Werke für Orgel und Orchester im 20./21. Jahrhundert

  • Liebe Musikfreunde,


    es wird hauptsächlich nur über Klavier-, Cello-, Violin-konzerte geschrieben weil diese Soloinstrumente in dieser Formation eben am häufigsten verbreitet sind.
    Die Orgel als Soloinstrument mit Orchester ist leider nicht so oft vertreten.


    :hello: Ziel dieses Thread´s ist im Verlaufe noch mehr über Orgelkonzerte und Sinfonien für Orgel und Orchester zu erfahren.
    Durch meinen Neuzugang des Komponisten Josepf Jongen, bin ich auf die Idee gekommen diesen "Orgel-Thread" zu erstellen.


    *** Wie sieht es allgemein mit Werken für Orgel und Orchester im 20.Jahrhundert aus ?
    Ich finde diese Zusammenstellung mit Orgel sehr ansprechend und möchte folgend einige Werke aufführen, die ich sehr hoch schätze:


    1.) Copland: Orgelsinfonie (1924)
    Edward Power Biggs, Orgel / New Yorker PH / Bernstein (SONY, 1967, ADD)


    2.) Poulenc: Konzert für Orgel, Streicher und Pauken (1938..)
    George Malcolm, Orgel / Academy otM-i-d-Fields / Iona Brown (Decca, 1977, ADD)


    3.) Khatchaturian: Sinfonie Nr.3 für Orgel und Orchester (1947)
    Moskauer Philharmoniker / Kondraschin (Melodiya, 1969, ADD)


    4.) Hindemith: Konzert für Orgel und Orchester (1962)
    Anton Heiler, Orgel / ORF-SO / Horvat (Teldec, 1980, ADD)


    5.) Bengt Hambreus: Continuo für Orgel und Orchester (1975)
    Werner Jakob, Orgel / SWF SO / Ernest Bour (Tonbandaufnahme 80erJahre)


    6.) Joseph Jongen: Symphony Concertante für Orgel und Orchester (1926)
    Michael Murray, Orgel / San Francisco SO / Edo de Waart (TELARC, 1984 , DDD)


    Meine favorisierten Aufnahmen dieser Orgelkonzerte aus dem 20.Jahrhundert habe ich gleich mit aufgeführt.
    :hello: Habe ich noch wichtige elementare Werke für Orgel und Orchester vergessen ?
    Gibt es tatsächlich so wenig in dieser Richtung mit Orgel ?



    Die Orgelsinfonie von Saint-Saens wollte ich auch in meine Auflistung aufnehmen, aber die kam schon 1886 zur Uraufführung.
    *** Die Orgel-Werke unter 1. bis 3. dürften den meisten Klassikhöreren bekannt sein, sie gehören zu meinen Lieblingswerken des 20.Jhd.


    *** Das Hindemith Orgelkonzert wird selten aufgeführt und ist auch recht unbekannt. Es ist aber ein beachtenswertes Konzert.


    *** Zu Bengt Hambreus kann ich wenig schreiben; das ist eine Tonbandaufnahme aus den 80er-Jahren eines Wahnsinnsorgelkonzertes von SWFII, als ich noch Tonbandaufnahmen machte - das muß man gehört haben !



    *** Der belgische Komponist Joseph Jongen (1873 - 1953) wird den meisten unbekannt sein. Deshalb ein paar Erläuterungen zu Jongen:
    Er war Organist und Komponist, der eine große Anzahl Orgelwerke, sinfonische und kammermusikalische Werke schrieb. Sein Stil entwickelte sich aus Vorbildern wie R.Strauss, Frank, d´Indy und folgend Debussy und Ravel.
    Sein Orgelkonzert bietet schöne Orchesterfarben die mit dem Orgelklang verschmelzen. Der schnelle letzte Satz des Orgelkonzertes Toccata erinnert an Filmmusik von Korngold - alles effektvoll komponiert. Kein großes Meisterwerk, aber lohnend und farbenreich gestaltet --- Hörspaß garantiert !
    Die Telarc-Aufnahme ist unter de Waart TOP gelungen und klanglich Spitze.



