Antonio SALIERI [Mozartfreie Zone]


  • Zitat


    Wahr ist, dass Salieri oft gesagt hat, dass die Arie non piú andrai aus [Mozarts] Figaro für sich allein genommen so viel wert sei wie eine gute Oper. Aber der Schöpfer von Tarare, La Grotta di Trofonio, Danaydes, Fallstaff, sollte er dennoch so eifersüchtig sein auf den Schöpfer der Zauberflöte, Don Juan, [Le] Nozze di Figaro? es ist gestattet, daran zu zweifeln.


    So schreibt Hochachtungsvoll, einer Ihrer Abonnenten, Wien in Österreich, den 26. Mai 1824 [im Original: Recevez, Monsieur, l’assurance de ma consideration distinguée. Un de vos abonnés. Vienne en Autriche le 26 Mai 1824] an den Redakteur des Journal des Débat. Dieser Abonnent war der in Wien amtierende Hoftheaterdirektor Moritz Graf Dietrichstein-Proslau-Leslie (1775-1864).


    Bestanden nun für Antonio Salieri Gründe, auf Mozart [diese Creatur] eifersüchtig zu sein?



    [Salieris Geburtshaus vor den Veränderungen durch die Einflüsse des II. Weltkrieges]


    Antonio Salieri wurde am 18. August 1750 in Legnago bei Verona geboren. Er erlernte von seinem älteren Bruder Francesco, welcher selbst bei Tartini gelernt hatte, das Violinspiel. Gleichzeitig studierte er bei einem Schüler Padre MartinisGiuseooe Simoni – das Cembalo- und Continuospiel. Salieri hatte bereits früh Freunde: So auch die einflussreiche Familie Mocenigo, welche dafür Sorge trug, dass der 15jährige Antonio bei dem an der Kapelle von San Marco in Venedig verpflichteten Opernkomponisten Battista Pescetti studieren konnte. Salieri war zu dieser Zeit bereits Vollwaise und die Familie Mocenigo trug für seinen Unterhalt sorge. Dort – in Venedig – traf der junge Salieri Florian Leopold Gassmann, der selbst Opernkomponist war und seinerzeit ebenfalls bei Padre Martini zur Lehre ging. Gassmann, kaiserlicher Kapellmeister, nahm Salieri mit nach Wien, in der Absicht den ungeschliffenen Diamanten dort zu vollenden. Er behandelte Salieri bis zu seinem Tode wie einen Sohn.



    Salieris Begabung wurde schnell bekannt, so durfte er bereits mit 19 Jahren die Proben zu den Opern am kaiserlichen Hoftheater leiten und gab 1770 mit seiner Komödie Le donne letterate sein Debüt. Das Libretto zu diesem Werk schrieb der Bruder des bekannten Luigi Boccherini, Giangastone. Christoph Willibald Gluck wurde durch das Erstlingswerk auf Salieri aufmerksam und verschaffte ihm gleich zwei [!] weitere Opernaufträge, die er noch im selben Jahr in die Tat umsetzte: L’amore innocente und Don Chisciotte. Salieri erhaschte sich schnell die Gunst des Hofes, so dass er nach Gassmanns Ableben im am 7. Februar 1774 sich als dessen Nachfolger rühmen konnte. Damit besaß Salieri mit 24 Jahren bereits ein hochtragendes Amt.



    [aus dem Manuskript der Oper La grotta di trofonio]


    Kaum verwunderlich, dass der Ruf nach Italien folgte – zwei Opernhäuser wurden eingeweiht: Das Teatro alla Scala beglückte Salieri 1778 mit seiner Oper Europa, 1779 fand die Taufe des Teatro della Cannobiana mit Salieris Oper La fiera di Venezia statt. Es folgten weitere Erfolge in Venedig, Bologna, Rom und Neapel. Vom Erfolg gekrönt kehrte Salieri nach Wien zurück. Dort erwartete ihn bereits ein Auftrag Kaiser Josephs II., der den Leser in Erstaunen zu versetzen mag:


    Kaiser Joseph II. – der die Erneuerung des deutschen Theaters zur Chefsache erklärt hat, wie bekannt ist – beauftrage Salieri mit der Komposition eines deutschen Singspiels! Rückblickend würden wir dies heute in der Tat als Farce betrachten, doch dem war bei weitem nicht so: der bereits erfahrene und lorbeerumkranzte Salieri schrieb 1781 – kaum zu glauben - das [musikalisch] pointierte Singspiel Der Rauchfangkehrer! Auch 1795 widmete er sich nochmals diesem Genre mit Das entdeckte Geheimnis, es folgten noch Der Tyroler Landsturm [1799], Zwischenspiele und Chöre zu Die Hussiten vor Naumburg [1803], Die Neger [1804].


    Am 1. März 1788 wurde Salieri Nachfolger des pensionierten Hofkapellmeisters Giusepee Bonno, im selben Jahr wurde er als Präses der Tonkünstler-Sozietät gewählt, deren Vizepräses er ab 1795 war. Bis 1818 war Salieri fast ohne Ausnahme der alleinige Leiter der Konzerte der Tonkünstler-Sozietät. Nach dem Tode Josephs II. wurde seine Verpflichtung am Hofe aufgehoben.



    In der Folgezeit war Antonio Salieri unter anderem 1790 bei den Krönungszeremonien Leopolds II. in Frankfurt a. M. zugange und komponierte für die Krönung Franz’ II. [1792] ein Te Deum. Er wirke als Basso-continuo-Spieler in der Uraufführung von Haydns Schöpfung am 30. April 1798 mit. 1799 widmet Ludwig van Beethoven ihm drei Sonaten für Violine und Klavier [op. 12], auch Franz Schubert widmet ihm seine Klavierlieder [op. 5] sowie 10 Variationen für Klavier in F-Dur.


    Krankheitsbedingt wurde er dann ab Herbst 1823 von Joseph Eybler – jenem, welcher in Mozarts Requiem herumgekritzelt hatte – vertreten und am 1. Juni 1824 wurde Salieri nach mehrmaligem Ersuchen seiner selbst pensioniert: Er erhielt volle Bezüge!


