Götterdämmerung WSO - kein Kommentar?

  • Hallo,


    es gibt hier offenbar noch keinen Kommentar. Was ich gelesen habe, soll es - so interpretiere ich es - eine allgemeinverträgliche Regie von Bechtolf geben (aber schon besser als in Walküre und Siegfried) und ein glänzendes Dirigat von Franz Welser-Möst. Christoph Irrgeher schreibt in der Wiener Zeitung von durchwachsenen Sängerleistungen, Wolfgang Schreiber in der SZ, die Wiener Philharmoniker seien hochgefahren. Was ich im Radio gehört habe (einen Ausschnitt aus dem Trauermarsch) bestätigt mir das (trotz aller Einschränkung beim Radioklang). Es gab geradezu 'strettahafte' Momente in dem kurzen Ausschnitt. Wer dabei war oder noch sein wird, möchte doch mal was dazu schreiben.


    :hello:

  • Guten Abend,


    die Kritik in der "Presse" finde ich recht schön geschrieben.


    diepresse.com/home/kultur/klassik/klassikkritik/436180/index.do?_vl_backlink=/home/kultur/klassik/klassikkritik/index.do


    Vom Radio habe ich die Übertragung zwar aufgenommen, werde sie aber erst nachhören, da ich mich am Sonntag live überraschen lassen möchte.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo,
    ich war in der GP, bei der diesmal aber alle Sänger ausgesungen haben (Im Falle der Brünnhilde bedauerte ich das sogar :wacky: ), fühle mich aber als Wagner-Greenhorn (Meine erste Götterdämmerung live :D ) nicht wirklich berufen, etwas zu sagen. (Hallo, Edwin!!!!)
    Ich fand Welser-Möst + Philis phänomenal und hätte mir manchmal gewünscht, die Sänger würden den Mund halten :stumm: (Absurde Aussage eines Opernfans, ich weiß!) Aber die Orchesterzwischenspiele waren :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Bei der Inszenierung geht's mir umgekehrt wie den Berufskritikern: Ich finde diesen 3. Teil schwächer als die beiden ersten, von einigen Szenen abgesehen konnte ich kein Konzept erkennen, die feine psychologische Charakterzeichnung, die mich im "Siegfried" für Regisseur Bechtolf eingenommen hatte, vermisste ich diesmal weitgehend.
    Was die Sänger betrifft, gefiel mir Halvarson (Hagen) am besten, gefolgt von Stephen Gould (Siegfried), Boaz Daniel hingegen, den ich sehr schätze, enttäuschte mich diesmal als Gunther.
    Die Damen rissen mich allesamt nicht vom Stuhl, sieht man von Elisabeth Kulman als Norne ab, besonders nervte mich die mit Fortdauer der Vorstellung immer schriller werdende Eva Johansson als Brünnhilde.
    Laut eines Bekannten war die GP besser als die PR, ich konnte mir die Übertragung leider nicht anhören.
    lg Severina :hello:

  • Hi


    Mir hat die Radioübertragung in Summe gut gefallen. Gesanglich waren die Herren etwas besser als die Damen, der Star waren allerdings die Philharmoniker unter FWM (eine richtig spannende Götterdämmerung; ein paar eigenwillige Töne im Blech konnten den guten Gesamteindruck nicht wesentlich schmälern). Wie schon im Scala-Thread erwähnt, hat die WSO die Scala einen Tag später klar distanziert. Den Zuschauern vor Ort scheint es ebenso gefallen zu haben. Ernst Naredi-Reiner berichtet in seiner Rezension in der Kleinen Zeitung von einem 15-minütigen Applaus. Es war deutlich besser als die Lohengrin-Übertragung eine Woche zuvor.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Hi


    Mir hat die Radioübertragung in Summe gut gefallen. Gesanglich waren die Herren etwas besser als die Damen, der Star waren allerdings die Philharmoniker unter FWM (eine richtig spannende Götterdämmerung; ein paar eigenwillige Töne im Blech konnten den guten Gesamteindruck nicht wesentlich schmälern). Wie schon im Scala-Thread erwähnt, hat die WSO die Scala einen Tag später klar distanziert. Den Zuschauern vor Ort scheint es ebenso gefallen zu haben. Ernst Naredi-Reiner berichtet in seiner Rezension in der Kleinen Zeitung von einem 15-minütigen Applaus. Es war deutlich besser als die Lohengrin-Übertragung eine Woche zuvor.


