Immer wieder hat Giuseppe Verdi berühmte Theaterstücke als Vorlage für seine Opern verwendet, allerdings war das Ergebnis seiner Vertonungen nicht immer so überzeugend, wie beispielsweise beim „Falstaff“ oder beim „Otello“.
Auch der direkte Vergleich zwischen den „Räubern“ von Friedrich von Schiller und den „Masnadieri“ von Giuseppe Verdi, das Libretto stammt von Andrea Maffei, einem Schriftsteller, der sich mit Schiller gut auskannte, fällt zu ungunsten des Komponisten aus. Allzu stark wurde Schillers Werk den Konventionen der Oper um die Mitte des 19. Jahrhunderts angepasst.
Eine typische Nummernoper hat Verdi da geschrieben, schöne Melodien, unter denen ein eher einfaches, orchestrales Fundament liegt. Bei der einzigen weiblichen Rolle der Oper, der Amalia, musste Verdi auf die sängerischen Möglichkeiten von Jenny Lind Rücksicht nehmen – sie sang die Uraufführung, die unter der Leitung des Komponisten am 22.07.1847 in London stattfand.
Rund 160 Jahre später standen nun die „Masnadieri“ von Verdi erstmals auf dem Spielplan der Oper in Frankfurt am Main.
Just am Premierenabend streikte das Orchester in der Mainmetropole – die Aufführung fand dennoch statt – allerdings ausschliesslich vom Flügel aus begleitet und, um es gleich zu sagen: die Repetitoren machten ihre Aufgabe, ein Orchester ersetzen zu müssen, ganz ausgezeichnet.
Die Spielfläche besteht aus grauen Holzdielen, im Hintergrund eine Tür, die beiden Seiten der Bühne sind offen. Während der Overtüre geht das Saallicht an, man hört eine Frau aufgeregt russisch parlieren und Amalia kommt mit Massimiliano aus dem Zuschauerraum auf die Bühne. Dort wird der alte Graf Moor auf eine Krankenliege gelegt.
Benedikt von Peter beginnt seine Inszenierung also durchaus originell, macht aber aus diesem Einstieg nichts, der bleibt völlig isoliert, das, was dann zwei Stunden lang folgt, ist ein etwas unentschiedenes, eher konventionelles Theater mit vielen Standartgesten bei den Sängern und der Sängerin.
Zum Einheitsgrau der Bühne kommt in der ersten halben Stunde eine unzureichende Einheitsbeleuchtung, die Geschichte um die beiden ungleichen Söhne des Grafen Moor, den „guten“ Carlo und den „bösen“ Francesco will nicht so richtig in Fahrt kommen.
Die Räuber schliesslich sind eine Rentnergruppe aus dem Dienstbotenmilleu, schon klar: die Revolutionäre von früher sind die Rentner von heute. Die verkleiden sich als Räuber der Stückzeit von 1750, vom Schnürboden werden kopfüberhängende Bäume herabgelassen, es gibt ein echtes Lagerfeuer und die Bodenbretter werden einzeln herausgebrochen. Das schaut sich ganz schön an, bleibt aber inszenatorisch unverbindlich.
Einen guten Einfall hat von Peter allerdings: dem delirierenden Francesco Moor tritt der Pastor Moser in der Gestalt seines Vaters gegenüber (Magnus Baldvinsson mit etwas unstetem Bass in einer Doppelrolle), da entsteht dann doch noch eine Spannung zwischen den Figuren, die sonst gänzlich ausbleibt.
Erstaunlich, dass von Peter, der in Heidelberg einen glänzenden „Onegin“ inszeniert hat, bei den „Masnadieri“ gerade im Bereich der Personenführung so wenig anzubieten weiss.
Trotz kleiner Unsicherheiten überzeugte Olga Mykytenko als Amalia – eine Sopranistin, von der man sicher noch mehr wird erwarten dürfen, Alfred Kim war ein zuverlässiger, stimmschöner Carlo und Ashley Holland ein stimmlich eindimensional-lauter, zu keinen Zwischentönen fähiger, uninteressanter Francesco Moor.
Viel Beifall für die Sängerin und die Sänger, vor allem auch für die Pianisten, und deutliche, massive Ablehnung für das Regieteam um Benedikt von Peter.