    Am 7. Mai 1825 starb Salieri in Wien am Brand [was auch immer das gewesen sein mag – vielleicht ähnlich dem hitzigen Frieselfieber?]. Bei seiner Totenfeier wurden sein eigenes Requiem gegeben.



    Salieri komponierte Litaneien, Vespern, Gradualen, Offertorien, Hymnen, ein Requiem, Oratorien, Zwischenaktmusiken, zahlreiche Chöre, Duette, Terzette, Arien, Arietten, Kanons, eine Sinfonia concertante, ein Doppelkonzert für Flöte und Oboe, ein Orgelkonzert, 2 Klavierkonzerte, 3 Sinfonien, Ouvertüren, Märsche, Serenaden, Klaviersonaten und Klavierstücke sowie weitaus mehr als 40 Opern, von denen nicht mal alle zu seinen Lebzeiten (geschweige denn, heute!) aufgeführt wurden. Zu den bekanntesten Opern gehören u.a. Falstaff, Axur re d’Ormus, La secchia rapita, Palmira Regina di Persia, Prima la musica e poi le parole […] Sehr häufig taucht Lorenzo da Ponte als Librettist seiner Opern auf.



    Um es doch noch kurz anzusprechen – Mozart.


    Das Wienerblättchen meldet am 26. September 1785 auf S. 224:


    Über die glückliche Genesung der beliebten Virtuosin Madame Storace hat der k. k. Hoftheaterpoet Abb. Da Ponte ein italiänisches Freudenlied angefertigt: „Per la ricuperata salute di Ophelia“. Dieses ist von den berühmten drei Kapellmeistern Salieri, Mozart und Cornetti in die Musik zu singen beim Clavier gesetzt worden.


    Ludwig Ritter von Köchel reiht dieses leider verloren gegangene Werk unter KV 477a ein. Es ist ursprünglich bei Artaria & Co. im Druck erschienen.


    Zu seiner Oper Falstaff schreibt Salieri eigens seine Gedanken zur Musik dieser von mir komponierten Oper. Die Wiedergabe dieser Gedanken würde den Rahmen sprengen, aber eines scheint mir doch für die heutige Moderne als sehr wichtig:


    Die Einleitung – ist vielgestaltig und lebhaft; vielleicht etwas lang für die Zahl der in ihr enthaltenen Einfälle, weckt sie doch das Interesse an dem Werk, besonders wenn Falstaff passend gekleidet und ein guter Schauspieler ist. Wie wir sehen werden, hängt davon der Erfolg der gesamten Oper ab. […] Das Finale – „Siete giá qui“ – hängt in seiner Wirkung ganz von der Inszenierung ab, und die Musik hat hier lediglich Begleitfunktion.



    [passend gekleideter Falstaff]


    So verstehen wir Mozarts teils vernichtende Urteile über die Musik Salieris ein wenig besser. Vor dem Hintergrund, dass Salieris Werke mehr für die Bühne geschrieben zu sein scheinen, als aus rein künstlerischen Beweggründen [ct. Filippo Poletti], kann man als Opernliebhaber Salieris Werken einiges abgewinnen. Er scheint ein Meister der Dramaturgie und der Charaktermomente zu sein.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • :DVielen Dank für diese Thema :jubel::jubel::jubel:


    Salieri hat mich relativ schnell begeistert. Ähnlich wie Domenico Cimarosa steht er ja ziemlich im Schatten Mozarts.
    Ich wollte wissen, ob das seine Berechtigung hat - natürlich nicht.


    Momentan habe ich mich hauptsächlich mit seinen Instrumentalwerken beschäftigt.
    Die Opernarien von Cecilia Bartoli hab ich auch mit interesse verfolgt, aber irgendwie ist mir die Dame etwas zu schwerfällig, das empfand ich schon bei Vivaldi und Gluck so.


    Ein Werk bei dem er seine Fähigkeit der Instrumentierung demonstriert, die Folia Variationen schätze ich sehr.
    Seine Ouvertüren und Sinfonien sind einfallsreich und wenn man bedenkt, dass seine Oper "Les Naiades" in Paris ein triumphaler Erfolg wurde (allerdings glaubten die Pariser Gluck sei der Autor - nach der Aufführung gab der Ritter von Gluck den Wahren Komponisten bekannt)
    sollte man über Salieri nicht vorschnell urteilen.


    Ich hoffe, dass bald die "Alte Musik Ensembles" seine Opern endecken und spielen.
    Man verbindet einfach mit dem Namen die Figur aus "Amadeus" (mir war er allerdings sehr sympatisch :D ).
    Irgendwann wird Salieri genauso wie die anderen Großen ( Lully, Telemann, Keiser, Cimarosa, etc.) die man Heute eher verachtet als würdigt, wieder ihren verdienten Ruhm bekommen, davon bin ich überzeugt!


    Eine sehr schöne CD:



    Wäre nett wenn jemand mal gute Opernaufnahme posten würde - das Interesse ist bei mir groß.

  • Claro, caro!



    Das Label ist Dir bekannt, wie ich sehe! Diese Einspielung ist soweit ich weiß (Alfred weiß evtl. etwas mehr) neben der nicht wirklich guten Harnoncourt-Einspielung (Teldec) von Mozarts Schauspieldirektor vs. Salieris Prima la musica e poi le parole die einzige Salieri-Oper auf dem Markt.


    Es singen Italiäner... naturalmente! 142 Minuten und 7 Sekunden Hörgenuß!


    Ansonsten habe ich auch nur eine CD mit diversen Ouvertüren und diesen himmlischen Variationen (diese hast Du vermutlich bereits) sowie die folgenden beiden:



    [Ich habe diese CD noch von TELDEC]


    Die CD beinhaltet Salieris zwei Klavierkonzerte C-Dur und B-Dur sowie ein nicht zu verachtendes ebensolches in B-Dur von Joseph Antonín Stepan (1726-1797)



    Auf dieser CD findest Du Salieris Tripelkonzert für Violine, Oboe, Violoncello und Orchester D-Dur nebst Oboenkonzerten von Cimarosa und Dittersdorf (um in der Zeit zu bleiben).


