Hier die gewünschte Fortsetzung:
Nachdem sich Japan im Jahre 1889 eine Verfassung nach deutschem Vorbild und unter Mitarbeit bekannter deutscher Juristen gegeben hatte, wurde auch das Regierungswesen reformiert. Es wurde ein Parlament nach englischem Vorbild gegründet. Im Oberhaus saßen Erbadelige und im Unterhaus wurden die Repräsentanten gewählt. Das Wahlrecht wurde eingeführt, allerdings waren nur 2 % der japanischen männlichen Bevölkerung wahlberechtigt. Das Wahlrecht für Männer wurde immer wieder optimiert, das Frauenwahlrecht erst im Jahre 1946 eingeführt.
Das Oberhaus setzte sich aus Adeligen und damit auch hohen Militärs zusammen. Inzwischen hatte Japan die allgemeine Wehrpflicht eingeführt und das Heer stark erweitert und mit moderner Technik ausgerüstet. Die Militärs waren sich sicher, dass man mit dieser Armee die Grenzen Japans ausdehnen wird können und warteten nur auf Chancen darauf. Man bezweckte mit möglichen Expansionen
1. die steigende Bevölkerung mit Wohnraum und Nahrungsmittel versorgen zu können, da die Bevölkerungszahl förmlich explodierte
2. neue Handelshäfen und -Märkte
3. Anerkennung als „zivilisiertes“ und damit gleichrangiges Volk von den USA und Europa und
4. die Vorherrschaft in Ostasien, die bisher China innehatte.
Die Wehrpflicht wurde eingeführt. Jeder japanischer Mann musste für drei Jahre in der kämpfenden Truppe und neun Jahre in der Reserve dienen. Dadurch ergab sich eine Truppenstärke von ca. 200000 Mann, die man möglichst territorialgewinnend einsetzen wollte.
Die Blicke der japanischen Regierung schweiften nicht weit in die Ferne, denn gerade einmal 200 Kilometer entfernt lag Korea, das die „Erneuerung“, die Japan gerade durchlebt hatte noch nicht erlebt hatte und daher noch als beinahe altertümliches Staatsgebilde bezeichnet werden kann. Man plante daher eine Invasion (die in der japanischen Geschichte schon mehrfach versucht wurden, aber immer schief gingen, da sie vom Wetter gestört wurden), wollte aber nicht als erstes losschlagen, da sonst die Anerkennung, die sich Japan in den letzten Jahrzehnten durch ihre Diplomaten in der ganzen Welt errungen hatte Futsch gewesen wäre.
1894 löste sich das Problem von selbst, denn in Korea brach ein Volksaufstand los. Japan marschierte zur Unterschlagung des Aufstands in Korea ein. Das brisante daran: Korea (damals noch geeint) war eigentlich ein Vasallenstaat des chinesischen Kaiserreichs (zumindest wurde es von selbigen so behandelt). China sandte daher auch Truppen und es kam zu Kämpfen zwischen den beiden Armeen. Zuerst wurde noch versucht das „Problem“ auf diplomatischem Wege zu lösen, doch es misslang. Es kam wirklich zum Chinesich-Japanischen Krieg. Zum Erstaunen der Welt und vor allem zu dem der Chinesen war der Krieg erschreckend schnell vorbei. Bereits im Februar 1895 stand Japan als Sieger fest, nach nicht einmal 6 Monaten. Dieser Sieg löste am Festland euphorische Gefühle aus und der japanische Aussenminister Mutsu Munemitsu meinte, „dass das Volk nur von dem Tag träumte, an dem die japanische Flagge durch die Tore von Peking getragen würde“.
Der Friedensvertrag wurde in Shimonoseki im Süden Japans ausgehandelt und die Japaner stellten riesige Forderungen an China.
Sie verzichteten auf Peking (was auch völlig realitätsfremd war, denn schließlich hatte China nur eine „Kolonie“ verloren), verlangten aber eine immense Kriegsentschädigung. China musste Formosa (heute Taiwan) und die Pescadoren an Japan abtreten und die Unabhängigkeit Koreas anerkennen. Japan beanspruchte Korea nicht für sich selbst sondern gab dem „von den bösen Chinesen unterdrückten“ Land die Unabhängigkeit. Mit dieser Geste stieg das Ansehen Japans enorm. Weiters forderte Japan die Halbinsel Liaodong am Südzipfel der Mandschurei. Auf dieser Halbinsel lag Port Arthur ein eisfreier Hafen und ein perfekter Handels und Marinestützpunkt.
Russland, Deutschland und Frankreich forderten Japan höflichst auf, auf Liaodong zu verzichten, da sie um die Stärke der Japanischen Flotte wussten und ihre eigenen Kolonien im Pazifik sichern wollten. Russland wurde noch deutlicher und bezeichnete die Anwesenheit der Japaner auf dem eurasischen Kontinent als „ewiges Hindernis für den Frieden im fernen Osten.“, eine Beinahe-Kriegserklärung an Japan, die aber Wirkung zeigte, Japan gab Liaodong auf. Diese scheinbare Resignation löste große Empörung im Japanischen Volk und schürte den Hass auf Russland, der sich noch verstärkte als Russland 1898 selbst die Herrschaft dort übernahm und sich so den eisfreien Hafen selbst sicherte.
China, 1900: Der Boxeraufstand war losgebrochen und die europäischen Mächte und die USA stellten ein internationales Truppenkontingent, um den Aufstand niederzuschlagen und damit ihre Handelsbeziehung vor dem Aus zu bewahren. Japan hielt sich zuerst raus, als aber am 11.6. ein japanischer Diplomat erschossen und das Gesandtenviertel in Peking belagert wurde, sandte man Soldaten nach China.
Die internationale „Eingreiftruppe“ bestand aus 20 000 Mann (12 000 deutsche, russische, österreich-ungarische, britische, französische und amerikanische Soldaten) und allein 8 000 japanische Soldaten. Die Eingreiftruppe beendete den Aufstand und man zog vereint in die verbotene Stadt ein, was dem Chinesischem Selbstbewusstsein einen schweren Schlag versetzte.
Truppen in der verbotenen Stadt
Am meisten tat den Chinesen wahrscheinlich weh, dass die Japaner den größten Anteil an der Niederschlagung hatten. Im Gegenzug bereicherten sich die europäischen Nationen, in dem sie kleine Kolonien an der Chinesischen Küste einrichteten. [Österreich erhielt Tsingtao, das bis 1916 österreichische Kolonie blieb und von dort auch das bekannte Bier stammt, das von den Österreichern dorthin gebracht wurde und später von den Chinesen übernommen wurde]
Tsingtao-Bier
Japans Einsatz machte Japan zu einem geachteten Mitglied des internationalen Völkerbundes. Dies ging sogar soweit, dass 1902 ein Bündnis zwischen Großbritannien und Japan geschlossen wurde, das besagte, dass der jeweils andere zu Hilfe eilen musste, wenn mehr als 1 Land dem Partner den Krieg erklären sollte.
Das japanische Militär spekulierte nun wieder auf einen Krieg mit Russland, da man faktisch unter dem Schutz Englands stand. Die Demütigung von 1895 war noch nicht vergessen worden und der Hass auf die Russen allgegenwärtig. Als der Russische Kronprinz Nikolaus (später Zar Nikolaus II.) 1891 (der Hass auf Russland bestand schon seit dem frühen 18. Jahrhundert, aber das ist eine andere Geschichte :D) Japan besuchte wurde er beinahe ermordet. Anschließend soll er die japanische Obrigkeit als „Affen, die sofort die Flucht ergreifen würden, wenn man auch nur eine Mütze nach ihnen werden würde“ bezeichnet haben.
Inzwischen annektierte Russland die Mandschurei und Korea war wieder einem Kollaps nahe. Weiters verstärkten die Russen ihre Truppen, um die Eisenbahnlinie Port Arthur-Harbin zu schützen und verlangte gleichzeitig von den Japanern ihre Truppen zu reduzieren. Die Japaner fassten dies als Provokation auf und griffen in der Nacht die russische Flotte, die vor Port Arthur lag, an und blockierte sie, sodass die Herrschaft über die Meere bei den Japanern blieb. Die Flotte der Japaner zerstörte auch das Geschwader der Russen vor Incheon (Hafen von Seoul, der koreanischen Hauptstadt) und brachte seine Armee an Land. Die Japanische Armee drängte die Russen bis weit in die Mandschurei zurück und man sandte eine Belagerungsarmee nach Liaodong, um Port Arthur zu belagern. Die eingeschlossenen Russen hielten Port Arthur mehr als fünf Monate lang, bis ihnen die Vorräte ausgingen. Am 2. Jänner 1905 kapitulierten sie und übergaben die Stadt an die Japaner. Die Russen verloren auch in der Mandschurei (bei Mukden) und sie gaben den Widerstand auf.
Beschuss von Port Arthur
Landschlacht um Port Arthur
Die russische Ostseeflotte, die inzwischen im Chinesischen Meer eingetroffen war, wurde von sich selbst und den Japanern vernichtet (die Russen verloren 34 Schiffe und 12000 Mann, die Japaner nur 3 Schiffe und 500 Mann) und brachte nicht die von den Russen erhoffte Wende.
US-Präsident Roosevelt beendete den Krieg und leitete die Friedensverhandlungen, die mit dem Vertrag von Portsmouth (5.9.1905) endeten.
Japan erhielt von den Russen:
1. Korea (nicht offiziell, aber praktisch), Korea wurde 1910 offiziell annektiert.
2. Halbinsel Liaodong inklusive Port Arthur
3. Nutzungsrechte der Eisenbahnlinie Port Arthur-Harbin
4. die Südhälfte der Halbinsel Sachalin und das Fischereirecht (inkl. Walfang)
5. auf große Reparationszahlungen wurde verzichtet, was dem japanischen Volk nicht passte.
Im Jahre 1912 starb der Meiji-Tenno, dessen Regierungsmotto (siehe Thread I) den Jahren 1868-1912 seinen Namen gab. Sein Nachfolger Yoshihito (Taisho-Tenno) sollte die Expansion Japans weiterführen und Japan durch den ersten Weltkrieg führen, in dem Japan die deutschen und österreichischen Kolonien in China und Ozeanien (Marianen, Karolinen, Marshall-Inseln), die Halbinsel Shaodong, Sibirien, Wladiwostok und die komplette Mandschurei.
Der Taisho-Tenno
Japan war nun endgültig DIE Großmacht in Ostasien, nachdem China 1912 seine Monarchie aufgeben musste und am Boden lag.
Japan erhielt sogar bei den Friedensverhandlungen 1918/19 Vorrechte und ließ sich die Gebietsgewinne vom Völkerbund bestätigen. Allerdings wurde der Antrag der Japaner, die Gleichheit aller Rassen herzustellen, und sie somit als gleichberechtigt und bedeutend wie die Mittelmächte zu bezeichnen, abgelehnt. Eine Tatsache, die sich in den 40er Jahren bitter rächen (da Japan die Seiten wechselte) und unzähligen amerikanischen Soldaten das Leben kosten sollte.
So, nun ist meine Kurzerzählung über den Aufstieg Japans beendet. Eine Fortsetzung ist noch nicht geplant, aber wer weiß….
Viel Spaß beim Schmökern wünscht euch Joschi