    :hello:


    Lieber Theo,
    15 Minuten Applaus für eine PR an der WSO ist nicht so arg viel, da bin ich etwas mehr Enthusiasmus gewohnt. Vielleicht nicht nach 5,5 Stunden Wagner..... :stumm: Der Lohengrin ist ein derartiges szenisches Desaster, dass wahrscheinlich der überwiegende Teil des Publikums diesen Ort des Schreckens möglichst rasch verlassen will ;) Die Sänger tun mir immer Leid, wenn sie um ihren verdienten Lohn/Applaus umfallen.
    lg Severina :hello:

  • Ich habe auch "nur" die Übertragung im Radio gehört.
    Mir ist vor allem im erstund zweiten Akt aufgefallen, wie beinahe kammermusikalisch Welser-Möst das Orchester einstudiert hat. Bei aller Wertschätzung der künstlerischen Idee, dass Wagners Musik nicht nur "dröhnen" sondern auch "klingen" darf, dass es so zart aus dem Orchestergraben kam lag auch hörbar an den meisten SängerInnen der wesentlichen Rollen, die den Abend sonst stimmlich nicht überstanden hätten.


    Michael 2

  • Zitat

    Original von brunello
    Ich habe auch "nur" die Übertragung im Radio gehört.
    Mir ist vor allem im erstund zweiten Akt aufgefallen, wie beinahe kammermusikalisch Welser-Möst das Orchester einstudiert hat. Bei aller Wertschätzung der künstlerischen Idee, dass Wagners Musik nicht nur "dröhnen" sondern auch "klingen" darf, dass es so zart aus dem Orchestergraben kam lag auch hörbar an den meisten SängerInnen der wesentlichen Rollen, die den Abend sonst stimmlich nicht überstanden hätten.


    Michael 2


    Hallo Michael,
    also, verglichen mit "Walküre" und "Siegfried" hat das Orchester diesmal ziemlich "gedröhnt"! Was mich an W-M fasziniert, dass sogar ich als Wagnerlaie bei seinem Dirigat im Unterschied zu dem vieler seiner Kollegen so ungeheuer viel an Details heraushöre. Bisher war Wagner für mich, ganz prosaisch gesprochen, ein "wummernder Musikbrei", erst Welser-Möst hat mich eines Besseren belehrt und eine neue Türe geöffnet.
    lg Severina :hello:

  • Götterdämmerung
    Wiener Staatsoper, 11.12.2008


    Dass fünfeinhalb Stunden so schnell vergehen können…


    Einen durch und durch beglückenden und berührenden Opernabend hat uns die Wiener Staatsoper beschert. Der dritte Teil des neuen Wiener Rings ist bis dato sicherlich der Stärkste. Wieder einmal hat Regisseur Sven-Eric Bechtolf es geschafft, mittels hervorragender Personenführung die Beziehungen der einzelnen Akteure zueinander genau darzustellen. Mögen nun dem einen oder anderen das große „Weltendrama“ abgehen – ich bin der Meinung, dass das „Drama“ schon in der Beziehung zum Nächsten beginnt und daraus sich ein Ganzes formt. So dürfte auch Bechtolf den Ring auffassen und seine Stärke als Schauspieler ausspielen, der die Sänger durchaus fordert.


    Im Vergleich zur Premiere stellte ich bei einigen Sänger Steigerungen ihrer Leistung fest – der Druck dürfte abgefallen sein, was dem allgemeinen Niveau sehr gut tat.


    Zoryana Kushpler, Elisabeth Kulman und Caroline Wenborne boten eine anständige Leistung, wobei besonders Kulman positiv hervorstach. Zoryana Kushpler war bei weitem wortdeutlicher als noch bei der Premiere, Caroline Wenborne fiel da ab. Diese Sängerin hatte eine Doppelrolle –auch als Gutrune musste sie ran und wirkte da teilweise ein wenig überfordert (aber auch besser als bei der Premiere). Interessant war die Personenführung der Gibichungen-Kinder. Boaz Daniel, der sich ebenfalls gesteigert hat, war ein wortdeutlicher, äußerst stimmgewaltiger Gunter – ganz im Gegensatz zur Personenführung und eigentlich auch zum Libretto, das ihn doch als sehr schwachen König charakterisiert. Beide Geschwister machen von Beginn an deutlich, dass sie die Autorität des Hagen akzeptieren, der ein leichtes Spiel hat, diese nach seinem Willen und Plänen zu leiten. Was sich zwischen den Dreien mit kleinen Gesten so abspielt, war hervorragend gespielt und inszeniert. Als besonders „Schmankerl“ sei da nur die Szene im phantastischen 2.Akt erwähnt, als Hagen aus dem Hintergrund quasi Regie führt, als Gutrune Siegfried über seine Erlebnisse am Brünnhildenfelsen ausfragt. Zeigt Gunter zu Beginn des Stückes noch einen Rest von Würde, so schmilzt diese im Laufe des Abends dahin und sein unspektakulärer Tod ist eigentlich nur eine logische Folge davon – ein Niemand hat seine Schuldigkeit getan, ein Niemand kann gehen (frei nach Fiesco..).


    Hervorragend gezeichnet ist Hagen – gemeinsam mit Brünnhilde DIE starke Persönlichkeit des Abends. Eric Halfvarsson ließ sich ab dem 2.Aufzug ansagen (beginnende Verkühlung), allerdings wünsche ich mir viele Sänger, die diese Rolle trotz Gesundheitsproblemen derartig ausfüllen und singen können. Andere Rezensenten haben das Outfit des Hagen mit „Nosferatu“ verglichen – mich erinnerte er berufsbedingt an einen der erfolgreichsten Fondsmanager, Mark Moebius – einer, der in Emerging Markets investiert, Einfluss auf die Regierungen kleiner Länder hat und wenn genug Geld verdient wurde, sich daraus wieder zurückzieht. Passt doch irgendwie zu Hagen, oder? Dass dieser der wahre Herr am Rhein ist, wird von Anfang an deutlich. Er dirigiert seine Halbgeschwister, die „Mannen“ und auch Siegfried. Die einzige, die ihm etwas entgegen setzen kann, ist Brünnhilde.


    Nach der Premiere wurden vereinzelt seine Bewegungen kritisiert. Nun, diese machen bei näherer Betrachtung durchaus Sinn. Er, der Sohn des Alberich, hat anscheinend einen „speziellen Draht“ zum Nachfahren des Lichtalben Wotans. So gesehen spürt er natürlich wenn Siegfried sich naht, er macht zwangsweise die Ruderbewegungen mit…


    Lust auf das Rheingold machte wieder der Kurzauftritt des Tomasz Koniecny, der im Vergleich zu seinem Sohn die hellere Stimmer hatte, aber sängerisch wie auch schauspielerisch überzeugte. Highlight das langsame Zurückgehen in der langen, sich verjüngenden Säulenhalle, wo er von seinen Albträumen augenscheinlich heimgesucht wird. Er wird einer der wenigen Überlebenden des Weltenbrandes sein – ein zufriedenes Leben ist ihm nicht mehr vergönnt.


    Michaela Selinger (übrigens die einzige „Überlebende“ der letzten Götterdämmerung aus 2006), Ileana Tonca und Juliette Mars waren sehr nett anzusehende Badenixen (Verzeihung – Rheintöchter), an denen stimmlich überhaupt nichts auszusetzen war.


    Eine Klasse für sich als Waltraute ist Mihoko Fujimura, die ja schon als Fricka begeisterte. Sie beherrschte ihre Szene, weiß sich zu bewegen, hat einen hervorragenden Mezzo und die entsprechende Tiefe, um ein berückendes Rollenportait zu gestalten.


    Stephen Gould als Siegfried hat anscheinende bei Brünnhilde nichts für’s Leben gelernt – er ist nach wie vor der wilde, unbeherrschte Geselle, den wir schon im „Siegfried“ kennen gelernt haben. Er ist kein strahlender Heldentenor, dazu ist seine Stimme zu baritonal gefärbt, doch mit ein, zwei Abstrichen erfüllte er seine Aufgabe wirklich sehr gut, kann sich überraschend flink bewegen und wirkte ebenfalls befreiter als noch bei der Premiere.


    Zu guter Letzt noch ein paar Worte über die bei der Premiere viel gescholtene Eva Johansson. Auch ihre Leistung war um Klassen besser als noch am Montag – klar, eine Nilsson wird aus ihr nie, dazu ist das Stimmmaterial viel zu lyrisch und im Vorspiel kam der eine oder andere schrille Ton. Doch ich finde, dass sie im Laufe des Abends zu immer besserer Form aufgelaufen ist.


    Star des Abends war aber eindeutig Franz Welser-Möst, der – wie schon gewohnt – es schafft, auch das kleinste Nebenthema so aufzubereiten, dass es für das Publikum erkennbar wird. Schon nach dem 1.Akt gab es ungewöhnlich viele Bravos für ihn. Sein dadurch teilweise kammermusikalischer Ansatz passt ausgezeichnet zur auch eher nach innen gewandten Inszenierung. Aber – im Gegensatz zu Walküre und Siegfried hatte WeMö dieses Mal keine Scheu, es so richtig krachen zu lassen – der Trauermarsch war gewaltig und der Schluss der Oper, von Haus aus einer der schönsten Momente der gesamten Opernliteratur – war erschütternd schön dargebracht. Ein Kompliment naturgemäß auch an das Staatsopernorchester und die wackeren Mannen und Frauen des Staatsopernchores.


    Für Bühnenbild und Kostüme sind Rolf und Marianne Glittenberg verantwortlich und sie schafften es wunderbar, fast alle ProtagonistInnen in einheitliches schwarz zu kleiden. Na ja.. Die Chordamen müssen einige Zeit lang in grauen Kartoffelsäcken herumstehen, die sich erst später als Umhänge entpuppen, die Rheintöchter wurden mit Badehaube und Schwimmirgendwas ausstaffiert. Einen Schönheitspreis hat sich Marianne G. da nicht verdient, aber zweckmäßig sind die Kostüme allenthalben.


    Was gibt es über die szenische Auflösung zu sagen? Nun, man findet sich zu Beginn der Aufführung in einem Tannenwäldchen wieder, wo die drei Nornen ihr Seil „spinnen“. Was von den teuren Plätzen nicht ersichtlich ist, ist die Tatsache, dass mittels des Seil eine geometrische Figur gespannt wird, deren Bedeutung ich leider nicht kenne – aber es ist kein planloses Getue auf der Bühne. Das selbe Bühnenbild wird auch für die Szenen am Brünnhildenfelsen verwendet. Nun möge man einwenden, dass dieser im Siegfried anders ausgesehen hat und das dadurch unlogisch ist, dass plötzlich dort ein kleines Tannenwäldchen ist. Jetzt könnte man argumentieren, dass dies eben (mit der Walküre eingeschlossen) drei verschiedene Blickwinkel auf den selben Felsen sind (daher auch die verschwundenen Rösser ex Walküre).

    Die Gibichungenhalle wird – wie alles in diesem Ring – sehr reduziert gebracht, mit einer großen, schneckenförmigen Sitzgelegenheit, die auch an eine Runde gemahnt. Die Stelen im zweiten Aufzug erzeugen Tiefe. Dieses Bühnenbild empfinde ich als äußerst gut gelungen.


    Nicht ganz glücklich kann man mit dem Bühnenbild „Bootsverleih zur lustigen Rheintochter“ sein, obwohl auch hier die Regie die Szenerie gut auflöst ist und der tote Siegfried gleich im Boot liegen bleiben kann – höchstpersönlich von Gunter zur Gibichungenhalle gestakt.


    Dass sich zum Abschluss Brünnhilde alleine mit dem Leichnam Siegfrieds auf der Bühne befindet, ist eine logische Konsequenz dieser Inszenierung, wo es um die Beziehungen zwischen Menschen / Göttern / Halbgöttern etc. geht. Wunderbar aufgelöst der Schluss, als Projektionen das Ende Walhalls und den Beginn des Zeitalters des Menschen darstellen. Wotan mit zersplittertem Speer ist noch einmal kurz zu sehen, zum Abschluss sehen wir dann noch im Bühnenhintergrund ein sich umschlingendes Menschenpaar.


    Wir können gespannt sein, ob es dann im Mai, wenn der Ring fertig geschmiedet sein wird, noch szenische Änderungen der drei Ring-Tage im Vergleich zu den Premierenserien geben wird. Die Vorfreude auf den kompletten Ring ist aber sehr groß…

    Hear Me Roar!

  • Lieber Kurt,
    habe deinen ausführlichen Bericht eben mit Interesse gelesen. Zumindest bei Welsi sind wir uns ja einig :D Aber den Schluss fand ich auch sehr eindrucksvoll inszeniert, und dass in manchen Kritiken das hervorragede Spiel von Halvarson (Kasperliade usw.) zerpflückt wurde, verstehe ich ebenso wenig wie du.
    Und wieder einmal stelle ich mir die Frage: Warum wird immer die PR übertragen, wo doch jeder Opernfan aus Erfahrung weiß, dass die Folgevorstellungen fast immer besser sind? (Oder in meinem Fall die GP) Warum tut man den Sängern diesen zusätzlichen Stress an? (Rhetorische Fragen - ich kenne die quotenverbrämte Antwort.......)
    lg Severina :hello:

  • Nach langer Zeit des stillen Mitlesens muss ich nun etwas dazu sagen.
    Ich finde diese beinahe schon untertänige Berichterstattung und Lobhudelei über den künftigen GMD der Staatsoper reichlich übertrieben.
    Ich will jetzt nich beckmesserisch über seine stets eiligen Tempi reden, denn wenn mit Lust und Liebe musiziert wird, ist es mir egal wenn es etwas flotter ist.
    Dennoch habe ich bei FWM ständig das Gefühl dass er die Partituren mit Siebenmeilenstiefeln durcheilt und folglich eine Menge Potential der Ausschmückung verschenkt. Blickt man dann weiters auf seine starre Mimik, muss man sich als Musiker ja beinahe wie das Kaninchen vor der Schlange fühlen.
    Einwenig mehr Wärme, Emotion, Lebenslust, das ist es was ich in seinen Deutungen vermisse.

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  • Zitat

    Original von Wiener Klang
    Nach langer Zeit des stillen Mitlesens muss ich nun etwas dazu sagen.
    Ich finde diese beinahe schon untertänige Berichterstattung und Lobhudelei über den künftigen GMD der Staatsoper reichlich übertrieben.
    Ich will jetzt nich beckmesserisch über seine stets eiligen Tempi reden, denn wenn mit Lust und Liebe musiziert wird, ist es mir egal wenn es etwas flotter ist.
    Dennoch habe ich bei FWM ständig das Gefühl dass er die Partituren mit Siebenmeilenstiefeln durcheilt und folglich eine Menge Potential der Ausschmückung verschenkt. Blickt man dann weiters auf seine starre Mimik, muss man sich als Musiker ja beinahe wie das Kaninchen vor der Schlange fühlen.
    Einwenig mehr Wärme, Emotion, Lebenslust, das ist es was ich in seinen Deutungen vermisse.


    Falls du mich meinen solltest:
    Ich schätze den Dirigenten Franz Welser-Möst seit vielen Jahren, hatte in Zürich oft die Gelegenheit, Vorstellungen unter seiner Stabführung zu erleben und in den meisten Fällen zu genießen, und dass er nun GMD in Wien ist, hat mit meinem Urteil nicht das geringste zu tun. Ehrlich gesagt war mir unser GMD immer herzlich gleichgültig, und wenn du an der WSO eine Umfrage hieltest, würden die wenigsten Besucher wissen, dass wir überhaupt einen haben bzw. wie dieser heißt (Seiji Ozawa) Von W-M erwarte und erhoffe ich mir schon ein wenig mehr Präsenz und Prägung. (Ich weiß, dass Ozawa in den letzten Jahren krankheitsbedingt kaum anwesend sein konnte, aber schon zu Beginn seiner Tätigkeit merkte man eigentlich recht wenig davon!)
    Ich glaube außerdem kaum, dass sich die Philis einen GMD wünschen - und sie waren maßgeblich an seiner Bestellung beteiligt -, bei dem sie sich wie "Kaninchen vor der Schlange fühlen", und auch aus Zürich hörte ich nie etwas in dieser Richtung.
    Dass du W-M nicht magst, sein Dirigat nicht goutierst, ist dein gutes Recht - aber bitte unterstelle anderen nicht "Lobhudelei" oder "untertänige Berichterstattung", nur weil sie etwas anderes sehen bzw. hören als du.
    lg Severina :hello:

  • Ich empfinde WeMös Dirigate als sehr analytisch, was ich als sehr interessant empfinde - er bringt, wie ich es geschrieben habe, oft bei anderen Dirigenten versteckte Nuancen der Partitur zum Vorschein. Große Emotionen wird man sich bei ihm wahrscheinlich nicht erwarten können - für diese ist mein absoluter Lieblingsdirigent bei Strauss und Wagner, Christian Thielemann :jubel: , zuständig.


    Angeblich soll We Mö im Musikverein bei einer Aufführung des Beethovenzyklus der Wiener Philharmoniker unter Thielemann anwesend gewesen sein und ihn nach der Vorstellung angeboten haben, in Wien auch eine Ring-Serie zu dirigieren (damit die Besucher auch einmal eine andere Leseart hören können). Hoffentlich wird da was draus...


    Ich habe WeMö bis dato an der STOP nur als Strauss- und Wagnerdirigent kennen gelernt und war jedes Mal sehr angetan (aber wie schon gesagt - ist sicherlich eine Geschmackssache, ich mag an und ab die "Analyse"..)

    Hear Me Roar!

  • Liebe Severina!


    Keinesfalls habe ich dich mit Lobhudelei, etc. gemeint, falls das so vermittelt rüberkam: sorry.
    Aber es tut mir beinahe körperlich weh, wie der "Chefkritiker" der Presse z.B. alles was FWM anfasst über den grünen Klee lobt!


    Dreamhunters Einschätzung zu Thielemann teile ich im Übrigen zu 100%.
    Ich hätte ihn gerne öfter in Wien, bin aber auch mehr als neugierig, was Thielemann morgen, Samstag,
    aus den Berlinern herausholt. VIII. Bruckner.
    Das haben ihnen die Wiener ja ordentlich etwas vorgelegt.
    Gleitet einwenig ins OT ab, wen es dennoch interessiert: Kulturradio RBB, 20h, live!
    Ach ja, Severina: Ozawa finde ich unterschätzt. Vor allem frühere Einspielungen von ihm gefallen mir sehr!

  • Alles klar! :] Ich finde Ozawa auch gut, nur ist er als GMD kaum in Erscheinung getreten. Und ich meine halt, wenn die WSO schon einen GMD verpflichtet, sollte er dem Repertoire doch seinen Stempel aufdrücken, wie es z.B Abbado seinerzeit getan hat.
    Persönlich freue ich mich auf FWM, weil ich seinen "kammermusikalischen Ton", der ihm oft vorgeworfen wird, das Kleinteilige, eben sehr mag, und emotionslos empfinde ich ihn ganz und gar nicht. Aber da sind wir wieder beim berühmten persönlichen Geschmack, ein Thema, bei dem niemand oder jeder Recht hat!
    lg Severina :hello:

  • Mich hat diese Götterdämmerung musikalisch völlig überzeugt. Star des Abends war wohl das Orchester unter Franz Welser-Möst. Eva Johansson erinnert mich übrigens stimmlich und darstellerisch ein wenig an gute Zeiten von Gwyneth Jones (deren Riesenstimme ausgenommen). Der karge Bühnenraum wurde gut und geschmackvoll genutzt, aber angesichts der Möglichkeiten fand ich die technischen Spielereien am Ende des 3. Aufzugs etwas dilettantisch; am stimmigsten war noch das Versenken des Bootes mit Siegfrieds Leiche und den aufgestellten Mannen - sehr eindrucksvoll! Ich bin auch für die spannende und intensive Personenführung dankbar und frage mich, ob in Zukunft für die Ring-Serien immer gut geprobt wird. Wohl eher nicht ...


    Für mich war's ein unvergesslicher Abend. Musikalisch und darstellerisch geht's heutzutage wahrscheinlich kaum besser.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Lieber Melot1967,


    für mich war die Götterdämmerung am 14.12. auch einer der spannendsten und eindrucksvollsten Opernabende seit langem. Franz Welser-Möst hat vom ersten bis zum letzten Akkord eine musikalische Stimmung gezaubert, es war ungemein ergreifend :jubel: :jubel: Der Trauermarsch war eine derartige Wucht, und für mich, der zum ersten Mal die Götterdämmerung überhaupt live erlebt hat, einer der umwerfensten Momente, die ich in der Opernwelt erlebt habe.
    Die Szenerie von Bechtolf war kühl gehalten, aber sehr stimmig und ließ den intensiven Charakterdarstellungen den nötigen Platz. Allen voran Eric Halfvarson als Hagen, wobei auch Boaz Daniel als Gunther mich völlig überzeugt hat. Sehr putzig fand ich das Rheintöchter-Siegfried-Spiel in und um die Boote, das war recht kurzweilig anzusehen (die für mich langweiligste Szene in der GöDä...).
    Überhaupt verging in dieser Mixtur von sensationellem Orchesterklang und spannender Personeninszenierung der lange Opernabend wie im Flug.


    Nachdem ich bislang alle 3 Ring-Teile gesehen habe muß ich sagen, daß mit kleinem Abstand der Siegfried szenisch vor der Götterdämmerung liegt (Walküre fand ich nicht gelungen), orchestral war die Götterdämmerung allerdings bislang der größte Wurf.

  • Zitat

    Original von Louis



    Nachdem ich bislang alle 3 Ring-Teile gesehen habe muß ich sagen, daß mit kleinem Abstand der Siegfried szenisch vor der Götterdämmerung liegt (Walküre fand ich nicht gelungen), orchestral war die Götterdämmerung allerdings bislang der größte Wurf.


    Kann ich nur zustimmen - ich hoffe, dass besonders beim "Walkürenritt" da noch was geändert wird - sonst hatte ich nicht so viel auszusetzen - ich fand z.B. die Videoeinspielungen des Wolfes sehr stimmig, auch die Szene, als dann der tote Wolf auf die Bühne getragen wurde.


    Allerdings wunder mich, dass Du die Rheintöchter-Szene aus der GöDä als langweilig empfindest - allgemein wird ja gesagt, dass die Nornenszene die ödesten 20 Minuten des Ringes sind ;)

    Hear Me Roar!

  • Zitat

    Original von Dreamhunter


    Allerdings wunder mich, dass Du die Rheintöchter-Szene aus der GöDä als langweilig empfindest - allgemein wird ja gesagt, dass die Nornenszene die ödesten 20 Minuten des Ringes sind ;)



    Die Nornenszene finde ich mittlerweile richtig gut, ich kann nicht genau sagen, warum, aber musikalisch finde ich sie einfach gut gemacht. So flirrend-untergründig, mit vielen guten Ring-Motiven durchsetzt. Das spricht mich an.


    Bei der Rheintöchter-Szene finde ich a) den Töchter-3-fach-Sopran-Gesang recht nervig und b) finde ich die ganze Szene inhaltlich merkwürdig. Da bietet Siegfried den Ring an, dann wollen ihn die Rheintöchter wieder nicht, obwohl sie ihn darum gebeten haben...vielleicht bin ich da auch noch nicht ganz durchgestiegen, was die Szene an sich aussagen soll.

  • Zitat

    Original von Louis
    Bei der Rheintöchter-Szene finde ich a) den Töchter-3-fach-Sopran-Gesang recht nervig und b) finde ich die ganze Szene inhaltlich merkwürdig. Da bietet Siegfried den Ring an, dann wollen ihn die Rheintöchter wieder nicht, obwohl sie ihn darum gebeten haben...vielleicht bin ich da auch noch nicht ganz durchgestiegen, was die Szene an sich aussagen soll.


    Rein von der Besetzung her sind zwei der Rheintöchter, wenn ich's richtig im Gedächtnis habe, ja Mezzos. Michaela Selinger hat zwar einen recht hohen (vielleicht hast Du sie ja schon als Rosina oder als Amme in der Götterdämmerung gehört (wo sie im übrigen viel jünger wirkte als das Evchen..)) und Juliette Mars ist auch ein Mezzo, der hell klingt. Also liegt es da wahrscheinlich eher an der Besetzung als an der Partitur.


    Ich fasse die Szene so auf, dass die Rheintöchter den Ring nur wollen, wenn dem Träger des Ringes wirklich bewusst ist, was für ein Unheil der Besitz des Ringes mit sich bringt. Als Siegfried ihnen diesen anbietet, hat er ja keine Ahnung, was der Ring so bewirkt - und nach der Aufklärung durch die Rheintöchter will er ihnen diesen nicht mehr geben...

    Hear Me Roar!

  • Zitat

    Ich will jetzt nich beckmesserisch über seine stets eiligen Tempi reden, denn wenn mit Lust und Liebe musiziert wird, ist es mir egal wenn es etwas flotter ist.
    Dennoch habe ich bei FWM ständig das Gefühl dass er die Partituren mit Siebenmeilenstiefeln durcheilt und folglich eine Menge Potential der Ausschmückung verschenkt. Blickt man dann weiters auf seine starre Mimik, muss man sich als Musiker ja beinahe wie das Kaninchen vor der Schlange fühlen.
    Einwenig mehr Wärme, Emotion, Lebenslust, das ist es was ich in seinen Deutungen vermisse.


    War am Donnerstag letzter Woche in der GöDä und möchte "Wiener Klang" rechtgeben, wenn er meint, daß einige Stellen am Rande der Hudelei waren. Da man in Wien ja mitlesen kann, war es besonders auffällig, wie manche Textpassagen gerade noch gesanglich "untergebracht" wurden.
    Das Bühnenbild (wars überhaupt eines?) war zumindest nicht störend, der "Raumschiff Enterprise"- Schluß mit der Lippizaner- Einlage etwas schräg. Die Personenführung war stimmig, die Sänger im großen und ganzen gut, die Philharmoniker in Spiellaune- da hat man schon viel schlechteres gehört. Vor allem das Blech war ungewohnt (:stumm:) sicher.


    Im Mai kommt der ganze "Ring" zweimal hintereinander!

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  • Ich war in der Premiere, hatte aber Hemmungen eine Kritik zu schreiben weil ich in meinem Leben maximal 10 Götterdämmerungen live gesehen habe und mich daher nicht als ausgewiesener Wagnerianer fühle. Ich war von der Premiere sehr beeindruckt, dies hat sich nach dem Besuch einer der Folgeaufführungen bestärkt.


    Welser-Möst mit den Wr.Philharmonikern :jubel: :jubel: :jubel:


    Mir persönlich hat von den Sängern vor allem Halfvarsson als Hagen sehr imponiert. Als Siegfried war in der Premiere Steven Gould sehr gut, in der Aufführung am 19.12. hatte Christian Franz die Rolle übernommen - er hat mir vielleicht sogar einen Tick besser gefallen. Die Brünhilde von Eva Johansson ist sicher Geschmackssache (ein sehr hässliches, manchmal sogar kreischendes Timbre) aber die Rollengestaltung und das Durchhaltevermögen trotzt einem doch Bewunderung ab.
    Regie und Bühnenbild für mich vorzüglich - reduzierte Optik mit exzellenter Personenregie. So kurz können 5 1/2 Stunden Oper sein :jubel:


    LG
    Isis