Opera Breve im Opernloft in Hamburg

  • Ich war gestern im Opernloft. Das Opernoft ist " das Opernhaus für Kinder, Jugendliche und Operneinsteiger in der Hansestadt" Hamburg und hat sich als Aufgabe gesetzt mit "pfiffigen Formaten wie OPERABREVE, »Oper in kurz«, Electr’Opera und Opern für Kinder...auch die, die bisher nicht in die Oper gingen, zu Mozart und Wagner" zu verführen.


    Das ist ein mutiges und anspruchsvolles Konzept und hat mich - auch wenn ich nicht Zielgruppe bin - außerordentlich gereizt.


    Die Spielstätte - in der Tat ein Loft im Stadteil Wandsbek (oder ist es eher Eilbeck?)- hat so gar nichts von einer Weihestätte der Hochkultur. Wenn eine Band auf die Bühne käme würde man sich nicht wundern. Doch das macht den Reiz der Spielstätte aus. Sie soll die Angst vor dem Neuen nehmen und bietet zu gleich auch die Chance eine Reduzierung vollständig zu machen.


    Und diese Reduzierung nimmt sich auch die Werke vor: Opern für Kinder kennt man man ja von den großen Häusern. Das ist eine überaus wichtige Arbeit. Aber ihr fehlt die Brücke über die Jugendoper zur Chance für Quereinsteiger. Oper ist eben keine Beschäftigung für verstaubte Kulturfreaks. Sie ist symbolisches Abbild von Leben. Aber: Wie soll jemand der bisher nicht die Chance hatte dies zu erkennen, diese Brücke schlagen können?


    Hierfür sind die Konzepte "Opera Breve", Electric Opera für Jugendliche und Opern für Kinder gedacht.


    Wer mehr darüber lesen möchte, kann Opernloft googln und nachlesen.


    Ich war also gestern abend im Opernloft und habe "Den Ring der Nibelungen" gesehen und das in 90 min. Geht das? Nein, natürlich nicht. Es war nicht der Ring, sondern es war eine Zusammenfassung und Komprimierung. Ein Überblick und eine Einführung. Und das überaus gelungen:


    Schulmädchen Vero (Veronika Fried) soll ein Referat über Wagners "Ring des Nibelungen" schreiben. Ihre drei Freundinnen (Claudi (Claudia Christiane Goldbach), Dani (Daniela Pech) und Simi (Simone Umland)) sind ratlos: "Was für'n Ring?" Pisa hin oder her - hier muss der größte deutsche Opernstoff offenbar noch einmal gründlich aufgearbeitet werden.
    Und das wird auch gemacht: Die vier spielen Schlüsselszenen und erklären sich gegenseitig die Handlung. Dabei übernehmen die 4 Sängerinnen (3 Soprane ein Mezzo) alle Rollen und es funktioniert. Es funktioniert sogar außerordnetlich gut bei den naiven Siegmund und Siegfried oder den Töchtern des Rheins oder den Walküren. Auch Wotan wir überzeugend beschrieben auch wenn er überraschend kurz auftritt.


    Das da ganze natürlich extrem verkürzt hat sowohl Charme (mit links werden "Weia! Waga! Woge, du Welle, walle zur Wiege! Wagalaweia! Wallala, weiala weia!" und "Hojotoho! Hojotoho! Heiaha! Heiaha!" und andere "seltsame" ´Textstellen als Lautmalerei bezeichnet und sich dadurch auch der Stabreim-Exkurs erspart) als auch Verlust (Fafner ist nur Drache, Loge, Fricka, Speer, Weltesche, Vergessenstrank und Schicksal werden gar nicht erwähnt), aber Beschränkung bedeutet auch Auslassung. Der Ring ist sicherlich ein vielschichtiges Drama, aber in der Komprimierung geht die Metaebene verloren. Schade, ich wüßte aber auch nicht, wie man es besser machen könnte. Schließlich hat diese Komprimierung ein Ziel und wenn dieses Konzept nur einen für den Ring gewinnen kann, so hat sich das Ganze gelohnt.


    Ein Wort zum Bühnenbild: Es ist ein Mädchenzimmer mit Hochbett, Schrank und rosa Würfeln, die geschickt eingesetzt werden. Die wichtigsten Requisiten sind Spielsachen: Der Ring ein Hula-Hoop-Reifen (endlich kann man das winzige Ding mal richtig sehen!), Nothung ein (Star-wars) Laserschwert und (was ich phantastisch fand) die Lohe waren Bänder (bekannt aus der rhythmischen Sportgymnastik) und der Schleifstein auf dem Siegfried Nothung repariert ist ein Fahrradreifen. Das war stimmig bis genial.


    Kleine Anmerkung am Rande: Ich fand es im übrigens ausgesprochen komisch, dass mir innerhalb eines Jahres das 2te mal in Hamburg im Bett herumspringende Rheintöchter begegnen und diesesmal finde ich es gelungen!


    Man kann das ganze aber auch gut als eigenes Werk betrachten: Und als solches finde ich es auch außerordentlich gelungen und kurzweilig. Allerdings muß ich gestehen, dass mir der reiz der Wagnerschen Musik zu kurz kam. Überhaupt die Musik: Das Orchester war ein Klaviertrio (glaube ich, denn ich saß hinter einem Pfeiler) und spielte gut, aber ich habe viele wichtige Motive vermisst. Überhaupt kommt die Leitmotivik sehr kurz. Aber die Greatest Hits werden gesungen, u.a. Winterstürme, Leb wohl usw. Und es wird gut gesungen, wenn auch nicht überragend. Dafür wird phantastsich gespielt und agiert. Nichts wird der Lächerlichkeit preisgegeben, nirgendwo ein Witz auf Kosten des Werks.


    Ich fand es insgesamt gelungen und es hat mir Spaß gemacht. Und ich werde wieder ins Opernloft gehen.