    Telarc, 1984 , DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Hierauf enthalten ( Aufnahme von 1998 ):


    Orgelkonzert (1930) von Jon Leifs ( 1899 - 1968 )


    Björn Steinar Sólbergsson, Klais-Orgel der Hallgrim-Kirche zu Rejkjavik
    Iceland Symphony Orchestra / Leitung: En Shao


    Das zwanzigminütige Werk bewegt sich mit elementarer Kraft zwischen Lyrismen und plakativen, teilweise clusterförmigen Choraleffekten.


    Sehr gute Klangqualität.


    Zu Leifs` Biographie, Werken und Stil:
    Jón Leifs - Musik aus Island


    @ teleton:


    Joseph Jongens Werk gefällt mir aus genau den gleichen Gründen wie Dir; Hindemiths Konzert ist ein Musterbeispiel seines effektvollen harmoniegeprägten Neoklassizismus. Auch Khatschaturian spricht mich trotz (bisweilen auch wegen :]) seiner bewusst grellen Diktion an, und Poulenc ist ohnehin ein Klassiker.


    Copland und auch Hambraeus dürfte ich kennen und müsste ich mal suchen - die Werke sind mir aber nicht gerade vertraut.


    Besten Gruß!


    Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo Teleton,
    schöne Thread-Idee!


    Hambreus und Jongen sind mir bislang leider nur dem Namen nach bekannt. Aber die anderen 4 Werke höre ich auch sehr gerne. Khatchaturians 3. habe ich leider auch nicht mit Kondrashin, aber Stokowski gefällt mir hier auch sehr gut. Sein opulenter Orchesterklang passt gut zu diesem Werk. Er läßt außerdem präzise und mit sehr viel Drive spielen.
    Poulenc habe ich in den beiden Interpretationen aus der Hickox-, wie aus der Pretre-Box - beide sehr ansprechend.
    Copeland bevorzuge ich auch in der von die genannten Bernstein-Einspielung.


    Hallo WolfgangZ,
    auf Jón Leifs kam ich auch noch: Sehr mächtig, aber schon beeindruckend!


    Mal schauen, ob mir in nächster Zeit weiteres einfällt. Auf Anhieb wollen mir nur noch Orchesterwerke einfallen, in denen auch eine Hammond B3 Orgel zum Eisatz kommt, z. B. von Hans Werner Henze und Detlef Müller-Siemens. Aber hier soll es ja wohl um Kirchen-, bzw. Konzertorgeln gehen.


    :hello: Matthias

  • Lieber WolfgangT, Mathias und Michael,


    Danke für den Hinweis auf den anderen Orgel-Thread.
    Dort sind ja auch eine ganze Reihe Werke aufgeführt, bei denen die Orgel ihren Einsatz hat:
    R.Strauss: Alpensinfonie, Also Sprach Zarathustra,
    Bax; Sinfonie Nr.2,
    RVW: Sinfonia Antartica,
    Bliss: Things to come,
    Szymanowski: Symphonie Nr. 3....................u.a.
    Johannes nennt in dem anderen Orgel-Thread auch eine ganze Reihe vocaler Werke mit Orgel und Orchester.


    Aber es sind alles keine direkten Orgelkonzerte oder Orgelsinfonien.
    Die sind in der Klassik im weitesten Sinne doch sehr rar.


    Das dort (von klingsor) genannte Orgelkonzert von Ben Haim ist mir unbekannt. Darüber würde ich gerne mehr erfahren.


    :hello: Ich hoffe das durch dieses Thread soch noch eine Reihe Werke "zu Tage kommen", die bislang ungenannt blieben.



    WolfgangZ
    Die CD DETTIFOS habe ich (man kann ruhig sagen - natürlich) auch.
    Das Orgelkonzert von Jon Leifs ist auch ein tolles Orgelwerk.
    Darin verschmelzen Orchesterklang und Orgel in einer Klangsprache die genau so wie ich es mir wünsche.
    ((( :D Man wird alt ! Die CD hatte ich ganz vergessen im Anfangsbeitrag zu nennen.)))

