Nathalie Dessay - Belcanto par excellence

  • Aus diesem Beitrag entstand in dem Thread: BELLINI: "La sonnambula" - Die hohe Kunst der Einfachheit eine Sonderdiskussion über die großartige Sopranistin Nathalie Dessay, die ich gerne in den entsprechenden Thread verschoben hätte. Zu meinem Erstaunen haben wir zwar inzwischen eine Fülle neuer Threads über viele verdiente Sängerinnen der Vergangenheit, aber keinen über eine der bedeutendsten der Gegenwart, sieht man von zwei spezialisierten ab, in die dieser Meinungsaustausch sie auch nicht passen will.


    Ich habe daher diese kleine Notoperation eines eigenen Threads ohne richtigen Start vorgenommen. Es wäre schön, wenn jemand, der kompetenter ist als ich, baldmöglichst einen Einführungsbeitrag nachholen kann. Wenn dabei auch noch eine bessere Idee für einen Threadtitel heraus kommt, bin ich gerne bereit, den hier zu ändern. J. R. II



    Liebe Fairy Queen,


    eine so schnelle Reaktion hatte ich nicht erwartet, Danke. :jubel::jubel:


    Mich würde interessieren, ob Dein Eindruck von der Dessay als ideale Amina auf frühere Aufführungen, die Du erlebt hast, beruht oder die jüngste CD. Meist vermischen sich ja diese Eindrücke, vor allem wenn dann noch eine starke Bühnenpräsenz in’s Spiel kommt, auf die Dessay Wert legt: "Ich bin keine Sängerin. Ich fühle mich nicht so. Ich bin auch keine Musikerin. Natürlich mache ich Musik, aber nur, weil ich spiele. Ich bin wirklich eine Schauspielerin, die singt."


    Ich habe das etwas bange Gefühl, daß die Aufnahme etwas zu spät kommt. Soweit ich weiß, hat Natalie Dessay zwei Stimmbandoperationen hinter sich. Über den Verlust von extremen Spitzentönen braucht man sich ja nicht zu grämen, deswegen singt sie wohl die Königin der Nacht oder die Olympia nicht mehr, die sie allerdings als Rollen mit wenig Entwicklungsmöglichkeiten nach eigener Aussage allmählich als langweilig empfunden hat. Aber es scheint generell so zu sein, daß sie sich nicht mehr so leicht in die Höhe schwingt, wie zuletzt auf der CD „Opernarien von Verdi, Bellini, Donizetti” empfunden.


    Ich fürchte, daß auch die auf dieser CD demonstrierte Stimmfachüberschreitung ihren Preis hat - so sehr ich verstehe, daß eine Sängerin nicht nur das Singen möchte, was die Stimme hergibt. - Eine ganz andere Frage ist, gehört aber nicht hierher, wie weit eine Konzeption trägt, die in Ermangelung von Stimmvolumen diese Rollen nur noch als fragile Frauenfiguren erfaßt. - Immerhin hatte die Dessay noch im Jahre 2000 selbst gesagt, daß sich „die Stimme nicht in dem Maß vom hohen Koloratursopran wegentwickelt“ hätte, wie sie gehofft habe, so daß Sie „in absehbarer Zeit weder Elvira noch Violetta interpretieren könnte“. Hat sie sich nun wegentwickelt? Auf jeden Fall klingt „Caro nome“ zeitweise angestrengt, das wäre in besseren Zeiten nie passiert - diese Rolle kommt zu spät. Das wäre vielleicht nicht so schlimm, aber Lina Pagliughi klingt in der Aufnahme unter Questa trotz technischer Probleme am Ende ihrer Karriere sehnsuchtsvoller.


    Wenn Du schreibst, Dessays „Stimme IST einfach eine Sonnambula sui generis“, so lautet meine Frage, war sie das um 2000 herum nicht eher, ist sie das noch heute? Ist das Timbre noch so jugendlich? Aber meine wirkliche Frage an Dich lautet, hat sie es geschafft der stimmlich eigentlich ideal liegenden Rolle auch dunkle, schmerzliche Töne zu entlocken? Trifft sie den elegischen Ton wie die Pagliughi?


    Denn im Gegensatz zu zwei Herren im Thread halte ich Bellinis Anima für eine der berührendsten Frauenfiguren der italienischen Romantik. Man höre doch „ Ah! Non creda“ z.B. mit der Callas, verinnerliche dabei „ Potria novel vigore il pianto, il pianto mio recarti“.Schmachtfetzen, trivial, hirnrissiges Libretto? Mein Gott, es ist wunderbare Musik.


    Überhaupt die Callas - man sollte nicht vergessen, daß Bellini diese Rolle, wie die Norma für Giuditta Pasta geschrieben hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Pasta oder auch die Malibran eine „Femme fragile“ gebracht hat. Insofern hat m.E. die Callas der Figur etwas zurückgegeben, was jede Sängerin danach nicht mehr umgehen kann. Gilt das für die Natalie Dessay in dieser Aufnahme? Immerhin räumte sie in einem Interview, Sommer 2007, ein: „Jeder Sänger ist irgendwie von ihr beeinflusst. Aber man darf einfach nicht dran denken, sonst traut man sich gar nicht mehr, den Mund aufzumachen. Ich hasse sie dafür!“


    Arimantas :hello:


    P.S. Kennst Du bereits die CD mit Bachkantaten unter Emmanuelle Haïm? Vor allem auf die Kantate BWV 82a, „Ich habe genug“, bin ich sehr gespannt. Ich kenne diese Fassung für Sopran und Flöte nur noch mit Nancy Argenta.

  • Lieber Arimanthas, dein sehr reflektierter schöner Beitrag gibt mir zu denken.
    Ich kenne Dessays Sonnambula bisher nur von der Cd, werde sie aber im März in der MET- Aufzeichnung sehen
    Natalie Dessay ist eine Bühnensängerin, die die Schauspielkunst dringend braucht um ihre Talente volll zur Entfaltung zu bringen und erst wenn man sie "total" erlebt, ist sie wirklch grossartig. Das sehe ich wie du.
    Allerdings hat sie die Rollen des italienischen Belcanto-Fachs NACH den Stimmbandoperationen auf der Bühne gesungen und sich damit von den ganz hohen Koloraturpartien wie Zerbinetta, KdN, Olympia etc verabschiedet.


    Ob das nun zu spät ist und ihre Stimme das dauerhaft hergibt, ist eine Frage, die ich nicht schlussendlich beantworten kann, weil das auch eine Geschmacksfrage ist.


    Die Gilda ist m.E. aber wirklich am Rand ihres singbaren Bereichs ; man darf ja nicht nur allein von der Arie "Caro nome" ausgehen.
    Der Rest der Partie ist nciht immer undramatisch (Verdi bleibt eben Verdi) und in den Duetten mit dem Duca sogar teilweise richtig tiefgelegt. Das ist für eine so leichte Stimme wirklich anstrengend.
    Die Violetta ist m.Wissens für 2009 vorgemerkt. Da bin ich sehr gespannt und nciht unskeptisch und das Ganze wird auch entschieden von den Partnern und dem Dirigat abhängen.
    Das riesige Duett mit Germont ist m.E. der schlimmste Hammer dabei- wenn sie das übersteht....... ?(
    Dass sie es nicht geschafft hat, das Lyrische so weiter zu entwicklen wie sie wollte und wie etwa ihre Stimmfachkollegin Patricia Petibon ist tragisch und wahr, aber sie hat andere Vorzüge, die für sie sprechen.


    Fûr mich ist ihr ureigenes Timbre einfach ideal, weil ich es liebe und dieses warme UND engelhafte und fragile Klangbild mich einfach glücklich macht und in andere(bessere) Welten entführt.
    Und sie hat für meine Ohren auch nicht mehr Probleme mit der Höhe als die allermeisten anderen Soprane- von Netrebko bis Callas hin und zurück- die Bellini Diven sind einfach schweineschwere Partien, da gibt es nichts zu rütteln.
    Ihre Stimme war m.E. vor drei- vier Jahren in einem viel kritischeren Zustand als heute und mir hat sie in letzter Zeit Liveübertragungen z.B. als Manon oder als Marie(Fille du regiment) stimmlich serh imponiert.
    Ich höre da wohl eine gewisse Empfindlichkeit und Grenzstellen aber keine unmittelbare Gefahr und auch keine eklatanten technischen Mängel wie etwa bei der späten Callas.
    Das ist das Eine.


    Das Andere ist, dass man die Belcanto-Rollen sehr verschieden anlegen kann und dass das Callas-Ideal nicht das Einzig Seligmachende sein muss.


    Natürlich muss eine Bellini-Stimme einen starken lyrischen Kern haben und den unvergleichlichen Legato-Schmelz transportieren können.
    Eine im Körper verwurzelte Wärme ist notwendig. Gleichzeitg aber muss sie ganz und gar beweglich zum Himmel offen sein, d.H. das ätherische Element muss deutlich mitschwingen und zuviel Erdenschwere tut nicht gut für diese Musik, widerspricht ihr.



    Im Bellini-Thread hier im Forum habe ich den frz. Schriftsteller Dominique Fernandez zitiert, der dieses Schweben zwischen Himmel und Erde wunderbar auf den Punkt gebracht hat.


    Dessay ist dem Himmel näher, Callas der Erde, das ist ganz klar. aber ich sehe beide Möglichkeiten als legitim und rollenkonform. Ein wunderbarer Kompromiss ist für mich Eva Mei (siehe DVD-Tipp)


    Die Bartoli halte ich dagegen für viel zu erdenschwer und zu "drall"(in jeder Hinsicht) für eine bellinisque Schalfwandlerin.


    Du hast natürlich Recht, dass das schmerzlich sehnende Element unbedingt vermittelt werden muss, aber das kann man auf verschiedene Weise tun.
    Einmal indem man die ganze Zerbrechlichkeit durch einen fil di voce (Dessays Spezilalität!) aufzeigt, im sanft seufzenden ätherischen WehmutsKlagen oder aber im dunkler Dramatsichen und Bodenverhafteteren. DAS kann sie natürlich nicht!


    Ich befasse mich gerade auch selbst sängerisch(natürlich in den mir gegeben Grenzen die ncihts mit Dessay oder Callas zu tun haben) mit der Amina und gerade in dieser Sonnambula ist einfach Beides angelegt.
    Die schmelzende lyrische Mittellage am Beginn von "Ah non credea" genauso wie das jubilierende Nachtigallenzwitschern bei "Ah non giunge". Und dazwischen die Duette und das Zärtliche Helle Jubilierende "Come per me sereno".


    Wie man dann die Schwerpunkte setzt, muss je individuell nach Beschaffenheit der Stimme und Persönlichkeit entschieden werden .
    Und wie die Zuhörer das dann empfinden ist (technische Beherrschung mal vorausgesetzt) nicht zuletzt auch Geschmackssache.


    Für mich hat Callas das mit ihren Mitteln wunderbar gelôst aber sie ist dennoch nicht mein Non plus Ultra und Mass aller Aminas.



    Ich hoffe ich war jetzt nicht zu wirr, bei solchen Herzensthemen gehen immer leicht alle Pferde mit mir durch.


    Liebe Grûsse aus Lille


    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen :



    Ich gestehe , dass ich ob Deiner Ausführungen über "unsere" Natalie Dessay regelrecht geschockt und auch ratlos bin .



    In Besprechungen über ihre Bühnenauftritte , gerade an der New Yorker Metropolitan Opera , lese ich nur des wirklich Allerbeste über ihre wandlungsfähige Stimme , ihr Timbre . Von ihrer wirklich bewegenden , ergreifenden , mitreissenden Bühnenpräsenz ganz zu schweigen .



    Aus den verschiedensten Gründen konnte ich in der französischen Presse , etwa Le Monde nichts über Natalie Dessay lesen .



    Ist Deine durchklingede Sorge tatsächlich so ernst und möglicherweise sogar dauerhaft , was Dessay Karriere anbelangt ?



    In Fachzeitschriften wie "Classica répertoire" , "Diapason" oder auch "Le monde de la musique" habe ich keine zuverlässigen Hinweise gelesen und finden können , dass diese grossartige Künstlerin vor dermassen grossen Problemen steht / stehen soll .



    Da Du wahrscheinlich regelmässig auch Kultursendungen in Radio oder TV hörst oder siehst ( ORTF ) und auch französische Zeitungen regelmässig liest , so bitte ich Dich herzlich , uns über die Situation zu informieren .



    Besten Dank im voraus und viele Grüsse Dir !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Frank,


    rein zufällig habe ich in einer Zeitung einen interessanten Artikel über Natalie gelesen, im Zusammenhang mit der New Yorker "Lucia di Lammermoor".


    Hier ist der link.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Frank, nciht ich mache mir die allergrössten Sorgen um meine Lieblingssängerin sondern vielmehr hat Arimanthas das getan . Ich bin da durchaus optimistischer udn habe auch NACH den Operationen kienen Grund, das aus menen persönlchen Höreindrücken nciht zu sein.