    Vergiss in Deiner Aufzählung nicht Martín y Soler, genannt Martini. Ich hatte hier bereits dazu gepostet.


    Grüße, Ulli


    Nachschrift: Ich habe gerade bei jpc reingeschaut... es gibt doch einige Opern von Salieri... Axur, Tarare, La Locandiera... was für meine Wunschliste!

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    Genau so einen Beitrag wie Du ihn geschrieben hast habe ich vorgehabt zu veröffentlichen.Ich habe ihn voriges Jahr schon wooanders veröffentlicht und wollte ihn denen nicht allein überlassen, allerdings ist Dein Beitrag ausführlicher und IMO besser, so bin ich froh, daß Du mir zuvorgekommen bist: So stelle ich mir die Präsentation Salieris vor !!!


    Bei aller Wertschätzung Mozarts als Musiker, seine Urteile über Zeitgenossen waren teils sehr verzerrt, vielleicht auch um den Vater zu beruhigen, vernichtete er in seinen Briefen fast ausnahmslos alle.
    Mozart ist also in dieser Hnsicht kein Maßstab.



    Gehe ich recht in der Annahme Ulli, dass du Die Opern (speziell Falstaff) nicht gehört hast ?
    Ohne irgend etwas drüber gelesen zu haben, wird jeder Mozart-Liebhaber schon nach wenigen Minuten hören WESHALB Mozart Salieri nicht ohne Angst sah. Die spritziger Ouvertüre ist eigenständig und originell, zumindest publikumswirksam. Dann kommt der Chor. Obwohl man noch nie einen Ton davon gehört hat fühlt man sich sofort "zuhause", "das ist doch eine unveröffentlichte Stelle aus der Cosi ? - Nein Natürlich nicht - das ist eine gestrichene Stelle aus dem Figaro - Don Giovanni, dass ich nicht gleich daraufgekommen bin - nein doch nicht das ist was völlig anderes - Salieri - Traumhaft- Den Mann wird man sich merken müssen"
    Das waren in etwa meine Gedanken als ich das Werk (Falstaff) das erste Mal hörte. Dazu kommen dann völlig eigenständige Stellen, deren Tonsprache NICHT an Mozart erinnert, aber trotzdem wunderbar ist.
    Ja er hatte schon was drauf der Herr Salieri. - und Mozart wusste das. Salieri wusste das ebenso, er hatte keinen Grund Mozart zu beneiden, zu Lebzeiten war er der Erfolgreichere.


    Ich werde diesem Thread weiter meine Aufmerksamkeit schenken, aber im Moment möchte ich nur eines - Diese wunderbare Musik hören.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Natürlich Martin y Soler - es gibt soviele die einfach nicht präsent sind :(


    Die CD mit den Oboenkonzerten habe ich auch, noch eine weiter von Naxos, ebenfalls mit Oboenkonzerten.


    Dann noch eine mit zwei KLavierkonzerten, den Variationen und der Ouverturte zu "Les Horaces"



    Auch nicht schlecht, aber eher keine historisierende Aufführungspraxis.


    Dann die nette Ouvertüren-CD von Naxos:
    Da sind wirklich ein paar Ohrwürmer dabei.


    Die CD mit dem Concerto Köln, kannte ich noch nicht (...)
    demnächst wohl meine :D


    Ich würde mir eine gute Einspielung von "Axur" wünschen, aber ob die erhältliche die Anschaffung lohnt? ?(?(



    Poltrige Livemittschnitte habe ich eigentlich nicht so gerne, René Clemcic ist zwar auch ein alter Haser der "Historischen Aufführungspraxis", aber ganz so begeistert bin ich von seinen Interpretation (Sartorio, Caldara, etc.) nicht gerade.

  • Zitat


    Original von Alfred-Schmidt


    Gehe ich recht in der Annahme Ulli, daß du Die Opern (speziell Fallstaff) nicht gehört hast ?


    Salut,


    zunächst Danke für die Blumen!


    Was für eine Frage... Falstaff und Prima la musica... kenne ich in den oben beschriebenen Einspielungen [hat sich vermutlich jetzt mit Deinem Beitrag überschnitten].


    Zitat


    Original [auch] von Alfred_Schmidt


    Das ist doch eine unveröffentlichte Stelle aus der Cosi ?


    Wäre durchaus möglich, denn Salieri hat sich ebenfalls mit diesem Stoff beschäftigt, die Oper aber [nach eigenen Angaben - sinngemäß] wegen des "ätzenden" Librettos nicht schreiben können [vgl. mein Thread zu La clemenza di Tito.


    Beste Grüße,
    Ulli


    P.S. Du solltest Dir La capricciosa corretta von Martín y Soler zulegen... das ist Figaro's 2. Teil - echt!

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • der Lullist [Fremdgänger - hätte ich nicht vermutet!!!]


    Dir auch zunächst Danke für die !!


    Die von Dir vorgeschlagene Aufnahme Axur re d'Ormus klingt aber irgendwie ganz gut... wie wirst Du verfahren?


    Cordialement,
    Ulli


    HINWEIS: Postings gegen Salieri bitte unter Wurde Mozart vergiftet? posten! Merci...

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    So nun gehts weiter mit Salieri.


    Das Besondere an Salieri ist, dass ich keinen Augenblick den Eindruck hatte, hier hätte sich jemand Mozarts Stil angeeignet oder ihn Kopiert, nachempfunden oder was auch immer. Vielmehr hatte ich den Eindruck einer naturgegebenen Ähnlichkeit.
    Etwa so wie wenn zwei Menschen die selbe Diktion haben oder einander ähnlich sehen, bzw reagieren. Viele große Gegenspieler haben sich daraus entwickelt.
    Die beiden müssen sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst gewesen sein, und beide müssen, jeder auf seine Weise, darunter gelitten haben.