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Durch die Empfehlung eines Klassikliebhabers, der meinen Geschmack kennt, bin ich auf ein weiteres sehr lohnendes Orgelkonzert des 20.Jahrhunderts gestoßen, dem
    Orgelkonzert von Harald Genzmer (1909-2007) :



    **** Die Thorophon - CD enthält die fabelhaften drei Konzerte
    Konzert für Orgel und Orchester (1970)
    Konzert für Schlagzeug und Orchester (1978.)
    Konzert für Klavier und Orchester (1948.).


    Edgar Krapp (Orgel) und der bekannte Schlagzeuger Peter Sadlo (in allen Werken auf der CD vertreten) sind in Bestform und bieten Musik des 20.Jahrhunderts vom feinsten.



    Edgar Krapp - Orgel, Peter Sadlo - Schlagzeug, Bamberger Sinfoniker, Andreas Albert
    Thorophon, 2003, DDD


    :yes: Wirklich drei tolle Werke und für mich höchst willkommenes Neuland mit Harald Genzmer.
    Dieser Beitrag könnte auch im Thread "Unbekannte Klavierkonzerte des 19.und 20.Jhd"." stehen, denn auch das KK ist einen separaten Beitrag wert --- auch das enthaltene Schlagzeugkonzert liefert eine unendliche vielfalt an solistischen Percussionssounds. Athmosphärisches wechselt mit feurigem - Eigenschaften, die auch das Orgelkonzert kennzeichnen.


    :angel:8) Die Werke sind keine ungenießbaren Neutönerstücke, sondern bleiben auf dem modernen Teppich der Zeit und bleiben fasslich.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich besitze die von teleton genannte Genzmer-CD im Rahmen dieser neuen und sehr preisgünstigen Sammelbox mit früheren Aufnahmen von Thorofon ebenso:



    Außerdem hat Genzmer, den ich sehr gerne höre, rund zehn Jahre später ein zweites Orgelkonzert geschrieben, das ich vor langer Zeit mal vom Rundfunk mitgeschnitten habe.


    Genzmers Stil kommt von Hindemith her, ist etwas leichtfüßiger. Das Idiom hat sich dabei zwischen den frühen Fünfzigern und der Jahrtausendwende nicht wesentlich gewandelt.


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo WolfgangZ,


    diese 10CD´s Box hatte ich auch zuerst im Auge, schon wegen des günstigen Preises.
    Ich habe dann aber Abstand genommen, weil genau wie in der Strawinsky - SONY - Super-GA-Box (von der ich auch nur die Werk-Aufnahmen habe, die ich auch wirklich hören will) jede Menge CD´s dann doch ungehört liegen bleiben würden. Daher entschloss ich mich für die CD Solokonzerte mit Orchester.
    * Das zweite Orgelkonzert (das Du als RdF-Mitschnitt hast) scheint es leider nicht auf CD zu geben.


    8) ;) Das sich das Idiom hat sich dabei zwischen den frühen Fünfzigern und der Jahrtausendwende nicht wesentlich gewandelt hat, empfinde ich eher als Vorteil, als wenn er sich zum ungenießbaren Geräuschemacher gewandelt hätte.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Dass sich das Idiom dabei zwischen den frühen Fünfzigern und der Jahrtausendwende nicht wesentlich gewandelt hat, empfinde ich eher als Vorteil, als wenn er sich zum ungenießbaren Geräuschemacher gewandelt hätte.


    Da stimme ich Dir gerne zu - selbst wenn ich möglicherweise generell etwas weniger empfindlich bei avantgardistischer Musik bin als Du :). Gerade der hohe stilistische Wiedererkennungswert reizt mich bei diesem Komponisten. Es ist ja nicht so, dass sein Schaffen blässlich und langweilig wäre oder dass jedes Werk gleich klingen würde. Es ist das markante Idiom, das mich überzeugt.


