Ungewöhnliche Instrumente und ihre VirtuosInnen im Jazz

  • Im "Was ist Musik?"-Thread erwähnte Peter Brixius die Koto, eine etwas raffiniertere, japanische Ausgabe der Zither, die in der traditionellen japanischen Musik eine gewisse Bedeutung spielt.


    Das brachte mich auf diese Thread-Idee. Hier sollen also Jazz-Aufnahmen mit (heute, für uns) im Jazz ungewöhnlichen Instrumenten vorgestellt werden. Schön wäre natürlich, wenn zusätzlich auch etwas über das Instrument und ihre Virtuosin/ihren Virtuosen mitgeteilt werden kann. Das soll aber keine Bedingung sein. Dies kann ja auch gemeinsam nachgetragen werden.


    Als "ungewöhnlich" für uns im Jazz würde ich hier z.B. nicht-europäische Instrumente vorschlagen; ebenso Instrumente aus der alten Musik (z.B.Theorbe, Gambe, Kornemuse) oder heute weitgehend vergessene oder nur sehr selten zu hörende Instrumente (z.B. Serpent) aus dem 19.Jahrh. oder auch 20. Jahrh.(z.B. Theremin). Ebenso könnten natürlich auch neue oder selbstgebaute Instrumente Gegenstand der Vorstellung werden, wenn ihr mit denen bemerkenswerte Aufnahmen kennt.


    Nicht hier vorgestellt werden, sollen Aufnahmen/VirtuosInnen mit den gängigen klassischen Instrumenten Violine und Cello, da sie inzwischen auch im Jazz schon recht eingeführt sind, es eine Vielzahl von VirtuosInnen gibt und die Geige sogar von Anfang an vorkam. Hier wären perspektivisch eher eigene Threads wünschbar. Anders sieht das schon bei z.B. den Doppelrohrblattinstrumenten aus. Aufnahmen mit Oboe, Fagott, Englisch-Horn wären also zugelassen. (Es gibt sie und ihre VirtuosInnen im Jazz!)


    Da sich der Jazz weit über die USA und Europa hinaus globalisiert und es personell inzwischen einige Überschneidungen gibt zu Teilen der Alten-, erst recht zur Neuen-Musik-Szene, ist mein Eindruck, dass es bald kaum noch irgendein Instrument gibt, das nicht auch seine Virtuosin/seinen Virtuosen im Jazz findet. Es sollte sich also einiges finden lassen.


    :hello: Matthias

  • Hallo,


    so manche "jazzuntypischen" Instrumente habe ich schon in Jazzkonzerten vernommen; selten haben sie mich überzeugt. Meist dienten sie wohl der Steigerung des Publikumsinteresses.


    Dennoch waren da auch ganz interessante Sachen dabei. So habe ich einmal in einem Konzert den Saxophonisten Yusef Lateef an der Oboe erlebt. Das hat sich, besonders in den ruhigen Stücken bzw. Passagen, schön angehört. Das Sopransaxophon hätte mir da allerdings noch etwas besser gefallen.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Nun aber zur Koto:


    Vorgänger der Koto sind schon im 8.Jahrh. aus China eingeführt worden. Es ist seitdem ein Instrument vor allem der traditionellen japanischen Hofmusik. Ein durchschnittliches Koto ist ein 1,80m langes und 25cm breites, aus Paulownienholz gefertigtes, hohles Instrument. Der Instrumentkörper ist leicht nach oben gewölbt, besitzt zwei Klanglöcher im Boden und zwei kleine Stege über die die Saiten lockerer gespannt sind. Es ist mit 13 Saiten bespannt.
    Die Saiten besitzen alle die gleiche Spannung und werden auf 13 beweglichen Stegen gespannt. Durch Verschiebung der Stege entlang des Kotos können verschiedene Töne eingestellt oder während des Spiels verändert werden.
    Die Saiten zupft man am rechten Ende sitzend mit der rechten Hand an. Dabei trägt man traditionell 3 krallenähnliche Plektren wie Ringe auf den Fingern. Plektren gibt es unterschiedlicher Art. Teilweise werden von japanischen Jazz-Musikerinnen die Saiten aber auch mit Schlägeln und Bögen oder mehr Plektren bearbeitet. Mit der linken Hand können Klangeffekte erzeugt, Saiten gezupft oder, durch richtiges Runterdrücken der Seiten, Töne um eine halbe oder ganze Note erhöht werden.
    Die verschiebbaren Stege machen das Koto sehr flexibel und es können nicht nur asiatische, sondern auch westliche Stimmungen eingestellt werden.


    Im Jazz wurde das Koto vereinzelt von japanischen Musikern seit Ende der 60er Jahre verwendet, meist als zusätzliches Instrument von Pianistinnnen oder PercussionistInnen oder es wurden für einzelne Stücke musikalisch aufgeschlossene Koto-SpielerInnen hinzugezogen. Der amerikanische Klarinettist Tony Scott, der sich früh nach Asien aufmachte und dort lange lebte, machte auch schon relativ früh Aufnahmen einzelner Stücke mit einer Koto-Spielerin. Auch Alice Coltrane, John Coltranes Frau, versuchte sich gelegentlich an der Koto, jedoch ohne es zu echter Beherrschung zu bringen.