    Heute weiß natürlich jeder dass Mozart "das Genie" und Salieri lediglich "der Handwerker" war. Das gilt jedoch nur solange wie die Wissenschaft eindeutig weiß von wem ein Werk ist. Ist die Herkunft indes ungewiss und man muss sich auf Zuschreibungen verlassen, dann verwischen sich urplötzlich die Grenzen zwischen "Handwerker" und "Genie", die Musikwissenschaft tappt im Dunkeln.


    Es wurde die Frage gestellt, welche Aufnahmen von Salieris Opern erschienen sind. und ich wurde (warum grade ich blutiger Laie, weiß ich nicht) als Referenz genannt.


    So schlecht schaut es eigentlich gar nicht aus.


    Zunächst besitze ich die schon weiter oben angeführte Falstaff-Aufnahme von Hungaroton.


    Dann
    die ebenfalls schon erwähnte Aufnahme von "Axur Re d´Ormus" unter René Clemencic für Nuova Era


    Es gibt eine zweite Oper Salieris für Nuova Era: "La Locandiera" unter dem Dirigat von Fabio Luisi



    ferne findet sich eine EMI-Einspielung in meiner Sammlung:


    AntonioSalieri: Les Danaides


    Es spielt das Radio Sinfonie-Orchester Stuttgart unter Gianluigi Gelmetti.


    Die CD ist bereits gestrichen. Sie entstand 1990 DDD in Zusammenarbeit mir dem SDR



    Als letzte im Bunde kommt noch die Overtüren CD von Naxos ins Rennen:




    Es gibt sicher noch das eine oder Andere (abgesehen von den Orchestralaufnahmen)


    Für jetzt schließe ich und wünsch eine gute Nacht


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Was meinst du denn mit Fremdgänger ?(?(?(


    Ich bin nicht unbedingt nur auf Barock und alles ältere beschränkt.
    Irgendwie habe ich es nicht geschafft, bei meinem Profil mehrer Epochen anzugeben.
    Aber mein Hauptinteresse reicht eigentlich von 1600-1800.
    Gerade die Musik der sogenannten "Vorklassik" finde ich sehr faszinierend. Aber vom Altertum bis zur Zeitgenössischen Musik ist immer was dabei was fasziniert. Die Romantik ist zwar noch eher unbekanntes Gebiet - aber ich bin ja noch jung :]
    Zwar schätze ich aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert Gluck am meisten, aber vielleicht ändert sich das noch wenn ich die ersten Opern von Salieri höre :D

  • Salut,


    noch ein paar ergänzende Angaben über Antonio Salieri – rigendwie hasst ihn die Nachwelt: es ist kaum etwas zu finden:


    1774 heiratete Salieri Theresia von Helfersdorfer, mit der er acht Kinder hatte.


    Zu seinen bekanntesten Schüler gehörten u.a. Ludwig van Beethoven (auch Schüler Mozarts und Haydns), Carl Czerny, Joseph Leopold Edler von Eybler, Johann Nepomuk Hummel (auch Schüler Mozarts), Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer, Ignaz Moscheles, Franz Xaver Mozart (Mozarts 1791 geborener Sohn), Anton Reicha, Franz Schubert, Simon Sechter, Franz Xaver Süßmayr (Adlatus und Schüler Mozarts), Peter von Winter (er komponierte „Der Zauberflöte zweiter Teil“).


    Zusammen mit Ludwig van Beethoven machte sich Salieri für den Gebrauch des Mätzelschen Metronoms stark.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Ulli


    Hallo Ulli und Taminoianer,


    soweit uns bekannt ist, ist Beethoven NICHT von Mozart unterrichtet worden. Er kam zwar mit diesem Ziel nach Wien, musste aber bereits nach einem Monat (oder so) wieder abreisen, da seine Mutter schwer erkrankte und auch starb...


    Liebe Grüße


    Bettina und Wilfried

  • Salut,


    Bettina und Wilfried:


    Beethoven kam mit dem Ziel nach Wien, bei Haydn Unterricht zu nehmen und lernte dabei Mozart kennen (vgl. mein bei Euch befindliches Skript - in dem dicken Buch auf dem Eckthresen... falls es da noch liegt).


    Cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    ich finde, dass es ausreicht, wenn Mozart, diese Creatur** Beethoven auch nur einen kleinen kompositorischen Tip gegeben hat, um das Diplom Schüler von Mozart zu tragen. Folgende Anekdote, deren Wahrheitsgehalt ich nicht kenne, sei angeführt:


    Zitat


    Eines Abends ging Wagner in Sorrent spazieren. Einer der vielen Drehorgelspieler, der ihn kannte, setzte sofort eine Walze mit dem Brautzug aus „Lohengrin“ ein und begann, die Orgel so schnell zu drehen, dass die Musik bis zur Unkenntlichkeit verhetzt wurde. Zornig stürmte Wagner auf ihn zu, packte selbst die Drehorgel und dreht sie so langsam und bedächtig, dass der Chor im richtigen Tempo erklang. Dann gab er dem Alten ein gutes Trinkgeld mit der Weisung, immer in diesem Tempo zu spielen. Am andern Morgen hing an der Drehorgel ein Schild: „Schüler von Richard Wagner.“


    Nun kehren wir aber wieder zurück zu Antonio Salieri, denn wir befinden uns schliesslich in der Mozartfreien Zone:




    Cordialement,
    Ulli




    **Creatur ist übrigens lateinisch und kommt von creare = schöpfen, dt. Abwandlung auch kreieren.

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    um es nochmal kurz Richtig zu stellen und dann wieder auf Salieri zurück zu kommen: Beethoven fuhr 1778 nach Wien um bei Mozart Unterricht zu erhalten NICHT Haydn. Den lernte er erst 1790 kennen, als Haydn von seiner Londoner Reise zurück kehrte und in Bonn einen Zwischenstop einlegte. Beethoven zeigte ihm seine Kaiserkantaten, von denen Haydn sehr angetan war. 1792 erst kam Beethoven nach Wien, um von Haydn unterrichtet zu werden.