    In gewisser Hinsicht verstehe ich zwar Kritiken wie die folgende (an der obigen Sammelbox bzw. einer CD daraus) - und Genzmer hatte in dieser Hinsicht mit dem Ruf des schulmeisterlich Konservativen zu kämpfen - aber mein subjektives Hörempfinden ist dennoch anders gepolt.


    "http://www.rondomagazin.de/kritiken_suche.php?kritiken_suche=Harald%20Genzmer&klassik_jazz_id=1"


    Besten Gruß, Wolfgang

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  • Liebe Freunde der Orgel- und Orchestermusik,


    ich möchte diesen Thread wiederbeleben, denn es gibt noch einiges zu entdecken.


    Zu meinen Lieblings-CDs (Top100) gehört



    Wenig bekannt dürfte die Toccata Festiva (1960) für Orgel und großes Orchester von Samuel Barber (1910-1981) sein.
    In diesem spätromantischen Meisterwerk werden insgesamt 7 Themen vom Orchester und der Orgel im Dialog verarbeitet. Die Orgel dient hier nicht als Füllstoff zur klanglichen Untermalung, sondern steht gleichberechtigt im Dialog mit dem Orchester. Samuel Barber ist hier wirklich ein virtuoses, farbenfrohes und abwechslungreiches Stück Musik gelungen. Meine ganz besondere Empfehlung!


    Ebenfalls sehr empfehlenswert ist das Konzert für Orgel und großes Orchester Touching Colours von Frank Zabel (geb. 1968 ). Dieses Werk aus dem Jahr 2002 gehört streng genommen nicht in diesen Thread, aber so viele neue Kompositionen dürfte es noch nicht geben, um einen eigenen Thread Werke für Orgel und Orchester im 21.Jahrhundert zu eröffnen. Inspiriert wurde die Komposition durch das Bild "Touching Colours" von Peter Brüning, zu sehen auf dem Cover. Diese einsätzige Komposition ist unglaublich farbenkräftig und konrastreich und geht bis an die Grenze zwischen Klang und Geräusch.


    Weitere Werke auf dieser SACD (Hybrid, in jedem CD-Player abspielbar):


    Camille Saint-Saens, Sinfonie Nr. 3 c-moll


    und


    Richard Strauss, Feierlicher Einzug der Ritter des Johanniterordens für Bläserchor, Pauken und Orgel (arr. Max Reger / Johannes H. E. Koch).



    Die Aufnahmetechnik ist ist vom Allerfeinsten! Im 5-Kanal-Modus gelingt die Einbindung der Orgel in den Ochesterklang ganz hervorragend, die Detailauflösung und räumliche Abbildung incl. des (nicht störenden) Nachhalls der Kirche St. Arnual in Saarbrücken ist phänomenal! Ich zähle diese Aufnahme zu den 3 besten meiner CD-Sammlung. :jubel:


    Einen winterlichen Gruß von der Weser, Wilhelm :hello:

    Diese Sprache, die wir Musik nennen, ist eine Sprache, die aus einem Raum kommt, den wir Seele nennen. GIORA FEIDMAN

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  • Naji Hakim (geboren 1955 in Beirut) war als Nachfolger Olivier Messiaens Organist an der Trinitatis-Kirche in Paris und ist mittlerweile vor allem Universitätslehrer. Das Seattle Concerto wurde im Jahre 2000 von seiner Frau, der französischen Organistin Marie-Bernadette Dufourcet zur Einweihung einer Fisk-Orgel in Seattle uraufgeführt. Es spielt das Seattle Symphony Orchestra unter Leitung von Gerard Schwarz. Die CD von 2004 enthält die Live-Aufnahme der Uraufführung zusammen mit einem ebenfalls hörenswerten Violinkonzert aus dem Jahre 2004. Das Beiheft enthält Fotos der Musiker und ist sehr informativ, auch bezüglich des Instruments.


    Ich bin mir sicher, dass beispielsweise teleton diese aufnahmetechnisch sehr durchsichtige, vielleicht (beim Orgelkonzert) etwas distanziert klingende CD ebenfalls viel Spaß machen würde.


    Die Sätze des halbstündigen Orgelkonzerts lauten:


    Allegro risoluto
    Adagio
    Allegro spirito


    Sonderliche Ansprüche stellt die Musik nicht, belanglos ist sie ebenso wenig. Gallischer Esprit erscheint gepaart mit postmodernem Witz und rhythmischem Drive, der auf relativ einfachen, der Unterhaltungsmusik bzw. einem Easy-Listening-Jazz nachempfundenen Floskeln beruht. Hinzu kommt der Toccata-Geist typischer romantischer Orgelsätze und all das erscheint immer wieder ironisch gebrochen, so dass sich kein Pathos entfalten kann. Der ausgedehnte langsame Satz ist lyrisch empfunden.


    Das jazzig angehauchte Violinkonzert erinnert mich an Jean Francaix. Es ist aber weniger interessant.


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Wenn Ihr schon Hindemith ansprecht, sollte man aber auch seine 7.Kammermusik, op.46/2 nicht vergessen.


    Ich persönlich mag hier sehr gerne die Aufnahme mit Chailly (bei mir sieht das Cover noch etwas anders aus, sollte aber dieselbe Aufnahme sein):


  • Für die interessanten Orgelkonzertbeiträgen von WolfgangZ, Tresor und Travinius, die noch gänzlich unbekanntes Material enthalten, möchte ich mich bedanken. Das die Hindemith-Kammermusik Nr.7 die Orgel als Soloinstrument hat, ist mir ebenfalls neu.
    ;) Da wird noch einiges Neue auf mich zukommen.


    Heute möchte ich ein weitertes Orgelkonzert hinzufügen, dass ich "diese Woche im Briefkasten hatte" ( :D Ja , das passt da rein !) und kennengelernt habe: Von Einojuhani Rautavaara (geb. 1928....).
    Den Vornamen mußte ich jetzt tatsächlich von der Cd-Box abschreiben.


    Rautavaara: Orgelkonzert „Annunciations“(1977)
    Die ungewöhnliche Besetzung besteht aus Orgel, Brass Quantett und symphonisches Blasorchester (mit Schlaginstrumenten).


    Rautavaaras 12 Konzerte für Violine, Cello, Kontrabass, Harfe, Vogelgezwitscher-Tonband, Flöte, Clarinette, Orgel und 3 Klavierkonzerte sind offenbar keine „riesigen“ Meisterwerke. Dem Komponisten ist über weite Strecken daran gelegen weniger musikalisches Themenmaterial zu verarbeiten, als mehr äußerst farbige Stimmungen durch den Orchesterklang zu produzieren. Dies setzt er gekonnt um und stellt somit sehr hörenswerte Konzert-Produkte hin die über ein „ganz nett“ weit hinausgehen.
    Das er bei einigen Besetzungen (Birds) auch schon mal nah am Kitsch vorbeischleift, kann man sich vorstellen. Aber auch hier ist die Klangfarbenmischung interessant umgesetzt, wenn auch hier tatsächlich entbehrlich …. Die Vögel von Hitchkock lassen grüßen, denn die sind alle in Scharen auf dem Tonband drauf !



    Esko Laine, Orgel / Tapiola Sinfonietta, Jean-J. Kantorow (nur Orgelkonzert in dieser Besetzung)
    ONDINE, 1996-2005, DDD