    Fakt ist jedoch , dass Natalie Dessay eine sehr empfindliche und eine extrem leichte stimme hat, die nciht so entscheidend ins lyrische Fach hineingereift ist, wie bei vielen anderen Sängerinnen ihres Alters und Stimmfachs. Gleichzeitig hat sie aber auch anders als etwa Gruberova die Pfeifregisterhöhe (also alles über dem c3) nicht mehr so abrufbar parat wie früher. Das zusammen gesehen ist eine recht tragische Kombination für eine Sopranistin in den Vierzigern und vielleciht aber auch eine Übergangsphase und Häutung?
    Sie muss daher grösste Sorgfalt mit Repertoire und Auftrittsfrequenz gelten lassen und ihrer Empfindlichkeit Rechnung tragen.
    Ich denke, dass sie sehr intelligent und ausserdem in guten Beraterhänden ist.


    Ihre Trümpfe sind meines Erachtens die von Natur aus wunderbar timbrierte Stimme mit dem unvergleichlichen Glanz darinnen und das eklatante Schauspieltalent.
    Deise Trümpfe auszuspielen und sich dabei nciht zu überreizen- das wünsche ich ihr und uns. Ich bin wie gesagt, eher optimistisch aber eben nicht blind kritiklos, was die geplante Violetta angeht.


    Herzliche Grüsse aus Lille


    F.Q.

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  • Liebe Fairy und andere Nataliefans,
    wenn ich Nathalie Dessay bei ihren Interviews richtig verstanden habe (u.a. ein Zweistundengespräch für die "Freunde der Wr. Staatsoper"), sieht sie sich in einigen Jahren nicht mehr auf der Opernbühne, sondern am Sprechtheater (Und ist begierig darauf, Thomas Bernhard zu spielen!). Ich denke, sie weiß selber um die von dir angedeuteten Probleme und ist klug genug, im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen zu treffen.


    lg Severina :hello:


    PS: Um zu deiner oben gestellten Frage zurückzukommen: Ich besitze (no na ;) ) die "Sonnambula" mit Flórez und Bartoli, er ist natürlich :jubel: :jubel: :jubel:, Ildebrando d'Arcangelo ein ausgezeichnet Conte, aber La Bartoli macht mich nicht restlos glücklich. Einiges gelingt ihr wunderbar, aber dann säuselt sie so lyrisch dahin, verhaucht die Endsilben bis zur Unhörbarkeit und macht mich irgendwie ganz kribbelig. Sorry, ich kann's einfach nicht präziser beschreiben :O

  • Liebe Severina, ich verlasse mich wie du auf ihre überdurchschnittliche Intelligenz und grosse Bodenhaftung. N.D. ist keine weltfremde und selbstverliebte Diva sondern eine sehr irdische und kritische Zeitgenossin.
    Sie wird spüren, wann ihre Stimme im Operngesang einfach nicht das leisten kann, was im fortgeschrittenen Alter von ihren Rollen verlangt wird.


    Da sie sich wie gesagt nciht so ins Lyrische hinein entickelt hat, wie es eigentlich "normal" ist ,sie aber auch keine reine Koloratur mehr singen kann und sollte, wird sie, so dieser Zustand nicht nur eine Passage ist, ihre Konsequenzen ziehen.
    Ich kenne eine Koloratursoubrette, die musste mit Mitte 40 an der Bühne aufhören, weil sie einfach kein lyrischer Sopran geworden ist und gleichzeitig aber die dreigestrichene Höhe verlor- das ist also kein Einzelfall.
    Die Aufnahmen die Natalie Dessay hinterlassen hat, haben sie ja bereits unsterblich gemacht.
    Ich kann nur hoffen und beten, dass sie noch weitere Bellini-Opern aufnimmt- Studio und Bühne sind ja immer noch ein gewaltiger Unterschied für die Stimme. Und für mich hat sie nun mal DAS Bellini-Timbre schlechthin. :angel:


    Und als Schauspielerin ist sie so umwerfend, dass ihre zweite Karriere sicher auch ein Riesenerfolg wird.
    Also keine Sorge um Natalie ;)


    F.Q.

  • Hallo Dessay-Fans und Kenner,


    das ist ja eigentlich off-topic, aber da hier schon über die Dessay diskutiert wird:


    Sie wird ja nächstes Jahr im Januar in Wien die Mélisande singen. Was halten Ihr davon, insbesondere im Blick auf Ihre stimmliche Entwicklung?


    Wenn Sich hier eine längere Diskussion ergeben sollte, sollten wir die aber in den Dessay Thread (Gibt's den?) verlegen.


    Viele Grüße,


    Melanie

  • Lieber Harald :


    besten Dank für Deinen Hinweis auf das Interview von Norman Lebrecht in der "Frankfurter Rundschau" mit Mme. Dessay .



    Wie sich die Bilder gleichen , weil auch Maria Callas einmal sagte , dass sie eine singende Schauspielerin sei .



    Man kann nur hoffen , dass die Operationen an den Stimmbändern dauerhaft erfolgreich verlaufen sind .



    Dessay ist eine wirkliche Ausnahmebegabung .


    Beste Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Fairy Queen :



    Weisst Du zufällig , wo Natalie Dessay operiert worden ist .



    ich erinnere mich an ein Heft von "Le Point" , in dem die besten französischen Kliniken besprochen worden sind für die verschiedenen Fachgebiete .


    Manchmal gibt es bezüglich der Frage , welche Klinik die beste ist , eine einfache Antwort .



    Im Falle der Prostatakrebserkrankung mit Metastasierung bei Präsidentent Mitterand sagte ein Kenner der französischen Krankenhausszene sinngemäss : Wenn der Staatspräsident in die Kliniken A und B in Paris geht , dann muss es sich um die besten Kliniken handeln .



    Und wer sich an Francois Mitterand erinnert , der wird bestätigen können , dass er in den rund zehn Jahren seines Krebsleidens nicts dem Zufall überlassen hat .



    Ich bin sicher , dass dies auch für Natalie Dessay gilt . Wir können ihr nur das Beste wünschen und gemeinsam mit ihr hoffen . Sie ist auf eine sehr natürliche Art beeindruckend .


    Beste Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Liebe Fairy Queen :



    Ich hoffe doch sehr , dass wir von Natalie Dessay noch einige Aufnahmen bekommen werden ( idealerwesie auf CD und DVD ) .


    Beste Grüsse Dir nach Lille . Bonne nuit !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Sagitt meint:


    gerade wieder ,mit ihrer Freundin Haim, eine CD mit drei Bach-kantate BWV 51,82a, 199.


    Die Kombination dieser beiden ist wirklich bemerkenswert. Die Dessay hätte sängerisch schon ordentlich Konkurrenz. aber welche Sängerin hat ein so fabelhaftes ensemble an ihrer Seite ?


    Wirkliche Hörempfehlung, bei youtube kann man ja auch einiges sehen.

  • Lieber Jacques, grand merci für die Auslagerung und die Threaderöffnung!
    Ich hätte auch nciht geglaubt, dass wir bei all den sängerinnen -Threads hier noch keinen Dessay-Thread haben! 8o
    Die Wiener Sänger-Fraktion ist in dieser Hinsicht wohl einfach fleissiger und lokalpatriotischer .

    Lieber Frank-Gregor, wo sie operiert wurde, weiss ich leider nciht, das kann man man aber sicher herausfinden, hier gibt es ja sehr talentierte Rechercheure und Internet-Detektive! Dass sie die bestmöglichen Spezialisten aufgesucht hat, ist bei einem internationalen Star und nationaler Ikone zu vermuten und zu hoffen!
    Möge sie uns noch lange erhalten bleiben :yes:


    Ich weiss , dass sie in den 90iger Jahren ihre Gesangstechnik umgestellt hat und mit von dem in Frankreich sehr renommierten Gesangspädagogen Jean-Pierre Blivet arbeitete um ihre Stimme zu vergrössern.
    Sie hat auch das Vorwort zu seinem (empfehlenswerten) Buch "Le Voie du chant" geschrieben und darin erklärt, dass sie bis dato nur mit der Hälfte ihrer Stimme gesungen habe.


    Inwieweit ihre Stimmbandknoten und Stimmprobleme mit dieser Umstellung zu tun haben, wird von etlcihen Leuten spekuliert- mir hat mal eine Pariser Gesangslehrerin gesagt, diese Mezthode sei zu bryutal für Dessays Organ gewesen. da ich Blivet nciht kenne kann ic hdas absolut nciht beurteilen, denke aber in jedem Fall, dass Nathalie Dessay alles Andere als dumm ist und mit einer leichten Koloraturstimme niemals bis ins Belcanto-Fach gekommen wäre.


    Sie wollte ausdrücklich weg von den Koloraturautomatenrollen wie z.B. Olympia und ist diesen Weg mit grossen Problemen gegangen, aber was dabei heraus gekommen ist, gibt ihr Recht und sei es nur für ein Jahrzehnt.


    Was nun die Melisande angeht:
    was sie sicher hervorragend machen wird, ist, dieser Rolle ein sehr eigenes Profil zu geben und die Inkanrantion eienr Melisande zu werden. Den Typus, die Statur und vor allem auch das Stimmtimbre als solches empfinde ich als kongruent, wenn man von einer zarten Kindfrau mit unaufgelöstem Mysterium ausgeht.
    die Diktion und notwendige Musikalität werden ebenfalls nichts zu wünschen übrig lassen. Was die Tessitur und Stimm-Schwere der Rolle im Detail angeht, fehlt mir leider die Partitur vor Augen. Ganz sicher ist das aber weit mehr lyrisches Repertoire als alles bisher von Dessay Gesungene, das sehr viel stabile Mittelllage verlangt und nicht sehr viel brillante, beweglcihe Höhe braucht.


    Wenn man sich mal die allererste Melisande, Mary Garden ansieht: ein lyrischer Sopran, der später sogar Carmen und Salomé sang.


    (Sie hat übrigens Maeterlincks Gattin die Rolle weggeschnappt, bzw Debussy wollte Mary Garden in der rolle haben und damit einen Bruch zwischen Komponist und Textdichter verursacht).


    Meine Lieblingsmelisande ist Victoria de los Angeles, die natürlich auch eine ganz andere Tessitur als Dessay hat. Aber dennoch haben Beide auch etwas gemeinsam, finde ich.


    Ich bin insgesamt eher optimistisch, was diese Rolle für Dessay angeht, denn sie singt quasi gleichzeitg die Sonnambula und Debussy und Bellini ergänzen sich in einer Stimme wunderbar. Was der eine nciht hat, spricht der andere an und umgekehrt. Und beide Figuren haben doch einen ähnlich ätherischen und mysteriösen Charakter.
    Das Bellini-Legato wird Debussy zugute kommen und die Sonnambula wird der Melisande ein Stimmbalsam sein.


    Umgekehrt verlangt auch Bellini eine tragfähige Verankerung in der Mittellage und ich stelle mir das serh fruchtbar vor, beide Rollen parallel einzustudieren.


    Also meinerseits erstmal durchaus postive Tendenz, vor allem was die Gestaltung der Rolle angeht!


    Lieber Sagitt, Haîm und Dessay haben einen ihrer bisherigen Höhepunkte gemeinsamer Arbeit in der CD "Händel- Delirio" vorgelegt!




    Celestement! :jubel: :jubel: :jubel:


    Diese beiden Damen passen wirklich prächtig zusammen und reperäsentieren die moderne frz. weiblche Musikszene vorbildlich!


    Soviel erstmal heute morgen


    Fairy Queen

  • Lieber Sagitt :



    Mich würde nun schon sehr interessieren , wer eine "ordentliche Konkurrenz" zu Natalie Desay in ihrem Stimmfach sein soll(te) ?


    Von Dessays schauspielerischem Können ganz abgesehen .


    Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Entschuldigt bitte den Einwurf eines Tamilen, der Dessay bisher nicht live gesehen oder auch nur eine CD gehört hat (la fille du regiment auf dvd ist aber immerhin bestellt).


    Auf den Promovideos bei jpc kann ich dieser Stimme nicht übermässig viel sensationelles oder himmlisches abgewinnen (zum Beispiel die -> Bach-Kantaten-CD).


    Und wie haltet ihr das aus, mit anzusehen, wie sich diese Dame beim singen selbst dirigiert? Müssen ihr die Regisseure auf der Opernbühne auch dieses permanente Gezappel der Hände zubilligen? Braucht sie die Hände, um die Tonhöhe wie Ton zu formen?

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  • Liebe Fairy Queen :



    Vielen Dank für Deine frühmorgendlichen Ausführen über "unsere" Natalie Dessay .



    Du hast mich auf charmante Art dazu gebracht , in eines der sehr guten deutschsprachigen Lehrbücher der Hals - Nasen - Ohrenheilkunde zu sehen , um mich sachkundig zu machen . AQrnold , W & U. Ganzer : Checkliste HNO - Heilkunde , 4. Aufl. , 2005 ; Thieme Verlag ) .



    Unter Kapitel 16.9 finden wir unter "Phonationsknötchen" folgendes ( nur Erwachsene , d. Verf. ), P. 384 f. :


    "Phonationsknötchen " entsprechen den Sängerknötchen bei Erwachsenen .


    Fibroepitheliome am Übergang vom mittleren zum vorderen Drittel beider (!) Stimmlippen .


    Ursachen : Stimmüberlastung , falsche Gesangstechnik .


    Vorkommen : In jedem Alter .


    Symptome : Dysphonie , wechselnde Heiserkeit , eventuell Pharynxschmerz nach Stimmüberlastung .


    Komplikationen : Keine .


    Differentialdiagnose : Stimmlippen - Polyp .


    OP - Indikation : Persistierende , fuktionell beeinträchtigende Phonationsknötchen .


    Prognose : Rezidivneigung bei Nichtbeachtung der phoniatrischen Anweisungen .


    Soweit die Zusammenfassung der HNO-Ärzte Prof. Arnold , TU München , und Prof. Ganzer , früher Direktor der HNO-Klinik der Uni Düsseldorf . Herr Ganzer ist derzeit Mitarbeiter in einer Düsseldorfer HNO - Praxis .


    Auf den nachfolgenden Seiten beschreiben Arnold & Ganzer noch die weiteren Erkrankungen an den Stimmlippen , die in Praxis wie Klinik differntialdiagnostisch in Frage kommen . Bei Mme. Dessay ist dies sicher alles ausgeschlosen worden , was theoretisch in Frage gekommen wäre .


    Ich erinne mich noch genau an meine Hauptvorlesung und den Untersuchungskurs sowie meine studentische Mitarbeit in der HNO - Polklinik , wie gefürchtet gerde Veränderungen im Fachgebiet HNO bei den Dozenten gewesen sind , wenn Sängerinnen , Sänger , Schauspieler in die Klinik gekommen sind .


    Daher , liebe Fairy Queen , Dank auch für Deine weiteren Hinweis e auf Gesangslehrer und das Buch mit dem Vorwort von Natalie Dessay .


    Ich bin absolut überzeugt , dass sie sehr genau weiss , was sie nun darf und kann und welche Risiken auch mit einigen Rollen verbunden sind . Sie wird sicherlich auf die Subspezialitäten der HNO - Heilkunde regelmässig in Anspruch nehmen .


    Ein international renommierter Fachmann für "Stimm- uind Sprachstörungen" ist Herr Professor J. Sopko , Basel .


    Wenn wir den Ausführungen der Herren W. Arnold und U. Ganzer folgen , so denke ich , dass wir Natalie Dessay mit grosser Wahrscheinlichkeit noch einige Zeit erleben können .


    Wie karrieretaktisch klug Natalie Dessay plant geht daraus hervor , dass sie sich vorstellen kann , "nur" noch als Schauspielerin tätig zu sein - eine präferierte Rolle hat sie auch schon : Lady Macbeth .


    Alles Gute Dir nach Lille !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Und wie haltet ihr das aus, mit anzusehen, wie sich diese Dame beim singen selbst dirigiert? Müssen ihr die Regisseure auf der Opernbühne auch dieses permanente Gezappel der Hände zubilligen? Braucht sie die Hände, um die Tonhöhe wie Ton zu formen?


    Diese Eigenart muß wohl jedem auffallen, der Dessay nicht nur hört... ich hatte meine speziellen Eindrücke bereits hier dokumentiert.


    Ihre Interpretation der "Constance" aus Mozarts c-moll-Messe finde ich recht gelungen - allerdings bleiben noch Wünsche offen.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Die sinnvoll gewünschte Verschiebung in das Forum "Berühmte Stimmen" habe ich vorgenommen. J. R II


    Bleibt nur noch zu wünschen, dass jemand möglichst bald diesem Schwanz einer Diskussion das richtige Pferd in Form einer Einführung in die Karriere und Bedeutung der Dessay voran stellt. Ich fühle mich dazu leider nicht berufen.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Lieber Jacques, da Du wahrschienlich einkalkuliert hast, dass ich Deinem wiederholten Werben nicht widerstehen kann, will und werde, werde ich wohl diese Person sein müssen...... :angel:


    Allerdings brauche ich dazu eine etwas längere zusammenhängende Arbeitszeit, da sich ein solcher Beitrag nciht zwischen Tür und Angel schreibt.
    Da meine frühen Morgenstunden erst wieder ab Montag zu meiner ungestörten Verfügung sind, müsst ihr ein wenig Geduld haben oder einen schnelleren Tamino finden(was mir ebenfalls lieb wäre, ich ergänze dann ggf.).
    Ausserdem bracuhe ich jemanden, der sich mit Bildern bzw Copyright auskennt und die dann einfügen kann.


    Lieber Thomas Bernhard, wer Ohren hat der höre! Insbesondere z.B. das hier:



    Weiteres dazu zu antworten ,verbietet mir die Tamino- Contenance . Schliesslich bist du Moderator.......:D


    Das "Gezappel" stört mich genausowenig wie die Ticks anderer herausragender Musiker.



    Lieber Frank Gregor, für einen Profi-Sänger sind HNO Arzt und Phoniater so existentiell wie der Sportarzt für einen Fussballer.


    Da die Stimme aber nicht nur ein Organ sondern auch Ausdruck der Persönlchkeit ist, spielen bei Stimmproblemen oft auch psychologische Dinge hinein oder sind die Folge organischer Schäden.
    Als Sänger hat man kein Instrument in der Hand oder vor sich stehen, sondern man IST sein Instrument. diesen serh entscheidenen Unterschied vergessen viele aussenstehende immer wieder.


    Natalie Dessay ist m.E. eine durch und durch bodenverhaftete und intellektuell wie künstlerisch refelktiere und unprätentieuse Person. Ich habe volles Vertrauen, dass sie den besten Weg für sich gehen wird, ob als Melisande, Sonnambula oder Lady Macbeth.


    Fairy Queen

  • Liebe Fairy Queen,


    danke für Deine Einschätzung von Nathalie Dessay als Mélisande. Ich werde die Chance haben, sie zu hören - das erste mal life.


    Ich freue mich schon :yes:


    Viele Grüße,


    Melanie

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  • Liebe Fairy Queen :



    Da ich jede Psychologisierung bewusst weglassen wollte , jetzt dennoch eine allgemeine Aussage der genannten H N O - Ärzte Proff. Arnold und Genzer . Sie schreiben ausdrücklich über die psychosomatische Mitbetreuung eines Menschen , der an Stimmproblemen der verschiensten Ursachen leidet bzw. gelitten hat .


    Im Falle von K i n d e r n mit Hyperaktivität und Stimmüberanstrengung ist eine psychologische - psychotherapeutische Mitbehandlung gerdezu zwingend . ( Es gibt auch Kinder , die stimmlich , etwa in Chören , völlig überanstrengt werden ! ) .


    Stimmbildung im wieteren Sinn ist auch bei Menschen , die beruflich viel sprechen müssen , de Reden halten sollen , von grosser Bedeutung . Es gibt ja richtige Sprach- und Sprechschulen .


    Ein inzwischen leider verstorbener renommierter Klinikdirektor hat in seiner Hauptvorlesung auf Befragen eines musikinteressierten Studenten sinngemäss geantwortet , dass selbst eine Tonsillektomie den Operateur ggf. vor Probleme stellen könne , wenn Patientin / Patient von Beruf Sängerin / Sänger sei . Dies hängt dann eben mit den möglicherweise veränderten anatomischen Verhältnissen zusammen .


    Wen Du Zeit haben solltest , dann kannst Du via googeln einmal bitte das Interview von Natalie Dessay mit ARTE aus dem Jahr 1998 durchlesen , das wirklich sehr interessant ist .


    Die Einleitung zu einem Natalie Dessay Thread sollte wegen der Stimmentwicklung gerade bei ihr schon von einer Expertin wie Dir verfasst werden . Das Biographische , geboren in Lyon , aufgewachsen in Bordeaux , Lieblingsoper ( wie bei mir :] ) der Palis Garnier in Paris ist schnell zusammnengeschrieben . Interssant ist eben ihre Offenheit gegenüber neuen , sehr inztressanten Tendenzen in der Opernregie , der Frage von Inszenierungen u.v.a.m. . Sie ist eine sehr intellektuell lebendige Sängerin .


    Für eine Beitrag über sie in einem MusikForum kannst Di die Erlaubnis bezüglich der Fotos etc. bestimmt über ihre Agentur in Paris bekommen , die sie weltweit vertritt . Man muss eben die Quellen benennen ; so ist es im allgemeinen .


    Dir ein schönes Wochenende !



    Frank


    PS.: Neulich war Lille ja zum innenpolitischen Zentrum selbst im Sarkozy - Wunderland durch den Zweikampf Eurer Bürgermeisterin gegen Ségolène R. gewesen . Ich denke aus Sicht der Partei ist die Entscheidung , wenn auch sehr kanpp , besser als wenn S.R. gewonnen hätte .


    Sarkoz' nächste gegnerin heisst sowieso Carla Bruni .


    F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von arimantas


    P.S. Kennst Du bereits die CD mit Bachkantaten unter Emmanuelle Haïm? Vor allem auf die Kantate BWV 82a, „Ich habe genug“, bin ich sehr gespannt. Ich kenne diese Fassung für Sopran und Flöte nur noch mit Nancy Argenta.


    Auf dem Videotrailer hier:



    kann man kurz auch in diese Arie reinhören, zumindest die Arie mit der Oboe aus BWV 199 gefällt mir ganz gut.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Liebe Taminos,


    wenn ich den Traviata-Ausschnitt von Natalie Dessay auf ihrem letzten Recital für sich anhöre, so trägt das von ihr wohl intendierte Traviatakonzept der fragilité bis „che spero or piu?“, aber für den folgenden Ausbruch, die Entscheidung für „gioir“, für „gioia“ fehlt ihr das Material. Ganz abgesehen davon, daß sie hohen die hohen „c’s“ und das „es“ am Schluß von „Sempre libera“ früher besser realisiert hätte, ist und bleibt es ein großes Wagnis für ihre Stimme, diese Rolle live zu singen – ich glaube Santa Fé 2009. Und wer weiß, mit welchen Partnern? Alagna gibt schon in dem kurzen Auftritt auf der CD ein schreckliches Beispiel.


    Aber eigentlich möchte ich auf etwas anderes hinaus, was Frank in mir angestoßen hat. Lieber Frank, wenn Du fragst, wer eine "ordentliche Konkurrenz" zu Natalie Desay in ihrem Stimmfach sein soll(te)“, dann bin ich unsicher, wie Du das meinst.


    Für mich ergeben sich dann große Probleme. Da die Dessay ein leichter Sopran ist, dürfte ich sie vom Stimmfach her beispielsweise mit der Callas in „Sonnambula“ oder „Traviata“ gar nicht vergleichen. Selbst ein Vergleich mit der Caballé (Traviata), die bekanntlich keine „donna di forza“ ist, würde sich verbieten. Oder wenn Du in der Gegenwart bleiben möchtest, wäre auch ein Vergleich mit der Gheorghiu nicht statthaft. Man müßte dann weit zurückgehen bis zu Bidú Sayão oder noch weiter bis zu Mercedes Capsir, die aber als „soprano leggero“ über eine kräftigere Stimme verfügte.


    Natürlich rührt die Frage nach der Stimmfachkonkurrenz an ein Grundproblem des Vergleichens, denn letztlich ist es unfair, Sänger/innen mit ganz unterschiedlichem Ausgangsmaterial miteinander zu vergleichen. Oft genug wird von der professionellen Kritik gar nicht gewürdigt, daß ein/e Sänger/in innerhalb seiner/ihrer stimmlichen Möglichkeiten eine gute Leistung erbringt –oft sogar mit einem entsprechenden Konzept. - Das Problem bleibt aber, wie eng am Stimmfach muß ich beim Vergleich bleiben? In letzter Konsequenz dürfte ich dann die von Fairy Quenn erwähnte Händelkantate „Delirio amoroso“ nicht mit der Aufnahme von Magdalena Kožená (Mezzo) vergleichen.


    Also ich kann mit dieser Einengung nicht leben, könnte nicht damit leben, daß ich z.B. im einem Vergleich der neu eingespielten Bachkantaten (die hoffentlich bald geliefert werden), bei „Ich habe genug“ mich nur mit Nancy Argenta (Sopran) begnügen müßte. Aber vielleicht meinst Du das gar nicht so. Dann allerdings müßt sich Natalie Dessay z.B. bei „Ich habe genug“ der Interpretation der Hunt, der Baker, oder gar der Männerkonkurrenz von Bostridge, Goerne, Souzay bis Hotter stellen, um nur einige zu nennen. – Und dann gibt es „ordentliche Konkurrenz“.


    So habe ich mich durch Fairy Quenn bewegen lassen, mir Dessays „Sonnambula“ zu besorgen. Bislang habe ich nur die Auftrittsarie der Amina verglichen, und nur mit Pagliughi, Callas, und Scotto. Ich bereue die Anschaffung keineswegs, aber es gibt keinen Zweifel, daß die Callas im Rezitativ vor „Come per me sereno“ eine Heiterkeit ausstrahlt, die unübertroffene Darstellungskunst beinhaltet. Ich meine hier das schauspielerische Agieren innerhalb der Stimme. In der Arie selbst ist sie mir nicht leicht genug, obwohl sie die Arie schön schlicht angeht. Da steht der Callas das Material im Wege, das ihr einfach das Strahlen, das Jubilieren verweigert, um die von der Liebe erstrahlte Natur zu besingen. Aber das führt vom Thema weg.


    Was ich sagen möchte, ist: Um die Dessay zu würdigen, sollten wir ihr die Ehre erweisen, ihre Interpretationen mit denen der großen Sängerinnen aller Epochen zu vergleichen – jenseits der Frage des Stimmfachs.


    arimatas

  • Lieber arimatas :



    Mit der Konkurrenzanmerkung von mir meine ich in erster Linie die mir bekannte überzeugende Vereinigung von grosser sängerischer Leistung mit der überzeugenden Bühnenpräsenz . Vor allem in verschiedenen Rollen .



    Natalie Dessay hat in den mir bekannten CD - Aufnahmen wie den mir bekannten DVDs , die ja allen Freunden des Gesanges zugänglich sind , aussergewöhnliche Leistungen gesungen und gleichzeitig gespielt in "Hamlet" oder "Lucie / lucia di Lammermoor" . Es gibt weitere Beispiele in ihrer Karriere . Auf die Risiken und möglicherweise zu kurze grosse Karriere als Opernsängerin hat "Fairy Queen" hingewiesen in diesem Thread .



    Deine differenzierende Beleuchtung der Problemtik , einen direkten Vergleich zwischen verschiedenen Sängerinnen und Sängern durchzuführen , teiel ich seit vielen Jahren . Zum Teil aus verschiedenen Gründen , die ich schon als Gmynasist als junger Beobachter des Düsseldorfer Opernpublikums gemacht hatte , wenn es etwa darum ging , ob den Mödl , Varnay oder Nilsson die "beste" Isolde sei ; oder werdenn der "ideale" Verdi - tenor ( der damaligen Zeit ) sei : Bergonzi , Corelli , di Stefano , del Monaco , Björling . Alleine hier wirst Du Dich zu recht bestätigt sehen , dass wir solch unterschiedliche Stimmen nicht einfach miteinander vergleichen können wie einen BMW der 5er Reihe mit einem Mercedes E 420 oder einen Audi A 6 , um nur gängige PKWs zu nennen .



    Skeptisch bleibe ich bezüglich der Prognose , ob und wie eine Künslterin / ein Künstler eine Rolle zunächst unter - real ja nie existierenden Bedingungen - "neutralen" Opernbedingungen und vielleicht auch Studiosituationen , meistern wird oder eben daran "scheitern" wird , gar muss , weil sie , er doch nicht die optimalen , oft idealisierten Voraussetzungen mitzubringen scheint .


    Doch : Wer bestimmt die regeln für solch eine Beurteilung , die oft in einem Verurteilen , einem Ausbuhen in der Oper oder einem Niedermachen in einer geschriebenen Rezension einmündet .



    Die dahinter stehenden Motive sind offensichtlich .



    Nicht wenige Interpreten sind an solchen Angriffen regelrecht zugrunde gegangen und waren jahrelang "Fälle" für eine langzeitige psychiatrische Behandlung .



    Fast noch schlimmer , auch hierfür gibt es genügend Beispiele , ist das Totschweigen eines Künstlers .



    Du selbst hast auf diese Schwierigkeiten anhand von konkrten , wletweit erfolgreichen Interpretinnen hingewiesen . Einen objektiven messsbaren Vergleich etwa wie in Versuchsanordnungen in der Physik oder Biochemie kann es nicht geben , da sich der subjektive Höreindruck einem objektiven Messen entzieht . Deswegn sind auch solche eher dimmen Spielchen als ob Frau Calls jemals gegen Frau Beladi gesungen habe unsinnig . Jürgen Kesting musste im Rahmen seiner eher üblichen Abwertungen von Renata Tebaldi im "Westdeutschen Rundfunk" ( WDT ) einmal kleinlaut selbst als Grossexperte in Sachen Gesang zugeben , dass er die Tebaldi persönlich nie auf der Opernbühne erlebt hat . Vielleicht hat Kesting sie auch nie ive erleben wollen . Also blieb das Vorurteil bestehen , dass Reanata Tebaldi auf der Bühne nahezu nur "herumszand" ( im Gegensatz zu der angeblichen Dauerrivalin Maria Callas ) . Kesting hat dann eher in einem nebensächlichen eingeschobenen Satz wenigstens darauf hinbgewiesen , dass ein Freund von ihm begeistert über Frau Tebaldis Bühnenpräsenz ihm berichtet habe .



    Grundsätzlich halte ich es auch für nicht zulässig , eine Opernsängerin an ihrer von einem Autor als besonders schwachen Interpretation festzumachen und dann danach zu bewerten , wie dies Jürgen Kesting im Falle von Frau Caballé an deren Liedgesang in einem seiner Bücher gemacht hat . Selbst ein möglicherweise sehr schwacher Abend besagt absolut nichts über die dauerhaften grossen Leistungen eines Menschen .



    Jedem Opernfreund dürfte die berühmte Aussage von Georg Solti gegenüber renata Scotto noch in Erinnerung sein als er diese frgate : Warum sind Sie nur so fett ? ( Renata Scotto hat dies öffentlich mehrfach berichtet ) .



    Angesichts solcher Entgleisungen , hier durch den britisch geadelten Soliti , gegenüber Signora Scotto kann man nicht ohne eine gewisse Süffisanz auf inzwischen mehrere Artikel gerade in britischen Musikfachzeitschriften aus den letzte beiden Jahren verweisen , in denen die angeblich grosse Bedeutung Georg Soltis ganz erheblich mindestens relativiert worden ist .



    Fairy Queen hat in einer Antwort auf einem Beitrag von mir in diesem Forum m. E. zu Recht sofort darauf hingewisen , dass es nicht möglich sei , die Lucia von Maria Callas mit der durch Natalie Dessay zu vergleichen . Persönlich finde ich , dass die darstellerische Leistung der Dessay ( s. DVD ) der von Maria Callas ebenbürtig ist ; aber beide legen ihre Rollen ganz unterschiedlich an .


    Joan Sutherlands Koloraturen haben selbst Maria Callas immer tief beeindruckt . Dennoch blieb die Sutherland ausserhalb Grossbritanniens un d Australiens doch im allgemeinen wegen ihrer ehr schwachen Darstellungskraft gegenüber der Callass deutlich hinter diser im "Gesamteindruck" zurück . Auf LP bzw später CD sind die Verhältnisse dann doch wieder stärker zu ralativieren .



    Ob Natalie Dessay ein "grosse" Violetta werden wird , wissen wir beide nicht . Ist , war Anna Netrebko - im Vergleich - eine "grosse" , und vor allem bleibende bedeutende Violetta ?


    Dein letzter Absatz , den ich , so wie er steht , unterschreiben kann ,
    ist es wert über diese Grundsatzfrage einen eigenen Thread in diesem Forum aufzumachen .


    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Arimantas und lieber Frank-Gregor, ihr rennt bei mir weitgeöffnete Türen ein, aber ich glaube nciht, dass man dazu einen Extra-Thread braucht.
    Alles, was Natalie Dessay angeht, darf doch hier munter gepostet werden- also auch Vergleiche mit anderen Sängerinnen.