    Salieri erfreute sich bis zu seinem 70ten Lebensjahr einer ausgezeichneter Gesundheit. Ab 1821 begann ein kontinuierlicher Abbau seiner körperlichen wie geistigen Kräfte. Im Oktober 1823 trat eine Lähmung der Beine ein, weshalb man ihn in das Wiener Allgemeine Krankenhaus einliefern musste. Nach längerem Leiden wieder zuhause erhielt er am 7ten Mai 1825 die heiligen Sterbesakramente und starb um 20 Uhr "am Brand des Alten"


    Diesen Begriff gibt es in ähnlicher Form auch heute noch: "Altersbrand" bezeichnet eine Arterienerkrankung in ihrer schlimmsten Form. Auslöser sind die gleichen, die auch zu einem Herzinfarkt führen...


    Rudolph Angermüller hat im Übrigen mehrere Bücher über Salieri geschrieben, werden im nachher einen eBrief schicken, vielleicht verrät er uns ein bißchen mehr über Salieri (die Bücher sind nicht gerade günstig :stumm: :wacky:


    Liebe Grüße


    Bettina und Wilfried

  • Salut,


    Zitat

    Original von Betina und Wilfried


    um es nochmal kurz Richtig zu stellen und dann wieder auf Salieri zurück zu kommen: Beethoven fuhr 1778 nach Wien um bei Mozart Unterricht zu erhalten NICHT Haydn.


    Interessant: Im Herbst 1777 - nach der Dienstquittierung in Salzburg - reiste M: über München und Augsburg nach Mannheim, wo er bis 1778 verweilte - Fort mit Dir nach Paris!! - wo er im Winter 1778 ankommt - die Mutter stirbt - 1779 Rückkehr nach Salzburg... Wann war M: bitte 1778 in Wien?


    Liebe Grüße,
    Salieri

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    sei nicht so schwer von Begriff Ulli! (Das kommt davon, wenn man zu nachtschlafener Zeit historische Fragen klären will.. ;) )
    1778 ist Beethoven niergendwo hingereist (da war er 8!), es war natürlich (im Frühjahr) 1787!


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Salut,


    hier noch ein winziger Fund, der die Zusammenarbeit von Salieri mit Mozart ein wenig untermalt:


    Das "Wienerblättchen" meldet am 26. Sept. 1785 S. 224: "Über die glückliche Genesung der beliebten Virtuosin Madame Storace hat der k. k. Hoftheaterpoet Abb. da Ponte ein italiänisches Freundenlied angefertigt: 'Per la ricuoerata salute di Ophelia'. Dieses ist von den berühmten drei Kapellmeistern Salieri, Mozart und Cornetti [man beachte die Reihenfolge!] in die Musik zu singen beim Clavier gesetzt worden und wird in der Kunsthandlung von Artaria & Comp. auf dem Michelerplatz um 17x verkauft". - Nancy Storace hatte bei der Erstaufführung der Oper ihres Bruders, Stephen Storace's "Gli sposi malcontenti", am 1. Juni 1785 ihre Stimme für eine Zeit lang völlig verloren [...]


    Leider sind von diesem Werk keine Autographen, Abschriften oder Drucke vorhanden.


    Bien cordialement,
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    soeben bei codaex "neu" erschienen bzw. im Programm:



    Antonio Salieri


    LES DANAÏDES


    Aufnahme von 1983 mit


    Caballé, Lafont, Martin, Tuand, Bladin,
    Trabucco, RSO Rom, Gelmetti


    [Wunschlistenverdächtig]


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    nur zur Klarstellung. Die Dame auf dem Photo ist nicht Frau Caballé, und das CD-Label ist erster Anwärter für unseren einschlägigen Thread....



    :D :D :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Auf jeden Fall! Aber vielleicht ist es ja eine Jugendaufnahme von der Caballé? :D :D :D :D


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Salut,


    während meiner Arbeit hörte ich im Hintergrund eben die "Meister der Mozartzeit"-CD-Box und spitzte die Ohren... Das kann nur Salieri sein!!


    Sinfonia in Re per orchestra da camera "La Venezia"


    I. Allegro assai
    II. Andantino grazioso
    III. Presto


    BUDAPEST STRINGS • BÉLA BÁNFALVI


    Die Sinfonie, benannt nach dem Ort ihrer Uraufführung, ist eigentlich die Ouvertüre zu Salieris Oper La scuola de' gelosi [Die Schule der Eifersüchtigen], welche im Dezember 1778 in Venezia uraufgeführt wurde.


    Eine typisch italienische Gewürzmischung...


    Vergesst mir den guten Salieri nicht!!


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    hier gibt es ein nettes Mozart-Salieri-Hör-Quiz.


    Für die geschulten SalierianerInnen sicher kein Problem...


    :D


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Stunden später...


    trotz zwei wirklichen Zweifelsfällen habe ich das Rätsel soeben zu 100% gelöst und sogar Frau Bartoli erkannt...


    Ich finde solche Rätsel sehr witzig und interessant.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    aus dem ORF-Shop in Wien mitgebracht und keineswegs bereut:




    Antonio Salieri


    Messe in D-Dur "Hofkapellmeister-Messe"


    Ein großartiges, atemberaubendes Werk in sehr glänzender Ausführung. Einige Sätze sind solistisch mit Cello und Violine rührend gestaltet. Im Agnus Dei ertönt z.B. zu den Worten "Dooooo-na no-ho-bis" z.B. die Melodiestelle "Blüh' im Glanze dieses Glückes" des Deutschlandliedes, etwas irritierend aber schön! Die Chöre sind einmalig und ganz hervorragend gesungen:


    Chor und Orchester der Chorvereinigung St. Augustin
    Friedrich Wolf


    Gertraud Schmid, Sopran
    Gabriele Uhler, Alt
    Christian Bauer, Tenor
    Duccio Dal Monte, Bass
    Reinhold Wolf, Solovioline
    Peter Wolf, Solovioloncello
    Thomas Schmögner, Orgel


    Einfach großartig - ich verstehe Salieris angeblichen Neid nicht.