    Mit der 1958 gebohrenen Miya Masaoka gibt es jedoch inzwischen eine echte Meisterin dieses Instruments, die fest im Jazz und der improvisierten Musik zu Hause ist und dieses als einziges Hauptinstrument höchst virtuos spielt. Sie ist vor allem in der Bay Area ( um San Francisco) Improvisierten Musik-Szene zu hören.


    Besonders gut gefällt mir diese CD von ihr:



    Auf ihr setzt sie sich vor allem mit der Musik von Thelonious Monk auseinander und überträgt sein sperriges Klavierspiel auf das Koto.
    Ausgangspunkt und erstes Stück ist das von Monk selbst aufgenommene "Japanese Folk Song", das tatsächlich auf einer japanischen Melodie beruht. Außerdem werden die Monk-Klassiker "Monk´s Mood", "Evidence", "Epistrophy", "´Round Midnight" sehr reizvoll, eigenständig und doch auch ausgesprochen "monkisch" interpretiert. Als Variation auf "´Round Midnight" findet sich dann zusätzlich eine zweite, stark japanisierende Variation, "A Shinto Midnight" und auch ihre Eigenkompositionen atmen ganz den Geist Monks.
    Ihre vorzüglichen, äußerst einfühlsamen Mitstreiter sind hier Reggie Workman am Bass und Andrew Cyrille, Drums.


    Weitere sehr interessante, aber etwas "schwierigere", experimentellere Aufnahmen, die ich noch von ihr kenne, sind:



    mit George Lewis, einem Posaunisten, Komponisten und Grenzgänger zwischen Jazz, Freier Improvisation und Neuer Komposition, sowie zwischen Musik und anderen Künsten, der außerdem auch noch Philosophie-Professor ist.




    mit Larry Ochs (sax) und Fred Frith (g).


    ------------------------------------
    Von Zeit zur Zeit werde ich die Reihe forsetzen. Ich habe z.B. noch Drehleier, Barrell-Orgel, Fagott, Oboe, Nagaswaram, Shenai, Duduk, Tarogatoo und Serpent in petto.
    Aber vielleicht fällt euch auch etwas ein. Ich bin gespannt.


    :hello: Matthias

  • Hallo Uwe,


    Zitat

    Original von Uwe Schoof
    so manche "jazzuntypischen" Instrumente habe ich schon in Jazzkonzerten vernommen; selten haben sie mich überzeugt. Meist dienten sie wohl der Steigerung des Publikumsinteresses.


    Sehr gut, dass du das ansprichst. Zu einer Diskussion, ob, bzw., wo und wie ein Einsatz jazzuntypischer Instrumente sinnvoll und gelungen sein kann, soll dieser Thread natürlich auch dienen.


    Ja, ich kenne auch vieles, was mich wenig überzeugt hat, wie die zeitweilig fast schon modischen Sitars (Ende der 60er/frühe 70er) oder später Didgeridoos. Besonders wenn sie mehr um des Effekts eingesetzt werden von Musikern, die diese Instrumente als Nebeninstrument nicht wirklich, oder nur sehr begrenzt beherrschen.
    Oder wo dadurch einem Stück eine orientalisierende oder folkloristische Note gegeben werden soll, ohne dass eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem dafür eingesetzten Instrument und seiner eigenen Tradition erfolgt oder nur jazzferne Gastmusiker für einige Begleiteffekte hinzugenommen werden, ohne dass ein wirkliches Zusammenspiel zustande kommt.


    Zitat

    Dennoch waren da auch ganz interessante Sachen dabei. So habe ich einmal in einem Konzert den Saxophonisten Yusef Lateef an der Oboe erlebt. Das hat sich, besonders in den ruhigen Stücken bzw. Passagen, schön angehört. Das Sopransaxophon hätte mir da allerdings noch etwas besser gefallen.


    Bei Yusef Lateef sieht es für mich auch etwas anders aus. Der war meines Wissens der erste, der auch Oboe im Jazz als Soloinstrument verwendete und diese durchaus beherrschte, wenn sie für ihn auch ein Nebeninstrument blieb. Einige Stücke habe ich schon recht gelungen in Erinnerung, wobei mir gerade die Wahl der Oboe auch als sehr passend erschien. - Muß ich noch mal heraussuchen und anhören.
    Inzwischen gibt es aber auch Oboistinnen, die die Oboe als Hauptinstrument nutzen und noch virtuoser handhaben. Die erste hoch virtuose, bei der die Oboe jedoch auch noch Nebeninstrument blieb (neben Saxophonen als weiteren Nebeninstrumenten), war meines Wissens Lindsay Cooper. Ihr Hauptinstrument war jedoch das Fagott, aber das paßt hier ja auch. Sie kam von der Neuen Musik her in den frühen 70ern in die englische Avantgarde Jazz- und Rock-Szene und spielte in Bands wie Henry Cow und National Health . Daneben blieb sie aber auch in der Neuen Musik, auch als Komponistin, aktiv, spielte ebenso in der europäischen Free-Jazz-Szene, bis sie an Multipler Sklerose erkrankte. Sie ist seitdem vor allem als Komponistin von zeitgenössischer "E-Musik" tätig. Auch da gibt es ein Paar durchaus hörenswerte Stücke von ihr.
    Von ihren Jazz-Aufnahmen werde ich auch noch etwas heraussuchen und hier vorstellen. Ebenso von jüngeren Jazz-Oboistinnen, die dieses Instrument wirklich als Hauptinstrument benutzen.