    Ich denke, man muss bei Verlgeichen zwei Dinge differenzieren:
    gesangstechnische / objektiv nachprüfbare musiklaische Kriterien, die per se nur innerhalb eines Stimmfachs angewendet werden können, weil Alles andere nicht mehr objektiv und ergo unseriös wäre.
    Siehe Äpfel und Birnen.
    Das Beispiel Sonnabula hatten wir schon und Arimantas hat das noch weiter am Stimm Material der Callas in Hinblick auf "Come per me sereno" ausgeführt.


    Man kann auf dieser rein technischen Ebene N. Dessay nur mit anderen Fachkolleginnen wie etwa Stefania Bonfadelli, Eva Mei, Edita Gruberova, Beverly Sills, June Anderson, Rita Streich, Erika Köth etc etc etc - ob sie die Sonnambula nun gesungen haben oder nicht -vergleichen.
    (Callas kann man m.E. mit niemandem vetgleichen, da sie kein definierbares Stimmfach hatte.)


    Dann gibt es aber die Ebene der kongruenten Rollendarstellung, zu der neben der Stimme auch die ganze Sängerpersönlichkeit gehört udn auf dieser Ebene kann man alle Sängerinnen die je die Sonnmabula gesungen haben, sehr wohl miteinander vergleichen.


    Ich kann serh wohl das Gesamtporträt einer Callas-Amina mit dem einer Dessay, Sutherland, Mei etc vergleichen und urteilen, ob die Rolle musikalsich, geanglich, darstellerisch eine glaubwürdige Synthese ergibt, in der ich eine Bellini-Amina wiedererkenne.
    Auch zwei vollkommen gegensätzlche Auffassungen der Rolle können überzeugend sein, wenn sie überzeugen und ene Facette zum Leuchten bringen, die in Bellinis Oper wichtig ist.


    Das trifft meiner Ansicht nach im Falle Amina sowohl auf Callas wie auch Dessay zu. Siehe oben, ich will mein Posting von gestern oder vorgestern nciht wiederholen.


    Fairy Queen

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  • Liebe Fairy Queen :



    da Du an der Quelle lebst bezüglich der von wahrscheinlich allen geschätzten , bewunderten Maria Callas folgende Frage :


    Wie siehst / hörst Du das für mich wichtige Verhältnis der Callas zu der von ihr so bewunderten Rosa Ponselle , deren Ausdrucksstärke ich ganz aussordentlich intenv finde .


    Oder die Bedeutung von Anita Cerquetti ( die die Norma auf faszinierend andere Weise interpretiert hat wi etwaa Maria Callas oder die stimmlich doch fast völlig anders ausgerüstete Lily Pons in ihren Wiedergabe der Lucia di Mammermoor . ) wie die von Leyla Gencer , die in nicht vollständigen Aufnahmen der Callas wegen mangelnden Bandmetariales (!!! ) der EMI ihr nicht nur einen Ton "geliehen " hat ( dazu Dr. Seletzky , London und Oxford , ausführlich über die sehr unterschiedlichen CD-Bearbeitungen der verschiedenen EMI - Tontechniker in ihren deutlich hörbar differierenden Versuchen , die Callas - Aufnahmen zu "verbessern" . ) .


    Dir einen schönen Abend ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank-Gregor, ich glaube das wäre jetzt doch ein anderer Thread- evtl passt es in den Callas Thread?
    Sie wird hier übrigens keinesfalls von Allen bewundert und verehrt, was mir natürlich absolut unverständlch ist..... :boese2: :motz:



    Ich höre mir heute meine Rosa Ponselle Cd nochmal im Hinblick auf einen Callas-Vergleich an.
    Zu Lily Pons kann ich gleich aber ziemlich kategorisch sagen, dass sie mit Callas nicht das Allergeringste gemein hat und Eines der Zwitscher-Vöglein war, die ihrer Stimmfachkollegin Natalie Dessay nicht das Wasser recihen können. :no:
    Hier haben wir den Prototyp eines Koloratur- Gesangs ,ohne Tiefe, Wärme und ausreichende Projektion( jedenfalls wenn ich von meinen beiden Cds ausgehe...).


    Lily Pons hate grosse Virtuosität , und war ausserdem bildhübsch, sehr bühnenwirksam und serh PR- trächtig. Allein ihre Kleider und Kostüme sind eine Kunst für sich und herrlich anzusehen.
    Aber ihr Gesang ist- pardon- m.E. einfach nur langweilig und für mich auch leider seelenlos.


    Zu Leyla Gencer und Anita Cerquetti kann ich ncihts sagen. :(


    Aber es gibt hier Fachmänner und -frauen für "Berühmte Stimmen", die da sciher gerne einspringen!


    Einen schönen Adventssonntag allen Taminos

  • Sagitt meint:


    da ich nicht kontinuierlich mitlese, jetzt erst eine Antwort:


    Bei den Bach-Kantaten konkurriert die Dessay mit Ameling,Auger,Battle,Kirkby und, was BWV 199 angeht, mit der Schwarzkopf,bei BWV 82 a könnte ich auch noch Hendricks nennen.


    Das sind die, welche mir spontan einfallen.


    Einen schönen 2ten Advent- der Kranz wurde ja bereits geliefert, wünscht


    Hans

  • Lieber Hans ,



    mich würde sehr interessieren , welche Unterschiede Du innerhalb der von Dir genannten Interpretationen hörst .


    Nach längerer Zeit habe ich vorhin E. Ameling im Radio gehört , wobei sie mich nicht so beeindruckt hat , wie ich sie von Aufnahmen aus dem Hausarchiv her kenne .


    Einen schönen Adventssonntag !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Fairy Queen :


    Dank für Deine Ausführungen zu Lily Pons . Da ich nicht einem approximativ weiss , wie jung Du bist dennoch folgendes : Lily Pons hatte in meiner Jugenzeit eine nicht geringe Verehreregemeinde ( nur wegen ihres bezaubernden Aussehens ? ) und war vielfach ein Hätschelkind des lyrischen Gesangsstiles . Bei den CDs geht sicherlich ( Lucia di Lammermoor etwa ) viel von dem verloren , was auf Vinyl zu hören gewesen ist .


    Dass Du Leyla Gencer u n d Anita Cerquetti nicht kennst :no: :no: :faint: . Bin geradezu sprachlos .


    Rosa Ponselle war Maria Callas' grosses Vorbild , und ich erlebe seit einiger Zeit in mir eine regelrechte Ponselle - Renaissance ! Sie erfüllt dann beeindruckend alles , was Du bei Lily Pons vermisst . Leider gibt es in Deutschland bei weiem nicht alles , was von ihr an Aufnahmen erhalten ist ( etwa den gesamten "Trovatore" ; die Interpretation der Leonora durch Callas war bekanntlich interpretatorisch bahnbrechend seinerzeit gewesen . ) .


    Dir einen besinnlichen zweiten Adventssonntag und Danke für Deinen sicher selbstgesteckten Adventskranz aus der Ferne !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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