    :hello:


    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Kann es wohl sein, daß Salieris` Oper "La cifra" für ihr bißchen Handlung, die schnurstracks geradeaus geht, zu lang ist...?? Beim anhören und -sehen dieser Oper vor einigen Tagen in Köln fragte ich mich einige Male, ob Salieri vielleicht ohne jegliche Kürzung jedes Wort des Librettos von da Ponte vertont hat. Da tauchen etliche Wiederholungen in der Musik bei einzelnen Arien auf, und besonders eben langgezogene Selbstgespräche des Mylords. Das machte das Stück - trotz der ganz interessanten szenischen Umsetzung - stellenweise langweilig. Z.B. wenn bei der Schweinsjagd oder kurz vor Ende wenn es darum geht in dem Kästchen zu stöbern.


    Im Gegenzug dazu soll oder hat Mozart doch in die Libretti eingegriffen und wegen der Dramaturgie der Stücke gekürzt bzw. umgestellt?


    Sophia

  • Salut Sophia,


    die Frage ist äußerst diffizil zu beantworten - zunächst: ich kenne die Oper [leider] nicht. Das Libretto aber von La Cifra stammt ursprünglich von G. Petrosellini, der z.B. auch Mozarts La finta Giardiniera oder Paisiellos Il barbiere di siviglia textete. Unter anderem dichtete er auch für Salieri [La dama pastorella], Cimarosa [I tre Amanti] und Anfossi [Il curioso indiscreto] und war einer der bedeutendsten Librettisten.


    I tre Amanti von Domenico Cimarosa kenne ich sehr gut, und ich habe bereits im Forum erwähnt, dass es sich bei diesem Werk vielleicht um eine "nullte" Da-Ponte-Oper handeln könnte - Musik und Text sprechen dafür.


    Für Salieri hat da Ponte das Libretto offenbar umgearbeitet. Das Werk wurde am 11. Dezember 1789 im Burgtheater zu Wien uraufgeführt. Die Zusammenarbeit von da Ponte und Salieri begann Ende 1784 in Wien mit der Oper "Il ricco d'un giorno". Es war eigentlich [noch] nicht üblich, dass die Komponisten den Librettisten heineinredeten oder -pfuschten. Vielmehr wurden ja - insbesondere bei der Opera Seria - ziemlich stur die Texte "abkomponiert", kein Wort wurde weggelassen - schon gar nicht von Metastasio [den da Ponte ebenfalls in Wien kennen und schätzen lernte].


    Da Ponte hatte es anfangs nicht leicht, sich als Librettist zu profilieren und Ruhm zu ernten. Da Ponte schreibt sogar: Salieri selbst ging soweit, einen feierlichen Eid zu schwören, sich eher die Hand abhacken zu lassen, als eine einzige Note zu meinen Versen zu schreiben. Und? Hat Salieri seit 1784 einarmig komponiert?


    Joseph II: "Da Ponte, Ihr Freund Casti behauptet, Ihr Gutherziger Griesgram würde nicht zum Lachen reizen."
    Da Ponte: "Sire, ich wäre glücklich, wenn er ihn zum Weinen reizte."


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    Zitat

    Original von Ulli
    Das Libretto aber von La Cifra stammt ursprünglich von G. Petrosellini, der z.B. auch Mozarts La finta Giardiniera oder Paisiellos Il barbiere di siviglia textete. Unter anderem dichtete er auch für Salieri [La dama pastorella], Cimarosa [I tre Amanti] und Anfossi [Il curioso indiscreto] und war einer der bedeutendsten Librettisten.


    Das Programmheft habe ich nun noch 2x gelesen, es ist ziemlich verwirrend weil so viele Opern darin vorkommen. Zu dieser Herkunft von Petrosellini sagt es jedoch nichts, dafür heißt es hier:


    "Komisch vor allem und nur wenig heroisch nun ist La cifra, das vergnügliche Produkt ebenfalls einer Umarbeitung. Lorenzo da Ponte hatte es nach Salieris Intermezzo La dama pastorella neu konzipiert und neu gedichtet. Die Geschichte von La dama pastorella ihrerseits weist Ähnlichkeiten zu jener von Il talismano auf, einer Oper von Carlo Goldoni, zu der Salieri 1779 für Mailand den ersten Akt beigesteuert hatte. Und Il talismano wiederum komponierte er 1788 für Wien zu einem Libretto Da Pontes komplett neu. Nur ein Jahr später entstand La cifra."


    Der Dirigent Martin Haselböck schlug übrigens La cifra den Kölner Bühnen vor: "In der österreichischen Nationalbibliothek hatte er die 22 autographen Opern-Partituren Antonio Salieris eingesehen. La cifra erschien ihm dabei als die reichste Partitur der noch unbekannten Werke Salieris."


    Zitat

    Es war eigentlich [noch] nicht üblich, dass die Komponisten den Librettisten heineinredeten oder -pfuschten. Vielmehr wurden ja - insbesondere bei der Opera Seria - ziemlich stur die Texte "abkomponiert", kein Wort wurde weggelassen


    Das ist bei La cifra wohl zu befürchten. So schön, abwechslungreich und spannend kann die Musik gar nicht sein, um diese Längen, vor allem in den 2 genannten Beispielen, zu überspielen. Vielleicht ist man auch von Mozart zu verwöhnt... Dazu kommen wohl - mein einziges großes Manko an der Kölner Aufführung und vermutlich von den Medien als "Klamauk" gemeint - die unsäglichen Übersetzungen der Rezitative in die deutsche Sprache (gesungen wird in italienisch). Allerdings muß ich einwenden, daß es nicht einfach ist die Konzentration gleichzeitig auf Bühne, Übertitel um der Handlung folgen zu können, und Orchestergraben gerecht aufzuteilen. Beim nächsten Besuch läßt sich das sicher noch einmal überprüfen, außerdem gibt es in der kommenden Spielzeit eine Wiederaufnahme.


    Schönen Gruß
    Sophia

  • Hallo Sophia,


    das "nach" in dem von Dir Zizierten Programmheft ist sicherich zeitlich gemeint. Salieri komponierte folgende [des betreffende] Opern auf da Pontes Libretti:


    Il talismano
    Commedia per Musica
    Hoftheater Wien, 10. September 1788


    Il pastor fido
    Dramma tragicomico
    Hoftheater Wien, 11. Februar 1789


    La cifra
    Dramma giocoso in 2 atti
    Hoftheater Wien, 11. Dezember 1789


    Das Libretto zu La dama pastorella stammt ebenfalls von Petrosellini, wie La cifra, nur dass da Ponte im letztgenannten Fall das Libretto als Vorlage benutzte, also "umarbeitete". Dies tat er auch bei Il talismano, wobei hier das Libretto originär von Carlo Goldoni stammt. Richtig ist, dass Salieri hier nur den ersten Akt komponierte, der zweite un dritte stammt von G. Rust. Die Cooperation wurde im September 1779 in Mailand uraufgeführt, wobei hier der Librettist Carlo Goldoni allein war. Dasselbe Werk komponierte Salieri in der Bearbeitung von da Ponte dann nocheinmal komplett neu, es wurde 1788 in Wien uraufgeführt.


    Es ist mir übrigens nicht geläufig, dass Mozart vehement in da Pontes Texte eingriff. Das trifft z.B. auf die Zauberflöte zu, wo Mozart Texte [Verse] wegliess und insbesondere auf Die Entführung aus dem Serail, wo ein ganzer Akte auf Mozarts Anraten hin völlig neu konzipiert wurde und etliche Musiknummer in andere Akte verschoben wurden.


    Was das Wiederholen von Musik innerhalb einer Oper betrifft, so könnte dies auch gewissen Sinn machen. Denn schließlich wollte man etwas Neues machen, vielleicht einen Wiedererkennungswert schaffen? Hat Wagner das 'Leitthema' für sich gepachtet?


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • ... muss doch auch noch meinen "Senf" zu Salieris La cifra beisteuern - ich komme grade aus der Vorstellung der Kölner Oper. Da Salieri so selten auf der Bühne zu sehen ist, denke ich, dass es schon ok ist, wenn wir hier was zu dieser Oper schreiben und nicht im Opernforum. Und unter diesem Thread Salieri sucht man sicher zuerst.


    Die Inszenierung musste natürlich wieder einmal ohne jede Not die Handlung in die Jetzt-Zeit versetzen, obwohl dies bei einer Opera buffa wie dieser eigentlich völlig unnötig ist, da die teilweise etwas bemühten Aktualisierungsversuche eher peinlich-anbiedernd wirkten - das scheint heutztage aber gang und gäbe zu sein - wat willste machen, kannste nix machen X(


    Die Handlung spielte also statt auf einem italienischen Landsitz im Garten eines heruntergekommenen italienischen Land-Hotels und zwar meist auf dem Boden des leergelaufenen Swimming-Pools der Hotel-Anlage *eine suuuper Idee, echt!* :wacky: :rolleyes: :wacky:
    Etwas gestört hat mich u. a., dass im 1. Akt ständig irgendwer mit einem Gewehr rumfuchtelte oder mit einem Bügeleisen in der Hand herumlief... na ja - wenn’s schee macht! :D
    Aber unnötig fand ich's trotzdem. Der übliche „Buffa-Klamauk“ halt eben – stört nicht wirklich, wirkt aber schnell peinlich.


    Verantwortlich für diese inszenatorische Meisterleistung ist übrigens Christian Stückl, der Intendant des Münchner Volkstheaters (La cifra ist -glaube ich- auch eine Koproduktion beider Häuser).
    Herr Stückl ist auch der, der uns die krachledern-bajuwarische WM-Eröffnungsfeier in München am 09.06.06 serviert hat.... :wacky:


    Aber zurück zum Stück:
    In dieser gekachelten Bühnen-Atmosphäre in hellblau tat sich dann musikalisch gesehen zum Glück äußerst erfreuliches:
    Ein junges, stimmlich leicht und flockig agierendes Ensemble spielte und sang da munter zur beschwingten Musik, dass es eine Freude war :yes:


    Ich finde es immer wieder ganz beachtlich, wie vielseitig Ensemblesänger sein können (und teilweise müssen ;) ) - der Tenor Hauke Möller, der als "Milord Fideling" den adeligen Liebhaber des Stücks gab, ist in dieser Spielzeit in Köln auch als Wagners "Froh" im Rheingold, als "Pluto" in Offenbachs Orpheus und als "Narraboth" in der Salome aufgetreten.... DAS nenne ich Bandbreite!


    Unter der Leitung von Martin Haselböck spielte das Gürzenich-Orchester -obwohl mit modernen Instrumenten- sehr durchhörbar und transparent. Man merkte den Einfluss des Experten Haselböck auf die Musiker - das Gürzenich-Orchester hat seine "klassische" klangliche Domäne nämlich eigentlich eindeutig im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert (Mahler, Zemlinsky, Strauss, etc.) - aber davon war der Orchesterklang heute abend echt weit entfernt!
    Die Besetzung des Orchesters war natürlich auch eine recht kleine, zeittypische (nämlich je 2 Flöten, Oben, Klarinetten, Fagotte, Trompeten und Hörner, dazu ein Satz Pauken und der Rest Streicher aller Lagen - so dass man auf gut 30 Musiker kam).


    Musikalisch erinnerte das Gehörte -logischerweise- alles sehr an Mozart. Allerdings fand ich Salieris Instrumentierung über weite Strecken wesentlich pragmatischer und nicht ganz so inspiriert und abwechslungsreich wie bei Mozart.
    Die Zeitgenossen fanden Mozart deswegen wahrscheinlich zu "kompliziert" und zu "notenlastig"...


    Jedenfalls beweist es für mich, dass Salieri -wie viele der Kollegen damals- heute zu Unrecht in weitgehende Vergessenheit geraten ist.
    Und wenn die Musik dieser Komponisten auch nur dazu dienen sollte, dem Hörer das Besondere an Mozarts Stil aufzuzeigen und vor Ohren zu führen - aber spielen müsste man sie dazu halt viel mehr!


    Neben den umfangreichen Finali des Zweiakters La cifra, die 20, bzw. gut 15 Minuten dauerten (und damit allein längenmäßig mit den berühmten Mozart-Aktschlüssen in Figaro & Co. konkurrieren können), haben mir vor allem die beiden großen Arien der beiden Damen gegen Ende des 2 Aktes gefallen:
    Lisotta, die gerne eine gute Partie machen würde, singt davon, dass sie weg vom ewigen Klang der „Zithern, Kastagnetten und Dudelsäcken“ auf dem Lande und in lieber die Stadt möchte, wo man „Klarinetten, Oboen, Trompeten, Pauken und Streicher“ hören könne. Und die werden dann in der Arie an den entsprechenden Stellen auch prompt sehr schön zum Klingen gebracht – sehr virtuos, sehr mitreißend. Erinnerte ein bissel an Haydn, wenn er in seinen Sinfonien Solo-Instrumente einsetzt, bzw. an die Mozartsche Finta Giardiniera, wo es doch die bekannte Instrumenten-Arie des Podestà gibt.


    Und dann die große Rezitativ und Arie-Szene der Eurilla (ihr großer Liebeskummer kurz vor dem erlösenden Happy-End-Finale), in der Salieri dann auch die Bläser in Gruppen kombiniert mal so exponiert einsetzt, dass diese Arie (von der Instrumentation her) auch von Mozart stammen könnte.


    Ach ja – im Finale des 1. Aktes gibt’s noch ein gewaltiges Donnerwetter mit Sturm, wo alle Beteiligten plus Chor dann schön gemeinsam den Akt zuende bringen.
    Das hat mich frappant schon an typsiche Rossini-Aktschlüsse (z. B. jeweils 1. Akt von Barbier und Cenerentola) erinnert, wo es ja auch über ziemlich ausgedehnte Strecken am Ende nur noch um einen fulminanten „Rausschmeißer“ für die Pause geht und nicht mehr wirklich um die Handlung.
    So exzessiv hat Mozart das an entsprechenden Stellen nie praktiziert – jedenfalls empfinde ich das so.


    Das größte Ärgernis war auch für mich –wie auch für Sophia- die Tatsache, dass alle Secco-Rezitative zugunsten belangloser deutscher Prosa-Texte entfernt wurden.
    Die Dramaturgin, die vorher im Foyer ein paar Erläuterungen zum Stück präsentierte, formulierte es etwas schwammig mit dem „Nebeneinander der Zeitebene Salieris in der Musik und der heutigen Zeit in den Texten“..... na ja, also wirklich!
    Warum?
    MUSS ein Salieri-Werk diese heutige Ebene denn unbedingt besitzen?


    Immerhin war die Szenerie doch schon so unglaublich „modern“ :wacky: – den Aufstand möchte ich ja mal erleben, wenn man das einer Mozart-Oper antäte, und z. B. alle Secco-Rezitative aus dem Don Giovanni streichen würde und durch Sprechtext ersetzte – na, da wäre dann aber was los!
    Aber mit einem Salieri kann man’s ja machen – der soll schon froh sein, dass man ihn nicht mehr allzu häufig als „Mozart-Mörder“ bezeichnet, oder was?! :D


    Möchte man Sprüche wie „Lisotta - du geile Schnitte!“ oder „Die kommen nicht zum shoppen, die wollen poppen!“ in einer Salieri-Oper wirklich hören?!? Hauptsache: Trendy und modern, jaja.... - peinlich und bemüht, würde ich eher sagen. :kotz: :motz: :kotz:


    Außerdem waren die Dialoge eh so kurz, dass sie gleich ganz hätten wegfallen können. Und dann hätte man die Seccos gleich beibehalten können... eine Opera buffa ohne selbige ist doch gar keine richtige mehr – dieser ständige Wechsel zwischen deutsch gesprochen und italienisch gesungen war ziemlich lästig und irritierend.
    Wenn, dann eine Sprache – die dann aber auch konsequent verwendet, bittschön! :yes:


    Abschließend nochmal kurz zu den Verwirrungen mit den Textvorlagen: Rudolph Angermüller schreibt in seinem Programmheftbeitrag:
    „Eine große Veränderung erfuhr La dama pastorella (also das Stück, zu dem Petrosellini das Libretto verfasste) zur Erstaufführung am 11.12.1789 im Wiener Burgtheater unter dem Titel La cifra: Lorenzo Da Ponte hatte den Petrosellinischen Text bearbeitet, Salieri das Werk fast gänzlich neu konzipiert und sehr erweitert. Ursprünglich war es „nur“ eine Zwischenakteinlage zu Il chiacchierone imprudente (UA in Rom 1779). Von der Erstfassung (also der La dama pastorella) sind nur noch sehr geringe Spuren vorhanden. Die Charaktere der einzelnen Personen wurden dennoch –trotz der Änderung einiger Personennamen- beibehalten. Die Handlung von La cifra ähnelt der von Salieris Il talismano (UA 10.09.1788, Text: L. Da Ponte)“
    – vielleicht kann das Zitierte noch einige Unklarheiten beseitigen.


    La cifra war jedenfalls gleich ein Riesen-Erfolg und erlebte allein vom Dez. 1789 bis Feb. 1791 16 Aufführungen im Burgtheater (war das viel für die damalige Zeit?)


    Drei der Sänger dieser UA traten am 26.01.1790 in der Premiere von Mozarts Cosi fan tutte an – es war ja nur 4 Wochen später: Signora Adriana Ferrarese, die die Eurilla gab; Francesco Benucci, der den Rusticone gesungen hatte (und in der Cosi als Bass vermutlich dann den Don Alfonso) und Francesco Bussani (Milord), der als Tenor dann nur für den Cosi-Ferrando in Frage kommt.


    Fazit:
    La cifra wird in der Spielzeit 2006/07 übrigens wieder aufgenommen! Seltener Salieri auf der Opernbühne mit einem musikalischen „es lohnt sich!“-Faktor :yes:


    Gut's Nächtle miteinand' :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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