    :hello: Matthias

  • Lindsay Cooper hatte zunächst klassisches Fagott und Oboe studiert und war zuerst Orchestermusikerin, parallel in der Neuen Musik aktiv, bevor sie zum Jazz kam.
    Von Linsay Cooper ist regulär leider kaum noch etwas zu bekommen.
    Immerhin noch einiges von ihrer sehr guten Band Henry Cow. Diese beiden habe ich kürzlich erst wieder gehört. Sie enthalten zwar keine Oboen-, aber immerhin sehr schöne Fagott-Soli von ihr. Auf einer ist auch noch die Schweizer Free-Jazz Pianistin Irene Schweizer, eine meiner Lieblingspianistinnen, als Gast dabei. Hochspannende, wunderbare Musik! Für mich vielleicht das beste aus dem experimentellen englischen Jazzrock.




    Von ihren eigenen Aufnahmen mag ich besonders "Schrödinger´s Cat", mit Musikern aus der britischen Szene, und "Live at The Bastille", mit der ebenfalls von der Neuen Musik herkommenden französischen Bassistin Joelle Léandre.
    Leider meines Wissens nie auf CD aufgenommen, aber sehr schön war auch ihr Duo mit der deutschen Pianistin Ulrike Haage, Aufnahmen mit Mike Westbroke´s Orchestra (z.B. "Rossini"), Zusammenarbeiten mit Phil Minton, Maggie Nichlos, Elvira Plenar, Maarten Altena Oktett und mit der Feminist Improvising Group und dem European Women´s Orchestra.


    Von ihren "klassischen" Kompositionen sticht für mich besonders ihr "Concerto for Sopranino Saxophone and Orchestra" hervor. Sehr gut fand ich auch ihre "Songs for Bassoon and Orchestra", die ich mit dem Orchester von Bologna dort hören konnte. Die haben auch die Uraufführung dort gegeben, ich habe es aber etwas später dort gehört.


    Erhältlich und sehr hübsch ist eine Komposition von ihr für Ondes Martenot:



    :hello: Matthias

  • Zitat

    Original von Matthias Oberg
    Bei Yusef Lateef sieht es für mich auch etwas anders aus. Der war meines Wissens der erste, der auch Oboe im Jazz als Soloinstrument verwendete und diese durchaus beherrschte, wenn sie für ihn auch ein Nebeninstrument blieb. Einige Stücke habe ich schon recht gelungen in Erinnerung, wobei mir gerade die Wahl der Oboe auch als sehr passend erschien.
    :hello: Matthias


    Das ist schon richtig, Matthias, es gibt von Lateef schöne Oboenmusik, das habe ich ja geschrieben. Dennoch möchte ich erklären, warum ich Oboe und Fagott allgemein eigentlich als weniger passende Jazzinstrumente empfinde, nämlich wegen der relativen Unbeweglichkeit, besonders bezüglich der Grifftechnik und Dynamik:


    Während Klarinette und Saxophon durch die ausgefeilten Griffklappenmechanismen nahezu alle Intervalle in größter Geschwindigkeit, auch Tremoli und Triller, spielen können, ist dies bei Oboe und Fagott erheblich beschränkter. Das kann man bei den Jazzaufnahmen gut hören: Es klingt sehr sauber, dadurch vielleicht etwas artiger (was natürlich Gift für Jazzmusik ist; Jazzmusik muss, wie ich meine, etwas "dreckig" klingen).


    Der zweite Grund ist das Doppelrohr. Da einfach nicht soviel Luft hineinpasst wie bei den Einfachrohrinstrumenten, ist der Ton etwas leiser und breitet sich nicht so aus.


    Zum Dritten verschmelzt die Oboe wegen ihrer speziellen Obertonstruktur natürlich weniger mit anderen Blasinstrumenten; das hat natürlich nur beim Ensemblespiel Relevanz.


    Nichtsdestotrotz: Bei ruhigen Jazzballaden finde ich eine gelegentliche Abwechslung durch die Oboe durchaus angenehm und wohlklingend, siehe Lateef. Interessant wäre, zumindest regt es meine Phantasie an, ein Jazzensemble, das nur aus Oboen und Fagotten besteht.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Ich möchte in diesem Zusammenhang gerne die Steeldrums oder Steel Pans nennen, in ihrer geläufigen Form aus Trinidad stammend. Von dort kommt dann auch der im Jazz wohl berühmteste Spieler an diesen "singenden Ölfässern": Othello Molineaux. Molineaux wurde Mitte der 70er Jahre durch seine Mitwirkung an den Aufnahmen des Bassisten Jaco Pastorius berühmt, spielte anschließend auch mit Herbie Hancock, Eliane Elias oder Dizzy Gillespie und war wichtiger Bestandteil des Monty Alexander Ivory & Steel-Projektes.



    Noch etwas weiter vom Calypso fort hinein in den Jazz hat Andy Narrell die Steeldrums getragen. Kollaborationen u.a. mit Aretha Franklin, Marcus Miller, Paquito D'Rivera und Bela Fleck dokumentieren den weiten musikalischen Bogen, in dem er sein Instrument zum Einsatz gebracht hat.


    LG
    B.

  • Oboe spielt gelegentlich auch der Saxophonist Marshall Allen im Sun Ra Arkestra (das er seit 1995 leitet und dem er seit 1958 angehört). U.a. in "Exotic Forest" auf der LP "Dancing Shadows", einer Live-Aufnahme von 1966: eine lange, klagende Oboen-Improvisation über einem viertaktigen Bass-Ostinato; im Verlauf des Stückes gesellen sich immer mehr Percussionsinstrumente dazu, die Gegen- und Gegen-Gegen-Rhythmen daruntersetzen, bis Sun Ra mit einigen Klavierclustern der Sache ein Ende bereitet. So eine Art anderer Bolero: nicht die Melodieinstrumente werden von Durchgang zu Durchgang mehr, sondern die Schlagzeuge.


    Marshall Allen spielt außerdem gelegentlich die Kora, ein westafrikanisches Saiteninstrument. Und Sun Ra's Bass-Marimbaphone gehören sicher auch in die Liste der ungewöhnlichen Instrumente.


    Grüße,
    Micha

  • Natürlich, die Bühne von Sun Ra gleicht manchmal geradezu einem großen Flohmarktstand incl. Kinderspielzeugabteilung.


    Neben Flöten und anderen diversen Blasinstrumenten sowie Percussionsinstrumenten werden bei Bedarf Quietscheentchen, Faschingströten und was weiß ich nicht noch alles in die Musik intergriert. Das ist manchmal wirklich interessante und fesselnde Musik auf hohem Niveau.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Die Kora ist ein 21-saitiges Zupfinstrument aus dem Westen Afrikas, bestehend aus einem Kürbiskorpus und eben 21 Saiten, die heute aus Nylon, früher aus Antilopenhaut gefertigt worden sind. Die Kora ist ein wichtiges Instrument der Griots, jenen musikalischen Erzählern und "lebenden Bibliotheken", die die Geschichten der Vorfahren und Fürsten, der Mythen und Historie tradieren und Werte und Moral vermittelen.


    Soriba Kouyaté aus dem Senegal wurde geboren als Sohn eines solchen Griots und Leiters einer Koraschule, der diese Tradition wiederum von seinen Vorfahren übernommen hatte. Soriba aber nun stand vielen überlieferten moralischen und gesellschaftlichen Vorstellungen kritisch gegenüber und beschloss, die Griot-Tradition seiner Familie einerseits zu durchbrechen, andererseits aber dennoch ein versierter Koraspieler werden zu wollen. Dadurch, dass er nicht als Traditionalist, sondern als neugieriger Musiker an das Instrument heranging, erschloss er ihm neue Fähigkeiten und erlaubte ihm mehr Freiheiten. Dazu gehören z.B. elektrische Verstärkung, zusätzliche Wirbel und Spieltechniken wie das Slappen. Und dann noch der musikalische Geschmack des jungen Soriba: Miles Davis, Wes Montgomery und James Brown waren nicht gerade die Vorbilder, die ihn den Weg seiner Ahnen hätten weitergehen lassen können.


    Mit französischen Musikern formte er deshalb eine Band, in der er "sein" Koraspiel verwirklichen konnte. Das deutsche Label ACT wurde aufmerksam und veröffentlichte ihn, ein Auftritt in Montreux im Jahr 2000 machte ihn endgültig größeren Kreisen bekannt.




    LG
    B.

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  • Hallo,


    mir fallen da spontan folgende Musiker ein:


    Bei dem famosen Multiintrumentalisten Rahsaan Roland Kirk gehörten u.a. Blockflöte, Nasenflöte und Englischhorn zum Instrumentarium.


    Eric Dolphy entfaltete auf der Bassklarinette eine unglaubliche Virtuosität und konnte ganze Konzerte solo auf diesem Instrument bestreiten.


    Oboe und Englischhorn waren die Hauptinstrumente von Paul McCandless; er gründete zusammen mit Collin Walcott, Ralph Towner und dem Bassisten Glen Moore die fabelhafte Gruppe Oregon.


    Salve,



    Cassiodor

  • Hallo Uwe,


    danke für deine für mich sehr plausibel klingenden, kompetenten Erklärungen.

    Ja, oft klingt mir das auch zu "artig" :D. Aber bei Lindsay Cooper oft nicht, z.B. nicht auf den Henry Cow - Scheiben oder der "Live at the Bastille". Aber ich habe keine Ahnung, wie sie das erreicht, für mich, zumindest auf dem Fagott auch "schmutzig" zu klingen und schon recht schnell und wild. Auf den Henry Cow - Scheiben vielleicht auch durch elektrische Verstärkung und Effekt-Geräte? Ansonsten sind viele ihrer Aufnahmen in sehr übersichtlichen Besetzungen, oft Duo oder Trio und ohne Drums, was dann vielleicht für diese Instrumente angemessener ist, wenn sie auch solistisch verwendet werden sollen und nicht nur als Klangfarbe im größeren Orchestersound.


    Auch die Free-Jazz Fagottistin Karen Borca, auf die ich noch kommen wollte, die vor allem mit Jimmy Lyons, auch mit Cecil Taylor in dessen Formationen mit Lyons gespielt hat, klingt für mich nicht artig, allerdings ist sie selbst auf den Studioaufnahmen meist etwas zu leise und wirklich mit vergleichsweise zu wenig Sustain. Das liegt dann wohl an den von dir beschriebenen Problemen.


    Zitat

    Uwe Schoof: Interessant wäre, zumindest regt es meine Phantasie an, ein Jazzensemble, das nur aus Oboen und Fagotten besteht.


    Könnte ich mir auch interessant vorstellen.


    Von dem sehr guten afro-amerikanischen Flötisten James Newton kenne ich immerhin eine LP in der Besetzung: Flöte, Tuba, Klarinette, Fagott und wahlweise Oboe oder English Horn, "The Mystery School", 1980 auf India Navigation erschienen. Trotz des Titels, kein bischen New Age -Schrott, sondern sehr schöner, moderner Kammer-Jazz mit Wechseln zwischen relativ komplexen, ausgeschriebenen und frei improvisierten Passagen. Newton ist jedoch heute völlig zur Neuen Musik gewechselt und leitet und dirigiert heute darauf spezialisierte Kammerorchester und komponiert.


    ------------------------


    Hallo Barbirolli,


    Steeldrums ist auch eine gut Idee, die ich noch gar nicht auf dem Schirm hatte, dabei habe ich als Bassist natürlich die Jaco Pastorius, noch als LP, aber schon ewig nicht mehr gehört. Von Andy Narrell habe ich nur mal Sachen in sehr konventionell, für mich sehr langweiligen Kontexten gehört. Gibt es auch interessanteres, bzw. Aufnahmen, die du gut findest?


    :hello: Matthias

  • Zitat

    Original von Matthias Oberg
    Von Andy Narrell habe ich nur mal Sachen in sehr konventionell, für mich sehr langweiligen Kontexten gehört. Gibt es auch interessanteres, bzw. Aufnahmen, die du gut findest?


    Lieber Matthias,


    ich muss dir leider Recht geben. Narrell hat manches beim berüchtigten Label GRP eingespielt, da ist eine furchtbare Glätte vorprogrammiert. Auch die offiziellen Aufnahmen mit dem Caribbean Jazz Project (mit Paquito D'Rivera und Dave Samuels) sind sehr weichgespült. Meine positiven Erfahrungen beruhen auf Live-Mitschnitten und Konzert-Erlebnissen in Den Haag. Losgelöst von den einengenden Produzenten- und Studio-Bedingungen habe ich letztgenanntes Ensemble in wirklich mitreißenden Konzerten erlebt. Möglicherweise ist Narrell ein typisches Beispiel für das Statement John Scofields, dass Plattenaufnahmen nicht allzuviel über die Güte von Jazzmusikern aussagen, dokumentieren sie doch den oftmals künstlich herbeigeführten Zustand einer musikalischen Aussage an 2 Tagen im Jahr, die mit den restlichen 363 nicht viel zu tun haben.


    LG
    B.

  • Barbirolli: Von Soriba Kouyaté habe ich bislang nur vom Namen gehört. Was du schreibst, klingt nicht uninteressant. Gefallen dir seine Aufnahmen?


    @Micha und Uwe: Sun Ra und Marshall Allen finde ich auch fantastisch. Leider fehlt mir ausgerechnet die "Dancing Shadows". Aber Sun Ras Museums-Billig-Synthies, die er gelegentlich auch in späten Aufnahmen noch verwendet und die bei jedem anderen wohl nur scheußlich klingen würden, passen hier fast auch. Natürlich war er auch ein großartiger Pianist. Kürzlich hörte ich David Murray auf einem Konzert tieftraurig bei einer Ansage aussprechen: "Do you miss Sun Ra? I miss Sun Ra!" :yes:


    Cassiodor: Bei Kirk hatte ich ganz vergessen, dass der auch Englisch-horn spielte. Aber die Nasenflöte ist auch schwer zu toppen, vor allem, wenn sie gleichzeitig mit zwei oder gar drei Saxophonen von ihm gespielt wird. Außerdem spielte Kirk ja auch noch diverse von ihm selbst erfundene Blasinstrument, wie Trompeten- und Posaunen-artige Instrumente mit Saxophonmundstück.


    Die Baßklarinette ist natürlich mitlerweile schon fest im Jazz eingebürgert. Z.B. David Murray und James Carter gehören für mich zu den höchst virtuosen Favoriten auf diesem Instrument. In Deutschland auch Rudi Mahall, der gar nichts anderes mehr spielt. David Murray wie Rudi Mahall haben z.B. sehr schöne Duo-Aufnahmen mit der Pianistin Aki Takase gemacht, in der die Baßklarinette sehr gut zur Geltung kommt.
    Aber du hast recht, zu Dolphys Zeiten war das noch ganz anders. Ein klassischer Baßklarinettist erzählte mir, dass ganz vieles, was Dolphy auf der Baßklarinette spielte, bis dahin als unspielbar galt. Besonders schön kommt mir gerade ein freies Solo von ihm ohne Begleitung über "God bless the Child" ins Ohr.
    Ein schönes Beispiel dafür, wie sich ein Instrument durchsetzen kann.


    Paul McCandless ist vielleicht ein Beispiel, für einen "artigen" Klang, wie es Uwe nannte, aber zur Musik von Oregon paßt dieser Klang sehr gut, da sie ja auch eher die sanfteren Klänge bevorzugten und allen in diesem Bandkonzept musikalisch viel Raum zur Verfügung gelassen wurde, Soli auch mal langsamer sich entwickeln zu lassen.

  • Lieber Matthias,


    James Newtons wunderschöne Schallplatte "The Mystery School", die ich früher so oft gehört habe, dass sie schon ganz krisselig klingt, hatte ich mir für das nächste posting hier aufgehoben. Ich bin entzückt, dass du mir damit zuvorgekommen bist!


    Das Fagott bediente auch (der Vollständigkeit halber sei's erwähnt) Joseph Jarman im Art Ensemble of Chicago, auf das Uwes schöne Beschreibung der Sun Ra-Bühne als Spielzeugabteilung ebenfalls zutrifft. ("Vo' la tromba, il cavallin!" greint der Bub im vierten Bohème-Bild.) Auch beim Art Ensemble ging es multiinstrumentell zu. Die Celesta tauchte hier zum Beispiel auf.


    Alice Coltrane wurde schon an der Koto erwähnt. Häufiger noch spielte sie die Harfe. Spannender finde ich allerdings Zeena Parkins' präparierte und elektrifizierte Jazz-Harfe.


    Und welcher Marx-Brothers-Film war das, in dem Harpo Harfe spielt? Nicht gerade Jazz, aber doch so was in der Art.


    Grüße,
    Micha

  • Der Oud ist der orientalische Vorfahre der europäischen Laute, den die Mauren ebenso wie die Kreuzfahrer nach Europa brachten, was zur Entwicklung der in Europa geläufigen Laute führte. Man datiert die Entstehung des Oud ca. auf das 10. Jahrhundert n. Chr., weiß aber auch über ähnliche Instrumente in der antiken Welt etwa der Sumerer und Babylonier. Ein einheitliches Stimmungssystem gibt es nicht. Die Stimmung in Quarten gilt als üblich, kann von Musiker zu Musiker allerdings verändert sein, was zu sehr charakteristischen Spielweisen der jeweiligen Virtuosen allein durch die Stimmung führt.


    Mindestens drei Oud-Spieler haben in den vergangenen 15 Jahren in der europäischen Jazzwelt für Aufsehen gesorgt und deutlich vernehmbare Spuren hinterlassen.


    Rabih Abou-Khalil (*1957) stammt aus Beirut, emigrierte aber Ende der siebziger Jahre nach München. Er fügt seine Musik, die geprägt ist von der arabischen Tradition, dem Jazz und dem Rückgriff auf die europäische Musikgeschichte zuvorderst mittels eines Elementes zusammen: des Humors. Der vermittelt sich durch aberwitzige Instrumentierungen, skurrile Songtitel und hintersinnigen Wortwitz bei seinen Live-Auftritten. Dennoch ist seine Musik fernab jedweder platter Kasperei, sie zeigt aber, dass man höchste Ansprüche auch mit einem Augenzwinkern präsentieren kann. Der Monty Python der Oud-Spieler quasi. Seine kleineren Besetzungen werden immer wieder für CD-Aufnahmen und Live-Konzerte um einige Bläser erweitert, unter denen sich Spitzenmusiker der amerikanischen und europäischen Jazzszene befinden. Orient, Okzident und Neue Welt treffen hier lustvoll aufeinander. Darüber hinaus arbeitete Abou-Khalil mit dem Ensemble Modern und dem Kronos Quartet zusammen.




    Dhafer Youssef (*1967) stammt aus Tunesien, wanderte ebenfalls aus und schaffte in Wien seinen künstlerischen Durchbruch. Neben dem Oud-Spiel setzt er ebenfalls seine früh in Koranschulen ausgebildete Gesangstimme ein. Ohrenfällig sind seine Arbeiten mit Musikern, die vornehmlich elektrisch verstärkt und verfremdend arbeiten, wie der Keyboarder Bugge Wesseltoft oder der Gitarrist Wolfgang Muthspiel. Er kombiniert die Versatzstücke der Tradition mit den technischen Mitteln der Gegenwart und gelangt so häufig zu zeitloser, archaischer Musik, erzählt in einer hochmodernen Sprache.




    Anouar Brahem (*1957) stammt ebenfalls aus Tunesien. In den letzten Jahren hat er viele Aufnahmen bei ECM veröffentlicht, die meisten davon in eher kleineren Besetzungen, mit denen er seine Vorstellungen einer ruhigen, konzentrierten Begegnung der Kulturen eindringlich umsetzte. Ganz erstaunlich ist hierbei, mit welcher Sicherheit er jegliche Stereotypen umschiffte, denen minder begabte Musiker bei so genannten Grenzgängen oder Crossover-Aktionen häufig erliegen.



    LG
    B.

  • Noch einmal zur Koto. Weiter oben hatte ich schon das Duett des Klarinettisten Tony Scott, der sich lange in Ostasien aufgehalten hat, mit einer Koto-Spielerin erwähnt. Sie heißt Shinichi Yuize und das sehr schöne Stück ist auf dieser CD:



    Insgesamt eine der besten Scheiben von Tony Scott, der leider auch viel unsägliches Zeug verbraten hat. Diese ist aber insgesamt insbesondere den Freunden des Cool-Jazz sehr zu empfehlen.


    :hello: Matthias

  • Hallo,


    erwähnen möchte ich noch einen Musiker, der mit viel Phantasie, Können, Disziplin und Fleiss ein außergewöhnliches Orchester gegründet und schon verhältnismäßig viele Jahre ohne das Aufkommen von Eintönigkeit am Leben gehalten hat: die Rede ist von Mathias Rüegg und dem "Vienna Art Orchestra".


    Ich habe das Orchester schon einige Male erlebt und könnte einiges dazu sagen, aber hier soll ja die Rede von "ungewöhnlichen" Jazzinstrumenten die Rede sein. Außergewöhnlich ist hier, wie passend Rüegg z.B. Blasinstrumente wie z.B. das Horn und Tuba im vollen Orchester einsetzt und somit der Klangfarbe hohen Stellenwert beimisst.


    Das klingt wirklich sensibel und feinfühlig, aber dennoch bleibt es meist richtiger cooler "Jazz" mit einem kräftigen Beat. Nicht umsonst hat das Vienna Art Orchestra bereits angesehene Preise erhalten; ich glaube, auch einen oder einige beim "Down Beat".


    (Nebenbei: Für kleinere Besetzungen setzt er auch gelegentlich gerne "jazzfernere" Instrumente wie Oboe und Fagott ein.)


    Sehr interessant, das Orchester, wie ich meine. Ist diese Erweiterung durch Melodieinstrumente eher typisch europäisch, oder gibt es so etwas auch in den USA, wo die Klangfarbenerweiterungen besonders durch Rhytmusinstrumente erfolgen?


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo Uwe,


    die Erweiterung der Brass-Section um Tuba und Hörner, gelegentlich auch zusätzlich Bassposaune und Euphonium haben zwar vereinzelt, ganz gelegentlich schon Artie Shaw für seine Band und die Arrangeurin Melba Liston, die für sehr viele gearbeitet hat, eingesetzt. Aber die Form und Klangfarbe, in der es heute in vielen modernen Big Bands in den USA und vor allem in Europa zu hören ist, geht auf Gil Evans zurück, der eigentlich immer mindestens einen Tubaisten, meistens auch mindestens einen Hornisten in seiner Band hatte.
    Auch Mathias Ruegg knüpft stark an Gil Evans an. Natürlich hat das Vienna Art Orchestra dabei aber seinen ganz eigenen Klang entwickelt, ich würde schon auch sagen, einen sehr europäischen Klang, stärker von der Auseinandersetzung mit der europäischen Klassik mitgeprägt. Teilweise haben sie ja auch in späteren Jahren direkt Brahms, Mozart und noch einiges anderes verjazzt.


    In Gil Evans eigenen Band-Aufnahmen in offeneren Formen, als bei seiner Arbeit etwa für Miles Davis, fingen dann auch die Tubaisten und Hornisten an, selbst ausgedehnte, virtuose Soli zu spielen. Die Tuba als modernes Jazz-Instrument wurde eigentlich hier für den Jazz wiederentdeckt, aber eben jetzt auch als Soloinstrument. Das waren zunächst David Bargeron, der vielleicht am bekanntesten geworden ist, weil er neben seiner Tätigkeit bei Gil Evans auch in der jazzigen Brass-Rock-Band Blood Sweat & Tears mitspielte. Eine schönes, ausgedehntes Solo ist z. B. auf deren Live-Doppelalbum im sehr schönen Laura-Nyro-Song "And when i die" zu hören. Und der zweite hochvirtuose Tubaist bei Evans war Howard Johnson, der außerdem noch brilliant Bariton-Saxophon, die irische Tin-Whistle (!) und Bass spielt. Etwa gleichzeitig spielte im Free Jazz auch Joe Daley Tuba. Etwas später kam dann noch Bob Steward dazu, der auch gelegentlich bei Gil Evans spielte, aber auch eine Reihe eigener Platten gemacht hat, oder z.B. beim Saxophonisten Arthur Blythe auch in kleinen Besetzungen zu hören ist. Steward übertrug auch die in den 60ern von Albert Mangelsdorff und Paul Rutherford neuentdeckten Posaunen-Techniken etwa des Akkordspiels durch gleichzeitiges Ansingen beim Anblasen eines anderen Tons auf die Tuba und kann sogar mit perfekter Zirkularatmung ohne Abzusetzen seine Soli spielen.


    Howard Johnson hat mit seiner Gruppe Gravity dann sogar eine kleine Tuba-Band gehabt, in der auch Daley, Bargeron, Steward u.a. auf unterschiedlichen Tuben und Euphonium spielten. So entstand sehr packender, funky Jazz, bei dem einem vor allem Live die Tieftöner-Soli einander jagend um die Ohren geblasen wurden. Alle genannten beherrschen die Tuba mit einer Schnelligkeit und Virtuosität von Saxophonisten und Trompetern.




    Inzwischen gibt es aber noch eine ganz Reihe weiterer sehr guter Jazz-Tubaisten, z. B. Michel Godard, der auch zusätzlich das fast vergessene Serpent augegraben hat. Dieses schwer zu spielende, altertümliche Instrument beherrscht er auch ganz locker im Solispiel. Dann ist da unter den großen Virtuosen noch Pinguin Moschner, der auch Alphorn im Jazz spielt.
    Hier Solo:



    Auf der LP "Heavy Metall" ist er mit einem Tuba-Quartett mit überwiegend Free-Jazz Kollektivimprovisationen zu hören. Klingt heftig, aber toll. Ganz besonder liebe ich aber die Duo-Scheibe mit dem Gitarristen Joe Sachse "If 6 was 9", auf der die beiden nur Jimi Hendrix-Stücke sehr frei und originell verjazzen.


    Erwähnen möchte ich auch noch den Kölner Horst Grabosch, der in den Orchestern und kleineren Bandprojekten von Klaus König und Norbert Stein gelegentlich die Tuba bläst, aber vor allem virtuos diverse andere, tiefere Hörner, Alt-Horn, F-Horn u.a. Die letzteren beiden sind auch die bevorzugten Instrumente von Kate Westbroke, die in den experimentelleren Big-Bands ihres Mannes Mike Westbroke spielt.


    Aber auch das normale OrchesterHorn hat seine solierenden Jazz-Virtuosen gefunden: Das waren zunächst John Clarke und Julius Watkins, etwas später kam auch Vincent Chancey hinzu. Von allen drei haben ich auch sehr schöne eigen Platten. Watkins und Chancey haben auch bei Gil Evans gespielt.
    Die ganze Horn-Familie und Bassposaune spielt auch Tom Varner, der ebenfalls eine Reihe sehr guter eigener Aufnahmen gemacht hat. Einiges, durchwegs sehr gutes im Bereich moderner Post-Bob ist auf Soul Note/Black Saints in Italien von ihm erschienen.


    Ich werde nach und nach von allen genannten und noch weiteren noch ein bischen weiteres aus meiner Sammlung raussuchen. Muß ich aber noch mal hören, um mehr mitteilen zu können.


    Aber zurüch noch einmal zu den Tuben und Hörnern im modernen JazzOrchesterklang: Eine wichtige, sehr schöne Aufnahme waren natürlich auch die "Africa-Brass-Sessions" von John Coltrane, mit mehreren Hörnern und Tuben, die hier aber noch ganz auf die Begleitfunktion beschränkt blieben. Wenn ich mich richtig erinnere, dann waren die Arrangements von Eric Dolphy und Howard Johnson.
    Coltrane spielte dafür auch auf einer Solo-LP von Joe Daley.


    :hello: Matthias

  • Ja, das Art Ensemble of Chicago war schon eine interessante Truppe. Auf "Nice Guys" spielt Roscoe Mitchell u. a. Oboe, Malachi Favors Maghostus u. a. Melodica.


    In Lester Bowies Brass Fantasy gibt es, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht einen Waldhornspieler... und gibt es nicht auch Waldhörner auf der "Birth of the Cool" von Miles Davis?


    Ohne eine genaue Besetzungsliste zur Hand zu haben: Im Gil Evans Orchester gab es auch eine erhebliche Bandbreite von Instrumenten. Es würde mich nicht wundern, wenn man da auf ein paar Exoten treffen könnte.


    Tharon

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  • Höchst ungewöhnlich ist auch das Spiel auf Seemuscheln. Der einzige, den ich im Jazz-Kontext live darauf gehört habe, ist der Posaunist Steve Turre. Ende der 80er war er Mitglied im United Nations Orchestra, der Big Band von Dizzy Gillespie. In dieser Formation sah ich ihn neben seinem Posaunenspiel auch als Solist an verschidenen Muscheln.



    CDs unter eigenem Namen, auf denen er zu den Meerestieren greift, besitze ich nicht, dafür aber eine des großartigen Posaunisten Robin Eubanks (Dedication, JMT, 1989) auf der Steve Turre beherzt ins Muschelkalk bläst.
    Anspieltipp ist Track 2, um mal den Klang zu hören...



    LG
    B.

  • Hallo Barbirolli,


    die Aufnahmen von Steve Turre und Robin Eubanks zusammen finde ich auch grandios. Eine zeitgemäße Reminiszenz an das große Posaunenduo J.J. Johnson/Kai Winding, hinter denen sie nicht zurückbleiben.


    Live gehörte auf späteren Tourneen von Turre/Eubanks noch als netter Gimmik zu ihrer Show dazu, dass, nachdem Turre unvermeidlicherweise irgendwann zur Seemuschel griff, er auch Eubanks eine Muschel aufdrängte - allgemeines Lachen - und sie dann ein Duett auf den Muscheln bliesen.


    Auf einer der Latin-Cds von Turre mit größerer Formation gibt es auch ein Stück, wo die komplette Bläsersektion, u.a. auch wieder mit Eubanks, alle auf die Muscheln umsteigen. Hübscher Klang, so ein Seemuschelorchester! :D


    :hello: Matthias

  • Hallo,


    erst jetzt fällt mir ein, dass ich vor einigen Jahren ein Konzert der russischen Gruppe Farlanders gesehen habe, die jede Menge ungewöhnlichen Gebläses im Gepäck hatte. Die Farlanders kommen aus Moskau und gruppieren sich um die Sängerin und Gitarristin Inna Zhelannaya und den überwältigenden E-Bassisten Sergey Kalachev. Die Gruppe mischt Rock und Jazz mit traditioneller russischer Musik. Zu ihr stieß der Multi-Instrumentalist und Instrumenten-Forscher Sergey Starostin, dessen Spezialgebiet Blasinstrumente der Hirten und Nomaden Osteuropas und Vorderasiens zu sein scheinen.


    Beim beeindruckenden Konzert spielte er u.a. die (das?) Rozhok, ein Blasinstrument mit hölzernem Mundstück mit Fingerlöchern und einem Resonanzkörper aus Rinderhorn. Starostin spielte zwei dieser Hörner simultan, ein Roland Kirk der Hirtenmusik quasi... Im Gepäck hatte er auch noch die Kaliuka, eine alte russische Obertonflöte sowie die Prosvirelka, ebenfalls eine Obertonflöte aus Weidenholz.


    Dass der zweite Bläser Sergey Klevensky dazu die (den?) Gaida blies, eine Art bulgarischen Dudelsack, rundete das bizarre Klangbild ab... Unvergesslich, diese Mischung aus archaischem Klang und Moderne!



    LG
    B.