Literaturverfilmungen und Zeitgeschichte


  • Die skandalösen Abenteuer der Moll Flanders
    (The Fortunes and Misfortunes of the Famous Moll Flanders)
    nach dem gleichnamigen Roman von Daniel Defoe



    Alex Kingston, Daniel Craig, Lucy Evans, Colin Buchanan, Trevyn McDowell, u.a.
    David Attwood - Regie
    Großbrittannien 1996
    Studio: Granada
    190 Minuten


    Bild: 16:9
    Ton: Deutsch/Englisch - Dolby Digital 2.0
    Untertitel: Deutsch bei englischem Ton nicht ausblendbar


    Zeit: Barock um 1700


    Daniel Defoe, eher bekannt durch Robinson Cruso, verfasste 1722 den Roman. Der Lebenslauf von Moll ist turbolent. Als Kind einer zum Tode verurteilten Diebin wird sehr sozalkritisch das wechselvolle Leben der Moll vom Waisenkind zur reichen Frau und ihr Abstieg geschildert. Der Lebenslauf nur kurz angeschnitten: Straßenkind, 5 Hochzeiten, Hochstaplerin, Inzest, Hure, Diebin, zum Tode verurteilt - gibt es ein Happy End?


    Der Stoff wurde mehrfach verfilmt unter anderem 1965 mit Kim Novak als Moll und 1995 (ziemlich frei nach dem Roman) mit Morgan Freeman. Allerdings ist dies hier die beste Adaption. Detailgetreue Sets und Kostüme, eine flotte, spannungsvolle, aber auch humorvolle Handlung und nicht zuletzt hervorragende Schauspieler machen den Film zu einem Genuß.


    ***** von 6


  • Ridicule - Von der Lächerlichkeit des Scheins


    Marquis de Grégoire Ponceludon Malavoy : Charles Berling
    Marquis de Bellegarde : Jean Rochefort
    Madame de Blayac : Fanny Ardant
    Mathilde de Bellegarde : Judith Godrèche
    Abbée de Vilecourt : Bernard Giraudeau
    Monsieur de Montalieri : Bernard Dhéran
    Chevalier de Milletail : Carlo Brandt
    Abbé de l'Epée : Jacques Mathou
    Louis XVI : Urbain Cancelier


    Patrice Leconte - Regie
    Frankreich 1996
    100 Minuten
    1:2.40 - Widescreen 16:9
    Dolby Digital 5.1 (Deutsch), 2.0 (Französisch)



    Ein Bonmot - und du bist gerettet!


    Ort und Zeit: Versailles ca. 1780


    Intrigen und Dekadenz beherrschen den Hof von Versailles am Vorabend der Revolution. Wer weiterkommen will oder ein Anliegen hat, muss durch Esprit auffallen, um beim König Gehör zu finden.


    Die Dialoge sind wahrhaft ein Genuß. Schlag auf Schlag Bonmots, Spitzfindikgeiten und Anzüglichkeiten. Die Ausstattung ist phänomenal. Die Akteure agieren mit großer Spielfreude. Bis ins kleinste Detail wird die Zeit nachgezeichnet. Und wieder ein Mosaikstein, um zu verstehen, warum die Revolution kommen mußte.


    Bravo! Ein wahrhaft geistreicher Film.


    ******`+


    "...mir hat die vergiftete Atmosphäre von Versailles gefehlt!"


  • Jefferson in Paris


    Nick Nolte, Greta Scacchi, Jean-Pierre Aumont, Simon Callow, Seth Gilliam, James Earl Jones, Michael Lonsdale, Nancy Marchand. Thandie Newton, Gwyneth Paltrow, Charlotte de Turckheim, Lambert Wilson
    Regie: James Ivory


    134 Minuten
    Bild 16:9
    Ton: Deutsch (5.1), Englisch + Französisch (2.0)
    Produktion: Merchant Ivory, 2004




    Ort und Zeit: Paris, 1785 - 1789


    Thomas Jefferson (dritter Präsident der USA, 1800 - 1809 ) war von 1785 bis 1789 Diplomat in Paris. Inmitten der Wirren der Vorrevolution verliebt er sich in die verheiratete Engländerin Maria Cosway - aber da gibt es auch noch das Verhältnis zu seiner schwarzen Sklavin ...


    Was zuerst auffällt ist die, wie für übrigens fast alle Marchant & Ivory – Produktionen, verschwenderische Ausstattungsorgie. Selbst wenn Jefferson über das Zeitgeschehen aus dem Off berichtet, scheute man kein Kosten und Mühen und lässt alles mit einer Vielzahl üppiger Einstellungen unterlegen. Auch der für die Zeit typische Wortwitz der Aristokratie bleibt nicht aus - sehr authentisch ist, dass die Franzosen französisch und die Amerikaner englisch (in der Synchronisation natürlich deutsch) reden. Für die musikalische Untermalung konnten die Produzenten wohl William Christie und sein Ensemble gewinnen. Ob die Stücke nun aus genau jener Periode stammen (manches kam mir doch zu barock vor), mag ich nicht beurteilen, doch gefällt das in einem 'Period Drama' allemal besser, als alles mit irgendeinem neumodisch historisierenden Gedudel zu unterlegen . Es gibt in dem Film auch eine Szene in der Oper, die wahrhaft detailreich inszeniert wurde: Das Publikum schwatzt, intrigiert, gafft, trinkt und findet doch noch so nebenbei die Zeit der Musik zu lauschen und auch die Sänger je nachdem auszupfeifen oder hochleben zu lassen.


    Alles in allem ein Film, der durch die fotografische Opulenz besticht, aber auch sozialkritische Momente nicht ausspart.


    *****

  • Zitat

    Original von Maexl
    Zeitgeschichte?


    Was sich hier wie ein von Rosamunde Pilcher zusammengeschriebener Schmachtfetzen anhört ist zum großen Teil belegt:


    * Fakt ist, dass Jefferson sich in Paris in Maria Cosway verliebte, ohne dass es zu einem Verhältnis kam. Jefferson und Cosway untehielten bis zu seinem Tod eine Brieffreundschaft.


    * Man spricht von 6 Kindern, die der über 40jährige Jefferson mit seiner sechzehnjährigen Leibeigenen Sally gezeugt haben soll . Zeitzeugen berichten, dass sie alle (einer sogar zum Verwechseln) ihm ähnlich sahen. Die Spur dieser Nachkommen verliert sich nach ihrem 21. Lebensjahr, da sie wahrscheinlich von Jefferson alle freigelassen wurden und deswegen DNA-Tests noch zu keinem eindeutigen Ergebnis kamen. Allerdings wird in Amerika um diese heikle Geschichte immer noch ein großer Bogen gemacht, aber vielleicht ändert sich das ja - bei einem Präsidenten mit nicht rein schwarzen Wurzeln.


    * Die Sklavin Sally Hemings war übrigens mit großer Wahrscheinlichkeit die Halbschwester von Jeffersons Frau Frau Martha Wayles.


    * Jefferson setzte sich für die Menschenrechte ein und unterstützte (zumindestens beratend) die Revolution in Frankreich. Der Film bleuchtet auch die Scheinheiligkeit der Amerikaner. Einerseits wird Gleichheit und Brüderlichkeit unterstützt, andererseits will man auch nicht von der Sklaverei lassen.


    Insofern wird doch eine Menge Zeitgeschichte verarbeitet.


    Gruß


    Jörg

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  • Der Jefferson-Film ist wirklich gelungen, habe ihn vor langer Zeit mal gesehen und würde ihn weiterempfehlen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões