Die wichtigsten Komponisten des 19. Jahrhunderts

  • In Anlehnung an Die wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts
    von Alfred und inspiriert von der Frage, ob Johann Strauss jr. ein Genie sei, frage ich nach den wichtigsten 10-20 Komponisten des 19. Jahrhunderts (die Zahl will ich nicht ganz so streng festlegen wie Alfred).


    Hier mal mein Vorschlag:


    1770 – 1827 Ludwig van Beethoven
    1786 – 1826 Carl Maria von Weber
    1792 – 1868 Gioacchino Rossini
    1797 – 1828 Franz Schubert
    1803 – 1869 Hector Berlioz
    1809 – 1847 Felix Mendelssohn-Bartholdy
    1810 – 1849 Frédéric Chopin
    1810 – 1856 Robert Schumann
    1811 – 1886 Franz Liszt
    1813 – 1883 Richard Wagner
    1813 – 1901 Giuseppe Verdi
    1824 – 1896 Anton Bruckner
    1833 - 1897 Johannes Brahms
    1839 – 1881 Modest Mussorgski
    1845 – 1924 Gabriel Fauré
    1854 - 1928 Leos Janácek
    1860 - 1911 Gustav Mahler
    1860 - 1903 Hugo Wolf
    1862 - 1918 Claude Debussy
    1864 - 1949 Richard Strauss


    :hello:

  • Finde ich ganz ok, mit folgenden Einschränkungen:


    1) Einmal das Problem der Zuordnung von Komponisten zu einem bestimmten Jahrhundert. Mahler, Debussy und Strauss (evtl. auch Fauré) haben mindestens die Hälfte ihrer wichtigen Werke (eher mehr) im 20. Jahrhundert geschrieben. Janaceks bedeutende Werke entstammen komplett dem 20. Jh. (hier täuscht das relativ frühe Geburtsdatum). Der gehört hier nicht rein.


    2) Die slawische Musik ist stark unterrepräsentiert - ohne Janacek bleibt nur noch Mussorgsky übrig. Hier wäre erstens an Smetana und Dvorak zu denken, zweitens - trotz allem - an Tschaikowsky. Hugo Wolf schätze ich sehr, aber gehört er hier wirklich rein? Er verstärkt zumindest das ohnehin deutliche Übergewicht der deutsch-österreichischen Linie (wo ist eigentlich Wulf? :D). Im frankophonen Bereich könnte man noch César Franck hinzunehmen, aber Meyerbeer, Saint-Saens und Offenbach (jaja) werden bestimmt auch noch reklamiert werden...


    Bei den Italienern kommt das mit Rossini und Verdi schon hin, Puccini ist ja klar ein Komponist des 20. Jahrhunderts. :D


    Warum beteilige ich mich immer an solchen Threads...? ;) :wacky:



    Viele Grüße


    Bernd

  • Stimmt, Du hast im 20. Jahrhundert Mahler, Debussy und Janacek angeführt. So hast Du jetzt mehr Platz für ältere Komponisten. Die von Dir vorgeschlagenen (Smetana, Dvorak, Tschaikowsky, Franck) kämen bei mir wohl auch als erste dran. Oder doch Saint-Saens, Grieg, Borodin oder Cherubini?
    :baby:

  • Die Liste ist mir sehr sympathisch. Ich habe nur dieselben Einschränkungen wie Bernd in Bezug auf Zuordnung zu einem Jahrhundert. Deshalb würde ich vorschlagen, Janácek, Mahler, Strauss, Debussy und Fauré wegzulassen - wobei ich mir bei Fauré am unsichersten bin; aber seine wesentlichen Werke gehören wohl zum 20. Jahrhundert, nämlich zeitlich wie stilistisch.


    Dazu kämen bei mir Smetana, Dvorák, Rimskij-Korsakow, Saint-Saens und Chabrier.


    :hello:

    ...

  • Fauré würde ich ehrlich gesagt, ganz rauswerfen, egal ob 19. oder 20. Dito Wolf. Janacek hat, obwohl älter, noch deutlicher als Mahler die zentralen Werke im 20. Jhd. geschrieben.
    Also stattdessen Smetana und/oder Dvorak, Tschaikowsky und/oder Rimsky und einer aus dem frankophonen Bereich. Da weiß ich aber auch nicht, ob man dem Zwei-Werk-Komponisten Franck oder dem klassizistischen Vielschreiber Saint-Saens den Vorzug geben sollte. Und zur ital. und frz. Oper wage ich mich schon gar nicht zu äußern...


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    So hast Du jetzt mehr Platz für ältere Komponisten. Die von Dir vorgeschlagenen (Smetana, Dvorak, Tschaikowsky, Franck) kämen bei mir wohl auch als erste dran. Oder doch Saint-Saens, Grieg, Borodin oder Cherubini?
    :baby:


    Bei Cherubini halte ich mich mangels genauerer Kenntnis raus.


    Von Borodin kenne ich auch nicht so arg viel - zweifellos ein wichtiger Komponist, aber zusammen mit Mussorgski würde dann doch eine bestimmte Richtung der russischen Musik zu stark dominieren. Deshalb plädiere ich für Tschaikowski statt Borodin.


    An eine Grieg-Debatte erinnere ich mich noch vage :D. Wenn man skandinavische Musik drinhaben will, gehört er wohl rein (eher als Berwald, oder?). Ich persönlich würde ihn eher rauslassen... :untertauch:


    Bei den Franzosen (bzw. Frankophonen) ist es schwierig. Berlioz klar, Franck tendenziell auch ja, Saint-Saëns auf der Kippe. Fauré schlage ich dem 20. Jh. zu.


    PS: Sehe gerade die Postings von Edwin und Johannes: Rimski-Korsakow scheint mir auch wichtig zu sein.




    Dann hätte ich folgende Liste mit genau 20 Komponisten:


    1770 – 1827 Ludwig van Beethoven
    1786 – 1826 Carl Maria von Weber
    1792 – 1868 Gioachino Rossini
    1797 – 1828 Franz Schubert
    1803 – 1869 Hector Berlioz
    1809 – 1847 Felix Mendelssohn-Bartholdy
    1810 – 1849 Frédéric Chopin
    1810 – 1856 Robert Schumann
    1811 – 1886 Franz Liszt
    1813 – 1883 Richard Wagner
    1813 – 1901 Giuseppe Verdi
    1822 – 1890 César Franck
    1824 – 1884 Bedrich Smetana
    1824 – 1896 Anton Bruckner
    1833 - 1897 Johannes Brahms
    1835 - 1921 Camille Saint-Saëns
    1839 – 1881 Modest Mussorgski
    1840 – 1893 Pjotr Tschaikowski
    1841 – 1904 Antonin Dvorak
    1844 – 1908 Nikolai Rimski-Korsakow



    Alle zufrieden? :D



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Alle zufrieden? :D


    Hm, mir wird es jetzt am Ende zu dick. Wenn es nur bis Rimski geht, dann gehen mir Cherubini, Méhul, Reicha, Dussek oder Spontini ab, da dann mE der Beginn mit Beethoven-Weber-Rossini zu rasch weitergeht. Aber abgesehen von dieser Schwerpunkt-Problematik bin ich zufrieden, nur dass mir Grieg vielleicht doch abgehen würde.


    Um eine 30-er-Liste anzugeben bin ich aber im Opernbereich zu unterbelichtet. Wer mag, nur zu!
    :yes:

  • Was findet ihr denn an Saint-Saens so wichtig? :pfeif:
    Da ist mir doch Grieg oder Rachmaninow (zählt der noch ins 19.?) noch lieber...

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Hm, mir wird es jetzt am Ende zu dick. Wenn es nur bis Rimski geht, dann gehen mir Cherubini, Méhul, Reicha, Dussek oder Spontini ab, da dann mE der Beginn mit Beethoven-Weber-Rossini zu rasch weitergeht. Aber abgesehen von dieser Schwerpunkt-Problematik bin ich zufrieden, nur dass mir Grieg vielleicht doch abgehen würde.


    Cherubini ok, Dussek und Méhul kann ich nicht beurteilen - aber Reicha und Spontini unter den bedeutendsten Komponisten des Jahrhunderts? :no:



    Zitat

    Um eine 30-er-Liste anzugeben bin ich aber im Opernbereich zu unterbelichtet. Wer mag, nur zu!
    :yes:


    Mögliche zusätzliche Kandidaten im Musiktheaterbereich:


    Frankreich: Halévy und vor allem Meyerbeer, auch Chabrier (kenne ich nicht, hat hier aber starke Unterstützer), Bizet und Offenbach
    Italien: Bellini und Donizetti - Boito oder die Veristen doch wohl eher nicht
    Russland: Glinka, Borodin
    Deutschland: da fällt mir nur noch Marschner ein, der aber wohl kaum reingehört.
    Deutsche Spieloper geht hier einfach nicht.


    So richtig überzeugt mich da kaum jemand - jedenfalls nicht als "einer der bedeutendsten Komponisten des Jahrhunderts". Das mag aber auch an meiner fragmentarischen Kenntnis der Genannten liegen.


    Fazit: Bei 30 Komponisten werden die Maßstäbe zu sehr aufgeweicht... 8)



    Zitat

    Original von rappy
    Was findet ihr denn an Saint-Saens so wichtig? :pfeif:


    Dazu gibt's einiges in den entsprechenden Threads - ich halte ihn trotz einigen Leerlaufs für einen sehr interessanten und vielfältigen Komponisten.



    Zitat

    Da ist mir doch Grieg oder Rachmaninow (zählt der noch ins 19.?) noch lieber...


    Um Grieg werden wir hier wohl genausowenig herumkommen wie um Bellini. :D


    Rachmaninov klingt zwar wie 19. Jh. ;), hat aber seine wichtigen Werke fast ausschließlich im 20. geschrieben.




    Viele Grüße


    Bernd

  • Bei Rimsky gibts zwar auch ein bißchen Zuckerwatte, aber sein Exotismus ist für z.B. Strawinsky wichtiger als Tschaikowsky oder Borodin. Diese Opern sind im Westen allerdings kaum bekannt, wegen Hummelflug und Sheherazade müßte er nicht in die Liste.
    Cherubini gehört für mich irgendwie eher noch ins 18. Jhd. Dito Mehul, auch wenn sie uralt geworden sind und noch komponiert haben.
    Wenn man mit Dussek anfängt, kann man noch ein dutzend weiterer nennen. Wie Hummel oder Berwald (den würde ich tatsächlich eher nennen als Hummel, sei es nur aufgrund des skandinavischen Proporzes) oder zB Paganini, Mercadante, Gounod, Massenet.
    In meinen Augen sind solche, nicht nur gegenüber Chopin oder Brahms, sondern auch gegenüber Bizet oder Saint-Saens doch recht deutlich in die zweite bis dritte Reihe einzuordnen. Wobei Hummel und Dussek etc. zugegebenermaßen das Pech haben, daß sich wegen Weber, Beethoven und Mozart kein Mensch mehr für sie interessiert, während andere in späterer Zeit gewisse Nischen besetzen und noch wahrgenommen werden.


    :hello:


    JR

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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Cherubini gehört für mich irgendwie eher noch ins 18. Jhd. Dito Mehul, auch wenn sie uralt geworden sind und noch komponiert haben.


    Räusper, Cherubini war 40, als das 19. Jahrhundert eingeläutet wurde, Méhul 37. Aber vielleicht bist Du ja auch schon uralt.
    :baeh01:

    Zitat

    In meinen Augen sind solche, nicht nur gegenüber Chopin oder Brahms, sondern auch gegenüber Bizet oder Saint-Saens doch recht deutlich in die zweite bis dritte Reihe einzuordnen. Wobei Hummel und Dussek etc. zugegebenermaßen das Pech haben, daß sich wegen Weber, Beethoven und Mozart kein Mensch mehr für sie interessiert, während andere in späterer Zeit gewisse Nischen besetzen und noch wahrgenommen werden.


    Dussek gegenüber Saint-Saens/Bizet in die dritte Reihe?
    Also ich weiß nicht ...
    Freilich ist es bis Wagner leichter, eine strenge Grenze zu ziehen, aber gerade der Vergleich Dvorak/Tschaikowsky/Saint-Saens/Bizet gegen Dussek/Méhul/Reicha/Berwald ist für mich nicht so klar (wobei ich Reicha als tendentiell eigenwilligsten eher noch vor Berwald nehmen würde).


    Ich tue mich schwer, Dvorak als einen der wichtigsten 20 zu akzeptieren, bei den wichtigsten 10 hätte er garantiert nichts zu suchen.
    8)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich tue mich schwer, Dvorak als einen der wichtigsten 20 zu akzeptieren, bei den wichtigsten 10 hätte er garantiert nichts zu suchen.
    8)


    Was kennst Du denn von ihm? Auch die beiden letzten Streichquartette und die prä-janacek'schen Tondichtungen?


    Außerdem gehört er schon allein wegen der Slawischen Tänze rein. :D


    Und wenn Du aufmüpfig wirst, reservieren wir ganz schnell mal fünf Plätze für die Angehörigen der Strauß-Dynastie. 8)



    Viele Grüße


    Bernd


  • :hahahaha:
    Welche Tondichtungen empfiehlst Du mir?
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Welche Tondichtungen empfiehlst Du mir?
    :hello:


    Die sind alle 1896 komponiert worden. Nicht immer qualitativ auf einer Höhe, aber formal ziemlich komplex und in Harmonik und Instrumentation manchmal richtig erstaunlich, ganz anders als der Dvorak der Sinfonien.


    Der Wassermann op. 107
    Die Mittagshexe op. 108
    Das goldene Spinnrad op. 109
    Die Waldtaube op. 110


    Es gibt noch eine fünfte ("Das Heldenlied"), die ich aber nicht kenne.


    Die beste Aufnahme ist m.E. die mit Kubelik - leider z.Zt. nur in Kombination mit den Slawischen Tänzen erhältlich. :D





    Viele Grüße


    Bernd

  • Ich wüßte nicht, warum Grieg nicht genannt werden sollte, wenn Dvorak genannt wird.


    Überblicken wir ein Gros des Oeuvres beider Komponisten, so lassen sich bei Dvorak kaum "Ausreisser" feststellen, was man bei Grieg vielleicht nicht behaupten kann. Was das innere Gewicht der Werke anbelangt, so scheint mir Dvorak mehr geschaffen zu haben, was von Bedeutung ist.


    Aber: Griegs Zugriff auf die nationale Tradition hat auch einen Zuwachs gebracht, der nicht ohne Einfluss bleiben sollte: die freie Verwendung von Septimen und Nonen, die sich in manchen Werken exemplarisch manifestiert (v.a. Klavierwerke).


    Wenn vom präjanacekschen Dvorak die Rede ist, sollten wir nicht den - zwar auf wenige Werke begrenzten - aber IMO nicht minder wichtigen bräbartokschen Grieg hinweisen - am deutlichsten tritt dieser in den Slatter op. 72 (1902) zu Tage, ein Werk das Bartok kannte und dem er seinen Tribut zollte (freilich befinden sich Bartoks Neuschöpfungen im Vokstonidiom auf einer anderen Ebene).


    Eine Entwicklung zu den schroffen, teils dissonanten und herben Klängen des op. 72 ist bei Grieg aber durchaus ausmachbar - so z.B. in Aus dem Volksleben op. 19 (1869/71) oder im Zyklus Norwegische Volksweisen (1896) und in einigen der Lyrische[n] Stücke - und ist das Klokkeklang mit seinen statischen Quintparallelen nicht Wink in Richtung Debussy??


    Mit seinen Violinsonaten, dem Streichquartett, der Ballade op. 24(!! - hier sieht man, wozu Grieg durchaus imstande war!) und den oben genannten Zyklen hat Grieg sowohl eine internationale Ausstrahlungskraft als auch "Norwegiana" (Krellmann) im besten Sinne geschaffen.


    Ich plädiere zumindest für die Aufnahme in die wichtigsten dreißig. :yes:


    :hello:
    Wulf

  • Lieber Rappy,
    Saint-Saens halte ich für wichtig, weil das ein sehr großer Schritt in jene Richtung ist, aus der später der Neoklassizismus wird. Hat leider wahnsinnig viel Zweit- und Drittklassiges von sich gegeben, aber mit ein paar Werken ist er meiner Meinung nach ziemlich wichtig.


    Ich halte aus ähnlichem Grund auch Chabrier für enorm wichtig. Sein Spiel mit Sept- und Nonenakkorden nimmt vieles vorweg, was später bei Ravel Usus wird. Er führt auch, gemeinsam mit Saint-Saens, eine Entschlackung des Orchesterklanges ein, gehört also zu den wenigen Komponisten dieser Zeit, die sich von Wagner emanzipieren.


    Dvorák - ja, sicher, kein absoluter Spitzenkomponist, aber wichtig für die Entwicklung im tschechischen Raum. Janácek wurde bereits genannt, aber auch Martinu steckt voller Dvorák. Ich wäre aber bereit ihn zu opfern, wenn er jemand bedeutenderem Platz machen würde.


    Grieg, das "schneegefüllte Lutschbonbon" wie Debussy ihn nannte, ist ein interessanter Fall. Das meiste ist harmlos harmonisierte Folklore, einiges einfach schlecht komponiert. Aber es gibt da ein paar Werke, die ihn weit über den Durchschnitt hinausheben. Wulf hat völlig zurecht "Klokkeklang" genannt, eines der wenigen Stücke, die mit Mussorgskijs Glockenorgie im "Boris" mithalten können - und, ja: Die Impression der Glocken hat viel mit Debussy zu tun. Ich wäre auch vorsichtig in Bezug auf den "Peer Gynt" - vergessen wir bitte die totgespielten Suiten, so war das Werk nicht gedacht. Wird es in Zusammenhang mit dem Drama aufgeführt, formt es dieses zu einem eigenartigen Musik/Sprechstück-Zwitter, bei dem ich nur eine Parallele weiß, und die just von einem Komponisten, den wir auch nicht in der Liste haben. Oder hat schon jemand Bizet genannt? Doch, Bernd wwar es. Zurecht, wie ich finde, viel eher als Gounod.
    (Bei den wichtigsten 30 wäre Grieg übrigens für mich ein Fixstarter.)


    Rimskij-Korsakow muß meiner Meinung nach hinein, weil sein Exotizismus, aber auch sein Rhythmus den russischen Strawinskij nachhaltig beeinflußt haben. Man nehme den Jahrmarkt von "Kitesch" und vergleiche mit "Petruschka" - Zar Igor wußte, wo der Iwan seinen Kwaß holt.


    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    in Dvorak sehe ich - betrachtet man das Gewicht der Werke - wenn Du so willst einen "Spitzenkomponisten". Bloß für die Wichtigkeit musikgeschichtlicher Entwicklung wirds halt schwer, wenn die Liste so eng ist.


    Debussys harsches Urteil über Grieg - ich erwähne das gerne, weil ich glaube, daß man Grieg eh schon von den "falschen" Werken her kennt - ist zu einem nicht geringen Teil aussermusikalisch auszumachen. In der Dreyfus-Affäre griff der wesentlich liberaler gestimmtere Grieg Partei für den verurteilten General - ein Affront für den glühenden Patrioten Debussy.


    Und wenn man Debussy nur auf seine größtenteils gefälligen Lyrischen Stücke reduziert, nun ja.


    Was den Peer Gynt anbelangt, bin ich ganz Deiner Meinung. Wie so häufig (z.B. Facade etc.) ist die gesamte Schauspielmusik um Längen der Suitenauskopplung überlegen. Ich verweise immer wieder gerne auf die spannende Einspielung unter Ole Ruud.


    @Bernd: Bin schon hier, wie Du siehst. Hab aber ein Problem. Bis auf Hugo Wolf und vielleicht Rossini (schöne Musik aber wichtig??) sieht mir KSMs Liste sehr vernünftig aus - schon schwierig bei einer solch begrenzten Liste. :rolleyes:


    :hello:
    Wulf

  • Also mir ist die Liste zu orchesterlastig. Ich hänge mich deshalb an die Liste von Zwielicht an, der mir meinem eigenen Empfinden bislang am nächsten scheint, auch wenn es um die Nominierung der nächsten zehn geht. Mehul und auch Cherubini - MEDÉE war 1798, LES DEUX JOURNÉES 1800 - würde ich ganz klar ins 18. Jahrhundert packen, dort aber unbedingt berücksichtigen.


    An seiner 20er-Liste hätte ich wenig auszusetzen. Da stünden bei mir am ehesten Liszt, Franck und Rimski auf der Kippe, wobei Liszt und Rimski natürlich berücksichtigt werden müssen, wenn man unter "wichtig" den größten Einfluss auf ihre Zeit und die Nachgeborenen versteht. Auch da fehlen mir aber Bellini, Offenbach und, ja durchaus, Johann Strauß sowie, da "jedes Land seinen Elgar" hat, der aber ins 20. Jh. gehört, auch Grieg, Berwald und Nielsen als wichtigste pars pro toto, die nicht nur sehr gut, sondern auch von besonderem Einfluss waren.


    Deshalb gbt's von mir gleich eine 30er - Liste:


    1770 - 1827 Ludwig van Beethoven
    1786 - 1826 Carl Maria von Weber
    1791 - 1864 Giacomo Meyerbeer
    1792 - 1868 Gioachino Rossini
    1796 - 1868 Franz Berwald
    1797 - 1828 Franz Schubert
    1801 - 1835 Vincenzo Bellini
    1803 - 1869 Hector Berlioz
    1809 - 1847 Felix Mendelssohn-Bartholdy
    1810 - 1849 Frédéric Chopin
    1810 - 1856 Robert Schumann
    1811 - 1886 Franz Liszt
    1813 - 1883 Richard Wagner
    1813 - 1901 Giuseppe Verdi
    1819 - 1880 Jacques Offenbach
    1822 - 1890 César Franck
    1823 - 1892 Edouard Laló
    1824 - 1884 Bedrich Smetana
    1824 - 1896 Anton Bruckner
    1825 - 1899 Johann Strauß II
    1833 - 1897 Johannes Brahms
    1835 - 1921 Camille Saint-Saëns
    1838 - 1875 Georges Bizet
    1839 - 1881 Modest Mussorgski
    1840 - 1893 Pjotr Tschaikowski
    1841 - 1894 Emmanuel Chabrier
    1841 - 1904 Antonin Dvorak
    1843 - 1907 Edvard Grieg
    1844 - 1908 Nikolai Rimski-Korsakow
    1865 - 1931 Carl Nielsen


    Der zeitliche Grenzfall ist natürlich Carl Nielsen, aber ich tue den mental ins 19. Jahrhundert. Wenn der ins 20. verlegt wird, würde ich ihn durch Massenet ersetzen


    Besonders Leid tut es mir um den und natürlich Hugo Wolf, aber auch der große Rest der vermeintlich leichteren Muse von Lortzing, Nicolai und Cornelius über Auber, Lecoq und Messager bis hin zu Francisco Barbieri und Federico Chueca, die als Größen der spanischen Musik und insbesondere der Zarzuela so stilbildend und einflussreich waren, wie man sich nur denken kann, nur eben in einem für uns blinden Fleck tätig.


    Ich bin jetzt mal gespannt, wo meine blinden Flecken waren, sieht man von Leuten wie Donizetti, Halévy oder Humperdinck ab, die fraglos herausragend waren, aber einfach zu sehr im Schatten noch größerer Zeitgenossen standen, die im gleichen Revier grasten.

  • Jetzt brauchen wir eigentlich nur noch aus Jacques' Liste zehn Komponisten zu entfernen, und wir sind im Soll.
    Als zu entfernende schlage ich schweren Herzens vor:


    1) Rossini
    2) Berwald
    3) Bellini
    4) Offenbach
    5) Lalo
    6) J. Strauß
    7) Nielsen (aber da rede ich mich auf die Zeit aus!)


    Fehlen drei. Schwierig. Ich plädiere für:


    8 ) Brahms (damit kann ich leben, solange Schumann bleibt)
    9) Meyerbeer (tut weh)
    9) Mendelssohn (tut wirklich sehr weh)


    :hello:

    ...


  • Wieso bin ich jetzt so gar nicht überrascht? :D


    Oder höchstens darüber, dass Du Mendelssohn für Franck opferst?


    Dann musst Du aber mit dafür plädieren, dass Nielsen ins 20. Jahrhundert kommt. Der fehlt da nämlich auffällig.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus


    Dann musst Du aber mit dafür plädieren, dass Nielsen ins 20. Jahrhundert kommt. Der fehlt da nämlich auffällig.


    Mir nicht! Da ist er auch nicht "wichtig". ;)


    Viel erstaunlicher finde ich, daß Edwin für's 19. Jahrhundert den armen Brahms ganz ohne Protest streichen darf (was ja allerdings, wenn man mehr als drei Postings von ihm gelesen hat, nicht weiter verwundert ;) ). Also, ich denke Brahms sollte wieder rein und statt dessen Bruckner raus - wenn wir's hier denn schon mit geschmacksinduzierter Beliebigkeit betreiben wollen. :D


    Viele Grüße,
    Medard


  • Brahms gehörte auf jede Liste mit den 7 wichtigsten Komponisten des 19. Jhds., nämlich Beethoven, Wagner, Schumann, Chopin, Schubert, Verdi und Brahms. Eine Auswahl, die Dvorak und Chabrier enthält, aber Brahms wegläßt, ist völlig grotesk, sowohl musikhistorisch als auch angesichts des heutigen Konzertbetriebs.
    Lalo gehörte vielleicht auf eine 50er-Liste, mit Paganini, Wienjawski oder gar Thalberg und ähnlichem, größtenteils gnädigerweise vergessenem Kram. (wie heißt nochmal die Komponistin von "Gebet einer Jungfrau"... die fehlt auch noch!)


    Carmen ist gewiß eine der wichtigsten Opern der 2. Hälfte des Jahrhunderts. Dessen ungeachtet zögere ich doch, Bizet auf eine so kurze Liste zu setzen. Ich halte es, wenn man schon solche Listen macht, für vertretbar, nur je einen von [Rossini, Bellini, Donizetti], [Smetana, Dvorak], [Rimsky und Tschaikowsky], [Franck, Bizet, Saint-Saens (oder meinethalben Chabrier, von dem ich so gut wie nichts kenne, dessen Anwesenheit mich aber doch etwas verwundert)] draufzusetzen.


    Nielsen gehört m.E. gar nicht ins 19. Jhd., weniger als Strauss oder Sibelius, (zB gegenüber diesen beiden ein deutlich unterschätzter Komponist).


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Lieber Johannes,
    Brahms mag für den Konzertbetrieb wichtig und bei großen Teilen des Publikums beliebt sein, hat aber der Musik außer schlechter Instrumentierung nichts hinzugefügt. Alles, was man bei Brahms zu finden meint, findet man bei Beethoven und Schumann. Ich halte mich für meine Liste ausschließlich an den Gedanken eines Weiterführens der Geschichte - weshalb Dvorák durch sein Spätwerk hineinmuß. Was im Konzert- oder Opernbetrieb gespielt wird, ist für mich dabei nicht relevant. Nicht aus Gründen der Arroganz, sondern weil ich von einem Ansatz ausgehe, bei dem Aufführungszahlen eine bestenfalls untergeordnete Rolle spielen. Ohne Chabrier komme ich nicht zu Debussy und der französischen Entwicklung.
    :hello:

    ...

  • Wie so häufig kann ich mich Herrn Roehls Beiträgen zu einem Viertel voll und ganz anschließen (ja, Nielsen ist nachwievor ein unterschätzer Komponist und @Medard: doch Nielsen ist ein wichtiger Komponist, da kennst Du deinen Nielsen aber schlecht :baeh01: ), die restlichen 3/4 Viertel, wenn es um etablierte Rangordnungen und Bekanntheitsordnungen geht...na ja.


    Brahms außen vor zu lassen: sicher ein gewagtes Unterfangen: Gegner dieser Idee - sie werden sicher nicht in der Minderzahl sein - werden mit Wörtern wie "Keimzelle", "braun" etc. um sich werfen. Ich vermag das nicht zu beurteilen, inwiefern Brahms Beethoven-Schumann Cocktail plus schlechte Instrumentierung ist, aber Lalo in einem Atemzug mit dem auch etwas unterschätzten Thalberg zu setzten ist auch aus konzertbetrieblicher Sicht grotesk. Warum man - wähnt man in seinen Schubalden Chaos gleich immer zu Extremen greifen muss.
    Wenn Du lieber Johannes Chabrier nicht kennst, wundert es mich nicht, daß es Dich wundert, daß er auf der Liste ist. Aber warum hörst Du nicht etwas Chabrier und bildest Dir dann Deine Meinung. Ich höre gelegentlich Brahms und Chabrier. Gar so arg wie Edwin möchte ich nicht sein, aber wenn es rein um den Weiterentwicklungsgedanken geht, kann ich das gut nachvollziehen.


    :hello:
    Wulf

  • Persönlich glaube ich, daß Oper eine völlig andere Schublade ist - und schlage deshalb vor - sie komplett auszugliedern - ein speziellet Thread für Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts wäre sicher angezeigt und interessant. Die allein sollten schon locker 25 ausmachen.........


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Diese Listen zeigen nur einmal wieder die grotesken Urteile einiger Forianer. ;)
    Brahms aus der Liste des 19. und Strauss aus der des 20. Jahrhundert zu streichen heißt nicht nur, meine Lieblingskomponisten (womit ich leben könnte) auszuschießen - diese Komponisten haben zweifellos Werke von außergewöhnlich hohem Wert geschaffen. Ich will jetzt gar nicht versuchen, diesen Wert "objektiv" zu begründen, damit haben schon genügend Musikwissenschaftler einen Haufen Zeit verbracht.
    Und ob die Komponisten neues Material gebracht haben und wie viel, und ob sie eine Schule hinterlassen haben, spielt IMO für den Wert der Werke keine allzu große Rolle. Musik kann so gut sein, dass sie es nicht nötig hat, sich anders als durch sich selbst zu rechtfertigen.
    Ich finde Brahms' Orchestrierung übrigens überhaupt nicht schlecht. Er verzichtet allerdings auf Noten (Stimmen), die rein farbliche Bedeutung haben (Scheinpolyphonie), wodurch der Eindruck entstehen mag. Brahms' Orchestrierung ist außerdem sehr charakteristisch (daher auch die Bemerkung von Strawinski), genauso wie die Janaceks, die man deswegen auch lange Zeit bemängelte.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Bei Stimmen, denen "rein farbliche" Bedeutung zukommt (was ist das genau??) von Scheinpolyphonie zu reden, scheint mir ein typisch deutscher Ausspruch zu sein, demnach jeder Stimme eine bedeutungsschwangere Rolle zukommen soll. Mit Ausnahme jenen Satzes von Nietzsche: "Mehr als Musik, so spricht kein Musiker!" ;)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Brahms mag für den Konzertbetrieb wichtig und bei großen Teilen des Publikums beliebt sein, hat aber der Musik außer schlechter Instrumentierung nichts hinzugefügt. Alles, was man bei Brahms zu finden meint, findet man bei Beethoven und Schumann.


    Lieber Edwin,


    da bin ich mal anderer Ansicht. Braucht man den Brahms nicht auch (neben Wagner natürlich), um zu Zemlinsky und Schönberg zu kommen ("fortschreittende Variationen"), so, wie man Chabrier braucht, um zu Debussy und der weiteren französischen Entwicklung zu kommen? Immerhin ist Schönberg selbst wohl der Meinung gewesen.


    Ich finde Brahms auch nicht schlecht instrumentierend, aber das ist natürlich Geschmacksache.


    :hello: Matthias


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    Lieber Wulf,


    was den Nielsen angeht, würde ich dir sehr zustimmen. Der ist auch wichtig, für die weitere skandinavische Entwicklung und gerade auch für die, die nicht völlig in der Spätromantik stehenbleiben. Insofern spricht für ihn vielleicht ähnliches, wie für Dvorák,


    :hello: Matthias

  • Zitat

    Original von Wulf
    Bei Stimmen, denen "rein farbliche" Bedeutung zukommt (was ist das genau??) von Scheinpolyphonie zu reden, scheint mir ein typisch deutscher Ausspruch zu sein, demnach jeder Stimme eine bedeutungsschwangere Rolle zukommen soll. Mit Ausnahme jenen Satzes von Nietzsche: "Mehr als Musik, so spricht kein Musiker!" ;)


    Scheinpolyphonie ist halt ein gebräuchlicher Ausdruck für diese Art von Polyphonie, deren prominenteste Vertreter Wagner und Strauss sind, deswegen bin ich sicher der letzte, der sie geringschätzen würde, im Gegenteil. ;)


    Aber bei Brahms findet man sie eben auf Grund seiner Satztechnik nicht, was aber nicht bedeutet, dass er schlecht instrumentiert hat.
    Genauso könnte ich anführen, Schönberg oder Berg hätten einen schlechten Klaviersatz geschrieben...


    Also, ich wollte eigentlich nur sagen: bei Brahms hat jede Stimme strukturelle Bedeutung, deswegen muss er anders instrumentieren. Gewiss, nicht so farbenprächtig wie bspw. Berlioz, Debussy, Ravel oder eben Strauss und Wagner.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Also, Brahms kann man aus der Liste der Komponisten des 19. Jahrhunderts keinesfalls weglassen. Hiebei ist es völlig belanglos inwieweit Brahms schlecht instrumentiert hatte oder nicht .
    Er ist - ebenso wie übrigens Dvorak ein Fixstern am Dirigentenhimmel.
    Wie gesagt, allein die Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts würden die Größe der Liste locker ausfüllen.....


    Ich werte übrigens Komponisten NICHT nach ihrer Wichtigkeit in der Weiterentwicklung der Musik sondern nach ihrer Verbreitung, Bekanntheit, Beliebtheit über einen längeren Zeitraum - bis in unsere Zeit.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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