    Das Orgelkonzert (1977) enthält auch nie gehörte Orchesterklänge. Aber auch bekanntes hört man – Khatchaturians Singende Säge aus seinem KK.
    Für mich hört sich das, trotz seiner Atonalität, sehr ansprechend an. Ja, es wirkt bei allen Abweichungen der uns bekannten Tonarten sogar tonal. (Ich hatte erste „tonnal“ geschrieben – nein, nichts für die Tonne).
    Das Orgelkozert dauert unter Leif Segerstam 27:23 Minuten und besteht aus einem Satz.
    Musikalische Themen sind zu Beginn erstmal nicht erkennbar. Es kommt auf die Klangstimmung an, die sich im Verlauf verdichtet und zu Ausbrüchen mit Pauken und dichten Clustern führt. Dazwischen beruhigende stimmungsvolle, geheimnisvolle Töne um dann wiedermal aufzudrehen und Spannung zu produzieren. Zentral steht in der Mitte eine virtuose Orgelkadenz.
    Das hört sich jetzt so an, als wenn das eine rein atonale Musik wäre. Rautavaara denkt
    offenbar im innersten immer tonal. Das ist bei allen Konzerten, besonders bei den spätesten noch auffälliger zu hören (die späten sind konservativer als die aus den 60er-70er-Jahren). Das Ganze ist voll geniessbar, überschaubar und wirkt auf mich trotzdem musikalisch.
    Freilich, kein großes Meisterwerk in dem Sinne, aber meisterlich in seiner Klang-Stimmung.



    Die ONDINE-Aufnahmen mit den Dirigenten Leif Segerstam, Max Pommer, J-P. Saraste, Jean-J.Kantorow lassen höchste Kompetenz in Sachen Rautavaara erkennen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die Rautavaara-CD mit den Konzerten besitze ich mittlerweile auch und finde sie interessanter als die sicher hörenswerten, aber schon sehr vom New Age angehauchten letzten Sinfonien des Finnen, "Angel of Light" etwa.


    Das Vogel-Konzert kannte ich schon vorher. Da ist das Orgelkonzert im positiven Sinne moderner, einschließlich etwa des Effekts, das Orgelgebläse vorübergehend abzuschalten ... Auch mit den übrigen Konzerten macht man nichts falsch. Dazu folgender Hinweis: Entgegen dem, was ich weiter oben zu Genzmer geschrieben habe, sind Rautavaaras Konzerte bemerkenswert unterschiedlich im Charakter, wobei man dennoch eine spezifische Sprache hört, deren Beschreibung nicht so leicht fällt. So reicht das Spektrum von Zwölftönigkeit bis hin zu einer Postmoderne, die an Arvo Pärts Tintinnabuli erinnert.


    Ich möchte mich also den Empfehlungen von teleton - sozusagen umgekehrt bezüglich meines obigen Beitrags - vorbehaltlos anschließen.


    @ Travinius: Die beiden Orgelkonzerte Hindemiths werden nachher herausgekramt. :]


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Ich hatte in dieser Woche einen beachtenswerten Neuzugang, eines sehr jungen Orgelkonzertes aus dem Jahre 2000 von Naji Hakim (geb.1955) ein französischer Komponist, Organist und Pianist libanesischer Herkunft


    - dank einer Empfehlung von WolfgangZ:



    Seattle Concerto für Orgel und Orchester (2000)
    Konzert für Violine und Streichorchester (2002)
    IFO, 2004, DDD


    :thumbup: Auch hier wieder erfreulich, das man auch aktuell weiterhin zugängliche Musik schreibt, wie erst vor kurzem erst bei Michael Daugherty erlebt, schreiben kann, um den klassischen Normalhörer anzusprechen und nicht mit ungeniessbarem Bullschitt vollzudröhnen, nur weil man modern sein will.
    Nakims Orgelkonzert ist alles andere als unmodern und bietet auf der Orgel ganz neue Sounds und Klangformen, die seiner Herkunft, dem Libabon offenbar nicht fern sind. Dazu eine farbig aufspieledes Orchester, das so manche Attacken mit "Schmackes" aufzubieten hat - :D das gefällt dem teleton wiedermal ! Da geht es zum Teil richtig rund - und das in geniessbarer Form. Nicht unbedingt ganzfrei von Atonalität - muß ja gar nicht sein - aber auf tonalem Boden aufbauend - gut so !



