nur, daß noch möglichst viele ihrer Aufnahmen zugänglich gemacht werden. Die von Harald als beispielhaft erwähnte "Bohème" ist einfach bezaubernd.


    LG


    Waldi

  • Im "La Traviata"-Thread wurde die Aufnahme schon erwähnt:



    Giuseppe Verdi (1813-1901)
    La Traviata (in schwed. Spr.)


    Björling, Schymberg, Molin, Allard, Sehlmark,
    Orchester des Kunglia Theaters Stockholm, Sandberg
    Line , AAD/m, 1939


    In ähnlicher Besetzung gibt es noch einen "Troubadour" und Gounods "Romeo und Julia".


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Schön, dass man mal dran erinnert wird...
    Ich habe diese Traviata vor Monaten bei einer größeren Cantus-Bestellung mit dabei gehabt (wegen Björling, um ehrlich zu sein), ins Regal gestellt, weil ich gerade zuvor zu viele Traviatas gehört und keine Lust mehr darauf hatte - und vergessen.
    Wird nachher gleich rausgekramt. Jetzt BIN ich aber gespannt!


    Grüße,
    Micha

  • .... eine Gelegenheit, an die (fast) vergessene Sängerin zu erinnern:

    Schymberg, Hjördis, Sopran, * 24.4.1909 Alnö in der schwedischen Provinz Medelpad; gestorben im zarten Alter von 99 Jahren am 8. September 2008 in Stockholm.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Schön, dass Harald aus gegebenem Anlass an Hjordis Schymberg erinnert. Sie hat es verdient. Selten habe ich in hoher Lage eine so menschliche und lyrische Stimme vernommen wie ihre. Ich habe mal ein bisschen bei Amazon herumgeblättert und staune selbst, wie viele Tondokumente mit ihr auf dem Markt sind. In meinem eigenen Beständen finden sich auch diese beiden Dokumente, die ich ganz besonders gern habe. Die schwedisch gesungene "Ariadne" ist aber nicht nur der Schymberg wegen interessant und aller Sammleranstrengungen wert. :)


    RICHARD STRAUSS
    ARIADNE AUF NAXOS
    STOCKHOLM RADIO
    23 MAY 1949


    ARIADNE - BIRGIT NILSSON
    KOMPONIST - CHRISTINE LINDBERG
    ZERBINETTA - HJORDIS SCHYMBERG
    BACCHUS - SET SVANHOLM
    MUSIKLEHRER - ARNE WIREN
    HAUSHOFMEISTER - RAGNAR HYLTEN-CAVALLIUS
    TANZMEISTER / BRIGHELLA - GOSTA BJORLING
    LAKAI / TRUFFALDIN - FOLKE JONSSON
    HARLEKIN - CARL-AXEL HALLGREN
    SCARAMUCCIO - HANS WIHLBORG
    NAJADE - FLORENCE WIDGREN
    DRYADE - INGEGARD NORLIN
    ECHO - ELISABETH SODERSTROM


    LEITUNG - HERBERT SANDBERG



    Wolfgang Amadeus Mozart
    Le Nozze di Figaro


    Metropolitan Opera New York
    Dirigent Fritz Busch
    15. März 1947


    Figaro
    Ezio Pinza
    Susanna
    Hjordis Schymberg
    Count Almaviva
    John Brownlee
    Countess Almaviva
    Eleanor Stenber
    Cherubino
    Jarmila Novotna
    Marcellina
    Herta Glas
    Bartolo
    Salvatore Baccaloni
    Basilio
    Alesio de Paolis
    Don Curzio
    John Carris
    Barbarina
    Mimi Benzell
    Antonio
    Lorenzo Alvary



    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent