Hallo!
Es ist mir ein Vergnügen, diese außerordentliche Violinsonate kurz vorzustellen:
Entstanden ist sie 1669, als Biber im Dienst des Fürstbischofs Karl Liechtenstein-Kastelkorn zu Olmütz und Kremsier war (dieser hatte ein Faible für Programmusik). Man vermutet, daß der Anlaß der Komposition ein für den mährischen Adel veranstalteter Karnevalsball war.
Die Tierimitationen sind notengetreu dem Werk „Musurgia Universalis“ des Musiktheoretikers Athanasius Kircher entnommen.
Die Grundtonart der Sonate ist A-dur. Damals war solch eine Angabe aber noch nicht üblich.
Für den Violinisten ist das Stück sehr anspruchsvoll, da er neben extremen Lagen und Doppelgriffen auch die Mysterien der Skordatura beherrschen muß. Biber hat sich das wohl auf den Leib geschreiben.
Zur Musik selbst sage ich erstmal nix; das kann man man eh kaum griffig beschreiben, man sollte die Sonate besser HÖREN!
Der Aufbau:
Sonatina violino solo representativa
1. Allegro
2. Nachtigal
3. CuCu
4. Fresch
5. Die Henn & Der Hann
6. Die Wachtel
7. Die Katz
8. Musqetir Mars
9.Allemande
Zu den Aufnahmen:
Ich habe drei davon, nämlich von Alice Harnoncourt (1969), Reinhard Goebel (1987) und Andrew Manze (1994).
Die Harnoncourt-Aufnahme klingt im Vergleich zu den beiden neueren etwas altbacken, und es fehlt ihr an Witz. Doch damals war das sicher sensationell, solch einen lange vergessenen Klangschatz hervorzuzaubern und darzubieten, und eine Aufführungspraxis mußte erst etabliert werden. Somit sei auch die recht brave Cembalo-Begleitung verziehen. Immerhin gelingt der Marsch der Musketiere als expressiver Höhepunkt (die Begleitung klingt aber arg "abgehackt"), und die IMO beste Wachtel der drei Aufnahmen gibt es auch zu hören.
Goebel, der im Durchschnitt die zügigsten Tempi wählt, gelingt eine sehr homogene Aufnahme, die mich absolut überzeugen würde, wenn ich Manze nicht kennen würde. Bei Goebel gefällt mir die Nachtigall sehr gut, und auch der Frosch ist wahsinnig klangulkig (wie kriegt er dieses Schnarchgeräusch in der Satzmitte hin?). Die Katze ist mir zu schnell, und der Musketier-Marsch ist leider zu blaß (gerade im Vergleich zu Manze), das ist sehr schade.
Manze setzt mehr auf die Extreme als die anderen beiden. Das eröffnende Allegro finde ich bereits bei ihm am gelungensten. Dann kommt eine sehr stille und langsame Nachtigall. Das liegt wohl näher an der Nachtigall in natura, bremst hier aber IMO den musikalischen Fluß zu sehr aus. Auch die Wachtel ist mir zu langsam. Aber das ist vergessen, sobald die zwar auch langsamen, aber herrlich schrägen Katzen das Miauen beginnen. Grandios! Und noch genialer ist dann der Musketier-Marsch. Das klingt phänomenal aufregend!
Eine schleppende Allemande bildet dann den ruhigen Abschluß.
Hier die erwähnten Aufnahmen:
Viele Grüße,
Pius.