    OT - auch wenn es hier nicht hingehört:
    Das gekoppelte VC von 2002 macht einen etwas langatmigen Eindruck - bes.im 2.Satz nerven die ständig wiederholten Phrasen; außerdem wird der Violinsolist nur durch ein Streichorchester begleitet, wodurch dem Werk die Farbigkeit genomen wird. Ein volles Orchester, zumindest mit Schlaginstrumenten, hätte hier Wunder gewirkt. Insgesamt macht das Werk auf mich einen schwachen Eindruck; es fehlt die Modernität; es ist rein tonal und klingt stellenweise wie von einem Kind komponiert.
    8) Ein Riesenunterschied zu dem tollen Orgelkonzert auf dieser CD !
    Da kann man bezüglich des VC nur wieder feststellen: " 8| Ist schon doll was heute alles auf CD gepresst wird." Aber im POP-Bereich ist das weit schlimmer !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Josef brachte uns dieser Tage in einem separaten Thread auf ein wenig beachtetes, aber politisch polarisierendes Orchesterwerk von Richard Strauss für Orgel und grosses Orchester - Das Festliche Präludium op.61, das zur Eröffnung des Wiener Konzerthauses am 19.Oktober 1913 komponiert wurde.


    Hymnisch und monumental gehts zur Sache - mit einem Aufgebot an orchestralen Mitteln, die sogar seine Alpensinfonie noch übertreffen ... mir gefällts !


    Die CD zeigt meine Aufnahme mit den Münchener Symphoniker / Hayko Siemens, auf der zwei instrumentale Werke enthalten sind: Festliches Präludium und Feierlicher Einzug.



    ArteNova, 1999, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Heute möchte ich diesen Thread für Werke für Orgel und Orchester auf das 21.Jhd ausweiten.
    -->(Ggf. wäre eine Anpassung des Threadnamens auf 20./21.Jhd. angemessen)


    Zum Zeitpunkt als dieser Thread erstellt wurde, gab es diese beiden fabelhaften Orgelkonzerte von Michael Daugherty noch gar nicht. Sie stammen aus den Jahren 2012 und 2015.
    Daugherty bedient sich wie immer einer genießbaren Tonsprache ohne trotzdem supermodern zu wirken. Die Orchesterfarbenpallette in Verschmelzung mit dem Orgelklang sind Daugherty einmalig gelungen und bisher noch nie in dieser Form irgendwo aufgetaucht.


    Beide Konzerte haben, wie immer bei Daugherty, ein Programm, dass sich auf amerikanische Geschichtsereignisse oder andere zeitgemässe Vorkommnisse bezieht.
    * Zum Einen geht es um die Evangelistin Aimee Semple McPherson, die in den 20er bis 30er Jahren grosse Prominenz durch Radiosendungen erlangt hatte.
    * Zum Anderen geht es das historische Gebäude Hearst Castle in Kalifornien, wo schon der Orson Welles -Film Citizen Cane gedreht wurde.


    Als Hörer nimmt man dieses Programm zur Kenntnis um den Hintergrund zu verstehen, doch ist letztendlich das musikalische Hörerlebnis entscheidender, als das eigentliche Programm. Mit anderen Worten: Diese Werke rein als absolute Musik hören geht ohne weiteres ohne jeden Nachteil des Verständnisses.
    Von daher gehe ich auch nicht auf das Programm ein, dass man im Textheft der beiden CD´s nachlesen kann; erwähne aber die Satzbezeichnungen.


    The Gospel According to Sister Aimee für Orgel, Brass and Percussion (2012)
    1. Knock out the Devil !
    2. An Evangeist Drowns / Desert Dance
    3. To teh Promised Land


    Once Upon a Castle für Orgel und Orchester (2015)
    1. 1. The Winding Road in San Simeon
    2. Neptun Pool
    3. Rosebud
    4. Xanadu


    Hier die Abb der beiden CD´s, die neben den Orgelkonzerten weitere hörenswerte Orchesterwerke von 2010-2015 beinhalten und allesamt World Premiere Recordings sind:
    - Die Orgel wird in beiden Aufnahmen mit demPacific PO und dem Nachville PO hochvirtuos vom Organisten Paul Jakobs gespielt.



    NAXOS, 2013, DDD



    NAXOS, 2015, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang